Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 27, Dezember 1966

Br. Lrlefried Mrob atf) Die Bürgermeifter der Stadt Steyr und ihre Zeit (Sottfceung) Thomas Schoiber (1(722—1(733) Johann Derfflmayr (H734—1(739) Franz Joseph willensperger (1(740—1(747) Franz Silvester paumgarttner (s7^8—1(759) Thomas Schoiber (1722 - 1733) Nach dem Rücktritte des Bürgermeisters 2ldam Wilhelm verfügte die niederösterreichische Regierung, daß die Wahl eines neuen Stadtoberhauptes einfach durch Abgabe von Stimmzetteln von den Mitgliedern des Inneren und Äußeren Rates, ohne Beisein von Wahlkommissären, durchgeführt werde, um der Stadt Rosten zu ersparen.') Diese Wahl wurde am 26. Mai (72( abgehalten, die abgegebenen Stimmzettel wurden unter Verschluß dem Landgerichte in Linz zur Weiterleitung an die Regierung in Wien übermittelt. Der als neues Stadtoberhaupt erkorene Thomas Schoiber blickte auf ein langjähriges Wirken als gewählter Gemeindevertreter zurück,?) ehe ihm in der Ratssitzung am 2j. Jänner (722 bekanntgemacht wurde, daß ihn Kaiser Karl VI. als Bürgermeister Steyrs bestätigt hatte. Im Bestätigungsschreiben wurde Schoiber aufgesordert, „folgsam" jederzeit in der Stadt anwesend zu sein und sich der „Markt Frequentierung" (Schoiber war ja lhandelsmann) zu enthalten. Im bezüglichen Sitzungsbericht ist verzeichnet, daß Thomas Schoiber sein Amt nicht sofort antreten wollte, sich „aber endlich dazue Bcquemet" hatte?) Nach Verlesung der kaiserlichen Wahlbestätigung im Rathause am 26. Jänner, gelobten ein Bllr- gerausschuß und die viertelmeister einzeln durch Handschlag, sowohl dem neuen Bürgermeister als auch dem Stadtrichter „schuldigen gehorsam und parition zu leisten".* 2 3 ') RP 1721,82. RP 1722,2,3,4,210. RP 1724,55. 2) Mitglied des Äußeren Rates 1699 - 1704; Mitglied des Inneren Rates 1705 - 1721; Stadt- und Oberstadtkämmerer 1707 - 1730; StadthaupLmann und Oberviertelmeister 1721 - 1722; Täzamts- uno Ungeldverwalter 1730 - 1733; über Verfügung des Landgerichtes vom 23. 5. 1721 wurde Schoiber auch, bis zur endgültigen Entscheidung durch den Kaiser, provisorisch die Verwaltung des Stadtrichteramtes übertragen (RP 1721,84). 3) RP 1721,199. —Bei dieser Wahl wurde erstmalig eine eigene Wahlsteuer („wähl Täz“) von der niederösterreichischen Regierung vorgeschrieben, über Ersuchen des Magistrates wurde ein Teil dieser neuen Steuer nachgesehen, doch mußte der Magistrat für die zur gleichen Zeit gewählten zwei Mitglieder des Inneren Rates je 12 und für die drei des Äußeren Rates je 6. zusammen 34 Reichstaler, erlegen. — Um die Wahlkosten im Jahre 1724 bezahlen zu können, mußte Bürgermeister Schoiber der Stadtkasse 500 Gulden borgen, da vom „Universal Täx Ambt“ in Wien eine Wahlsteuer von 675 Gulden vorgeschrieben wurde. 3

Die nächste Wahl wurde am 9. Mai [724 durchgeführt, deren Ergebnis das verbleiben Schoibers an der Spitze der Stadt war. Während der folgenden acht Jahre wurde keine Bürgermeisterwahl durchgeführt, sondern es wurden lediglich vakant werdende Ratsposten wieder besetzt. Die Ratsmitglieder hatten hiebei über Anordnung des Landeshauptmannes, ihren Vorschlag schriftlich zu machen und diesen in einem verschlossenen Umschlag beim Magistrat abzugeben, der die Vota dem Landgerichte in Linz übersandte. Erst nach geraumer Zeit erfolgte dann Bestätigung oder Ablehnug der vorgeschlagenen. Thomas Schoiber erblickte als drittes der sieben Rinder") des Lisenhändlers und Bürgermeisters der Jahre 1689 bis )t<590, Matthias Schoiber und seiner Gattin Susanna, am *3. Juni $667 das Licht der Welt. Er ist der dritte Bürgermeister Steyrs, der einem Zweige, der nach dem Türkenkriege im ersten Drittel des 17. Iahrhundertes zugewanderten schwäbischen Messererfamilie Schoiber entstammt. Am 2. Mai 1693 bewarb sich Thomas Schoiber um das Bürgerrecht der Stadt, das ihm gegen Zahlung von 24 Gulden Bürgergeld vom Rate gewährt wurde. Sein Vater Matthias „überließ" dem Sohne im Mai 1695 das Ejaus Enge i.* 5) Dieser widmete sich hier dem Handel mit Nägeln und Eisengeschmeide (Lisen- kleinwaren). Seine Geschäfte scheinen guten Gewinn gebracht zu haben, denn l?iq scheint er als Besitzer eines weiteren Hauses in der Stadt auf.6 7 * 9 ) Als Thomas Schoiber vier Jahre später beim Magistrate um eine Steuerermäßigung ansuchte, wurde er mit der Begründung abgewiesen, daß er „derzeit in der Handlung der stärkste", also der bedeutendste Lisenhändler Steyrs war?) Über Verfügung des Landeshauptmannes wurde Schoiber 1699 Mitglied des Äußeren Rates und stand somit am Beginn seiner Laufbahn in der Stadtverwaltung, in der er 55 Jahre lang in verschiedenen Funktionen tätig war?) (Es gab in diesem Zeitabschnitt viele Schwierigkeiten zu meistern; besonders drückend wirkte sich der chronische Geldmangel in den Stadtkassen aus. häufig mußte der Bürgermeister mit größeren Summen einspringen, um überhaupt die Verwaltung der Stadt aufrecht erhalten zu können. Zu Ende des Jahres 171,3 war sein Guthaben auf 5.6OO Gulden gestiegen. Als er um Rückzahlung vorstellig wurde, konnte ihn der Rat nur aus spätere Zeiten vertrösten, da der „jetzige Zustand" der Stadtkasse keine Ausgabe zuließe. Als Abschlagszahlung gab man ihm eine auf die Innerberger Gewerkschaft lautende Anweisung über 1.500 Gulden auf künftige Erträge. Rurze Zeit darauf mutzte er jedoch wieder Geld borgen?) Im Monate Dezember 1733 fuhr der 66 jährige Bürgermeister in geschäftlichen Angelegenheiten nach Wien. Am vorletzen Tage dieses Jahres erreichte die Stadt ein Schreiben des zur Erledigung ihrer Agenden in lpien bestellten Agenten Johann Philipp Burckhard, in dem dieser mitteilte, daß Thomas Schoiber „unverhofft" gestorben sei. Er dürfte auch in Wien beerdigt worden sein. Line schriftliche Meldung von seinem Ableben wurde unmittelbar nach Verlesung der Todes1 Kind, gestorben 1690 ; Barbara, geboren 1664 ; Thomas, geboren 1667 ; Eva Rosina, geboren 1668 ; Johann Ignaz, geboren 1669 (Eigentümer der Häuser Altgasse 1, Stadtplatz 31) ; Margaretha, verehelichte Kofflerin, geboren 1670 ; Johann, geboren 1671. 5) RP 1695,89. 6) RP 1714,60. 7) RP 1718,30. 8) RP 1699,66. 9) RP 1713,40. -»

Nachricht verfaßt und mit einem Boten dem Steyrer Stadtagenten Dr. Razesperger in Linz zur Vorlage an den Landeshauptmann zugeschickt.,0) Thomas Schoiber war dreimal verheiratet.") Diesen Ehen entstammten elf Min= bcr.10 11 2 13 14 15 16 17 ) Die Witwe, Maria Magdalena, ließ zum Andenken an den verblichenen „am Stadtgraben" eine Mreuzsäule errichten.'2) Um das reiche Erbe des verstorbenen entstand unter den Familienangehörigen ein erbitterter Streit, der sich über einige Jahre hinauszog.") Während der Amtszeit Schoibers herrschte als Landessürst Mart VI., dessen Regierung im wesentlichen durch eine „fortschreitende innere Zerrüttung, besonders in finanzieller und wirtschaftlicher Pinsicht"") gekennzeichet war. Dieser im Jahre t?tt zum römisch-deutschen Maiser gewählte und gekrönte letzte männliche Nachkomme der direkten pabsburgerlinie wollte noch zu seinen Lebzeiten die Anerkennung der als Z)aus= und Staatsgesetz unter dem Namen pragmatische Sanktion in der Geschichte bekannten Vereinbarungen erwirken. Diese sahen vor, daß die Erbfolge in den österreichischen Erblanden auf des Maifers älteste Tochter übergehen sollte, falls der Maiser keine männlichen Erben hinterließe. Weiters bekräftigten sie das Lrftgeburtsrecht sowie die Einheit und Unteilbarkeit der Erbländer. Geduldig widmete der Maiser viele Jahre der Erreichung dieses Zieles. Unter den deutschen Lrblanden bekannte sich Gberösterreich als erstes zur pragmatischen Sanktion. 2lnt *9. April *720 beschlossen die Stände in Linz die kaiserliche Mund- gebung „als ein dauernd wirkendes uverletzbares Grundgesetz" anzunehmen.") Die fremden Mächte zögerten mit der Anerkennung und ließen sich diese teuer erkaufen.'2) Für den Staat lag die Bedeutung der pragmatischen Sanktion darin, daß die mehr oder minder selbständigen habsburgischen Besitzungen, bisher nur durch die Person des Maisers und die Dynastie miteinander verbunden, nunmehr auch als juridische Einheit in Erscheinung traten. Wenngleich das Land ob der Enns unter der Regierung dieses Maisers für einige Zeit durch Mriegssorgen nicht behelligt war, so hatten doch frühere bewaffnete Auseinandersetzungen das soziale Gefüge des Landes erschüttert. Die Anzahl der Entwurzelten war groß geworden, abgerüstcte Soldaten, Arbeitslose, aber auch Arbeitsunwillige waren wie überall, so auch in Steyr, anzutresfen. In dieser Zeit, da von der Regierung eine merkantilistische, also eine nach Autarkie strebende Wirtschaftspolitik betrieben wurde, erfolgte eine Reihe von Industriegründungen. So war in Linz die Wollwarensabrik entstanden, die *7*9 von der „Gri10) BP 1733,374.375. 11) Die erste Frau, Ann Margaretha Giglingerin, ehelichte er am 29.1.1697 (RP 1697,15), nach ihrem Tode heiratete er Magdalena N. Die dritte Gemahlin starb 1738. 12) Matthias, geb. u. gest. 1697 ; Maria Anna, verehelichte Pimplin in Wiener Neustadt (RP 1736,202) geb. 1698 ; Johann Andre, geb. 1699, gest. 1747, vermählt mit Maria Elisabetha Gstattmayrin (RP 1736,34) ; Anna Barbara, geb. 1701, verehelichte Steyrerin in Krems (RP 1735,147, RP 1738. 187) ; Maria Anna, geb. 1703 ; Joseph Anton, geb. 1706 ; Ignati (Ignaz), geb. 1709; Johann Michael, geb. 1711 ; Maria Elisabeth, verehelichte Fröllichin in Wien (RP 1739,5), geb. 1712; Maria Anna, geb. 1714 ; Maria Theresia, geb. 1719. 13) RP 1734,312. 14) RP 1735,74,86,137. Da die Eigentumsverhältnisse nicht geklärt waren, strengte die Witwe gegen ihren Sohn einen Prozeß an. Sie ersuchte den Magistrat, eine Wohnung im „Ennsbrückenhaus“ (Enge 1) beziehen zu dürfen, was ihr mit dem Bemerken, daß damit der Streit nicht präjudi- ziert sein solle, erlaubt wurde. Nach dem Verhör beim Landgericht wurde das Haus Johann Andre Schoiber zuerkannt. Dieser bewarb sich um den Pfundwaagdienst, der ihm gegen eine Kaution von 1.000 Gulden gewährt wurde (RP 1735,333). 15) LV 3. 8.27. 16) LV 5. 17) England Unterzeichnete am 17.5.1731, Spanien am 6.6., im August desselben Jahres endlich die Niederlande. 5

entalischen Compagnie" aufgekauft mürbe.18 19 20 21 22 23 ) Da man in diesem Betriebe Arbeitskräfte brauchte und auch glaubte, Unbeschäftigte nutzbringend einsetzen zu können, erreichte den Magistrat im September *725 ein Patent, demzufolge „taugliche Bettler und Müßiggänger" zum Wollspinnen in das erwähnte Unternehmen geschickt werden sollten.") Aber auch auf andere Weise wollte man der Arbeitslosen ledig werden. Mit einer Verfügung der Landschaft vom 6. Mai j727 wurde den in Steyr anwesenden Rekrutierungsosfizieren des Prinz Alexander von Württem- bergischen Regimentes erlaubt, „zu mehrern Nuzen und säuberung des Landes die vazierenden und herrenlosen Bursche mit G e w a l d hinweckh zu nehmen", diese also zwangsweise zu Soldaten zu machen?8) Alle Hauseigentümer mußten, in Befolgung der kaiserlichen und landessürstlichen Bettelordnung für Dberösterreich vom *. August *725, bei ihnen untergebrachte Bettler binnen drei Tagen dem Stadtgerichte bekanntgeben, überdies ließ der Magistrat in der Stadt verkünden, daß „auf Betlleuth und anderes vaeierendes gesind" Streifen gemacht würden. Die Bürger hätten sich hiezu mit Gewehr und Seitenwasfen versehen bereitzuhalten, um bei Aufruf dem Stadtrichter zur Verfügung zu stehen. Bei Nichtteilnahme an Streifen wurde eine Strafe von *2 Reichstalern angedroht?') Cs sollten auch Fremde bei Nacht nicht beherbergt werden. Die Pandwerkszünfte wurden aufgefordert, wandernde Pandwerksburschen mit einem Abschied zu versehen und sie zu warnen, ihre Wanderschaft auf den Hauptstraßen sortzusetzen. Almosen sollten nur den armen Leuten gegeben werden, die ein „Stadtzeichen" besaßen. Dieses war ein Zinnplättchen mit dem Stadtwappen, es wurde vom Jinngießer Anton Franz Dubill verfertigt?8) Cine drastische Art den Wohltätigkeitssinn der Stadtbürger anzuregen, erdachte sich der Magistrat im (Oktober *727. Wie Stadtrichter Johann Adam von Paum- gartten vorbrachte, wurden bei den Wochensammlungen für die „eassa pauperum", eine Rasse, aus der beim Magistrat an Bedürftige Unterstützungsbeträge verteilt wurden, nur mehr wenig gespendet. Da man mit den eingehenden Beträgen nicht mehr das Auslangen finden konnte, mußte aus der Stadtkasse Geld zugeschossen werden. Cs wurde daher verfügt, daß eigene Rommissare aus den Reihen des Rates in jedem Pause vorsprechen und die Bewohner auffordern sollten, mehr zu geben, sonst würde sich der Magistrat veranlaßt sehen, bei denen, die nichts oder wenig spendeten, einen oder mehrere Arme einzuquartieren?8) Um sich ein Bild über die Pöhe der gewährten Unterstützungen machen zu können, seien zwei Fälle angeführt. Für „seine noch übrigen wenigen Lebens Tag" er18) Beim Merkantilismus handelte es sich nicht um ein wissenschaftliches System, sondern um eine Reihe von wirtschaftlichen Maßnahmen und Vorschlägen, die während eines langen Zeitraumes in verschiedenen Ländern entstanden. In Österreich wollte man damit nicht zuletzt die durch zahlreiche Kriege entstandene wirtschaftliche Rückständigkeit beheben. Durch Einführung von Schutzzöllen und Monopolen (Salz, Tabak), Errichtung von Baumwollfabriken, Förderung des Straßenbaues u.a. erfolgte die staatliche Förderung der Industrie. —Der Arbeiter wurde nach Auffassung des Merkantilismus als mechanisches „Produktionsmittel“ betrachtet, was auf ein geringes Verständnis für den Wert der Arbeit und des Arbeiters schließen läßt. 19) RP 1723,194. — Wie einem Berichte vom 13. Mai 1729 zu entnehmen ist, hatte die Linzer Manufaktur mit einer Reihe von Schwierigkeiten zu kämpfen. Das Rohmaterial mußte aus dem Ausland bezogen werden und war teurer als ausländische Fertigware. Unter den Arbeitskräften waren „zu viele Bettler“, worunter wahrscheinlich die der Wollfabrik zugeteilten Arbeitslosen, abgerüstete Soldaten und Arbeitsunwillige zu verstehen waren. 20) RP 1727,86; RP 1722,12: Am oberen und unteren Ennstor waren Wachen aufgestellt, um das „Einschleichen von Räuber Bursch aus Unterösterreich“ zu verhindern. 21) RP 1725,195,198. 22) RP 1725,234. 23) RP 1727,232. 6

suchte der alte Schulmeister Johann Georg Sturmbart in Lnnsdorf, unter Hinweis auf feine lange Dienstzeit, um einen Unterhaltsbeitrag. Ls wurden ihm aus der Armenkaffe wöchentlich 2t Kreuzer zugebilligt.2p Dem Nachtwächter pannß Brändler,der ebenfalls viele Jahre feinen Dienst ordnungsgemäß versah, wurden, „in Ansehung feiner Armut", wöchentlich (5 Kreuzer bewilligt.24 25 26 27 8) Die FleischHacker am Glbevg verkauften in dieser Zeit das Pfund Fleisch (o,56 kg) statt, wie erlaubt, um SV- Kreuzer, um 4 Kreuzer. (727 sollte für Steyr ein Unglücksjahr werden. Am frühen Morgen des 5. Jänner brach im Aichet „unter den Schleifen" ein Brand aus, der einigen Schaden anrichtete. Man nahm an, daß er in der Schleiferei Dunst entstanden wäre. Um jedoch die Ursache genau feststellen zu können, lud der Rat alle viertelmeister und Nachtwächter der Vorstädte vor den Magistrat. Ls erwies sich, daß die Nachtwächter im Aichet „gar nachlässig" waren und das Feuer zu spät bemerkten; so konnte die Nachbarschaft nicht zeitlich genug gewarnt und zur Hilfeleistung aufgefordert werden.28) Doch dieses Feuer überstieg in feiner Gefährlichkeit nicht das Ausmaß kleiner Brände. Niemand in der Stadt konnte ahnen, im gleichen Jahre von einem Großfeuer heimgefucht zu werden, wie es Steyr in feiner vielhundertjährigen Geschichte noch nicht erlebt hatte. Wie die vom Stadtrichter Johann Adam von Paumgartten im Dezember (727 durchgeführten Untersuchungen und verhöre ergaben, brach das Feuer Freitag, den 29. August, um 9-go Uhr vormittags, im ffaufe der Latharina Rädingerin, der Witwe des Färbermeifters Llias Rädinger in Lnnsdorf (heute paratzmüllerstraße (4) aus.27) Ls kostete einer Anzahl von Menschen das Sebert28) und verursachte ungeheuren Sachschaden. Auch das paus Bürgermeisters Schoiber in der Lnge Nr. ( wurde durch den Brand in Mitleidenschaft gezogen. Anscheinend war im Pause der erwähnten Färbermeisterswitwe ein kleiner Kaminbrand entstanden. Man unterließ es, fremde Pilse anzusordern, da man angenommen hatte der Flammen selbst perr zu werden. Diese breiteten sich jedoch aus und griffen auf die durch die Sommerhitze ausgetrockneten Schindeldächer der benachbarten päufer über. Die Enge der Gaffen und die Gedrängtheit der Bauten waren die Ursache, daß bereits am Vormittage viele Gebäude des Inneren Lnns- dorfes brannten. Begünstigt durch einen starken Wind, fanden die Flammen dann ihren Weg über die hölzerne Lnnsbrücke (auf der sie zwei kleine Drechslerläden zerstörten) in die Lnge und weitere Teile der Stadt. Am Abend des Unglückstages mußte eine schreckliche Bilanz gezogen werden. Neben zahlreichen Gewerbebetrieben und päusern in Lnnsdorf, hatte das Feuer unter anderem alle ennsseitig gelegenen Päufer der Lnge und die des Stadt- xlatzes, bis einschließlich des heutigen Paufes Nr. 9, erfaßt. Ebenso wurden vom Feuer eine Anzahl stadteigener Gebäude, unter ihnen der „Wasserkunsttturm", 24) RP 1732, 44. 25) RP 1732,144. 26) RP 1727,3. 27) RP 1727,289. —Ursprünglich war behauptet worden, der Brand sei in der benachbarten Brauerei des Matthias Wenger (heute Haratzmüllerstraße 12) ausgebrochen. Wenger beantragte hierauf beim Magistrat die Inhaftsetzung aller in der Färberei Rädinger Beschäftigten, um einer Verabredungsgefahr vorzubeugen (RP 1727,213). 28) In den Ratsprotokollen werden als verunglückt angeführt : Die Gattin des Braumeisters Wenger, die im Keller der Brauerei (heute Haratzmüllerstraße 12) erstickte ; weiters der Zweckschmied Ernst und eine nicht angeführte Anzahl von Personen, die im Brandetschkischen Keller erstickten. Für diese wurden von der Stadtverwaltung um 4 Gulden 30 Kreuzer Totentruhen angeschafft. Im Kloster verbrannte die taube Nonne Maria Catherina, die sich nicht mehr rechtzeitig in Sicherheit bringen konnte. 7

das Gewerkschaftshaus,3H das Kriechbaumische Stiftungshaus, das Schloß, Mühle und Säge des Josef pezlberger („Gsangmühle"), verschiedene Schleifen und Hammerschmieden, so auch die des Franz Salcher im heutigen Stadtteil Voglsang, der arg gelitten hat, erfaßt. Aus den Ratsprotokollen des Magistrates kann man ersehen, daß allein gz Däuser, in denen Gewcrbetätigkeit ausgeübt wurde, mehr oder minder schwer beschädigt wurden und *5 Handwerksbetriebe völlig ausbrannten.29 30 31 32 ) Die Priorin des Lölestinerinnenklofters, heute Berggasse 4—lO, teilte der Stadtverwaltung mit, daß das Kloster durch die Feuersbrunst einen unersetzlichen Schaden erlitten hatte und „in große Arrnueth gesezt worden" war, da auch dieses Gebäude mit der Kirche vorn Feuer ersaßt wurde.3') Durch das Feuer wurden viele wichtige Dokumente vernichtet, so auch alle in den Herbergen vorhandenen Urkunden der Hanöwerkszllnfte.33 34 35 36 37 38 ) Der Magistrat sah sich daher veranlaßt, über verlangen solche neu auszustellen. Die Bewerber um Lrsatz- dokumente mußten unter Lid erklären, daß ihre Angaben richtig wären.33) Jum Schutze der Abbrändler erklärte sich die Stadtverwaltung sogar bereit, mit deren eventuellen Gläubigern zu vehandeln und die Interessen jener zu wahren.3") Mitschuld an dem Stadtbrand mit derartigem Ausmaße trug das mangelhafte Löschwesen. Wegen geringer Ergiebigkeit der vorhandenen Brunnen mußte Löschwasser in Fässern zugeführt werden, ja sogar Wein wurde zur Bekämpfung der Flammen verwendet.33) Das Feuer hatte derart schnell um sich gegriffen, daß auch die einzige ftädtifche Feuerspritze im Zeughaus (heute Kreisgericht) verbrannte.33) Dem Magistrate war sehr daran gelegen, die durch den Brand unterbrochene Gewerbetätigkeit wieder in Gang zu bringen. Der Stillstand der Betriebe hätte Mangel und Not für die Gewerbetreibenden und die bei ihnen Beschäftigten, ja darüber hinaus einen bedeutenden Ausfall an Steuern und sonstigen Abgaben für die Stadtfinanzen bedeutet, vorerst wurden aus der Stadtkasse an 40 Inhaber von Gewerbebetrieben, die um Darlehen zum Wiederaufbau oder zur Reparatur ihrer Häuser angesucht hatten, rund 2.000 Gulden vorgestreckt. Linen Schaden von rund 28.000 Gulden, den größten unter den Gewerbetreibenden, erlitt das Ratsmitglied und spätere Bürgermeister Johann Derfflmapr. Ihm wurde, gegen Verzinsung und jährliche Rückzahlung von 200 Gulden, den Betrag von vooo Gulden geliehen.3?) Mit den Vorarbeiten zur Beseitigung der Schäden wurde schon anfangs September begonnen. Diese Aufgabe wurde dem Stadtkammeramte übertragen, dem der Gaftgeb Georg payr, gegen eine wöchentliche Entschädigung von 50 Kreuzern, beigeordnet wurde. Den Maurer- und Zimmermeiftern trug der Rat auf, im Hinblick auf das Unglück, das die Bürgerschaft der Stadt betroffen hatte, die Handwerker zu einem „leidentlichen" Arbeitslohn zu bewegen.33) 29) BP 1732,228. 30) RP 1727,199,205 ff. 31) RP 1730.20. 32) RP 1750,196. 33) RP 1727,296. 34) RP 1727,261. 35) RP 1727 245 ; RP 1728,93,105 ; z. B. bat der Gastgeb Thomas Kurz den Magistrat ihm die Getränkesteuer für dreißig Eimer (1698 I) Wein zu erlassen, die er zum Feuerlöschen verwendet hatte. 36) RP 1727,203. 37) RP 1727,272. 38) RP 1727.207.260. 8

Da dem Magistrate nicht entsprechende Mittel zur Unterstützung der Brandgeschädigten zur Verfügung standen, beschloß der Rat am >o. September <727, den Bürgermeister und den Stadtrichter an den kaiserlichen £jof nach Wien „zu er- raichung ainiger Ejülff" zu entsenden.00) Aus diese Vorsprache hin besah! Kaiser Karl VI. am 2>. Gktober >727, daß durch den Landeshauptmann eine Kommission zur Feststellung des Schadens an Grt und Stelle eingesetzt werde. Diese hatte dann die pöhe des Schadens der niederösterreichischen Regierung und Kammer zu berichten. Als jedoch bis November >728 wegen des pilfsansuchens noch keine Erledigung eingelangt war, fuhr, im Einverständnis mit dem Magistrat, eine Abordnung der Geschädigten nach Wien, um bei der Regierung aus ihre Not zu verweisen und Pilse zu erbitten.* 40 41 42 43 ) Die Ratsprotokolle des Jahres >72y sind nicht mehr erhalten, doch ersieht man aus denen der folgenden Jahre, daß den Abbrändlern >5 Steuersreijahre zugesagt und außerdem Geldhilfe versprochen wurde.4') Der Stadtverwaltung war es schon seit dem Jahre >72> durch die Regierung in Wien untersagt, ohne deren Genehmigung Verpflichtungen finanzieller Natur einzugehen. So wurde den Abbrändlern vom kaiserlichen E?of ein Betrag von 2>.5>2 Gulden als Schadensgutmachung bewilligt. Im Jänner >732 sah sich der Rat, da die Stadtkasse „gänzlich erschöpft" war, außerstande, diese Summe aufbringen zu können. Man hoffte jedoch, durch ausständige Steuern und durch einen Kredit von 5.000 Gulden diese Verpflichtungen teilweise erfüllen zu können. Schließlich forderten die Abbrändler die pälste von 3>.ooo Gulden als Schadensersatz sofort und den Rest innerhalb einer gewissen Frist; obwohl ihnen von Wien nur 2>.5>2,— Gulden zugestanden worden waren. Nach weiteren Verhandlungen gelangten endlich >0.000 Gulden zur sofortigen Auszahlung.40) Eine vom Magistrat gebildete „Feuerkommission" schlug vor, die Eisengewerkschaft zu ersuchen, während einiger Jahre 3000 bis 4000 Gulden zur Wiederherstellung der abgebrannten städtischen Gebäude beizutragen. Dem Bürgermeister wurde auch empfohlen, an die namhaften Städte der kaiserlichen Erblande ein Rundschreiben oder „Patent!" zu Erlangung einer „Brandsteuer" (Geldspende) für Steyr zu richten. Den Geschädigten wurde, über Antrag des Magistrates bei Pos, im Jahre >729 zugestanden, eine Sammlung in verschiedenen Städten des Reiches durchführen zu können, worauf sie ersuchten, ihnen Sammelpässe auszustellen. Am 5. September >732 richtete der Magistrat ein „Bewögliches anbringen" an den kaiserlichen Pof und bat, daß der niederösterreichischen Pofkanzlei bewilligt werde, einen Sammelbrief auszustellen. An dem gesammelten Gelde wollten die Stadt mit einem Drittel und die Abbrändler mit zwei Dritteln partizipieren. Im Feber >733 langte endlich die schriftliche Sammelgenehmigung („kaiserliches Sammlungs Patent") ein. Die Abbrändler baten nun den Magistrat, einen „Nachtrucksamben Paß" für die als Sammler bestimmten Bürger ausstellen zu lassen.40) In der Folgezeit wurde eine Reihe von Maßnahmen getroffen, die das Entstehen von Bränden verhüten sollten. Bürgermeister Schoiber veranlaßte „zur 3») RP 1727,197,252. 40) RP 1728,276,278,296,304. — Die Kosten der Reise im Betrage von 137 Gulden 34 Kreuzer trug die Stadtkasse. 41) Ende November 1730 setzte der Magistrat eine Kommission ein, die aus dem Bürgermeister, dem Stadtrichter, sieben Räten und vier Mitgliedern der Bürgerschaft bestand, um die Verteilung einer Geldhilfe an die Abbrändler vorzunehmen. ' 42) RP 1732,16 ff. 43) RP 1733,37. 9

probe" zwölf hölzerne Feuerspritzen zu beschaffen.") Eine eigene Kommission wurde eingesetzt, die alle Dachböden der Häuser in der Stadt und in Ennsdors zu besichtigen hatte, um festzustellen, ob auf diesen nicht brennbares Material aufbewahrt würde, da solches eine große Gefahr bedeutete. Der gesamten Bürgerschaft wurde verboten, sich, wie bisher, abends mit Spanlichtern auf die Straße zu begeben. Auch die Abhaltung der damals üblichen „Sonnabendfeuer" auf dem Stadtgraben und „zwischen den Wassern" wurde untersagt, da sich Werkslager („Werksgaden") in der Nachbarschaft befanden. Eine Kontrolle der Kamine wurde durchgeführt und in den Werkstätten der Handwerker, die bei offenem Feuer arbeiteten, gewisse Sicherheitsvorkehrungen angeorbnet.45 * 47 48 ) Sein Hauptaugenmerk widmete der Magistrat der Erweiterung der Wasserversorgung. Der Ziehbrunnen nächst dem Rathause wurde so vergrößert, daß er nunmehr die doppelte Wassermenge spenden konnte. Ein verschütteter Ziehbrunnen „unter dem Tor gegen Reichenschwall" wurde instaudgesetzt und ein anderer „im <£>rtl" (Stadtteil ®rt) wieder verwendbar gemacht. Das in Ennsdorf beim Brande zugrundegegangene steinerne Wasserbecken wurde schon im Dktober (727 vorläufig durch einen (00 Eimer fassenden Holzbottich ersetzt.44) Auch der in der Berggasse neben dem Kloster stehende Ziehbrunnen wurde mit zwei Ausflußrohren versehen und einem Wasserbecken („Brunnchor") ausgestattet.") Da ein Ausbau der anderen zwei Stadtbrunnen viel Geld gekostet hätte, beschloß der Rat im Jahre (728 Leitungsrohre aus Blei zu gießen und verlegen zu lassen, um auf solche Art die Brunnen am Stadtplatz vom Wasserturm in Zwischenbrücken aus versorgen zu können. Sie standen bis vor dem ersten Weltkrieg in Verwendung.") vordringlich wurden ebenso die Tore des Enns- und Steyrtorturmes instandgesetzt, sie waren zu Weihnachten (727 repariert. Es konnten daher die Mannschaften, die in der Zwischenzeit diese durch das Feuer beschädigten Stadteingänge bewachen mußten, wieder abgezogen werden. Die Schäden am wasserturm in Iwischenbrücken wurden ebenfalls behoben und dem Turm ein neues Dach aufgesetzt. Da auch die Turmuhr durch die Flammen unbrauchbar geworden war, ließ der Rat vom Großuhrmacher Georg peißkammer um den preis von 80 Gulden eine neue anfertigen.49 *) Um den Verkehr nicht zu behindern, wurde rasch der Wiederaufbau Ser Enns- brllcke in Angriff genommen. Sie wurde mit pfofteu belegt, um die Haltbarkeit zu erhöhen. Holzstämme durften künftig nicht mehr über die Brücke geschleppt, sondern mußten auf „halbwagen" geführt werden, ordnete der Rat an. Solche halbwagen hatte sich die interessierte Bürgerschaft binnen vier Wochen zu verschaffen.^) In den letzten Gktobertagen wurde der Brandschutt in der Enge weggcräumt, jener der Glberggasse im Feber (728. Beim Wiederaufbau des abgebrannten, dem «) RP 1728,33. ®) RP 1728,63,68. ■“) RP 1727,238 ; RP1728,30,67. 47j RP 1732,128. — Die Arbeit wurde durch den Steinmetzmeister Marx Loidl aus Steinbach durchgeführt, der hiefür 200 Gulden berechnete. Im Septembe-- 1731 war das „Brunnchor“ errichtet. 48) Stadtzimmermeister Paul Dittermayr forderte für diese Arbeiten 96 Gulden 6 Kreuzer (RP 1728,89). 49) Der Steyrtorturm wurde vom Maurermeister Michael Zachhuber repariert. (RP 1728,63,99,227,259). — Für das Bemalen der Zifferblätter verlangte der Maler Victorin Aichen 24 Gulden. 53) RP 1728,15. — Der Brückenbau kostete rund 850 Gulden. io

Bruderhaussond gehörigen Schulhauses in der Berggasse, wurde der Bau um ein Stockwerk erhöht, um größere Mietzinserträge erzielen zu könnend) Sehr schnell ging auch der Wiederaufbau des Klosters in der Berggasse vor sich. Abt Ambros von Garsten betrieb diesen, mit Unterstützung verschiedener kirchlicher Institutionen, so eifrig, daß die Klosterkirche (jetzt altes Stadttheater) schon (729 wieder errichtet war. Da man beim Bau keine Steirer pandwerker beschäftigte, forderte der Rat die priorin auf, auch den Steyrern Arbeit zu geben, da man sonst solcher „Unnachbarschafst auf eine gleiche arth (Art) begegnen" würde. Die Nonnen entschuldigten sich, daß nicht sie, sondern Abt Ambros für die Vergabe der Arbeiten zuständig wäre. Der Magistrat wandte sich nun an den Landeshauptmann, damit dieser den Abt bewege, auch den ortsansäßigen Gewerbetreibenden Arbeit zukommen zu lassen. Da bei den Neubauten des Klosters auch die Stadtmauer in die Außenmauern der Gebäude einbezogen rourbe,51 2 53) verlangte der Rat einen Revers, in dem festgelegt war, daß die Rechte des Magistrates an der Stadtmauer gewahrt bleiben sollten, pritz beziffert den Schaden des Nonnenordens mit rund no.000 Gulden, in diesem Betrag sind die Kosten der Wiedererrichtung der Klostergebäude enthalten.^) Der Wiederaufbau des Schlosses wurde besonders vom paffauer Bischof Gras Josef Dominik Lamberg, einem Bruder des Eigentümers Graf Franz Anton Lamberg, gefördert. Der durch das Feuer entstandene Schaden wurde mit 92.500 Gulden beziffert. Unter Beibehaltung der Dreiecksform des alten Schloßgrundristes wurde in den Jahren (727 bis (75( die Erneuerung des Schlosses vom Linzer Baumeister Johann Michael prunner durchgeführt, der sich in den Bauformen „stärker als sonst den architektonischen Ausdrucksmitteln pildebrandts" näherte. Anstelle der malerischen Burg, die früher Umfassungsmauern, Wehrgänge und Wachttürme hatte, entstand dem Zeitgeschmack entsprechend, das Schloß in einem schlicht gehaltenen Barock, wie es sich uns noch heute darbietet. Die bisherige Annahme, daß prunner den Bau nach planen des paffauer hochfürstlichen Baumeisters Domenico d'Angeli durchgefllhrt hätte, wurde als irrig ernannt.54) Zu Ende des Jahres (729 war ein Großteil der durch das Feuer hervorgerufenen Sachschäden beseitigt. Viele päuser erhielten, dem bevorzugten Baustile entsprechend, schöne Barockfassaden, die noch heute das Auge des Beschauers entzücken. Es ist verständlich, daß sich der Magistrat in den folgenden Jahren vor allem die Verhütung der Feuersgefahr angelegen sein ließ und gegen Personen, die in dieser pinsicht fahrlässig oder leichtsinnig handelten, mit empfindlichen Strafen vorging. Besondere Aufmerksamkeit wurde der Ausstattung mit Feuerlöschmitteln zugcwandt. Auch aus die Tabakraucher wurde das Augenmerk gerichtet. Der Siechenhausverwalter Mühldorfer sah sich veranlaßt, beim Magistrate anzuzeigen, daß der Pfründner Frechinger, trotz mehrmaligen Verbotes, „mit dem so ercesihv — als gefährlichen Tobackhrauchen fortfahre und fast alle winckhl aus- schlieffe", wodurch leicht ein Brand entstehen könne. Dem Pfründner wurde hieraus vom stellvertretenden Bürgermeister Johann Derfflmayr befohlen, das Ta51) RP 1728,62. — Der Rat verlangte, das Gebäude so zu errichten, daß die Stadtmauer nicht behindert werde. 52) RP 1727,251,288. 53) LV 1,329. 5;) B. Grimschitz, Johann Michael Prunner, 8.55. 11

bakrauchen zu unterlassen „bcy ansonsten erfolgend würcklicher pinauß Thueung aus dem Armen ^au§".55) Das furchtbare Geschehen blieb lange im Gedächtnis der Bevölkerung lebendig. „Zu Abwendung aller schädlichen Feuersgesahr" und zu „Ehren des Wunderthäti- gen und Großen Schuz Patrons, des £jl. Floriani" wurde durch Jahrzehnte am Jahrestage des großen Brandes ein feierliches pochamt in der Stadtpfarrkirche gelesen und einige Tage darauf eine Prozession nach 5t. Florian geführt. An dieser nahmen auch alle Ratsherren teil.56) Peftige Regengüsse verursachten Ende Mai *753 bedeutende Schäden. Der seit dem >6. Jahrhundert in die Steyr einmündende Teufelsbach trat aus den Ufern und floß in sein altes Bett, den Pundsgraben, zurück. Dieser wurde völlig unterwaschen. Im Robotdienst mußten Bauern den „pundsgrabenweg" wieder Herstellen. Auch die Wasserbauten nächst dem plauzenhof wurden in Mitleidenschaft gezogen??) Wie es sich erwies, hatte durch den Regen auch die Hintere der Pfarrkirche zugewendete Mauer des „Gerichtshauses" solchen Schaden erlitten, daß sie einzusallen drohte.^) Die lausend leeren Stadtkassen veranlaßten Bürgermeister Schoiber, die Ratsherren Ende April *75* einzuladen, innerhalb einer Woche Einzelvorschläge zu machen, wie man die Ausgaben des Stadthaushaltes vermindern und dessen Einnahmen vermehren könne. Die eingebrachten Vorschläge wurden zusammengefaßt und der Regierung zur Genehmigung übersandt.^) Zwei Jahre später schickte die für die Untersuchung der Wirtschaft in Steyr eingesetzte Rommission ein Dekret, in dem verlangt wurde, daß vor allem die namhaften Steueraußenstände „eifrig" eingetrieben werden sollten, weiters wurde dem Magistrat erlaubt, von den in die Stadt kommenden Marktfahrern je Wagen * Rreuzer und für ein vorgespanntes paar Mchsen einen zusätzlichen Rreuzer einzuheben, von den Fleischhauern und „Grießlern", die ihre Produkte auf dem Wochenmarkt absetzen wollten, sollte ein Marktgeld abverlangt werden. Der Rat beschloß daher, von ihnen jährlich je drei Gulden Wochenmarktgeld zu fordern, von den Fleischern, die am (Biberg ihre Ware verkauften und vom Lande kamen, sollte der Unterstadtkämmerer jedesmal drei Rreuzer einheben.^) Ju Untersuchung des wirtschaftlichen Zustandes der Stadt waren schon am 22. September *723 kaiserliche poskommissäre erschienen und hatten sich „Einnahms- und Ausgangsverzeichnisse" des Magistrates vorlegen lassen. Wie Landschreiber Johann Eberhard von Zeppenfeld der Stadtverwaltung schriftlich mitteilte, waren diese Rommissäre der Ansicht, daß ein Ausschuß von mindestens 24 „an-* 57 “) RP 1733,150. s*) RP 1733,231; RP 1734,269. — In der St. Florianen Klosterkirche wurden durch Ratsmitglieder immer sechs Stück einen Pfund und zwei einen halben Pfund schwere Wachskerzen entzündet. 57) RP 1733,140,164,197. —Die Bauern erhielten für diese Arbeit Brot und Getränke im Werte von 4 Gulden 48 Kreuzer. ss) RP 1733,140. s») RP 1731,98,116. —Man wollte von allen die Brücke passierenden Fuhrwerken ein Brückengeld kassieren. Weiters sollte vom „Stahlbenefizium“ eine Hälfte der Stadt, die andere den Händlern und Handwerkern zugutekommen. Unter Stahlbenefizien verstand man Abgaben, die von den Rad- und Hammermeistern, den anderen zwei Partnern der Innerberger Hauptgewerkschaft, an die Stadt, sowie an die Eisenhändler und -handwerker entrichtet wurden. Auch von allen in die Stadt gebrachten Waren sollte, außer der Mautgebühr, ebenfalls eine Abgabe erhoben werden, die nach dem Gewicht der Ware zu bemessen wäre. 1733 genehmigte die Wirtschaftsuntersuchungskommission, daß der Magistrat die Biersteuer von 6 auf 12 Kreuzer je Eimer erhöhen dürfe (RP 1733, 216). 60) RP 1733,137. 12

sehnlicheren" Bürgern gebildet werde, der bei den Beratungen der Stadtväter „aus welche Weise dem sinkenden Statt Wesen wider aufgeholsfen" werden könnte beratend Mitwirken sollte, um die Einnahmen mit den Ausgaben in Einklang zu bringen. Aus dem Ausschuß der 24 wiederum sollten sechs „der Sache gewachsene" Männer ausgewählt und je drei Mitgliedern des Inneren und Äußeren Rates beigeordnet werden. Dieses Kollegium hätte gewisse Angelegenheiten „genau und umbständlich" zu beraten und dann ein aussührliches Gutachten zu erstatten. Bürgermeister Schoiber war der Ansicht, daß diese Anordnung der Kommission sich sllr den gesamten Magistrat „forderist aber den Herrn Vorstehern (Bürgermeister und Stadtrichter) sehr disrexutirlich und Besorglich" auswirken würde. Er fürchtete, daß sich „dahero yble Folgerungen ergeben" könnten. Da nur zwei Räte der Meinung des Bürgermeisters zustimmten, der Stadtrichter und die übrigen Ratsmitglieder jedoch der Ansicht waren, das Anbefohlene zu tun, da man sonst bei der Kommission „in yblen credit stehen derffte", kam es am 25. Gktober zur Berufung von 24 Bürgern für den erwähnten Zweck?') Auch 1725 war „zur Untersuchung des Notstandes der Stadt" eine Hofkommission eingesetzt worden.") Diese schlug vor, der Magistrat solle eine Jinssenkung für die bei der Stadt erliegenden Kapitalien vornehmen.") Die schlechte Finanzlage der Stadt brachte es mit sich, daß für die Instandhaltung der Straßen und Wege wenig getan werden konnte. Namens der Stadt ersuchten Stadtrichter Johann Adam von Paumgartten und Stadtschreiber Earl Joseph Huemayr (Huebmayr) im November \72<\ die kaiserliche Wegreparierungskommission, die Wege von Steyr nach Kremsmünster und Wels in brauchbaren Zustand setzen zu lassen?'') Diese Kommission wieder beanstandete im Dezember 1725, daß die Straßen und Wege innerhalb des Burgfriedes der Stadt in sehr schlechtem Zustande wären. Fast unpassierbar fand sie die Gleinkergasse und den Ramingsteg. Der Magistrat wurde aufgefordert, die Instandsetzung sofort vornehmen zu lassen, da sonst eine Anzeige an die Regierung erfolgen würde.") Für die Reparatur des Weges vom „Gottesackerberg" (Taborfriedhof) herab und in weiterer Folge durch den Stadtteil Steyrdorf und die Enge, streckte £)err von Hochhaus im Juli 1752 dem Magistrate 250 Gulden vor.") Nur unumgänglich notwendige Reparaturen an städtischen Bauten konnten vorgenommen werden. So wurde 1755 der Lnnsturm mit einem „einfallenden" Schindeldach gedeckt, Instandsetzungen des Sondersiechenhauses vorgenommen, der baufällige Wächterturm im Katzenwald neu errichtet und die Stiege am pfarrberg neu überdacht?'') Im Jänner 1752 beabsichtigte der „Krugl-Müller" und Garstnerische Untertan Johann Häckhl in Unterhimmel eine Brücke über die Steyr zu bauen, über dieses Unterfangen waren die Steyrer Gastwirte und Müller aus Konkurrenzgründen63 * 65 * 67 «>) RP 1723,179,189. 42j RP 1725,190. —Pritz schreibt, daß in dieser Zeit, da sich „wenig Merkwürdiges in Steyr zutrug, eine bedeutende Tätigkeit herrschte, Handel und Wandel und mit ihm der Wohlstand der Bürger Zunahmen" (LV 1,327). Dem widersprechen die Ratsprotokolle. In diesen wird die Lage der kleinen Handwerker als „desolat" bezeichnet (RP 1711,56). Der Stein- und Wundschneidearzt Franz Georg Berger, z.B., bat um Bewilligung, daß seine alte Mutter am Wochenmarkt Medizinen feilhalten dürfe, um ihren Lebensunterhalt zu fristen (RP 1722,90). 63) RP 1733,225. Für Mündelgelder sollten weiterhin 4 Prozent bezahlt werden, anderes Kapital sollte niedriger verzinst werden. M) RP 1724,198. 65) RP 1725,222. M) RP 1732,174. 67) RP 1733,140,167,173,194,267. 13

empört, auch der Magistrat meinte, daß dadurch sowohl der Stadt als auch der Bürgerschast, ein großer Schaden entstünde. Die Angelegenheit wurde sogar dem Landgerichte vorgetragen, die zugunsten des päckhl entschied. Ende August war die Brücke sertiggestellt?°) Ein Patent des Landeshauptmannes, das am 6. Juni 1732 verlesen wurde, setzte die Ratsherren in Kenntnis, daß Kaiser Karl VI. zur Lrblandshuldigung nach Linz tommen werde und sorderte zur Verpflegung des zahlreichen Gefolges die „unentbehrlichen viktualien umb leydentlich billichen werth Zuezuführen und Beyzubringen".^) Über kaiserlichen Befehl, einige Deputierte zu diesem Festakte abzuordnen, nahmen an ihm am $o. September Bürgermeister Schoiber, Stabt* richterambtsverweser Adam Leopold Bichler und Stadtschreiber Dr. Earl Joseph puemayr (puebmayr) teil, die dem Landesfürsten namens der Bürgerschaft und des Magistrates huldigten/") Bei dieser Gelegenheit erfuhren die Erwähnten, daß der Kaiser auch Steyr besuchen wolle. Überdies erreichte die Stadt am 18. Juli eine Verfügung des Landeshauptmannes, die beinhaltete, bei der Ankunft Karl VI. in Steyr die „Bürgerschaft ausziehen zu lassen, die Stücke (Geschütze) zu lösen und allerunterthänigste gehorsamste Aufwartung zu machen/') In der Stadt wurde sofort mit den Vorbereitungen begonnen. Eiligst wurden die Fenster des Rathauses ausgebessert und andere „Juegerichtet". Weiters wurde gefunden, daß es unumgänglich notwendig sei, den Stadtplatz zu pflastern. Da aber die Stadtkasse „sehr erschöpft" war, wurde bestimmt, für diesen Zweck von den Bürgern einen gewissen Betrag einzuheben. Dieser war innerhalb von acht Tagen zu erlegen, sich widersetzende Bürger waren dem Magistrat anzuzeigen. Den Bürgern, die Eigentümer von Päusern in den Straßen und Gassen waren, die der Festzug zu passieren hatte, wurde aufgetragen, Dachrinnen und Abflußrohren herzurichten, damit bei eventuellem Regen das Wasser nicht auf die Kopfe der vorbeiziehenden tropfe. Jenen, die diesem Austrage nicht Nachkommen sollten, wurde eine Strafe von sechs Reichstalern angedroht. Aus den „Feuerzutragsgeldern" der Stadtkasse wurden Laternen angekaust, die statt der bisher üblichen Pechpfannen an den Parisern angebracht wurden. Auch das Schnallentor wurde repariert, „abgepuzt" und an seiner Stirnfront ein vergoldeter Adler angebracht/^) Die Bürgermiliz in der Stadt und in Ennsdorf bereitete sich vor, mit 500 Mann auszurücken, der Magistrat wurde ersucht, aus den Reihen des Rates Kommandanten einzuteilen. Für die „Fourirschützen" wurden auf Gemeindekosten Patronentaschen angefertigt, ihre Ejüte mit weißen Borten eingesäumt („ainge- braimbt") und es hatten auch die neu angefertigten Trommelriemen mit wollenen „Fränzlen" besetzt zu werden. Die Stadtturner mußten zwei Musikstücke einstudieren, die zum Vortrag gebracht werden sollten.68 69 70 71 72 68) RP 1732,14,16,18,28,96,232.— „Hochaus hat dem Krugl Müllnerunterm Himmel erlaubt, daß er auf seine Parola imSteinfeld unweith des Bier Häußl eine neue Pruckhen yber den Steur Fluß“ erbaue. 69) RP 1732,143. 70j Der Huldigungszug bewegte sich vom Schloß bis zur Pfarrkirche RP 1732,239. — Die Kosten betrugen 42 Gulden 7 Kreuzer, außerdem hatte die Stadt an anteiligen, den landesfürstlichen Städten erwachsenen Spesen 90 Gulden 43 Kreuzer 4 Pfennig zu entrichten. 71) RP 1732,191. 72) RP 1732,227,228. — Da nicht alle Bürger an dem Aufzuge der Kompanien teilnehmen wollten, verfügte der Rat, daß von diesen „ein geringer Aufschlag in Geld" eingehoben werden sollte. RP 1732,319 : Stadtplatz und Enge wurden durch den bgl. Pflasterer Johann Maximilian Ebenher- wibmer aus Linz gepflastert.

Am Vortage Des Besuches wurden alle Brunnen und Die Steyrbrücke mit Blumenbogen geschmückt, in allen Gassen und Straßen wurden Bäumchen aufgestellt und Die Artllerie Der Stadt, 60 leichte und schwere Geschütze auf Dem StaDlmayrfelD vor Dem Schnallentor in Stellung gebracht. Mit Drei Kanonenschüssen wurDe am 25. September, Dem (Empfangstage, um Drei Uhr morgens Die Bevölkerung geweckt. Insgesamt rückten Drei Kompanien in einer Gesamtstärke von runD iooo Mann aus. (Eine von Diesen wurDe am StaDtplatz, Die zweite in SteyrDorf unD Die Dritte vor Dem Schnallentor zur paraDe ausgestellt. Nach 9 Uhr morgens erreichte Der Kaiser mit seiner Gemahlin unD Dem Gefolge Die StaDt beim Schnallentor. pier erwarteten ihn Die Mitglieder Des Magistrates, Der Bürgermeister und StaDtschreiber Br. puebmayr. Dieser hielt eine Begrüßungsrede, während Bürgermeister Schoiber Dem Monarchen auf einem Kiffen die teils versilberten, teils vergoldeten Stadtfchlllssel überreichte. Bei seiner Weiterfahrt durch die Stadt wurde Karl VI. von Den geistlichen Grden Der Stadt willkommen geheißen. vom Gilgentor aus fuhr er mit seiner Begleitung, ohne weiteren Aufenthalt zu nehmen, zum Lambergischen Jagdschloß in Der Saß, wo er an einer pirschjagd teilnahm, für Die Der Magistrat über «Ersuchen des Fürsten Lamberg 50 Personen im Robotdienst zur Verfügung stellte.74) Am folgenden Tage jagte der Kaiser am Bamberg; bei seiner Rückkehr von der Klopfpirsch empfingen ihn Die Steyrer Bürger bei Der Schiffbrücke, Die die (Enns beim Kloster Garsten überspannte, mit Musik. Bei Der anschließenden Tafel im Kloster warteten die Mitglieder des Magistrates Dem Kaiser und seinem Gefolge bei Der Tafel aus. (Eine Deputation der Abbrändler Des Jahres 1727 benützte Die Anwesenheit Des Monarchen, ihn um die Ausfertigung eines bereits bewilligten „Brandbriefes" (schriftliche Sammelerlaubnis) zu bitten.74)73 73) RR 1732,180. 73) LV 1,332. 15

Steyr von der unteren Lnnsbrücke gesehen. Dieses Aquarell des Sierninger Malers Franz hölzlhuber überliefert uns eine naturgetreue Wiedergabe der Häuser am heutigen Lnnskai. (Es entstand im Jahre >846 und stimmt mit den noch im Stadtbauamte vorhandenen Stadtplänen aus dieser Zeit überein. Am rechten Bildrande beginnend, sieht man, in ihrer teilweise nicht mehr erhaltenen Bausorm, die heutigen Häuser (Engegasse Nr. 23, 25, 27, 3> und 53 (dieses ist bombenbeschädigt), weiters das Haus Stadtplatz > (ebenfalls bombenbeschädigt), das wiederaufgebaute Haus Nr. 3 und die noch in ihrer ursprünglichen Form erhaltenen Stadtplatzhäuser 5, 7, 9 und >>. An Stelle des kaiseitig gelegenen Hintertraktes des Areisgerichtes (Stadtplatz >3) lag >846 ein Garten, so daß man das Haus Stadtplatz >5 mit feinem charakteristischen (Erker deutlich erkennen kann. Anschließend sind die ennsseitigen Häuser Stadtplatz >7 und >9, sowie dieser Trakt des Rathauses auf dem Bilde dargestellt. Im Mittelgründe links erblickt man die hölzerne Neubrücke, das heutige Haus Bergerweg 2, das Haus (Eisenstraße 2 (Schiffmeisterhaus), den Salzstadel ((Eifern strafe 3) und am linken Bildrande das Haus (Eisenstraße >. Wie man an Hand alter Stadtansichten und plane festftellen kann, ist auch die Befestigungsanlage an der (Enns sehr genau wiedergegeben. Die Stadtmauer endet in der höhe des Rathauses. In der Mauer waren Toröffnungen vorgesehen, um die (Ennsschifsahrt und den damit verbundenen Handel zu ermöglichen. Besonders fällt auf dem Bilde das zweigefchoßige Festungsbauwerk auf. von feiner Nordseite hätte man, im Falle eines Angriffes auf die Stadt, die (Ennsbrücke mit Feuerwaffen flankierend bestreichen können. Alte Stadtansichten und die aufgefundenen Fundamentreste beweisen, daß die flußseitige (Ennsmauer in früheren Zeiten durch mehrere Turmbauten verstärkt war. Auf dem Boden des heutigen (Ennskais standen damals vereinzelt Bäume und Stallgebäude. Dieser Raum zwischen der Wehrmauer und den Fassaden wurde „Saumarkt" oder „Saugartl" genannt, weil die Hauseigentümer in den Ställen Schweine und andere Haustiere hielten. Der Maler des Bildes, Franz hölzlhuber, lebte viele Jahre in Amerika und war dort als Musikdirektor, Komponist, Gesang- und Zeichenlehrer tätig. Nach feiner Rückkehr aus den vereinigten Staaten wurde er in Steyr (Eisenbahnbeamter. 16

Johann verfflmayr (1734—1739)') Nach dem plötzlichen Ableben des Bürgermeisters Schoiber verfügte Landeshauptmann Graf Thürheim am 4. Jänner 1754, daß vom Rat bis zur Vornahme einer ordentlichen Wahl „ein taugliches Subjekt zu Fungierung des Bürgermeisteramtes" vorgeschlagen werde. Noch am gleichen Tage entschieden sich alle Ratsherren für den Handelsmann Johann Derfflmayr. Dieser erklärte sich bereit, vorläufig das Amt zu versehen, ersuchte aber, bei der künftigen Wahl damit verschont zu bleiben. Unter Hinweis auf seine „dem hiesig gemainen Stattweesen so Treu- alß Luferig (eifrig) gelaisteten Dienst und hierdurch erworbener meriten" und wohl auch, um den Amtsantritt schmackhafter zu machen, verliehen ihm die Räte das, nach dem Tode Thomas Schoibers ebenfalls vakant gewordene Täzamt (Getränkesteueramt), mit einer Iahresbesoldung von 200 Gulden. Mit einer weiteren Anordnung des Landeshauptmannes wurde verfügt, daß dem „zum angesetzten Bürgermeister verordneten Johann Derfflmayr der gebührende Respekt und Gehorsam" zu leisten wäre. Die viertelmeister hatten namens der gesamten Bürgerschaft das „Gelübde des Gehorsams" abzulegen?) Am 28. April wurde die ordentliche Wahl durchgeführt und Derfflmayr zum Bürgermeister erkoren, trotzdem er vorher nochmals gebeten hatte, ihm dieses Amt nicht aufzubürden?) Während der nächsten zwei Jahre konnte Dersslm-ayr seine Stelle nur als „angesetzter" Bürgermeister versehen, da die kaiserliche Wahlbestätigung noch nicht eingelangt war. Der Magistrat sah sich daher veranlaßt, irrt Mai 1736 an die niederösterroichische Regierung zu schreiben und das Ersuchen um „Beförderung der Ratswahl" vorzutragen. So erreichte endlich am 26. September 1736 ein vom Landeshauptmann zugesandter „kaiserlicher Wahlbefehl" den Magistrat, in dem Johann Derfflmayr „allergnädigst zum wirklichen Bürgermeister benennet" wurde?) Die Gemeindevertretung setzte sich in dieser Zeit aus dem Bürgermeister, dem Stadtrichter als Repräsentanten des Landesfürsten, io Mitglieder des Inneren und H Mitglieder des Äußeren Rates zusammen?) In der kaiserlichen Wahlbestätigung war der Gastgeb Johann Georg Rogg zusätzlich als 15. Mitglied des Äußeren Rates ernannt worden. Die Stadtväter waren jedoch der Ansicht, es fei „vorhin Niehmalen gewöhnlich gewesen, dz (daß) ein Su- pernunmerarius (Überzähliger) den Rat frequentieret" und ließen Rogg iticht an den Sitzungen teilnehmen. Man riet ihm, Geduld zu üben, bis ein Ratssitz frei werde?) Rogg wandte sich nun an den Landeshauptmann, der befahl, der kaiserlichen Einordnung Folge zu leisten und ihn zu Sitzungen und Abstimmungen zuzu- ]) Auch Dörfflmayr, Derflmayr, Dörflmayer geschrieben. 2) RP 1734,1,2,7. — Johann Derfflmayr gehörte schon ab 1712 dem Äußeren Rate an, er wird 1724 als Mitglied des Inneren Rates und Sondersiechenhausverwalter erwähnt (RP 1724,188). 3) RP 1734,138. Schon einen Monat vorher beschäftigte sich der Magistrat mit den Vorbereitungen. Die Ratsherren wurden angewiesen, in schwarzer Kleidung zu erscheinen, die Musik solle vor dem Ratshaus zum Empfang bereitgestellt sein. Auch der Speisezettel für die Wahlmahlzeit wurde begutachtet. Da es „allezeit üblich gewesen“, daß die Mitglieder des Äußeren Rates die Speisen bei der Tafel der Wahlkommission aufwarteten, sollten sie dies wieder tun. Die von dieser „Tafel bringed ybrigen Speisen“ hätten dann an die „officir Tafl“ (Beamtentisch) gebracht und diese „ebenfalls honet tractiret“ zu werden. — Der Wahlkommission gehörten Landeshauptmann, Vizedom und Landschreiber mit ihrem Troß von Bedienten und Lakaien an. 4) RP 1736,142,316. 5) RP 1736,316. 6) RP 1736,358. 19

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