Franz Xaver Pritz - Geschichte der Stadt Steyr

135 mutet am 1. Juni 1406 zu Wien. Da traten die Stände Österreichs zusammen, und setzten fest, dass dem H. Albrecht V. die Nachfolge in der Regierung Österreichs gebühre; aber um die Vormundschaft stritten sich H. Leopold und H. Ernst; hierüber machten die Stände keinen Ausspruch, beschlossen aber, dass dieselbe nur mehr vier Jahre dauern soll. Nun kam auch ein Vertrag zwischen beiden Herzogen zustande, dass Leopold als der älteste Vormund und Herr in Österreich sei, Ernst aber die Steiermark verwalte, und seinen Sitz zu Graz nehme; doch drängte er sich bald in die Vormundschaft ein, wodurch große Unruhen im Lande entstanden. 1406 erhielt Thomas der Lueger das Richteramt zu Steyr von H. Leopold gegen 150 fl. jährliche Bezahlung, was gegen das Privilegium der Stadt war. Im folgenden Jahre wurde die Stadt und Herrschaft Steyr von Leopold dem H. Ernst für die Summe Geldes, welche dieser noch dem H. Albrecht IV. geliehen hatte, versetzt. Er kam in die Stadt, und nahm die Huldigung der Bürger an, wohnte auch bisweilen in der Burg. Er erteilte der Messerer-Zunft ihre ältesten und wichtigsten Freiheiten und eine neue Ordnung, die sie beobachten sollte; sie war damals ungemein zahlreich. Da sich in diesem Jahre ein Streit zwischen der Stadt und dem Burggrafen oder Pfleger wegen der Jurisdiktion erhoben hatte, so wurde derselbe am 6. Dez. von H. Ernst gütlich beigelegt und entschieden: Es soll beim alten Herkommen bleiben; hat der Pfleger eine Klage oder Streit mit jemanden in der Stadt, so soll er dieselbe zuerst vor den Richter bringen; nur wenn dieser sein Amt nicht ausübt, so kann er sich selbst Recht verschaffen; vom Stadtgerichte finde auch Appellation an den Rat und Landesfürsten statt. Wenn jemand in der Stadt, im Steyr- oder Ennsdorf Häuser oder Gründe einem Andern verschaffen oder vermachen will, so soll die Sache mit dem Siegel des Stadtrichters und der Bürger ausgefertigt werden. Gegen Ende dieses Jahres brach endlich der Krieg zwischen H. Leopold und H. Ernst fürchterlich los; viele Orte wurden geplündert und verwüstet, die Einwohner fortgeschleppt oder misshandelt, Kirchen und Klöster ausgeraubt, überall ertönte Klage und Jammer, vorzüglich im Lande unter der Enns, und Österreich glich fast schon einer Einöde.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2