Franz Xaver Pritz - Geschichte der Stadt Steyr

Beschreibung und Geschichte der Stadt Steyr und ihrer nächsten Umgebungen. Nebst mehreren Beilagen, betreffend die Geschichte der Eisengewerkschaft und der Klöster Garsten und Gleink. Von Franz Xaver Pritz reguliertem Chorherrn zu St. Florian und k. k. Professor de$ Bibel = Studium$ de$ alten Bunde$ am Lyzeum in Linz. Mit einer Ansicht der Stadt Steyr Linz, bei Quirin Ha$linger 1837.

Et pius est patriae facta referre labor!

Vorrede. Die Stadt Steyr, im Lande ob der Enns, ist seit alter Zeit bekannt und berühmt, vorzüglich durch Verfertigung so vieler Waren aus Stahl und Eisen, welche in die fernsten Länder, ja selbst in andere Weltteile versendet werden. Durch mehrere Jahrhunderte schon dauern diese Arbeiten, blüht dieser Handel, mit denen auch der Wohlstand der Stadt in steter Verbindung war. Einen großen Wechsel der Schicksale hat sie im Laufe der Zeit erlitten, in religiöser, politischer und merkantilistischer Hinsicht sehr bedeutende Veränderungen erfahren, daher muss auch die Geschichte derselben von der ersten Zeit angefangen bis jetzt viele, sehr interessante Seiten darbieten. Zwar sind schon die Annalen von Prevenhuber vorhanden; allein nur sehr wenige besitzen dieselben, vieles ist wegen der altertümlichen Sprache und Schreibart manchen unverständlich, und Geschichtskenner wissen, dass vom Anfang seiner Geschichte bis Herzog Albrecht I. das meiste unrichtig ist; von da an ist er eine sichere, reichliche Quelle, wo er aus dem Archiv

IV der Stadt schöpfte, aber manches Irrige findet sich auch hier vor; und endlich hört seine Geschichte schon mit dem Jahre 1618 auf, gerade da, wo die interessantesten Perioden beginnen. Über die Geschichte der Stadt von jener Zeit an bis jetzt ist nur sehr weniges bekannt geworden. Vieles, was darauf Bezug hatte, ist leider schon verloren gegangen; doch gibt es noch Chroniken, Dokumente, Beschreibungen von Feierlichkeiten oder Ereignissen, und das in mancher Hinsicht ziemlich reichhaltige Archiv der Stadt Steyr. Aus den vorhandenen, gedruckten und ungedruckten Quellen wollte ich nun das Wichtigste herausheben, ein geordnetes Ganzes bilden, und so die Geschichte meiner Vaterstadt schreiben. Eine Spezial-Geschichte findet immer nur wenige Leser; die Meinigen werden wohl nicht ganz, aber großteils aus den Bürgern von Steyr und der benachbarten Orte bestehen; daher war mein Blick auch hauptsächlich auf sie gerichtet. Darum suchte ich die wichtigeren Ereignisse in Verbindung mit ihren oft fernen Ursachen zum Verständnis der Geschichte selbst kurz darzustellen, und handelte manches weitläufiger ab, was für sie von Interesse sein kann. Doch wird auch das Neue aus früheren Perioden, vorzüglich aber aus der Zeit von 1618 bis 1837 und aus den Beilagen als ein Beitrag zur Geschichte des Landes ob der Enns überhaupt dienen können.

V Bereitwillig bot mir der verehrte Herr Bürgermeister dieser Stadt, Franz Reisser, die vorhandenen Quellen des Archivs an, und leistete dabei wesentliche Dienste; vorzüglich aber unterstützte mich Herr Ignaz Schroff, Justitiar, der selbst viele Dokumente, Kopien, Annalen und andere brauchbare Werke besitzt, die er zu meiner Benützung überließ, der seit vielen Jahren ein genaues Tagebuch über die Ereignisse in Steyr führt, und überdies mit großer Mühe viele dickleibige Folianten des Archivs für mich durchsah, um einige Brosamen daraus aufzulesen, wozu mir selbst die Zeit fehlte. Ich sage nun beiden öffentlich meinen wärmsten Dank für das ab, was sie dadurch zur Darstellung der Geschichte auch ihrer Vaterstadt beigetragen haben. Und nun noch ein Wort über die Topographie und die Beilagen; erstere ist so vollständig noch nie erschienen, und gewiss nicht überflüssig; sie ist ja das Gemälde des Schauplatzes der Begebenheiten, die dann erzählt werden, und trägt zum Verständnis derselben so manches bei; auch reisen jährlich viele Fremde zur Sommerszeit durch diese Stadt, halten sich einige Zeit hier auf, besehen die Eisenwerke und die schöne Gegend, ihnen mag ein solcher Wegweiser willkommen sein. Was die Beilagen betrifft, so stand Steyr mit dem Stift Garsten in immerwährendem Verkehr, und eine kurze Geschichte desselben gehört ohne Zweifel zur Geschichte von Steyr selbst. Die kleine Skizze von

VI Gleink mag als Darstellung des Ursprunges und einiger Schicksale eines benachbarten Klosters, welches doch auch in mancher Verbindung mit der Stadt war, nicht ganz überflüssig sein; aber die Geschichte der Eisengewerkschaft in geordneter Aufeinanderfolge der Begebenheiten und Anstalten ist fast notwendig als ein Überblick dessen, was ja der Grund des Lebens und der Blüte der Stadt Steyr von jeher war, und in vieler Hinsicht noch ist. Möchten meine Leser diesen Versuch mit Güte und Nachsicht — nach meinem Zweck — beurteilen; jede Belehrung, Aufklärung dunklerer Tatsachen oder neue Beiträge werden mir zur weiteren Benützung höchst willkommen sein. Der Verfasser.

Topographie der Stadt Steyr und ihrer nächsten Umgebungen. 1. Am Dreieck, von der blauen Enns gezogen, Und von der Steyr grünem Wellenbande, Im Tale tief, am laubgeschmückten Rande Der Höh’n, die niederschau’n in engem Bogen, So hab’ ich ganz dein Bild in mich gesogen, Ein herrlich Bild im schönen Vaterlande! Oft schaut’ ich dich in deinem Schmuckgewande, Und höher fühlt’ ich stets die Pulse wogen. Wie, sich in deinem Eisental begegnend, Die beiden Bruderströme sich verbunden, Um bald die Flut des Isters zu erstarken: So hast du, ihres Ursprungs Länder segnend, Die beiden Brudervölker auch umwunden, Und siehst sie kräftig steh’n in ihren Marken! 2. Du alter Fürstensitz der Ottokare, Die einst geherrscht in Steyrs Felsengauen! Der Fremdling mag auf dich mit Würde schauen, Du stehst erhöht am Vaterlands-Altare! Hin über Meere trägst du deine Ware, Auf deren Stahl die Völker dort vertrauen; Die Hämmer tönen fort und scharfe Klauen, Durch norisch Eisen gibst du Habsburgs Aare! Die Räder rauschen und die Schläge dröhnen, Und ob auch rußig Volk an deinen Essen Dich ferne hält von geistig hohem Siege: Du zählest doch mit Stolz zu deinen Söhnen Des Witzes Meister! — Keiner mag vergessen: In deinen Mauern stand Blumauers Wiege! Karl Kaltenbrunner

8 Die Stadt Steyr samt ihren Vorstädten liegt unter dem 31° 59’ 30” östlicher Länge, und 48° 4’ 45” nördlicher Breite, im Traunkreis, in einem tiefen romantischen Tal, am Fuße der Berge, welche die letzte Abdachung der hohen Alpen ausmachen, die von Osten gegen Westen und Süden eine lange Kette von Gebirgen in abwechselnden, erhabenen Gestalten darstellen. Aber die Stadt im engeren Sinn mit dem gleichnamigen fürstlich-lambergischen Schloss, dem einstigen Sitze der Ottokare, ist auf einer Halbinsel erbaut, welche die beiden Flüsse Enns und Steyr bilden, die sich hier vereinigen 1). Der größere Strom, die Enns (der alte, berühmte Grenzhüter zwischen Avarien und Bayern im7. und 8. Jahrhundert, gegen die Ungarn im 10. und 11., zwischen der Markgrafschaft der Babenberger und Bayern, zwischen dem Land ob und unter der Enns in einer großen Strecke), entspringt im Salzburger-Kreis am Fuß der Radstädter-Tauern, im Flachautal, fließt bei Radstadt vorbei, durch das schöne Ennstal zwischen den Hochgebirgen gegen Admont hin. Nicht fern von dort rollt sie schäumend und brausend in einem engen Rinnsal zwischen schroffen, grotesken Felsen durch die Gegend, das Gesäuse genannt, und bricht dann bei Hieflau heraus. Sie treibt viele Mühlen und Hammerwerke, vergrößert sich durch zahlreiche Bäche, und eilt durch wildromantische Gegenden schon als ein bedeutender Strom der Stadt Steyr zu, wo sie sich mit dem Fluss Steyr vereinigt, und 1) Die Stadt hat ihren Namen vom Fluss Steyr, und kommt in den ältesten Urkunden unter dem Namen Styrapurch, Stire, Stir, Stiri, Styria und Styer, aber auch 1192, 1277, ja sogar in der Urkunde des Bischofs Altmann 1092 über den Zehent zu Furth als Steier, Steir vor; selbst auf Stire steht in den Urkunden der Ottokare oft ein kleines e, welches andeutet, dass das i wie ei zu lesen ist. §. 1. Beschreibung der Stadt, nebst einem historischen Überblick der merkwürdigsten Gebäude.

9 dann eine halbe Stunde unterhalb, vom Einfluss des Ramingbaches in dieselbe, die Grenze zwischen dem Land ob und unter der Enns bildet. Sie endet ihren Lauf eine halbe Stunde von der Stadt Enns beim Tabor, fast gegenüber von Mauthausen, indem sie sich in den großen, vaterländischen Strom, die Donau, ergießt. Sie trug anfangs nur Flöße; aber Hanns Gasteiger, ein Zimmermann aus Tirol, welcher auch den großen Rechen zu Reifling baute, richtete um 1577 durch Wegräumung der großen Steine und Erhebung des Weges an den Ufern dieselbe so zu, dass man von Hieflau angefangen mit Schiffen fahren konnte. Jetzt wird die Enns immer von Weissenbach an befahren; sie trägt Flöße und kleinere Schiffe, bringt Holz, Kohlen und Eisen nach Steyr; von da fahren schon größere Schiffe mit den verfertigten Eisenwaren in die Donau hinab, zur größeren Reise in ferne Gegenden hin .2) Der andere Fluss ist die liebliche Steyr; ihre Fluten sind so rein und klar, dass man leicht jedes Steinchen auf dem Boden erblickt; ihr Ursprung ist im Baumschlager-Reut, am Anfang des Hinterstoder-Tales im sogenannten Taschenörtel, mitten unter den höchsten Gebirgen Österreichs. Sie strömt dann durch das Stodertal, und bildet unweit vom kleinen Priel den herrlichen Strumboding-Wasserfall, indem sie sich immer enger zusammenzieht, und mit fürchterlichem Gebrause mehrere Klafter tief in ein großes, sehr tiefes Becken hinabstürzt. Bei der Steyrbrücke in der Steyrling, wo sie aus dem Stodertale herauseilt, nimmt sie die Teichel auf, welche fast so bedeutend als sie selbst ist, von Spital und Windischgarsten kommt, und ihren Ursprung aus demWildsee auf der Brunsteiner-Alpe, ungefähr vier Stunden von Spital, hat. Die Teichel nimmt auf den Trattenbach, Dambach, Rettenbach und die Pießling. Die Steyr fließt nun fort tief unten zwischen den Bergen, wo das romantische Klaus (das alte Tutatio der Römer) erhaben die Gegend beherrscht, durcheilt das Mollnertal, und saust dann wieder zwischen turmhohen Felsen, die mit Tannen und Fichten 2) Die Enns kommt in alten Urkunden unter dem Namen Quasus, Anisus. Enisus, Anesus, Anseus vor.

10 geziert sind, vorwärts nach Grünburg und Steinbach. Schon hatte sie viele Mühlen, Hammerwerke und Sensenschmieden in Bewegung gesetzt, aber hier beginnt ihre ausgedehntere Wirksamkeit, gleichsam das Vorspiel zur großen Arbeit, und immer näher kommt sie, immer höher wachsen ihre Fluten. Wohl trägt sie keine Schiffe, sondern nur Nachen, und gewöhnlich Ladenflöße, welche von den aufwärts liegenden Sägemühlen verfertigt, in Steyr zu größeren Flößen verbunden, nach Wien und nach Ungarn geführt werden; aber sie dient doch geschäftig zu den verschiedensten Arbeiten, die ihren Namen selbst in fremden Weltteilen verkündigen. Kaum ist irgendwo ein Strom, der so klein und dessen Laufbahn so kurz ist, und der doch so vieles bewirkt, wie die Steyr, und worin manche Ströme sie nicht erreichen. Eine halbe Stunde außerhalb der Vorstadt Aichet wurde sie durch Kunst zum Behufe der Gewerbe in zwei Arme geteilt; jeder hat seine eigene Bestimmung und angewiesene Tätigkeit, und treibt die Gewerke nicht bloß für das friedliche, häusliche Leben zum Handel und Wandel, sondern auch für die Waffen des Krieges. Sausend und brausend, bald eingezwängt, bald durch geöffnete Schleusen dringend oder sich über Wehren stürzend, unter Brücken und Stegen dahineilend, vereinigen sich endlich die geteilten Arme zu einem Strom wieder, welcher noch über zwei lange Wehren mit majestätischem Sausen sich stürzt, das herrliche Schloss begrüßt, welches mit seinen wallenden Gebüschen und Bäumen auf einem Hügel ihr zur Seite prangt, treibt noch im letzten Augenblick (wohl seit 800 Jahren!) zwei bedeutende Mühlen, überträgt dem Schloss und der Stadt seinen Namen, und vermählt sich mit dem schönen, aber stärkeren Ennsstrom. Lange noch sieht das Auge den herrlichen, grünen Streifen an seiner Seite sich einem schönen Bande gleich dahinziehen, bis die Steyr gänzlich mit der Enns vereint, auch ihren Lauf und ihr Schicksal teilt. Aber nicht immer so nützlich rollen beide Ströme ihre Fluten her; oft, wenn plötzliches Tauwetter im Frühling den Schnee der hohen Berge schmilzt, oder wenn Wolkenbrüche und Güsse der Ungewitter in denselben niederstürzen, schwellen sie schnell

11 zu einer furchtbaren Höhe an. Die Enns bricht Brücken und Stege weg, kommt in ungeheurer Wut, Bäume in großer Masse daherwälzend, bei Steyr an; oft unterliegen die Brücken ihremAndrang, und kaum kann der Damm die Stadt vor ihren Verheerungen schützen. Die Steyr, hoch aufschwellend, vernichtet oft in wenigen Stunden den Wert oder Ertrag dessen, was sie das ganze Jahr hindurch geleistet; die großen Gewerke werden sehr beschädigt, die Wehren zerstört, die tieferliegenden Häuser bis an den ersten Stock überschwemmt, und das Tal sieht, von den nächsten Hügeln betrachtet, vielen kleinen, zerstreuten Inseln gleich, die aus den Fluten hervorragen. Das Klima dieser Gegend ist gemäßigt, eine frische Luft weht wegen der Nähe der Gebirge und schnellen Flüsse, hier sind keine Sümpfe, noch so viele Nebel, wie an den Ufern und in den Auen der Donau. Die Gegend ist auch gesund, und sehr selten herrschen hier ansteckende Krankheiten. Wohl ist es kälter, und die Ernte fällt etwas später, als in den ebenen Gegenden Oberösterreichs; vorzüglich ist die Luft im Frühling, wenn der Schnee in den benachbarten Bergen schmilzt, rauer, und die Reife sind häufiger; aber die Stadt selbst ist durch den Taborberg gegen die Nordwinde sehr geschützt, nur die Ost- und Westwinde stürmen bisweilen gewaltig heran. Im Sommer ist oft große Hitze, wenn sich die Strahlen der Sonne in dem Tal lagern: da ziehen auch fürchterliche Gewitter heran, die sich in den Gebirgen bilden, entladen aber auch ihre Güsse größtenteils in denselben, und schaden der Stadt weniger. Der Spätsommer und Herbst sind gewöhnlich die beständigste und angenehmste Jahreszeit, und zu Ausflügen in die schöne Gebirgsgegend am geeignetsten. Steyr ist eine landesfürstliche Stadt, bildet einen eigenen Kommissariatsbezirk und eine Steuergemeinde unter dem Magistrat. Die Grenzen desselben sind gegen Norden das Kommissariat Gleink, gegen Osten der Ramingbach, der von hier, von seinem Einfluss in die Enns, mehrere Stunden in das Gebirge hinein die Grenze zwischen dem Land ob und unter der

12 Enns macht; südlich und südöstlich das Kommissariat Garsten; westlich und südwestlich jenes von Sierning. Der Flächeninhalt der Gemeinde Steyr beträgt nach dem Resultat der Katastral-Vermessung: An Grundparzellen 608 Joch, 465 Q. Klft. An Bauparzellen 69 Joch 871 Q. Klft. Summe 677 Joch, 1336 Q. Klft. Das Kriminal- oder Landgericht der Stadt umschließt der Burgfriede derselben, und wird begrenzt von den Landesgerichten der Herrschaften Schloss-Steyr, Garsten und Hall, welches letzte schon im Steinfeld beginnt; Garsten aber hat nur die Exemtion der Kriminal-Jurisdiktion über ihre Untertanshäuser sowohl im Garstner-Bezirk, als in anderen Bezirken. In das Distrikts-Kommissariat gehören die Stadt, 9 Vorstädte, 1 Dorf (Ramingsteg), 2 größere Herrschaften, 12 kleinere Dominien, 2 Pfarren, 6 Schulen, 1 Bürger-Spital, 1 Bruderhaus, 1 Siechen- und 1 Krankenhaus. Die Stadt, im ganzen betrachtet, besteht aus der eigentlichen Stadt, 9 Ortschaften oder Vorstädten, und dem Dorf Ramingsteg; dann aus 2 Pfarren, der Stadt- und Vorstadtpfarre, welche letztere erst seit 1784 errichtet, und worüber der Magistrat Patron und Vogtei ist. Über die erstere ist der Religionsfond Patron, der Magistrat Vogtei. Zur Stadtpfarre gehören nach der im Jahre 1834 vorgenommenen Conscription folgende Ortschaften mit ihren Einwohnern: EinwohnerHäuserWohnparteien a. Die eigentliche Stadt 1809 1604 69 Vorstadt Ennsdorf 1096 1182 56 Vorstadt Schönau 241 23 67 Vorstadt Reichenschwall 397 42 106 Vorstadt Vogelsang 138 22 38 Dorf Ramingsteg 120 20 32 Summe 3801 385 968

13 b. Vorstadtpfarre: Einwohner Häuser Wohnparteien Vorstadt Ort 609 61 149 Vorstadt Steyrdorf 1369 127 328 Vorstadt bei der Steyr 973 71 220 Vorstadt Wieserfeld 919 104 226 Vorstadt Aichet 1209 125 290 Summe 5079 488 1213 Allgemeine Summe der einheimischen Bevölkerung 8880 Hierzu die Fremden gerechnet 628 Zusammen 9508 Die allgemeine Zahl der Häuser beträgt 873, mit 2181 Wohnparteien. Ferner sind noch dem Magistrat Steyr als Grundobrigkeit mehrere bürgerliche Hausbesitzer in der Ortschaft Pyrach, im Kraxental, und in der Sarninggasse untertänig; beiläufig 33 Häuser, die zum Kommissariat und zur Steuerbezirksobrigkeit der Herrschaft Garsten und auch zur gleichnamigen Pfarre gehören. Steyr hat viele Tore, von denen aber die meisten nun zu Wohnungen verwendet werden, einen schönen Hauptplatz, mehrere kleine Plätze, 9 öffentliche Brunnen. Zwei Brücken führen über die Enns, die Ennsbrücke und oben die sogenannte Neubrücke, welche erst 1524 errichtet worden ist, eine Brücke über die Steyr, und mehrere kleine Brücken und Stege über den nämlichen Fluss. Die Stadt besteht aus der Enge, welche zum Hauptplatz hinführt; dieser ist lang, aber nicht sehr breit, und mit schönen Häusern geziert; zu beiden Seiten ist ein herrliches Trottoir für Fußgänger; es besteht aus Granitquadraten und reicht bis zur Pfarrkirche hinauf. Am Ende des Platzes beginnt der sogenannte Grünmarkt, welcher im sechzehnten Jahrhundert Grünordt oder Grünerdt hieß, weil früher hier ein schöner, grüner Anger war; dann hieß er auch Grimmordt, weil da das Gerichtshaus und der Kerker waren. Die Häuser in dieser Gegend entstanden erst im vierzehnten Jahrhundert. Zwei schöne Brunnen zieren den Platz; der steinerne Korb des einen, der Leopoldsbrunnen genannt, wurde 1682 vom Kloster

14 Windhag, imMühlkreis, um 300 fl. gekauft, und auf der Enns hierher gebracht; aber die Statue des heiligen Leopolds und die Engel wurden von einem Steinmetz zu Linz verfertigt; er kostete im Ganzen 2819 fl.; die Vollendung und Aufstellung desselben geschah 1685. Der andere, obere Brunnen ist mit der Statue Mariens geziert, welche das Zepter in der Hand hält; das Jahr seiner Errichtung ist unbekannt. Noch ist zu bemerken die Pfarrgasse, welche zur Kirche, und die Berggasse, welche zum Schloss führt, und den höchsten wie auch ältesten Teil der Stadt bildet. Die vorzüglicheren Teile oder Gassen der Vorstadt Ennsdorf sind: die lange Gasse, die Johannes-, Feld-, Kollergasse, das äußere Ennsdorf und die Ortschaft Gmain. Auch diese Vorstadt besitzt zwei öffentliche Brunnen, von denen der eine in der Nähe der Brücke 1731 errichtet, und 1833 erneuert worden ist; der zweite in der langen Gasse ist älter, und erhielt 1737 den steinernen Korb. Die Vorstadt Ort wird in die obere und untere eingeteilt; in Steyrdorf, wo auch mehrere öffentliche Brunnen sich befinden, sind die vorzüglicheren Teile: das Wieserfeld, die Kirchen-, Gleinker-, Sierninger-, Schuhboden- und Badgasse, der innere und äußere Wasserberg, die Bruderhaus- und Mittergasse, die Gegend bei der Steyr, der Mehlgraben, der Schnallenberg mit dem großen Tor, erbaut 1613. Die Vorstadt Aichet hat ihren Namen von den Eichen, die einst dort standen, und kommt schon im 13. Jahrhundert unter dem Namen Aichech vor. Da stand auch das Schlösschen Aichet, welches von 1615 bis 1636 Wolf Katzianer, und später die Familie Riesenfels besaß; nun ist es bürgerlich, Nr. 92. Das Wappen der Stadt ist ein weißer, aufrecht stehender Panther, mit aus dem Rachen und den Ohren sprühenden Feuerflammen, kurzen Hörnern und einem doppelt aufgeschlagenen Schweif, im grünen Feld. Es ist dies das alte Wappen der Ottokare, Markgrafen und Herzoge von Steyr 3) in veränderter Form und überall auf den städtischen Gebäuden und Toren zu sehen. Am Ennstor ist auch neben dem Panther auf der Stadtseite der österreichische Adler 3) Siehe hierüber die Geschichte.

15 und der Doppeladler mit F.I., auf der anderen Seite sind zwei Ritter ganz geharnischt mit offenem Visier. Jeder hält einen Schild und eine Fahne, der erste mit Österreichs Farben, weiß und rot, im Schild zwei silberne Balken oder Querstriche im roten Feld, welches das Wappen des Landes ist; der andere führt auf seiner gelben Fahne und im Schild F. III. (K. Friedrich III.), oben ist die Zahl 1489 zu sehen; sie deutet auf die Vollendung dieses Turmes hin. Was aber die beiden Ritter, die früher blind dargestellt waren, anzeigen, ist unbekannt, denn in den Annalen von jenem Jahre ist nichts Besonderes angeführt; vielleicht war damals ein Turnier. Neben diesem Tor steht der hohe Wasserturm, welcher um 1572 von Michael Aidn erbaut wurde, und gegen 40,000 fl. gekostet haben soll. In demselben wurde früher durch ein Pumpwerk das Wasser der Steyr in Röhren hoch empor in einen Kessel getrieben, von dem es in anderen Röhren herabstürzte, und die Brunnen auf dem Stadtplatz mit Wasser versah; aber seit dem großen Brand 1824, bei welchem auch diese Röhren sehr beschädigt worden waren, verrichtet den nämlichen Dienst eine einfache Maschine durch horizontalen Druck in die Leitungsröhren vermittelst der Luft, erfunden von Dominik Staffelmayer, Glockengießer in Steyr. Das Neutor ist ein großes, eigentliches Doppeltor; eines führt zur Brücke über die Enns, das andere zur Vorstadt Reichenschwall hinab; das Ganze ist ein massives Gebäude aus großen Quaderstücken, mit Kraft und Kunst erbaut als ein fester Damm gegen die heranstürmende Enns, die 1572 hier hereinbrach, viele Gebäude niederriss, und der Wasserseite der Stadt den Untergang drohte, wie dies die Geschichte vom Jahre 1572 erzählt. Es wurde unter Anleitung des berühmten Gasteigers erbaut; die lateinische Aufschrift auf dem Tor deutet jenes Unglück und die Zeit der Erbauung an. Ein anderes Tor ist das Pfarr- und Gilgentor (St. Aegyditor), von dem ein Teil ist abgebrochen worden; durch dieses führt der Weg nach Garsten. Da beginnt auch der tiefe Stadtgraben, der sich bis zum fürstlichen Schloss hinzieht, und von dem ein Teil früher die bürgerliche Schießstätte war; nun sind darin einige schöne Gärten angelegt.

16 In Steyr ist seit 1783 der Sitz des k. k. Kreisamtes für den Traunkreis, welches 35 Distrikts-Kommissariate unter sich hat; seit 1786 hat die Stadt einen organisierten, juridischen Magistrat, bestehend aus dem Bürgermeister, 4 Ratsherren, 2 Sekretären und dem übrigen Amtspersonal. Dann sind noch 3 Ökonomieräte und 6 Ausschüsse aus dem Bürgerstande, verschiedene Stadtämter, Viertelmeister, Polizei- und Gerichtsdiener. Hier ist auch das k. k. Berggericht unter einem Bergrat für das Land ob und unter der Enns, eine k. k. Zoll-Legstätte oder ein Mautamt, und eine Waren-Stempelstation; eine Aufsichtsstation über Tabak- und Siegelgefälle; eine Tabaks-Distrikts-Legstätte (seit 1734); die Gewerkschafts-Oberfaktorie nebst der Kastenverwaltung und Verschleißbesorgung; ein k. k. Postamt; zwei Lotto-Kollekturen; eine Messing-Niederlage, dem Stift Seitenstetten gehörig seit 1782, und eine Kommandite der österreichischen Sparkasse und der damit vereinigten Versorgungs-Anstalt. Steyr hat unter den sieben landesfürstlichen Städten Oberösterreichs seit undenklichen Zeiten bei den ständischen Sitzungen den Vorsitz selbst vor Linz; denn sie war immer seit ihrer Entstehung eine dem Landesfürsten unmittelbar untertänige Stadt, zuerst den steirischen Ottokaren, dann den Babenbergern und Habsburgern. Zu den Wohltätigkeits-Anstalten gehört erstens das Bürgerspital, 1305 von der K. Elisabeth, Albrechts erster Gemahlin, gestiftet, und vorzüglich 1313 reichlich beschenkt. Sie erbaute das Spital und die Kirche, und versah dieselben mit vielen Gütern und Einkünften. Oberhalb des Einganges in das Spital ist eine messingene Tafel angebracht, worauf dieses in lateinischer Sprache angedeutet ist: Elisabeth Germanorum regina, Archiducum Austriae progenitrix, nata Tyrolis et Goriciae comes, hujus hospitalis pauperes largis pro fua pietate dotibus auxit. Anno MCCCXIII. Die Kirche wurde 1785 in den Pfarrhof umgewandelt. Es wurden von Zeit zu Zeit Stiftungen dazu gemacht, noch 1693 bestimmte Stephan von Werthenberg 6000 fl. in seinem Testament dazu.

17 In der Sierningerstraße ist das sogenannte Bruderhaus, eine Kirche und ein Spital zum Unterhalt und zur Wohnung verarmter Bürger. Die Kirche wurde 1511 von Hanns Lueger, einem Bürger zu Steyr, welcher 1521 Stadtrichter war und 1539 starb, auf seine Kosten, mit Bewilligung des Abtes von Garsten, zu Ehren des heiligen Antonius erbaut. Über die anfängliche Stiftung des Bruderhauses selbst (einst Gemeinkasten genannt) finden sich keine Nachrichten vor; nur so viel ist gewiss, dass 1512 Kaiser Maximilian I. in seinem Freibrief über die Güter, die jener Lueger dazu gestiftet, sagt: „Das Siechenhaus, so wir gestiftet und aufgerichtet haben,“ so dass er der Stifter oder doch ein großer Wohltäter desselben gewesen ist. 1527 übergab auch Veit Pfefferl sein Haus mit allem Zugehör am Grünmarkt diesem Spital zum Nutzen der Armen.4) Als zweiter Stifter ist mit Recht Hanns Fuxberger, ein reicher Mann und Bürgermeister von Steyr, anzusehen, welcher am 19. November 1542 starb, und in seinem Testament die bedeutenden Weingärten zu Roßdorf samt ändern Gütern und Gülten, und den dritten Teil seiner Verlassenschaft dem Bruderhaus vermachte. 1616 am 29. Juli wurde hier wieder der erste katholische Gottesdienst gehalten, da früher durch lange Zeit die Protestanten alles in Besitz genommen hatten. 1680 wurde dasselbe, weil es baufällig war, neu aufgebaut. 1749 am 9. Mai brannte es ganz ab, 1750 wurde es wieder erbaut, und 1751 am 17. August die Kirche durch Leopold Till, Abt zu Garsten, eingeweiht. Ein gestifteter Benefiziat besorgt die geistliche Pflege der Pfründler und den Gottesdienst. ImAichet ist das Herrenhaus mit der Dreifaltigkeits-Kapelle, ebenfalls ein Siechenhaus, gestiftet von der Stadt und einigen Bürgern, vorzüglich aber von Benedikt Aetl, der 1578 starb, und von Ulrich Lichtenberger und seiner Gattin, welche 1569 gestorben sind, und 4000 fl. dazu bestimmten; es wurde bald nach 1569 erbaut. Unweit davon ist der Plauzenhof, vom einstigen Besitzer Plauz so genannt; ebenfalls ein Krankenhaus mit einer Kapelle, zu Ehren der heiligen Anna. Dieses Haus wurde 1679 von der Stadt bei der in Unterösterreich herrschenden Pest als Vorsorge zu einem 4) Stadt-Archiv.

18 Lazarett erkauft. 1754 bat Bernhard Großrucker, Stadtrichter, dort eine Kapelle bauen zu dürfen, welche am 8. Oktober 1755 bewilligt wurde. Da auch mehrere Legaten dazu gemacht worden waren, so begann nun der Bau derselben, und wurde bald vollendet. 1764 bis 1765 ist auch ein Benefizium dazu gestiftet worden 5). Früher bestand auch das Lazarett St. Joseph mit einer Kapelle an der Steyr, von dem 1683 bis 1740 Meldung geschieht; es wurde aber um 1789 aufgehoben und verkauft. Zu den Lehranstalten gehört die k. k. Kreis-Hauptschule unter einem Direktor, welche 1775 errichtet wurde, und sich nun im ehemaligen Jesuiten-Kollegium befindet; die k. k. Mädchenschule ist in der Berggasse in einem Teile des ehemaligen Nonnenklosters, unter der Leitung eines Oberlehrers; es wird da auch unentgeltlich Unterricht im Stricken und Nähen erteilt. Dann sind noch drei Trivialschulen: in der Berggasse, im Steyrdorf und im Aichet. Im Ennsdorf ist eine Mittelschule; bei allen ist die Stadt Patron und Vogtei. Zu den merkwürdigeren Gebäuden gehört vorzüglich die Stadtpfarrkirche, dem heil. Aegydius und Kolomannus geweiht; sie liegt ziemlich hoch, fast am Ende der Stadt, und ist im gotischen Stil aus Quadersteinen erbaut, den Turm ausgenommen, der in neuerem Stil errichtet ist. Schon ihr äußerer Anblick ist Ehrfurcht erregend, ihre Größe und Festigkeit bewundernswert. Eine große Halle, ebenfalls im gotischen Geschmack, führt zum Haupteingang hin, und der erste Eintritt in diesen erhabenen Tempel ist wahrhaft Achtung und Andacht erweckend. 16 Säulen, 8 auf jeder Seite, stark und doch schlank erbaut, stützen das hohe Gewölbe, das im altertümlichen Stil mit kunstreichen Stuckatur-Arbeiten geziert und mit verschiedenen Gestalten bemalt ist. Die Kirche ist 20 Klafter lang und 12 hoch; eine große Zierde derselben sind die schönen, alten Glasmalereien an den Fenstern, deren einst noch mehrere waren; aber viele derselben wurden herausgenommen, und in die k. k. Burgkapelle zu Laxenburg 5) Das Weitläufigere hierüber, sowie über die folgenden kurzen, geschichtlichen Angaben, sehe man in der Geschichte bei den betreffenden Jahren.

19 übertragen. Sie gewähren einen ehrwürdigen Anblick, und verbreiten, vorzüglich wenn die Sonne den glühenden Farbenglanz beleuchtet, einen herrlichen Schimmer. Mitten oben auf dem Plafond ist eine Uhr angebracht, welche die Stunden anzeigt, und nebenbei prangt der steyrische Panther. Der Hochaltar ist in erhabenem Stil gearbeitet; das große Bild stellt die heiligen drei Weisen aus dem Morgenland bei dem Kinde Jesu vor. Unter demAltar liegt der Leib der heiligen Kolumba, welcher am 26. September 1688 feierlich in diese Kirche übertragen wurde, und jährlich an diesem Tage zur Verehrung ausgesetzt wird. Neben diesem Altar sind noch zwei Seiten-Altäre und weiter vier andere, ferner eine Kapelle, dem heil. Sebastian geweiht, in der sich ein sehr schön gearbeiteter Taufstein befindet. Er wurde 1569 aus Metall gegossen in Form einer Vase, ist 8 Schuh hoch, 5 im Durchmesser breit, und wiegt über 15 Zentner. Er ist mit Darstellungen aus der heiligen Geschichte in Basrelief geschmückt, voll Figuren, Engelsköpfen, Sternchen, Arabesken und Schnitzwerken. Die Orgel ist groß und gut, ein Werk des berühmten Chrismann aus Laibach; sie hat 26 Register. 1772 wurde mit diesem Orgelbauer ein Kontrakt gemacht auf 2500 fl., ohne Kasten; ein Guttäter gab dazu 1000 fl., der Abt zu Garsten 1500 fl., die Stadt 1500 fl., und das Kirchenamt zum Kasten 1000 fl. Die Kirchenmusik ist vortrefflich besetzt, und an größeren Festen sammeln sich noch mehrere Dilettanten, um die Feier des Gottesdienstes zu erhöhen. Der Turm ist hoch und schön gebaut; 1756 wurde der alte Turm um einige Klafter erhöht, und 1757 in seiner jetzigen Gestalt vollendet. Darin befinden sich mehrere Glocken, die majestätisch und harmonisch in weite Ferne ertönen. Vom 24. April bis 29. September ist bei Sonnenaufgang und abends um 6 Uhr, wenn schönes Wetter ist und kein Toter in der Stadt liegt, gewöhnlich Türmermusik mit Trompeten auf dem Altan des Turmes. Um die Kirche herum ist der alte Gottesacker mit Epitaphien und Grabsteinen mit Inschriften geziert, deren mehrere von den edelsten Familien, die sich um die Stadt verdient gemacht, auch an der äußeren Seite der Kirche sich befinden.

20 Zu welcher Zeit die alte Pfarrkirche erbaut wurde, ist unbekannt; in einem Ablassbriefe von Rom 1287, im zweiten Jahre des Papstes Honorius IV., wird dieser Kirche St. Aegydi und Kolomanni gedacht. Sie war eine Filiale von Garsten, wurde 1305 mit allen Pfarr-Rechten vom Magistrat und von der Bürgerschaft dem Abt Ulrich von Garsten und dem Konvente alldort für immerwährende Zeiten förmlich übergeben, und 1437 zu einer gänzlich selbstständigen Pfarre erhoben. Da aber damals die Zahl der Bewohner sich immer vermehrte, so wurde die Kirche zu klein; die Bürger ließen sie niederreißen, und begannen auf demselben Platz den Bau einer neuern 1443. Hanns Puxbaum war der Baumeister, starb aber 1454; ihm folgte Martin Kronschach, welcher der Untreue beschuldigt wurde; dann Wolfgang Denk, Steinmetz, welcher 1515 starb, und dessen Monument noch im Pfarrfriedhof zu sehen ist. Hanns Schwedchorer vollendete endlich fast ganz den Bau 1522, also nach 79 Jahren. Aber eben in diesem Jahr entstand eine große Feuersbrunst, welche auch die Kirche ergriff, und sehr beschädigte. Sie wurde wohl wieder hergestellt, aber nicht vollendet. Denn die Baumeister erklärten, die Säulen seien zu verdorben, als dass sie die Gewölbe tragen könnten, deren Bau daher auch unterblieb. Das große Portal wurde 1554 erbaut. Zuerst war auf dem Hochaltar der heil. Aegydius und Kolomannus, auch noch nach 1522; aber zur Zeitdes herrschenden Luthertums wurde der Altar oder doch das Bild von Adam Freiherrn von Hoffmann, Burggrafen zu Steyr, hinweggenommen, und ein anderes, wahrscheinlich wie das jetzige, aufgestellt; dieser Hoffmann starb 1573. 6) 1605, zur Zeit der katholischen Reformation, stellten die k. k. Kommissäre den Magistrat über diese Veränderung zur Rede, welcher sich aber damit entschuldigte, dass es schon lange so wäre, und er keine Schuld daran hätte. Von 1545 bis 1600, wohl auch noch später, wurde darin mit kurzen Unterbrechungen der protestantische Gottesdienst gehalten. 1587 wurde eine neue Orgel gemacht. Endlich 1628 begann der Abt Anton II. von Garsten die Vollendung der Kirche. Er ließ viele Epitaphien der Protestanten hinausbrin6) Siehe Prevenhubers steyrische Annalen S. 247, 289.

21 gen, legte ein neues Pflaster, und 1630 wurde das Gewölbe vollendet, wie eine lateinische Aufschrift über dem Haupttor anzeigt, welche folgender Maßen lautet: Dei ter Optimi Auspicio, D. D. Aegydii, Colomanni Patrocinio, Augustissimi Caesaris Fernandi pietate et munificentia, Venerabilis P. ac Dni. Dni. Antonii Abbatis Garstensis Cura et industria, Senatus Populique Styrensis Auxilio, Basilica praesens fornice hoc donata et tota renovata est. Anno Verbi incarnati MDCXXX. 1630 wurden auch die Grundfesten zum jetzigen Pfarrhof gelegt; der Baumeister war ein Italiener, namens Marx; aber der Bau geriet bald ins Stocken. Daher kaufte der Stadtpfarrer, Achatius Schrott, 1638 den Schwarzhof (jetzigen Pfarr-Mayerhof Nr. 19.), der dann bis 1687 die Wohnung der Geistlichen blieb, in welchem Jahre das Pfarrhofgebäude vom Abt Anselm vollendet wurde. 1689 wurde der jetzige Hochalter in der Kirche durch den garstnerischen Laienbruder Marian Rittinger und Peter Thurnier, beide geschickte Bildhauer, gemacht, und das Hochaltarbild von Karl v. Röselfeld gemalt; es kostete 1000 fl. Auch die Kanzel wurde erneuert und die Orgel ausgebessert. 1690 wurde das Zügenglöcklein von Riesenfels gestiftet. 1692 an 13. Oktober konsekrierte Abt Anselm den Hochaltar und fünf andere Altäre. Neben der großen Kirche steht eine kleine, die Margarethen-Kirche genannt, die auch sehr alt ist und 1437 erwähnt wird; sie hat ein Türmchen im gotischen Stil; mehrere Grabsteine mit Inschriften sind von außen eingemauert. 1693 weihte Abt Anselm in derselben drei Altäre ein: den Hochaltar der heil. Margaretha, den Kreuz- und Dominikus-Altar. Später aber war nur mehr der Hochaltar zu sehen, der 1724 ganz repariert wurde, und das Bild, die vierzehn Nothelfer vorstellend, gemalt von Röselfeld, erhielt. Nun ist die Kirche schon seit langer Zeit geschlossen. Früher standen noch unweit davon am Abhang gegen den Grünmarkt zwei Kapellen aufeinander, die obere zu Ehren der heiligen Dreifaltigkeit, die untere (auch die Gruft genannt) dem Erzengel Michael und heiligen Sebastian geweiht. Es waren darin fünf Altäre; an der rechten Seite war das Traindtische, und am Fenster das Gutbrodische Wappen, von dem noch

22 ein Überbleibsel gegen den Friedhof heraus sichtbar ist. Der Stifter und Erbauer derselben war Siegmund Traindt, Ratsbürger 1479, welcher 1492 starb, und nebst seiner Gattin Agnes dort begraben wurde. Vom Jahre 1488 ist ein Indulgenzbrief vom Bischof zu Passau für die Dreifaltigkeits-Kapelle vorhanden. 1662 wurde sie durch ein Erdbeben ruiniert, aber wieder hergestellt. Vor beiläufig dreißig Jahren wurden beide Kapellen niedergerissen. Auf dem Stadtplatz ist die Dominikaner-Kirche nebst dem einstigen Klostergebäude. Die Kirche ist groß und schön; in derselben sind der Hochaltar, 6 Seiten-Altäre und 2 Kapellen. Sie wird sehr fleißig besucht, weil sie bequem gelegen und im Winter warm ist. Das Kloster und die Kirche wurden 1472 zu bauen angefangen, und 1478 vollendet; Georg und Wilhelm von Losenstein verkauften den Dominikanern ihr Haus dazu. 1522 brannte es ab, und da sie kein Geld hatten, konnten sie es nicht aufbauen, und zogen von Steyr weg. K. Ferdinand I. übergab die Ruinen am 22. Februar 1559 den Bürgern mit der Bedingung, dieselben aufzubauen und zu einem Spital oder Schulhaus zu verwenden, jedoch das Gebäude den Dominikanern auf ihr Verlangen, gegen Ersatz aller Baukosten, wieder abzutreten. Die Bürger errichteten nun dort eine lateinische Schule oder ein Gymnasium unter protestantischen Lehrern, und führten in der Kirche auch den evangelischen Gottesdienst ein. 1572 wurde, es in der Überschwemmung fast ganz weggerissen, aber wieder erbaut, und 1579 vollendet. 1625 bis 1626 musste es den Dominikanern auf allerhöchsten Befehl übergeben werden, die es 1631 vergrößerten. Die jetzige Kirche wurde 1642 bis 1647 erbaut, wozu K. Ferdinand II. schon 1636 auf Bitten der Dominikaner 300 Stämme Bauholz und Rüstholz von der Herrschaft Steyr bewilligt hatte. 1774 bis 1778 wurde die Kirche mit ganz neuen Altären, dem Musik-Chor, der Orgel und mehreren Bildern geziert, und überhaupt verschönert, wozu der Freiherr von Riesenfels sehr vieles beitrug. Am 16. Juli 1785 wurde das Kloster aufgelöst, und die Mönche zogen größtenteils von Steyrweg. 1786wurde das Klostergebäude verkauft, und dann in demselben eine Manchester-Fabrik errichtet.

23 1819 und 1820 wurde dasselbe renoviert, und im jetzigen Zustand hergestellt. 1800, 1805, 1809 musste die Kirche für die Franzosen als ein Heumagazin dienen, das Presbyterium und die Kapelle ausgenommen; sie wurde aber immer wieder in guten Stand gebracht. Im Steyrdorf ist die jetzige Pfarrkirche St. Michael, auf einer Anhöhe in der Nähe der Brücke erbaut, und gewährt durch ihren schönen, regelmäßigen Bau, die zwei Türme und hohe Front, worauf der Sturz der bösen Engel gemalt ist, einen angenehmen Anblick. Sie ist ziemlich groß, hat einen Hochaltar, 6 Seiten-Altäre und eine Kapelle; ersterer ist um 1766 durch italienische Meister erbaut worden. Das große Bild, den Erzengel Michael darstellend, wie er die Engel in den Abgrund stürzt, ist vom Maler und Zeichenmeister zu Steyr, Franz Xaver Gürtler, um 1769 gemacht; die Kreuzwegbilder sind vom Maler Pichler; die schöne Orgel ist von Chrismann für Garsten gemacht, aber nach der Auflösung dieses Klosters 1787 hierher gebracht worden. Die Kirche und das daneben stehende schöne Gebäude, welches nun die Kreis-Hauptschule ist, verdankt die Entstehung den Jesuiten. Diesen wurden 1630 elf bürgerliche Häuser eingeräumt, aus denen sie ihr Kollegium erbauen sollten; sie begannen den Bau 1631, vollendeten ihn aber erst 1662. 1632 wurde ihnen die Spitalkirche übergeben, und sie hielten am 3. November ihren ersten Gottesdienst in derselben; am 4. eröffneten sie das Gymnasium. Auch errichteten sie nebenbei ein Seminarium (zu den heil. Engeln genannt), worin fünf Alumnen in Musik unterrichtet, zum Studieren und zum Chordienst der Kirche verwendet wurden. Der Magistrat hatte ihnen schon 1632 ein Haus übergeben, damit sie einen Bürgerssohn als Alumnus unterhalten sollten. 1677 wurde der Bau der Kirche durch den Fürsten von Eggenberg vollendet, wie die Aufschrift außen andeutet. 1788, nach Aufhebung der Jesuiten, wurde in dem Kollegium derselben das Büchsenmacher-Lehrlings-Institut errichtet. Sechzig von den Erziehungshäusern verschiedener Regimenter genommene Knaben traten in dasselbe mit dem fünfzehnten Jahr ein; ein Artillerie-Hauptmann stand ihnen vor. Sie lernten sechs Jahre, dann kam gewöhnlich ein Teil zu den Regimentern, einer in die Fabriken und ein anderer in

24 die Zeughäuser. Sie verfertigten Musketen (die ersten Arbeiten in den Hammerwerken ausgenommen), und hatten eine eigene Uniform. Es arbeiteten dort auch andere Büchsenmacher-Gesellen, die einen täglichen Sold, Brot und Kleidung bekamen. 1824 wurde dieses Institut aufgehoben; aber die Kanzlei für die k. k. Armaturs-Arbeiten blieb noch in diesem Gebäude bis 1836, in welches auch seit einigen Jahren die k. k. Kreis-Hauptschule verlegt worden ist. Fast gegenüber derKirche amSteyrfluss ist nunder Pfarrhof und das Bürgerspital; ersteres war früher die Spitalkirche, welche aber 1785, als diese Pfarre St. Michael errichtet wurde, vomMagistrat und der Bürgerschaft in den Pfarrhof umgewandelt worden ist. In der Berggasse, nahe am Schloss, ist das ehemalige Nonnenkloster der Cölestinerinnen oder eigentlich Augustinerinnen von der Verkündigung Mariens, daher auch Annuntiaten genannt. 1646 am 20. August kamen die ersten Nonnen hier an, und bewohnten ein Haus, welches die verwitwete Kaiserin Eleonora für sie gekauft hatte. 1662 am 24. Juli wurde der Grundstein des Klosters gelegt; 1670 war dasselbe vollendet. 1676 wurde der Bau der Kirche, 1680 der Loretto-Kapelle begonnen; 1681 waren beide vollendet, und 1693 wurden sie vom Bischof zu Passau, Johann Philipp Grafen von Lamberg, konsekriert. 1727 brannten das Kloster und die Kirche gänzlich ab; die Nonnen wohnten indessen im Schloss Rosenegg, eine Stunde von Steyr entfernt. Noch in diesem Jahr wurde die Loretto-Kapelle hergestellt, und 1728 im Oktober zogen die Nonnen auch in das wiedererbaute Kloster ein. 1731 wurde das Hochaltarbild durch den berühmten Röselfeld, Maler zu Garsten, um den Preis von 200 fl. verfertigt; es stellte die Verkündigung Mariens vor. Von den zwei Seiten-Altären war einer zu Ehren des heil. Augustins, der andere des heil. Josephs errichtet. 1782 wurden die Nonnen in Ursulinerinnen verwandelt, und bauten die Mädchenschule auf; 1784 wurde das Kloster aufgehoben, aber die Schule blieb, jedoch unter weltlichen Lehrern. 1784 am 7. August wurde die Kirche gesperrt; 1786 Kloster, Kirche und Kapelle um den Schätzungswert von der Stadt übernommen, 1792 die Kirche in das jetzige Theater umgewandelt, welches aus drei Logen, dem

25 Parterre, zwei Galerien und vielen gesperrten Sitzen besteht. Die übrigen Gebäude wurden anfangs zu einem Arbeitshaus, später aber zu Wohnungen und Gefängnissen verwendet; auch befindet sich das städtische Zeughaus hier. Außerhalb der Stadt, aber noch im Burgfrieden derselben, auf einer Anhöhe liegt das ehemalige Kapuziner-Kloster. Die Lage desselben ist sehr schön, aber das Gebäude selbst bietet wenig Merkwürdiges dar. Der Bau des Klosters wurde um 1615 begonnen und 1617 vollendet; da wurde dann der Grundstein zur Kirche gelegt, 1620 war der Bau geendet. 1786 wurde das Kloster aufgelöst, das Gebäude an einen Privaten verkauft, und die Kirche abgebrochen. Eine große Zierde der Stadt ist der jetzige Gottesacker; er liegt auf dem Taborberg in der Nähe der Straße nach Enns, bildet ein regelmäßiges Viereck, ist in einem schönen Stil erbaut, und nach dem von Salzburg wohl der schönste in Oberösterreich. Rings herum auf allen vier Seiten ein bedeckter, gemauerter Gang, an den Wänden desselben sind die schönen Epitaphien, und unten die Grüfte. In der Mitte des Gottesackers ist eine Kapelle, in welcher an den Quatembertagen Messe gelesen wird, nach einer Stiftung von 1690. Er hat Türme und eine Glocke, mit welcher bei herankommendem Leichenzug geläutet wird. Der Eingang ist besonders schön und mit einem eisernen, künstlich gearbeiteten Gitter verschlossen. Oberhalb ist das Wappen der Stadt, eine lateinische und deutsche Aufschrift; die erstere lautet folgender Maßen: Haec loca corporibus defunctis Styra paravit, Aeterni at domini est fertilis illa seges; Somnum, non mortem spectas in morte piorum, Inque Deo salvi, qui moriuntur, erunt. In den ältesten Zeiten wurden die Leichen in der HauptPfarrkirche und im Gottesacker zu Garsten begraben; um 1400 geschah dies auch mit Erlaubnis des Abtes zu Steyr. Da aber die Bürger später ein Recht daraus machen wollten, so entstanden hierüber Streitigkeiten, welche endlich 1437 der Landesfürst K. Albrecht II. selbst beilegte, indem er den Abt ersuchte, hier das

26 Begräbnis zu erlauben, wenn die Bürger bekennen, dass dieses bisher bloß von der Gnade des Abtes abhing, was auch geschah. 1541 hörten da die Begräbnisse wegen Mangel an Raum in dem nicht großen Friedhof um die Pfarrkirche auf, und ein neuer Gottesacker wurde an der hinteren Seite des Bruderhauses angelegt, welcher der Weichselgarten hieß, weil da so viele Weichselbäume standen. 1542 wurde er von Heinrich Kurz, Weihbischof zu Passau, konsekriert. 1569, als eine große Pest in Steyr einriss, und der Friedhof die vielen Leichen nicht mehr fasste, ja sogar ein Teil desselben mit vielen Toten hinabstürzte, wurde der jetzige Gottesacker zu bauen angefangen, aber erst 1584 vollendet, wie die deutsche Aufschrift auf demselben sagt: Tausend fünfhundert achtzig vier Baut die Steyrerstadt das Schlafhaus hier. 1628 am 30. Juni wurde er von dem Abt zu Garsten, Anton, feierlich eingeweiht, welches in den früheren Zeiten des herrschenden Luthertums unterblieben war. Hier wurde zuerst ein Mann, namens Fidelberger, begraben, daher lange Zeit der Gottesacker auch der Fidelberg genannt wurde. Das älteste Monument ist der Sage nach jenes, das sich links an der Wand neben dem Haupteingange befindet. Darauf sind vier Namen und Wappen: Grünthaller, Egge, Schönburg, Raide, ohne Jahreszahl. Wahrscheinlich ist es der Grabstein eines Raide, aus deren Familie zwei als Stiftsrichter zu Garsten erscheinen, und einer derselben starb um diese Zeit. Ältere sind ferner: Helena Michelius, Landschaftsarztes Gemahlin, 1606; Christoph Gstöttner, 1609; Isaak Spannesberger, 1611 (gemalt), Hieronymus Stettner, Mitglied des inneren Rates, 1611; Leonhard Schiffer, Erzherzog Ferdinands, in Grätz, Hofdiener, 1612; Klemens Schrabacher, Bürger zu Steyr, Hammermeister in Reichraming, Inhaber, Anfänger und Entdecker des Radwerkes zu Wendbach, 1614. Michael Kraus von Michelfeld, Kriegssekretär, 1615; das Grabmal der Margaretha Reischko, errichtet von ihrem letzten Gatten, Joachim Händl, 1615, mit folgender Inschrift: Nostros non amittimus, sed praemittimus; non moriuntur sed oriuntur;

27 praecedunt, non recedunt; non obitus, sed abitus est, et eorum migratio est vitae iteratio. Unter den neueren Monumenten zeichnen sich das Schaidtnersche, Schroffsche, Hintermayrsche, Redtenbachersche u.s.f. nebst mehreren Grabsteinen und Denkmälern aus. In der Nähe der Kapelle ist ein Grabstein, bezeichnend die Ruhestätte der Frau Fürstin Marianne von Lamberg, welche 1790 in Linz starb, und ihres einziges Sohnes Joseph Wilhelm Johann Friedrich Grafen von Lamberg, welcher, vier Jahre alt, 1786 starb. Eines der schönsten Gebäude der Stadt ist das Rathaus mitten an dem Platz. Es ist in erhabenem Stil erbaut, drei Stockwerke hoch, mit einem Altan versehen, oben an dem Dach ist ein steinernes Säulengeländer im italienischen Stil, mehrere Statuen zieren dasselbe, und mitten erhebt sich der schöne, ziemlich hohe Turm. Im Innern ist das Gebäude sehr licht, bequem und großartig, mit einem schönen Saal versehen, in dem gewöhnlich die Sitzungen gehalten werden. In diesem befinden sich die Bildnisse des Erzherzogs Ferdinand von Tirol und seiner Gemahlin, der schönen Philippine Welser, die am 13. April 1580 zu Ambras in Tirol starb; ferner eine steinerne Tafel von 1612, welche dem Richter in einem altdeutschen Verse seine Pflicht, recht zu richten, einschärft; dann eine Ansicht der Stadt, von der Ennsleiten aufgenommen, in großem Format gemacht von Franz Gürtler, Maler und Zeichenmeister zu Steyr, von 1785. In einem Zimmer sind sechs Krüge von Zinn, groß und von sonderbarer Form aus alter Zeit, wo es Sitte war, bei bürgerlichen Hochzeiten auf dem Rathaus den ersten Tanz zu machen, die Stadttürmer zum Blasen zu gebrauchen, und den Ehrentrank zu trinken. In der Kanzlei ist ein Porträt, Kaiser Karls VI., in dessen Perücke Philipp Pächter, der Reis- und Schreibekunst-Liebhaber (wie er sich nennt), das Lob der Weisheit aus dem biblischen Buch Ekklesiastikus hineinschrieb. Im Archiv befindet sich das große Schwert, welches einst dem Stadtrichter nach seiner Wahl und Bestätigung in einem feierlichen Zug in seine Wohnung gebracht und bei Verlesung eines Urteils vorgetragen wurde; auch der alte Bannrichterstab mit

28 einem silbernen, durchbrochenen Griff, den er bei Ablesung des Urteils in der Hand hatte, ist noch vorhanden. Das Rathaus besteht seit 1422, in welchem Jahr Herzog Albrecht V. (als Kaiser der II.) den Bürgern erlaubte, ein solches in der Stadt, wo sie wollten, aufzubauen. Sie kauften nun ein Haus, welches Heinrich Randolph, ein Bürger, besaß, und richteten es nach ihrem Zweck ein. 1538 wurde es renoviert und in eine andere Form gebracht. Das jetzige Gebäude wurde aber erst 1765 bis 1778 von Anton Mayrhofer, Gastgeber und Stadtkämmerer, auf Kosten der Gemeinde erbaut. 1771 wurde der vordere Teil mit dem Turm vollendet; der hintere Teil, wo früher bis 1754 unten die Fleischbänke waren (daher der Name „unter den Tischen“ seinen Ursprung hat), samt dem Archiv kam erst 1778 zur Vollendung. Auf dem Platz ist auch die Stadt-Kaserne, einst das Hirschenhaus genannt; von seinen Besitzern aus der Familie Hirsch erhielt es diesen Namen. 1464 bis 1465 baute Andreas Grünthaler eine Kapelle, zu Ehren des heil. Nikolaus, in diesem, damals ihm gehörigen Haus; an jenem Festtag wurde auch immer ein Hochamt und eine Predigt gehalten. Er stiftete dazu ein Benefizium (das Grünthalerische genannt), stattete dasselbe mit Gülten und Gütern aus, und verschaffte dem Benefiziaten ein eigenes Haus auf dem Berg (jetzt Nr. 100). Benefiziaten kommen bis 1776 vor; die sehr baufällige Wohnung wurde 1775 an Herrn Voith verkauft, und 1784 die Nikolai-Kapelle auf allerhöchsten Befehl gesperrt. Dieses Grünthalerische Haus auf dem Platz kaufte der Magistrat 1650, und seit 1723 wird es zur Kaserne, aber auch zu Wohnungen verwendet. 1782 diente es als Erziehungshaus der Knaben vom Regiment Langlois (jetzt Großherzog Baden). Nebst den angeführten Gebäuden sind noch sehenswert und im neueren, schöne Stile aufgeführt: das k. k. Berggericht (früher Geymanisches, dann Monspergerisches Haus), das Posthaus, Mautamt (früher dem Kloster Kremsmünster gehörig); das Eisengewerkschaftshaus (vormals Pfefferl; 1628 erkauft); Schellmann (einst gräflich Salburgisches Haus); von Schönthan (einst Erbisches Haus), wo jetzt das k. k. Kreisamt ist; ferner die Häuser des Kaufmannes Herrn Joseph Mayr und Michael Huemer.

29 §. 2. Gewerbe und Handel Von den ältesten Zeiten an war Steyr immer einer der betriebsamsten Orte, und noch nimmt es mit Recht in dieser Hinsicht einen hohen Rang in der österreichischen Monarchie ein. Die vorzüglicheren Gewerbe und Handlungen sind: 1 Manchester-Fabrik, 2 Galanterie-Waren-Handlungen, 1 Bauholz- Handlung, 1 Buchhandlung, 6 Eisen-Handlungen, 4 gemischte Waren-Handlungen, 1 Leder-Handlung, 3 Schnittwaren-Handlungen, 2 Spezerei- und Material-Waren-Handlungen, 18 Weißwarenhändler, 2 Häute- und Viehhändler, 2 Weinhandlungen. Im Ennsdorf befinden sich 5 Brauereien, und Roman Jäger von Waldau erbaute 1833 einen vortrefflichen Märzenkeller; ferner ist 1 Brauerei imOrte, 1 im Vogelsang, 1 im Schlüsselhof, welche letztere den Brauern gemeinschaftlich gehört. Hier sind 5 Leinwandhändler, 1 Steinguthändler, 12 Viktualienhändler, 2 Schiffmeister, 17 Fragner, 5 Lederer, 3 Färber, 3 Silberarbeiter, 2 Spengler, 5 Bortenmacher, 5 Drechsler, 3 Nadler, 3 Nadelmacher, 4 Regenschirmmacher, 1 Kunstdrechsler und Beinschnitzer, 3 Buchbinder, 5 Faßbinder, 3 Kupferschmiede, 12 Bäcker, 4 Seifensieder, 31 Kleidermacher, 32 Schuhmacher, 7 Tischler, 2 Tuchscherer, 20 Griesler, 2 Wagner, 3 Hafner, 4 Kirschner, 20 Krämer, 10 Landkutscher, 5 Maler, 3 Riemer, 20 Salzhändler, 4 Sattler, 4 Hutmacher, 4 Weißgärber, 23 Zeugmacher, 2 Zuckerbäcker, 3 Gürtler,1 Glockengießer, 1 Gelbgießer, 4 Papiermühlen, 8 große Getreidemühlen, mehrere Sägemühlen, 10 Fleischhauer, 2 Fischhändler, 2 Friseure, 11 Blumenmacher, 8 Faßzieher, 3 Glaser, 4 Getreideabmesser, 2 Haarsieberer, 1 Holzsieberer, 8 Haubenmacher, 3 Handschuhmacher, 3 Kammacher, 1 Kartenmaler, 2 Lebzelter, 5 Mehlspeismacher, 4 Öbstler, 8 Schwarzbrotbäcker, 1 Seidenstrumpfwirker, 1 Stadtkoch, 2 Stärkemacher, 2 Strumpfwirker, 1 Schachtelmacher, 3 Tandler, 1 Tapezierer, 8 Uhrmacher, 47 Wirte und Gastgeber, 3 Zwirndler, 2 Zimmermeister, 2 Maurermeister, 1 Buchdrucker. Was aber Steyr am meisten auszeichnet, sind die vielen Eisen- und Stahlarbeiten, die hier verfertigt werden. Von den ersten

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