Franz Xaver Pritz - Geschichte der Stadt Steyr

164 Indessen nahm die Hungersnot in Wien fürchterlich zu, selbst die ekelhaftesten Tiere mussten den Armen zur Speise dienen; der Kaiser tat nichts zur Befreiung der Stadt; sie ergab sich daher am 1. Juni 1485 an den König von Ungarn. Er eroberte dann fast ganz Unterösterreich, berief die Landstände nach Wien, und ließ sich als Landesfürst huldigen. Ein Streifkorps zog nach Oberösterreich herauf; das Aufgebot sollte sich in Enns versammeln, und gegen Haag im Lande unter der Enns ziehen; dem Hanns Köll, Richter in Steyr, wurde aufgetragen, die Reisigen daselbst nebst hundert Mann, ausgewählt aus den jungen Burschen, dorthin zu führen. Sie werden aber wenig oder gar nichts ausgerichtet haben; denn gegen Ende November drangen die Ungarn unter Anführung des Wilhelm Tettauer an die Enns vor, schlugen ihr Lager zu Ernsthofen auf, machten dort eine Brücke über den Strom, erbauten diesseits und jenseits feste Schanzen oder Tabors, welche nach dem Namen ihres Anführers „die Tettauerschanzen“ hießen. Von dort streiften sie in die benachbarten Gegenden, und plünderten alles aus; sie drangen öfters bis zum Steyr- und Ennsdorf vor, und trieben großen Mutwillen. Sie forderten von den Bürgern die Huldigung, d. i. die Loskaufung vom Brande und von der Gefangenschaft. Aber Andreas Krabath, der Kommandant im Schlosse, beschützte die Stadt tapfer gegen ihre Anfälle mit Hilfe der Bürger und einiger k. Truppen, verwehrte den Ungarn den Weg an der Enns in das Gebirge hinein, befestigte Behamberg und St. Michael bei Seitenstetten, und besetzte diese Orte mit Truppen. Die Ungarn eroberten wohl Schiffereck, eine halbe Stunde außer Kronstorf, wurden aber von den steyrischen Truppen wieder daraus verjagt, nachdem sie es zuvor angezündet. Das Schloss wurde auf k. Befehl zerstört, von dem nur noch wenige Ruinen übrig sind. EinigenTrostbeidiesentraurigenUmständengewährtedieauch in Steyr bekannt gemachte Nachricht, dass der Erzherzog Maximilian am 16. Februar 1486 zum römischen Könige erwählt worden sei. Man erwartetevondiesemHeldenendlichBefreiungundRuhe.Alleinermusste nach den Niederlanden; dort wurde er von den rebellischen Bürgern zu Brügge gefangen gehalten, und erst nach langen Unterhandlun-

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