Franz Xaver Pritz - Geschichte der Stadt Steyr

188 der Dominikaner Tetzel auf, der sich dabei manchen Missbrauch zuschulden kommen ließ, welcher eben so sehr dem Verstande und Gefühle, als der echten Lehre der Kirche entgegen war. Gegen diesen Unfug erhob sich nun besonders Martin Luther, der die große Veränderung hervorbrachte, von der er selbst sich anfangs nichts träumen ließ. Er war zu Eisleben in Sachsen 1483 am 10. November geboren, der Sohn eines Bergmannes, studierte zu Erfurt, trat da 1505 in denOrden der Augustiner-Eremiten, wurde 1508 von Friedrich, dem Kurfürsten von Sachsen, auf die neu gestifteteUniversität zuWittenberg berufen, wo er die Philosophie lehrte. Er besaß viele Kenntnisse, Geist und Kraft, aber auch eine Heftigkeit, Derbheit und Unbeugsamkeit, die ihn immer weiter und weiter fortriss, und in tiefe Irrtümer versenkte. Er trat nun gegen den Ablassverkauf und die Lehre Tetzels auf, und schlug öffentlich gegen ihn nach damaliger Sitte 95 Sätze an, die er verteidigen wollte. Dadurch entstand ein gewaltiger Streit, viele traten auf Luthers Seite, und viele Gelehrte der katholischen Partei erhoben sich gegen ihn, die Gärung nahm immer zu. Das Religionsgespräch im Oktober 1518 zu Augsburg mit dem Kardinal Kajetan konnte Luther nicht zum Widerruf bewegen. BaldgriffernunauchandereLehrender katholischenKirche an, und verwarf die Autorität des Papstes. Leo X. schleuderte endlich gegen ihn die Bannbulle, in der er 41 Sätze aus seinen Werken verdammte, seine Schriftenwurden zumFeuer verurteilt, und auch an einigenOrten verbrannt, der heftige Luther hingegen verbrannte zu Wittenberg am 10. Dezember 1520 diese Bulle, und das Korpus des Kirchenrechtes. Am 4. Jänner 1527 wurde er durch eine zweite päpstliche Bulle förmlich aus der katholischen Kirche ausgestoßen. Am 17. April erschien er in Worms, wohin er zumReichstag vorgeladenwordenwar, verteidigte vor dem Kaiser und der Geistlichkeit seine Lehren, und lehnte unbedingt jeden Widerruf ab. Er verließ dann Worms, und am 8. Mai wurde die Reichsacht gegen ihn ausgesprochen, welche in allen Ländern und Städten bekannt gemacht werden sollte; diese Achtserklärung wurde auch bald darauf in der Stadt Steyr öffentlich angeschlagen. Luther saß längere Zeit ruhig und unerkannt auf der Wartburg, verfasste mehrere Schriften, begann seine deutsche Übersetzung der

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