Franz Xaver Pritz - Geschichte der Stadt Steyr

47 seine Verwandte geschickt, eines derselben erhielt von ihr die ehrwürdige Frau Regina, geborene Gräfin von Saurau, die es dann einer Karmeliterin nach Graz schickte, von welcher, als ihrer Verwandten, dasselbe obengenannte lahme Maria Elisabeth empfing. Am 23. Mai 1684, am Pfingstdienstag, verehrte sie vorzüglich dieses Kindlein und bat es umHilfe bei ihrem traurigen Zustand; plötzlich fühlte sie sich ungemein gestärkt, konnte zur höchsten Verwunderung aller gehen und blieb auch immer in diesem guten Zustand. Der kranke Türmermeister bat nun 1695 um ein getreues Modell dieses Kindes und erhielt nach vielen Bitten ein wächsernes Kindlein, das in der rechten Hand ein Kreuz und in der linken einen Dornenkranz hielt. Er stellte dasselbe nahe bei seinem Bild in jener Gegend in die Höhlung einer Tanne von mittlerer Größe hinein und besuchte es um so häufiger, je mehr er eine heilsame Kraft fühlte, die seine sonst unheilbare Krankheit überwand. Er wallfahrtete täglich dahin, hielt es aber sehr verborgen, und keiner seiner Hausgenossen wusste darum. Da aber viele in dieser Gegend spazieren gingen, sahen sie ihn, fanden endlich auch das kleine Kind im Baume und verehrten dasselbe; der Zulauf wurde immer stärker, und mancher fand Hilfe. Geschenke wurden gemacht und Opfersachen nach damaliger Sitte aufgehangen, die wohl bald hingereicht hätten, hier eine Kapelle zu erbauen, jedoch die Kriegsunruhen und die Untersuchungen über die vorgegebenen Heilungen, von denen sich viele bestätigten, verzögerten den Bau der Kirche, bis endlich Abt Anselm von Garsten, der von 1683 bis 1715 regierte, am 31. Mai 1708 feierlich den Grundstein zu derselben legte, wie es eine Inschrift auf dem Steine unter der Kanzel anzeigt. Der kleine, aber schöne Tempel, wurde von zwei berühmten Baumeistern, Prandtauer und Karlone, in geschmackvollem Stil, nach dem Muster der Maria Rotunda zu Rom erbaut. Der Hochaltar ist an und über dem Baum errichtet, in dem das Kindlein sich befand, und oberhalb des kugelförmigen, vergoldeten Tabernakels, ist noch immer von vielen Strahlen und Engeln umgeben, das kleine Kind zu sehen. Ferner sind zwei Seitenaltäre; auf einem ist die Geburt Christi dargestellt, gemalt von Röselfeld, auf dem anderen der Kreuzestod des Erlösers, von Loth, beide Gemälde

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