Oberösterreich, 19. Jahrgang, Heft 1, 1969

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OBERÖSTERREIGHISCHE BURGENKUNDE Dr. Michael Mitterauer Die mittelalterliche Burg in der Rechts- und Wirtschaftsgeschichte Dipl.-lng. Georg Clam-Martinic Die Burg als Lebensraum Dr. Otto Watzel Burgen-Denkmalpflege in Oberösterreich Dr.Siegfried Torggler Gedichte Dr. Kurt Holter Bibliotheken und Gelehrte auf oberösterreichischen Burgen und Schlössern Ing. Wilhelm Gotting Der Wohnturm Der Wehrturm von Schaunberg Das Turmhaus in Ruttenstein Prof. Georg Grüll Die Starhemberger in Oberösterreich und ihre Wappen. — Zeichnungen: H. E. Baumert Prof. Franz Engl Die Burg zu Schärding Dr.Benno Ulm Freistadt als Beispiel einer mittelalterlichen Stad tbefestigung Fritz Winkler Das Geschlecht der Plankenberger, Rosenberger und Schaunberger in der Geschichtssage Schriftleitung: Dr. Otto Wutzel Das nächste Heft der Zeitschrift „Ober österreich" (Winterheft 1969, Erschei nungstermin November 1969) behandelt das Thema: Theater und Musik in Oberösterreich. Umschlagbild; Aquarellierte Zeichnun gen aus: J. Hager von Allentsteig, Schlösserbüchl 1661—1670, oö. Landes archiv, Neuerwerbungen, Handschrift Nr. 170. Kulfurzeitschrifl OBEROSTERREICH Kunst, Geschichte, Landschaft, Wirtschaft, Fremdenverkehr. Halbjahreszeitschrift. Erscheinungstermine Mai und November. 19. Jahrgang, Heft 1, Sommerheft 1969. Eigentümer, Herausgeber und Verleger: Oberösterreichischer Landesverlag; verantwortlich für den Inhalt im Sinne des Pressegesetzes: Doktor Otto Wutzel, sämtliche Linz, Landstraße 41, Ruf 26 721. — Druck: Oö. Landesverlag Linz. - Jahresabonnement (2 Hefte) S 60.—, inkl. Porto. Einzelverkaufspreis S 35.—.

^ . »1 I li:v\ i;iM \yri;i I' l,A!l. t I- A IVI, mr „ I * • I ■ '•^/-I ••1 I *3. Itfe Historischer Plan von Burg Clam (derzeit im Ahnensaal der B liehe Schloß Clam des alten als auch neuen angebauten Gebeü i Füschteucht, Wisen nebst einige Ackergrundt . . . anno 1743. : Ney verfaster Plan, so allein vorstellent das hochfreyher f¥, Prayhaus und inzwischen dessen ligendten Schloßgartte

Michael Mitterauer Die mittelalterliche Burg in der Rechts- und Wirtschaftsgeschichte Die Bezeichnung Burg hängt mit bergen zusammen. Burgen sind ursprünglich Zufluchtsorte. In ihnen findet die Bevölke rung des offenen Landes bei Feindgefahr Schutz. Der Herr einer Burg ist in der Lage, Schutz und Schirm zu gewähren. Schutz und Schirm aber sind Grundelemente der Herrschaft schlechthin. Der Beschützte steht in einem Verhältnis der Abhängigkeit. Der Schutzherr kann von ihm als Gegenlei stung Dienste und Abgaben fordern. So ist die Burg Kern und Kristallisationspunkt aller mittelalterlichen Herrschafts bildung. Herrschaftsausübung setzt eine Vielfalt von Rechten voraus, gerichtliche Rechte verschiedener Abstufung, militärische Rechte, wirtschaftliche Rechte. Alle diese Rechte sind an das Haus des Herren geknüpft, haben in ihm ihren Mittelpunkt. Das Haus des Herren aber befindet sich entweder in der Wehranlage selbst oder in engem topographischen und funk tionalen Konnex mit ihr. Unter diesem Aspekt erscheint die Burg als ein zentraler Faktor der mittelalterlichen Rechts geschichte. Das Haus des Herren ist Sammelstätte für die Abgaben der herrschaftlichen Untertanen. Es handelt sich dabei ursprüng lich um Naturalleistungen, die erst im Lauf des Hochmittel alters teilweise oder zur Gänze in Gelddienste umgewandelt werden. Die Burg bzw. der ihr zugehörige herrschaftliche Wirtschaftshof sind dabei wichtige Bezugspunkte der agrari schen Produktion. Aber auch das Gewerbe hängt eng mit der Burg zusammen. Die herrschaftlichen Bannrechte erstrecken sich auf die Mühle, die Taverne, die Lebensmittelgewerbe der Burgsiedlung. Die Herrschaftsmittelpunkte bewirken so zumindest einen Marktverkehr niederer Ordnung. Aber auch der über den lokalen Bedarf hinausgehende Handel folgt den befestigten Plätzen. Der fremde Kaufmann mit seiner wert vollen Ware hat in besonderer Weise Schutz notwendig. Ein Austausch von Fernhandelsgütern erscheint vor allem in den gefahrvollen Zeiten des frühen Mittelalters überhaupt nur bei den geschützten und mit Sonderfrieden ausgestatteten Burg plätzen möglich gewesen zu sein. Aus solchen frühen Burg märkten hat sich dann der städtische Handel des späteren Mittelalters entwickelt. So hat die Burg, die schutzbietende Wehranlage, allen wesentlichen Zweigen des Wirtschaftsle bens als Ansatzpunkt gedient — freilich im Laufe der Ent wicklung in sehr verschiedenen Formen. Die mittelalterliche Burg zeigt in ihrer baulichen Gestalt eine reiche Typenvielfalt. Die räumliche und zeitliche Differen zierung ist in erster Linie durch verschiedene Formen der Wehrverfassung bedingt. Es wäre aber eine einseitig verengte Perspektive, wollte man die Burg nur in ihrer Funktion als Wehranlage sehen. Ihr allgemeiner Charakter als Herrschafts zentrum brachte es mit sich, daß die verschiedensten Lebens bereiche ihr äußeres Erscheinungsbild mitprägten. Rechtliche und wirtschaftliche Momente nehmen dabei einen wesentli chen Platz ein. In der jeweiligen Gestalt der Burg spiegeln sich über militärische Bedürfnisse hinaus die Gegebenheiten des sozialen Lebens einer Epoche. Die Vorformen der mittelalterlichen Burg reichen weit zurück in frühgeschichtliche Zeit. Nördlich der Alpen waren die Kel ten die ersten, die in großem Stil Befestigungsanlagen als Zu fluchtsstätten errichteten. Von ihnen haben die Germanen den Burgenbau übernommen. Die keltischen Wehranlagen, die man als Oppida bezeichnet, fanden sich meist auf natür lich geschützten Anhöhen, die durch Erdwälle, mitunter auch durch Mauern zusätzlich befestigt wurden. Ihre Ausdeh nung übertraf die mittelalterlichen Höhenburgen bei weitem, dienten sie doch als Fluchtorte für größere Siedlungsräume, oft für ganze Stämme oder Teile von Völkerschaften. Die Bewohner der ihnen zugeordneten Gebiete trafen sich hier jedoch nicht nur im Fall der Feindgefahr. Auch kultische Ver anstaltungen, Gerichtsversammlungen und Markttreffen wa ren häufig mit solchen Oppida verbunden. Soweit sie dauernd besiedelt waren, kann man bei diesen keltischen Anlagen, die sich ähnlich auch in den benachbarten germanischen Gebie ten wiederfinden, von „Burgstädten" sprechen. Innerhalb des römischen Herrschaftsbereiches wurde die Be völkerung solcher keltischer Oppida zumeist von den befe stigten Höhensiedlungen in planmäßig angelegte Städte in der Ebene umgesiedelt. Die Ablöse des Oppidums auf dem Magdalensberg durch die Römerstadt Virunum ist für diesen Prozeß typisch. Die friedlichen Zeiten der Pax Romana dauerten aber nicht lange. Schon in spätrömischer Zeit ging man nicht nur in den besonders gefährdeten Grenzgebieten zu befestigten Siedlungen in natürlich geschützter Lage über. Die Zeit der Völkerwanderung brachte vollends die Rück kehr zum vorrömischen Befestigungstypus. Die Fluchtburg gewann wieder an Bedeutung. Was von den Römerstädten übrigblieb, wurde in solche Burgsiedlungen umgewandelt. Ortsnamen auf -bürg, die sich für Siedlungen am Platz römi scher Städte finden, charakterisieren diese Entwicklung, etwa Augsburg, in dem das alte Augusta Vindelicorum weiterlebt, Regensburg an der Stelle des Lagers Castra Regina oder Salzburg an der von Juvavum. Aber auch aus römischen Kastellen wurden frühmittelalterliche Burgen, wie etwa der Name von Herilungoburg für das ehemalige Arelape (Pöchlarn) zeigt. Die zentralen Funktionen der römischen Vor gänger gingen freilich nicht in vollem Umfang auf diese Burgplätze über. Die „civitates" hatten als Mittelpunkte des Rechts- und Wirtschaftslebens für umfangreiche Landbezirke die dominante Rolle gespielt. Den Kastellen waren Bezirke der Militärverwaltung zugeordnet gewesen. Auch die Burg siedlungen des frühen Mittelalters waren zwar häufig Vor orte von Gauen, ihre Rolle als Verwaltungsmittelpunkte oder Marktplätze hält jedoch keinen Vergleich mit der ihrer Sied lungsvorgänger stand. Die Aufgabe als Zufluchtsstätte ist in ihnen die bei weitem vorherrschende. Der Schutzfunktion dieser frühmittelalterlichen Burgen ent sprachen gewisse Verpflichtungen jener Bevölkerungsgruppen, die hier im Notfall Zuflucht fanden. Sie waren für die Er bauung, Erhaltung, Bewachung und Verteidigung der Wehr anlagen verantwortlich. Diese Leistungen, zu denen die im Burgbezirk ansässigen Leute vom Burgherren oder seinem Amtsträger aufgeboten werden konnten, sind im ganzen mittel- und westeuropäischen Raum nachweisbar. Gemein sam mit der Heerfahrtspflicht gehörten sie zu den primären öffentlichen Verpflichtungen. Unter der Bezeichnung Burgwerk haben sie sich in Deutschland zum Teil bis ins späte Mittel alter hinein erhalten. Mit dem Burgwerksdienst in funktionalem Zusammenhang steht das Recht der zum Burgwerk verpflichteten Leute auf zollfreien Einkauf der Hausbedarfsgüter bzw. Verkauf der

Eigenbauprodukte auf dem der jeweiligen Burg zugeord neten Markt. Diese rechtliche Beziehung weist deutlich auf die enge Verflechtung von Belangen der Wehr- und der Wirtschaftsverfassung hin, für die die Burgen in gleicher Weise den rechtlichen Bezugspunkt darstellten. Die mit den frühmittelalterlichen Burgen verbundenen Märkte wurden, wenn es der Platz erlaubte, innerhalb der Befesti gungsanlage abgehalten, häufig aber auch außerhalb am Fuß des Burgberges. Der erstere Fall findet sich vor allem bei ehemaligen Römerstädten, während in den nicht von den Römern erfaßten Gebieten der Dualismus Burg- und Marktsiedlung vorherrscht. Im Laufe des ffochmittelalters wurde jedoch in der Regel auch die zur Burg gehörige ffandelsniederlassung in die Umwehrung einbezogen. Beide Grundformen der frühmittelalterlichen Burgmärkte sind je denfalls als Wurzel späterer Stadtentwicklung zu betrachten. Die Bezeichnung Burg wurde bis ins 11. Jahrhundert für alle befestigten Plätze einschließlich der städtischen Siedlun gen verwendet. Dieser Wortgebrauch kommt in zahlreichen Stadtnamen zum Ausdruck, im österreichischen Raum etwa Salzburg, Ennsburg (Enns), Stiraburg (Steyr), Ybbsburg (Ybbs), Herzogenburg, Wilhelmsburg, Kloster- und Korneu burg oder Hainburg. Mit -bürg gebildete Ausdrücke halten sich auch weiterhin im städtischen Bereich, etwa der Burggraf, das Burgrecht als Stadtrecht, im engeren Sinne als spezifische städtische Leiheform, der Burgfried als städtischer Friedens bezirk, vor allem aber die Bezeichnung Bürger, die auf eine doppelte Wurzel zurückgeht, nämlich einerseits auf „burgari", „burgliut" als Bezeichnung für die Burg- d. i. Stadtbewoh ner, andererseits auf das im 12. Jahrhundert aus dem roma nischen Raum vordringende Wort „burgensis", das den im „burgus", der zunächst unbewehrten Kaufmannssiedlung, An sässigen meint. Die Differenzierung von Burg und Stadt, die dann auch in neuen Bezeichnungen ihren Niederschlag findet, ist eine Folge des vor allen von wirtschaftlichen Faktoren bestimmten An wachsens der städtischen Siedlungen seit dem 12. Jahr hundert, dem jedoch auch grundlegende Veränderungen in der Wehrverfassung vorausgegangen waren. In den Städten entstehen nun häufig selbst wieder Burgen. Ihre Wurzel liegt in älteren Höfen des Stadtherren, die gerade in der begin nenden Auseinandersetzung mit der aufstrebenden Bürger schaft einen stärkeren Ausbau erfahren. Befestigte Höfe las sen sich bis tief ins Frühmittelalter hinein zurückverfolgen,und schon für die germanische Frühzeit sind mit Palisaden um wehrte Hofanlagen archäologisch bezeugt. Für solche feste Häuser findet sich freilich die Bezeichnung Burg damals noch nicht; eine enge funktionale Beziehung zu Burgen ist jedoch bei ihnen oft anzutreffen. Besonders für die karolingische und ottonische Zeit ist ein Zusammenhang zwischen Königshöfen und Burgen in verschiedensten Konfigurationen nachweisbar. Mehr oder minder bewehrte Wirtschaftshöfe finden sich innerhalb wie außerhalb der Umwallung von Burgen, im letzteren Falle sowohl bei besiedelten wie auch bei unbesiedelten. Die Wirtschaftshöfe konnten ihrerseits wie derum in ihrem Wohntrakt palastartig ausgestaltet sein, so daß als drittes Element die Pfalz hinzutritt. Königshof, Kö nigspfalz und Königsburg lassen sich höchstens nach ihrer baulichen Form typologisch voneinander trennen, nicht aber nach ihrer rechtlichen und wirtschaftlichen Funktion als Herr schaftsmittelpunkt. Als solcher sind sie Bezugspunkte aller königlichen Rechte innerhalb eines bestimmten Raumes. Ver schiedenste Regalien werden in Urkunden als Pertinenzen von königlichen Höfen aufgezählt, etwa Forste, Märkte, Zölle, Münzrechte u. a. Zu den Regalien, den dem König vorbehaltenen Rechten, zählte im Mittelalter auch das Recht, Burgen zu erbauen. Freilich konnten die Könige dieses Monopol auf die Errichtung von Wehranlagen nur in Zeiten starker Zentralgewalt eini germaßen durchsetzen. In Deutschland verloren sie es schon im 12. und 13. Jahrhundert endgültig an die Reichsfürsten. Diese konnten ihrerseits im Zuge des Ausbaues ihrer Lan desherrschaft einen Ausschließlichkeitsanspruch auf die An lage von neuen Burgen bzw. deren Genehmigung durchsetzen. Der Burgenbau und die Burgenpolitik wurden zu einem der entscheidenden Mittel in der Hand des werdenden Landes fürstentums. Die königliche Großburg als Zufluchtsort für einen umfas senden Burgbezirk, wie sie als Vorstufe bzw. als Frühform der mittelalterlichen Stadt begegnet, war im 11. Jahrhundert auch von der Wehrverfassung her längst überholt. Schon in der Zeit der Ungarn- und Normannenstürme hatte sich die Notwen digkeit zusätzlicher Wehranlagen ergeben. Herrenhöfe, meist Königshöfe, die in die Hand des Adels oder der Kirche über gegangen waren, wurden zu Befestigungen ausgebaut. Turm hügelburgen, feste Häuser und Motten entstanden, in denen sich ein neuer Burgtypus vorbereitete. Das Versagen der kö niglichen Macht zwang vielfach zur Selbsthilfe, so daß das Befestigungsrecht häufig an lokale Machthaber überging. Die adelige Dynastenburg trat immer stärker in den Vorder grund und wurde zum Ansatzpunkt regionaler Territorien bildung. Das Aufkommen der Ministerialität im 11. Jahrhun dert und die Bildung ritterlicher Gefolgschaften bewirkten schließlich die Entstehung zahlreicher neuer Wehranlagen, die sich in ihrer äußeren Erscheinung, vor allem aber in ihren Funktionen, wesentlich vom Typus der frühmittelalterlichen Burg unterscheiden. Aufgabe dieser hochmittelalterlichen Burgen ist es nun nicht mehr, den Bewohnern eines größeren Siedlungsraumes Zu flucht zu gewähren. Ihre Schutzfunktion erstreckt sich nur auf kleinräumige Bezirke. Die alten Frondienste für die Burgbefestigung, wie sie von ganzen Gauen, Grafschaften oder Burgbezirken zu leisten waren, fallen jetzt weg. Ver einzelt leben sie in Pflichten zum Mauerbau in Städten weiter. Nachbildungen des alten Burgwerks finden sich bloß in veränderten Formen und neuen rechtlichen Zusammen hängen. Die im hohen Mittelalter entstehenden Herrenburgen sind grundsätzlich Wohnbauten. Burg und Haus des Herren ste hen nicht nur in einer funktionalen Beziehung zueinander, sondern fallen prinzipiell auch örtlich zusammen. Die Kon zentration aller Herrenrechte in der Burg kommt deutlich etwa in der französischen Bezeichnung des neuen Typs der Turmburg, „donjon", zum Ausdruck, die sich von „dominatio", d. i. Herrschaft, ableitet. Die verschiedenen Herrschaftsrechte werden im hohen und späten Mittelalter ganz allgemein als Zubehör einer Burg betrachtet, die damit den wesentlichen Kern der Herrschaft ausmachte. Als Ausdruck für Herrschaft findet sich häufig die Formulierung „Castrum cum pertinentis". Der Pertinenzcharakter der einzelnen Hoheitsrechte geht so weit, daß Burg schließlich überhaupt synonym mit Herrschaft gebraucht wer den kann. Im Verständnis der Zeit ist freilich nicht jeder Wehrbau zugleich Burg. Für Befestigungsanlagen sind in den Quellen die verschiedensten Bezeichnungen belegt, im österreichischen Raum etwa die lateinischen Worte „Castrum", „castellum", „Urbs" und „arx" sowie die deutschen „bürg",„veste",„haus", „häusel" „gesess",„türm",„burgstall" u. a. Nicht alle meinen die Burg als Herrschaftsmittelpunkt. „Häusel", „türm" und „gesess" etwa wird in der Regel für die befestigten Sitze ritterlicher Leute verwendet, die keineswegs über Herreneigen und die damit verbundenen Rechte verfügten. „Burg" hingegen bezeichnet in der Regel tatsächlich das feste Haus eines Herren, dem die für die Zugehörigkeit zum Herren stand qualifizierenden Hoheitsrechte zustanden. Die wichtigsten dieser zu einer Herrschaft gehörigen und mit ihrem Burgmittelpunkt verknüpften Rechte waren die

Vogtei über geistliche Besitzungen, das Patronat über Pfarren, die Lehensherrschaft über ritterliche Leute, die Obrigkeit über Städte und Märkte, die Landgerichtsbarkeit, die Verfügungs gewalt über Maut und Zoll sowie Forst und Wildbann. Nicht bei jeder Herrenburg erscheint die Gesamtheit dieser Rechte, jedes einzelne von ihnen war jedoch für Herrschaftssitze charakteristisch und konnte im wesentlichen nur mit solchen verbunden sein. Letztlich wurzeln diese spezifischen Herren rechte in Regalien. Ihre Entwicklung und ihr Übergang in die Hände lokaler Gewalten verläuft parallel zur Entwicklung des Befestigungsrechtes, das ja auch in einem Regal seinen Ursprung hat. Rechtlicher Bezugspunkt aller dieser für eine Herrschaft konstitutiven Faktoren bleibt das Mittelalter hindurch oft bis weit in die Neuzeit hinein die Burg. Die Bedeutung als tatsächliches wirtschaftliches Zentrum übernimmt im späteren Mittelalter jedoch häufig ein in der Vorburg oder unterhalb der Burg gelegener Hof. Hier ist der Sitz der Gutsverwal tung, hierher werden die Abgaben der bäuerlichen Unter tanen geleistet. Es ergibt sich damit neuerlich ein Dualismus der herrschaftlichen Mittelpunkte Burg und Wirtschaftshof, wie er unter ganz anderen Vorzeichen schon im frühen Mit telalter gegeben war. Die Notwendigkeit zu einer derartigen Sonderung der Funk tionen ergab sich freilich nur bei den großen Herrenburgen. Die kleinen Rittersitze konnten weiterhin ihre Aufgaben als Befestigung sowie als Wohn- und Wirtschaftsgebäude in einer einheitlichen Anlage erfüllen. Sie waren ja im wesent lichen auf Eigenversorgung eingestellt; gegenüber großen Bauernhöfen ergab sich bei ihnen kaum ein Unterschied. Anders bei den eigentlichen Herrschaftsmittelpunkten! Die Zugehörigkeit vieler abhängiger Bauerngüter, die oft in die Hunderte, mitunter bis zu tausend und mehr zählten, bewirkte hier eine Differenzierung der Funktionen. Die Wirtschafts gebäude mußten verselbständigt werden und kamen zumeist außerhalb der Befestigungsanlagen zu liegen. Neben dem Meierhof, dem eigentlichen Sitz der Wirtschaftsverwaltung, spielten vor allem die Stallungen und verschiedene Speicher räume wie Getreidekasten, Heustadel oder Stapelräume für Holz eine Rolle. Dazu kamen mitunter herrschaftliche Gewer beeinrichtungen, etwa Mühlen, Tavernen, Backhäuser und Badstuben. Auch Hammerwerke konnten mit solchen herr schaftlichen Meierhöfen verbunden sein. Je nach Lage des Herrschaftssitzes und vorherrschender Wirtschaftsweise in sei nem Umland erhielten die zur Burg gehörigen Wirtschafts gebäude ihr besonderes Gepräge. Sosehr auch im späten Mittelalter und der frühen Neuzeit die wirtschaftliche Komponente für die Struktur der Grund herrschaft an Bedeutung gewann, so wurde doch der Grund herr keineswegs zum reinen Rentenempfänger. Mit dem Sitz der Herrschaft blieben weiterhin jene obrigkeitlichen Rechte verbunden, die letztlich aus alten Regalien abzuleiten sind. Nur ganz allmählich konnte der werdende neuzeitliche Staat diese adeligen Hoheitsrechte, vor allem im Gerichts-, Polizeiund Steuerwesen, stärker unter seine Kontrolle bringen. Die Burg war in diesem Sinne also nie bloß Zentrum adeligen Großgrundbesitzes, sie war vielmehr Bezugspunkt vielfältiger Herrenrechte, die sich auf sehr verschiedene, keineswegs im mer als räumlich geschlossene Siedlungsverbände faßbare Per sonengruppen erstreckten. Als das Zeitalter der Burgen zu Ende ging, war dadurch keine Veränderung dieser rechtlichen Strukturen bedingt. Der Verlust der Wehrfunktion und die neuen Bedürfnisse adeli gen Wohnens haben zu der Ablöse der Burg durch das Schloß geführt. Der Schutzlage der mittelalterlichen Höhen burgen kam auf Grund der Entwicklung des Militärwesens keine Bedeutung mehr zu. Das adelige Haus hatte aus dem Lebensgefühl der Zeit veränderte Ansprüche an Luxus und Repräsentation zu erfüllen. In der Wehr- und Wohnfunktion war ein Wandel eingetreten, nicht in der rechtlichen und wirt schaftlichen Rolle des Herrschaftssitzes. Diese ging in vollem Ausmaß auf jene Anlagen über, die die Nachfolge der mittel alterlichen Herrenburgen antraten. T.,"; - * I- ' '• ü

Georg Clam-Martinic Die Burg als Lebensraum Aufnahmen: Erich Widder Im Machlandzimmer der Burg Clam hängen zwei Bilder, Por träts des Grafen Otto von Machland und seiner Gemahlin Jeuta, geborene Gräfin von Peilstein, einer BabenbergerNichte. Aus dem berühmten Urbar von Baumgartenberg ken nen wir eine Darstellung, Otto von Machland am Sterbe bett liegend, während sein Bruder Walchum hoch zu Roß das Klostergebäude Baumgartenberg verläßt und als erster Besit zer im Jahre 1149 nach seiner Veste Clam reitet. Hirsche, Jagdhunde und Knappen begleiten Walchum von Clam, wie er sich nunmehr nennt. Nach Aussterben der Familie Mach land fiel das Gebiet an die Babenberger. Das Wappen des ausgestorbenen Geschlechtes wurde nun für ein dem Herzog von Osterreich gehörendes Land in Anspruch genommen und zum erstenmal sehen wir es im 14. Jahrhundert als Landes wappen des Herzogtums ob der Lnns. Welche Bedeutung die Veste Clam bereits damals hatte, beweist die Erhebung des kleinen, unterhalb der Burg liegen den Dorfes im Jahre 1356 zum Markt. In die alte Markt chronik werden heute noch alle bedeutenden Ereignisse einge tragen. Brände, Kriegszeiten und Hungersnot wechseln mit Wohlstand, Aufblühen und Kirchenerbauung. Die zwei fröh lichen Jahrmärkte zu Georgi und Michaeli lockten viel Volk aus der Umgebung herbei, wobei genau vorgeschrieben war, was feilgeboten und verkauft werden durfte. Daß die Markt chronik für uns erhalten geblieben und heute noch Zeugnis der Ereignisse unserer Tage gibt, verdanken wir einem beson deren Umstand. Als 1938 das sogenannte Kommunalvermö gen eingezogen wurde, kam auch die Chronik in das Ober österreichische Landesarchiv nach Linz. 1945 gingen wir daran, dieses für uns so wertvolle Urkundenbuch wieder in Besitz zu bekommen. Nach langwierigen Verhandlungen fällte Lan deshauptmann Dr. Gleißner das salomonische Urteil: Auf Kosten des Landes wurde eine Zweitschrift kunstvoll ange fertigt, das eine Exemplar verblieb in Linz, das andere wurde feierlich dem Marktgemeindeamt übergeben! Nach kurzer Belehnung an die Zinzendorf und Hardegg kommt die Herrschaft im Jahre 1454 durch Kauf an die Familie Clam, worüber der wohlerhaltene Kaufbrief im Burg archiv „Die Veste Clam mitsambt dem Turm" genau berich tet. Durch Wappen und Chronik fühlen sich Burg und Markt mit den historischen Ereignissen des Landes ob der Enns besonders verbunden. Daß das alte Recht „Jedes Bürgers Haus seine Burg sei", in der Magna Charta (my home is my castle) verankert, ist wohlbekannt. Daß dies aber bereits einige Jahre früher, und zwar im Jahre 1212 im Stadtrecht von Enns enthalten, soll hier besonders hervorgehoben wer den. Burg Clam konnte von den Hussiten nicht erobert werden, hielt stand im Dreißigjährigen Krieg und der Chronist weiß auch zu berichten, daß in den Bauernkriegen nur ein einzigesmal eine Situation bedrohlich erschien, doch konnte die Abord nung nach Verabreichung von genügend Speck und Most zum friedlichen Abzug bewogen werden! Daß die Ereignisse des Jahres 1945 keinerlei Schäden an der Burg und seiner Einrichtung hinterließen, ist hauptsächlich dem mutigen Ver halten der Burgherrin zu verdanken, welche mit ihren damals noch kleinen Kindern dem Herannahen der fremden Truppen standhielt und an diesem optisch so sichtbaren Platz ausharrte. Als „Fluchtburg" im wahrsten Sinne des Wortes bewährte sich Clam in den folgenden Monaten des Jahres 1945, da bis zu 20 Frauen und Mädchen unserer Arbeiter und Angestellten allabendlich die schützenden Mauern der Burg aufsuchten, um unliebsame Überraschungen umherziehender Truppen zu ver meiden. Nachdem der Zweck der Befestigung und die wehrhafte Be deutung überholt waren, sowie nach Aufhören der Herrschaft als Obrigkeit mit ihren vielfachen Rechten und Pflichten kom men wir nun in unser 20. Jahrhundert, das mit einer gewissen Romantik die sagenumwobenen Gemäuer wieder erfüllen will. Diese Romantik allein genügt aber nicht, um eine Burg zu erhalten. Diese muß eine echte Funktion erfüllen. Die beste und naheliegendste Verwendung ist natürlich als Wohn sitz der Besitzerfamilie, da in diesem Falle auch die dauernde Erhaltung gegeben wäre, wenn, ja wenn die finanziellen Mit tel ausreichen würden, die hohen Erhaltungskosten zu decken. Wie die Landflucht in der bäuerlichen Sphäre nicht nur eine materielle Frage ist, sondern auch eine Frage der Frau, die oft nicht mehr gewillt ist, die schwere Arbeit unter Verzicht auf die Möglichkeiten des Stadtlebens zu verrichten, so ist es auch 1 5. 1. «..'j. Ij Links: Romantische Landschaft, Detail der Freskenmalerei von Josef Fürst 1803 im Landschaftszimmer der Burg Clam. — Rechts: Burg Clam, Stuhl aus 1568 im Ahnensaai.

Burg Clam, Machlandzimmer,Porträt Otto von Machlands,öl auf Holz. In Händen das Kirchenmodell von Baumgartenberg. im Leben der Burg. Das Ausharren auf einer mittelalterlichen Burg, besonders an rauhen Wintertagen mit eingefrorenen Wasserleitungen, stellt kein Vergnügen dar. Aus der Perspek tive des Großstädters erscheint der Landsitz, das Schloß, oder die romantische Burg die Erfüllung seiner Wunschträume, zu mal er ja gewöhnlich seinen Urlaub am Lande im Sommer verbringt und nur die erfreulichen Eindrücke des Landlebens genießt. Wenn das Gebäude nicht mehr oder nur teilweise von seinem Eigentümer bewohnt werden kann, so bieten sich andere Möglichkeiten, um die Erhaltung des Objektes zu gewährlei sten. Natürlich sind Schloß- oder Burgmuseen kein Allheil mittel und man kann nichts verallgemeinern, da ja jeder Fall anders gelagert ist. Abhaltung von Serenaden, fallweisen Ausstellungen, Anlegung von Naturparks oder Wildgehegen, all dies sind Beispiele, die wir im In- und Ausland kennen und die zur Erhaltung beitragen können. Gaststätten, Taver nen und Schloßhotels erfreuen sich großen Zuspruchs, tragen aber die Gefahr in sich, daß nur die gastronomische Seite auf ihre Rechnung kommt und die kulturellen Belange immer mehr in den Hintergrund treten. In Clam ist man an einen anderen Versuch herangegangen, der sich bis jetzt gut bewährte und hier näher beschrieben werden soll. Jener Teil der Burg, welcher nicht dauernd von der Besitzerfamilie bewohnt wird und nicht mit Schauräumen für das Burgmuseum in Verwendung steht, wurde mit Gast zimmern für ausländische Studenten und Studentinnen einge richtet. Seit fünf Jahren verbringen nun diese netten, jungen Ausländer ihre Ferien vom 1. Juli bis 31. August gemein sam mit unserer Familie, nicht nur um die deutsche Sprache zu erlernen oder sich darin zu verbessern, sondern um auch den Lebensrhythmus einer österreichischen Familie in einer Burg mitzuerleben. Von Schweden bis Portugal kommen die jungen Leute, rekommandiert von unseren diplomatischen Vertretungen im Ausland, und wir bemühen uns, ihnen die wohltemperierte Atmosphäre österreichischer Behaglichkeit

$ Burg Clam, Machlandzimmer, Porträt Jeuta von Machlands, geborene Gräfin von Peilstein, Nichte der Babenberger. zu bieten. Die Tageseinteilung ist sehr genau und pünktlich, nach dem Frühstück erfolgt der Deutsch-Unterricht beim Oberlehrer der Volksschule. Rührend der Anblick, wie die ganze Gruppe, mit Büchern und großen Schreibheften be waffnet, zur Schule wandert. Tennis, Baden, Reiten, Fischen und Jagen, bei Schlechtwetter Ping-Pong, Billard- oder Kegel partien füllen den Tag. Gesprochen wird grundsätzlich nur deutsch und abends schart sich die Gesellschaft wie einst auch ohne Schloßgeist und Ahnfrau um den Kamin und spielt Karten und Würfel. Es ist eine Art „Europa-Gespräch", welches da stattfindet, Freundschaften werden über die Gren zen der Länder geschlossen, Vorurteile gegenüber anderen Nationen von selbst widerlegt. Damit sich die Jugend wohl fühlt, müssen die Eigenheiten ihrer Nation berücksichtigt wer den. Wie die Engländer lieber fischen, die Schweizer Kunst werke betrachten, die Schwedinnen und Italienerinnen den Swimming-Pool bevorzugen, so betreiben die Franzosen eine kritische Analyse ihrer eigenen Politik, während die Mädchen aus Portugal einen Theaterbesuch dem Greiner Stadttheater widmen. Eine Eigenschaft haben sie alle. Das Kosten und Naschen in der großen Küche der österreichischen Speziali täten, vom Apfelstrudel bis zu den Zwetschkenknödel ist ein Vorrecht der Jugend, wo auch ein Auge zugedrückt wird, denn schon von Wilhelm Busch wissen wir: „Die Jugend hat nun mal den Hang zum Küchenpersonal." Ein Picknick mit Brat kartoffeln über offenem Feuer gehört zur beliebten Abwechs lung, eine Dampferfahrt in die Wachau hinterläßt fröhliche Erinnerungen. Die Sonntagsmesse in der Pfarrkirche oder der Gottesdienst in der Burgkapelle vereint die Familie mit allen Gästen. Natürlich erfordern all diese Unternehmungen sehr viel Ar beit, Vorbereitung und Korrespondenz. Erstaunliche Anfra gen müssen beantwortet werden, zum Beispiel, ob man in Clam mit einem Flugzeug landen kann usw. Auch die Gast zimmer müssen entsprechend vorbereitet werden. Sie sind meist mit Mobiliar aus dem 17. Jahrhundert ausgestattet, was

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1 Burg Clam, Blick in die Halle des II. Stockwerkes. Burg Clam, Ahnensaal, spätgotische Gruppe Krönung Mariens, in neugotischem Schrein zu einem Hausaltar zusammengestellt, Detail der knienden Muttergottes.

Burg Clam, Blick in den Ahnensaal mit Familienporträts und Barockmobiliar. trotz der Jugend der Gäste verstanden und gewürdigt wird. Aus der Rauchkuchel ist eine elektrisch geheizte Küche und aus so mancher „Pechnase" ein Badezimmer geworden. Die 23 Petroleumlampen, die bis nach dem ersten Weltkrieg von einem eigens zu diesem Zweck Beschäftigten täglich betreut werden mußten, wichen der elektrischen Beleuchtung und auch ein Teil der Kachelöfen konnte durch elektrische Nachtspei cheröfen zusätzlich ergänzt werden. Wir müssen vernünftiges Gleichgewicht finden zwischen Traditionspflege und Gegen wartserfordernissen. Der Einblick in ein lebendiges Schloß, in eine lebende Burg,ist ein bleibender Eindruck, denn gewöhnliche Museen haben ja die Ausländer genügend in ihrer eigenen Heimat. Besich tigung und Erklärung der Kunstdenkmäler unserer Heimat — in sparsamer Dosierung — und Besuch von Theater und Kon zert vermitteln den ausländischen Studenten die Möglichkeit,

mit den österreichischen Kulturleistungen in richtiger Form vertraut zu werden. Natürlich ist ein Platzkonzert der ört lichen Musikkapelle oder eine ländliche Hochzeit eine „Gaudi" und soll auch nicht versäumt werden. Die dauernde Ver bundenheit der Burgbewohner mit Marktbevölkerung und Gemeindevorstehung wird so ausgedehnt auf die jungen Gäste und ihr Besuch bei den verschiedenen Darbietungen und Attraktionen ist natürlich sehr willkommen. Daß einige Ausländer zweimal oder gar dreimal wiederkamen, ist ein Zeichen, daß der Kontakt ihnen gefällt. Da nun alle Räume in Verwendung stehen, kommt dies dem Mobiliar wieder zugute. Intarsierte Schränke, Tapisserien und Bilder müssen durch kunstvolle Restaurierung wieder zu neuer Wirkung gebracht werden. Ist auch das private Mäze natentum heute nur selten möglich, so gelingt es doch manchmal, Sammlungen durch einzelne Stücke zu komplet tieren oder Neues zu erwerben. Ist es doch eine der edel sten Beschäftigungen der Menschheit, in dieser Zeit der materiellen Orientierung des Alltags künstlerische Werte zu sammeln. In der Burg Clam, die in Kriegszeiten erfolgreich verteidigt, in Zeiten der Gefahr auch nicht verlassen wurde, spricht das Inventar beredte Sprache. Generation um Gene ration hat Stück an Stück gefügt und zu bestimmten Fami lienanlässen gestiftet. Genauso wie die Bäume ringsumher, mit den Generationen groß geworden, lebende Erinnerungen an die Vorfahren bilden, Naturdenkmale geworden sind, wie die tausendjährige Eiche unterhalb der Burg. Die dankenswerte Beratung und Hilfe des Bundesdenkmalamtes, der Landeskonservatoren und der Landesregierungen haben sicherlich viele Burgen und Schlösser vor dem Verfall bewahrt. Aber an erster Stelle muß immer die Privatinitiative vorhanden sein. Der österreichische Burgenverein wird auch weiterhin bemüht sein, die Interessen seiner Mitglieder zu koordinieren und nach außen zu vertreten. Nun haben wir also gesehen, daß auch heute noch aus dem Leben einer Burg kulturelle Ausstrahlung erfolgt und auch ohne falsch verstan dener Romantik der Lebensraum einer Burg als Stätte der Tradition und Ort eines „Europa-Gespräches" seine Funktion im 20. Jahrhundert voll erfüllt. Otto Wutzel Burgen-Denkmalpflege in Oberösterreich „Burgensterben" nennt sich eine Abhandlung von Walter Neweklowsky in den Oberösterreichischen Heimatblättern (Jg. 19/1965) und „Neues Leben für Burgen und Schlösser" ist der Titel eines Heftes der österreichischen Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege (Jg. 20/1966, Heft 2/3). Beide Formulierungen sind kennzeichnend für die Burgenkunde unserer Tage. Auf der einen Seite Resignation über den scheinbar unaufhaltsamen Verfall dieser historischen Archi tekturen und eindrucksvollen Akzente in der europäischen Landschaft. Auf der anderen Seite öptimismus, daß ein „neuer Verwendungszweck" gefunden werden könne. Beste Antriebskraft der Optimisten — ich bekenne mich zu ihnen — ist die viel zitierte, oft geschmähte und vielfach auch miß verstandene Burgenromantik, die keinen geringeren Ahn herrn als Goethe anführen kann (siehe seine „Novelle", erstmals gedruckt 1828 bei Cotta). Sie ist ein Erbe der lite rarischen und künstlerischen Romantik, die eine zeitlich und thematisch klar umrissene Kulturbewegung der Jahrhundert wende von 1800 war, in das zweite Dezennium des vorigen Jahrhunderts hineinreichte und dann in alle möglichen Le bensbereiche ausstrahlte. Diese Romantik darf nicht mit dem romantischen Lebensgefühl verwechselt werden, das es zu allen Zeiten gab und geben wird, solange Menschen abend ländischer Geistigkeit existieren. Die Burgenromantik ist al lerdings auch ein Teil dieses allgemeinen romantischen Le bensgefühls und gleichzeitig Folgeerscheinung der Romantik als Kulturbewegung. Der Verlust der Funktion als hauptsächliche Ursache des „Burgensterbens" ist eine bekannte und unbestreitbare Tat sache. Walter Neweklowsky führt in seinem zitierten Auf satz sechs Verfallsursachen an und reiht von 188 untersuchten Objekten 101 (also 53 Prozent) in die Gruppe „VI. nach Verlegung des Verwaltungssitzes dem Verfall überlassen oder abgebrochen" ein. Davon wurden wieder 85 in der Zeit des 16. bis 19. Jahrhunderts vom Verfall betroffen. Ebenso unbestreitbar ist die Notwendigkeit, für Burgen und Schlösser nach Verlust ihrer alten Funktionen neue Verwen dungszwecke zu finden, dies um so mehr, als man ein der art umfassendes Problem nicht mit „Subventionen" allein lösen kann und in Österreich eine so großartige Einrichtung wie der englische „national trust" wohl niemals möglich sein wird. Über diesen „neuen Verwendungszweck" werden nun seit Jahren Gespräche geführt. Der österreichische Burgen verein ist in dieser Diskussion sehr aktiv. Das Bundesdenkmalamt Wien bemüht sich um Rat und Hilfe. Es gelang ihm, 1965 das Gespräch auf eine internationale Plattform zu stel len, indem zwei einschlägige Tagungen nach Wien gebracht wurden — die Tagung des Europarates (Confrontation B) und die Tagung des Conseille scientifique des Internationalen Burgeninstitutes (IBI). Wie schwierig es jedoch ist, in diese Diskussion Methodik und ausgerichtete Praxis zu bringen, zeigen allein schon Formulierungen in einer Resolution dieser Wiener Tagungen. Darin wird u. a. ausgedrückt, daß eine „Wiederbelebung möglich ist, ohne daß der historische, künst lerische und malerische Wert Schaden nimmt". Bei Lektüre dieses Satzes muß man unwillkürlich an den Widerstand denken, der mancherorts gegen die Entfernung des Strauch werks von Burgenmauern erhoben worden ist. An anderer Stelle heißt es, daß „die Wiederbelebung darauf abziele, den natürlichen Rahmen und das würdige, ruhige und entspan nende Ambiente, das den Burgen und Schlössern als Einzel denkmalen gebührt, zu bewahren oder wieder zu gewinnen". (S. österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege 1966 XX H. 1/2, S. 62.) Hier geht offensichtlich das roman tische Lebensgefühl zu weit. Vor allem muß sich der Histori ker dagegen wehren, daß man Burgen und Schlössern in erster Linie eine „ruhige und entspannende Ambiente" zuschreiben will. Sie hatten geschichtlich ganz andere Funktionen als „ruhig" und „entspannend" zu wirken, und auch heute kann man nicht aus allen Burgen und Schlössern Museen machen, sie also nur „museal" konservieren wollen.

«t' m ■'SM fSf-:, V-ff ■'' r*'*. Blick auf Altpernstein mit Kremsmauer. Die urkundlich 1147 erstmals genannte und im 16. Jahrhundert neu erbaute mächtige Anlage ist heute Jugendburg (Jugendherberge). Im Bild nebenan Blick in den Speiseraum. Aufnahmen: E. Widder Vorläufig zeigt sich in der Burgen-Denkmalpflege keine andere Möglichkeit, als Verschiedenes zu versuchen. Es wird dabei wohl jede Region ihre eigenen Wege finden müssen. Im benachbarten Niederösterreich hat der museale Trend ganz außergewöhnliche Erfolge erzielen können. Die niederöster reichischen Schloßmuseen — Petronell, Marchegg, Gobelsburg, Greillenstein u. a. — sind als vorzügliche Beispiele anzufüh ren. Die Entwicklung ist dabei noch nicht abgeschlossen, Neu planungen befinden sich dem Vernehmen nach in Durchfüh rung. Anderswo gelang mit Erfolg die Eingliederung von Bur gen und Schlössern in die gehobene Gastronomie. Beide Lö sungsmöglichkeiten sind bisher in Oberösterreich nicht domi nierend in Erscheinung getreten. Die ganze Problematik ist auch so sehr noch mit dem Alltag verwoben, daß einmal der Versuch einer Überschau gemacht werden sollte. Dies ist Sinn dieses Aufsatzes. Als Grundlage für diese Untersuchung wurde das DehioHandbuch, Band Oberösterreich, genommen. Darin sind für unser Bundesland ca. 140 Burgen, Schlösser und Ruinen ver zeichnet, gegenüber dem einstigen Reichtum ein geringer Rest, im Landschaftsbild aber immer noch eine stattliche Zahl. Davon befinden sich etwa 84 Objekte, das sind 60 Pro zent, in irgendeiner praktischen Verwendung. Dieses positive Bild wird durch die Feststellung abgerundet, daß von diesen 60 Prozent ungefähr die Hälfte, also 30 Prozent, von der alten Funktion Wohn-, Wehr- und Verwaltungsbau immerhin bis heute die Wohnkomponente bewahren konnten. Diese Familien, die eine Tradition von Jahrhunderten tragen, müs sen in unserer Zeit als Burg- und Schloßbewohner hohe Opfer und Lasten auf sich nehmen. Von der früheren Repräsentation ist kaum mehr als ein kümmerlicher Rest geblieben. Der einstige Glanz fehlt. Die Opfer sind finanzieller, aber auch zivilisatorischer Art. Diese Altgebäude lassen sich nur schwer dem modernen Wohnkomfort anpassen. Somit gebührt diesen Familien sehr viel Dank der Öffentlichkeit, denn in aller Stille leisten sie Arbeit für die Allgemeinheit, indem sie aus eigener Kraft erhalten, was vielfach heute als allgemeines Kulturgut empfunden wird, für dessen tatsächliche Erhal tung jedoch die Mittel niemals ausreichen würden. Manche Fremdenverkehrsgemeinde verlöre das Prunkstück ihres Pro spektes, besäße sie nicht mehr „ihr" Schloß. Somit ist es auch richtig, daß sich vor allem der österreichische Burgen verein bemüht, daß dieser für die Allgemeinheit geleistete Dienst gebührende Anerkennung bei den staatlichen Stellen findet. In erster Linie geht es um steuerliche Begünstigungen, die man richtiger als Steuergerechtigkeit formulieren sollte. Aber nicht nur Private, auch Staat, Länder und Gemein den fungieren als Burgenbesitzer und verwenden diese Ge bäude zum Teil noch für Verwaltungszwecke, erhalten sie somit in einer historischen Funktion. Als prominente Bei spiele seien die Stadtburgen Freistadt und Steyr angeführt. Schwierig ist meist die Lage für Gemeinden, die Schloßbesitz

haben. Zell an der Pram, dieser reizvolle barocke Schloßbau südbayerischer Prägung, sei als Musterbeispiel hervorgehoben. Die Gemeinde gleichen Namens beweist seit 1950 in der Erhal tung des Objektes eine beachtenswerte kulturelle Gesinnung. Die Frage eines endgültigen und wirklich geeigneten Verwen dungszweckes für Schloß Zell an der Pram konnte allerdings bis heute nicht geklärt werden. In einigen Fällen dienen Schlösser schulischen Zwecken: Auhof (Linz), Bogenhofen, Losensteinleiten, Ort bei Gmunden, Wag rain. Schloß Auhof vermittelt der Linzer Hochschule für So zial- und Wirtschaftswissenschaften die Bindung an die Ver gangenheit, die auch im modernen Hochschulwesen nicht übersehen werden kann. Der ländliche Barockbau ergibt zu dem technoiden Neubaukomplex einen im Gemüthaften ver ankerten Kontrast. Untergebracht ist hier die Verwaltung der Hochschule (Rektorat, Direktion, Studienbeihilfen, Rechen zentrum). Schloß Bogenhofen, ein unscheinbarer Bau des 19. Jahrhunderts in der Gemeinde St. Peter am Hart (Bez. Braunau am Inn), beherbergt in seinen Mauern ein Privat seminar. Auch Losensteinleiten, der mächtige Schloßkomplex im Gemeindegebiet Wolfern, dient einem Privatgymnasium (Unterstufe) als Unterkunft (Kamillianer-Juvenat Josephinum). International bekannt ist die Ansicht von See- und Landschloß Ort bei Gmunden. Wir verdanken die Erhaltung dieses Ensembles, in dem die Landschaftskulisse des Traunsees mit menschlicher Architektur eine besondere Harmonie eingegangen ist, den österreichischen Bundesforsten, die ne ben der örtlichen Forstverwaltung hier auch die Bundesför sterschule untergebracht haben. So können hoffentlich die beiden Orter Schlösser noch lange Paradebeispiele für die Schönheit des Holzschindeldaches bleiben! Denkmalpflegerisch weniger bedeutungsvoll ist Schloß Wagrain in Vöcklabruck zu klassifizieren. Doch lohnt sich auch seine Erhaltung, die durch Unterbringung eines Bundesgymnasiums gesichert er scheint. Auch hier wurde zum Altgebäude ein Neubau im bewußten Kontrast gesetzt. Leider besteht wenig Hoffnung, diese Serie künftig erweitern zu können. Während die Denkmalpflege die Meinung ver tritt, daß sich alte Schlösser für bestimmte Schultypen oft sehr zweckmäßig adaptieren ließen, hat in dieser Frage die Schulverwaltung in jüngster Zeit eine betont starre Haltung bezogen. Der Schulbau wurde in Bauverordnungen einzemen tiert, so daß keine Beweglichkeit mehr gegeben ist. Außer dem operiert man von Technikerseite gerne mit dem Schreck gespenst der Mehrkosten, einer Behauptung, die sachlich nicht gehalten werden kann. Die heutigen Kubaturpreise für Neu bauten haben eine Höhe erreicht, die in einem Altbau auch kostspieligste Sanierungen zulassen würden. In beschränktem Maße fand die öffentliche Hand in Ober österreich für alte Schlösser eine weitere Verwendungsmöglich keit in der Fürsorge und Wohlfahrtspflege: Gneisenau, Haus und Hartheim. Sowohl in Gneisenau als auch in Haus ist es gelungen, dem Altbau organisch neue Trakte anzufügen. Gneisenau, Gemeinde Kleinzell, u. a. einst Sitz der Familie Neithart, die im 17. Jahrhundert einen Kardinal hervorbrachte und von der angeblich der preußische Feldmarschall Gneisenau abstammen soll, ist heute stimmungsvolles Altersheim für den Bezirk Rohrbach. Die historischen Bauteile werden liebevoll gepflegt. Gleiches gilt für den einst Starhembergischen Besitz Haus, Gemeinde Wartberg ob der Aist, in dem ein Fürsorge heim des Landes Oberösterreich, betreut von den Barmherzi gen Schwestern, untergebracht worden ist. Hartheim, der ■

wirkungsvolle Renaissancebau nahe Alkoven, wird durch pri vate Initiative erhalten. Besitzer ist der Oberösterreichische Landeswohltätigkeitsverein. In der NS-Zeit hat das Gebäude einen traurigen und bitteren Ruf bekommen. Echter Geist der Nächstenliebe will nunmehr Hartheim zum Symbol all umfassender Menschlichkeit erheben. Auf Gründen des Schlos ses wurde das „Institut Hartheim für schwerbehinderte Kin der" errichtet. Als Erwachsene sollen diese von der Natur so benachteiligten Menschen dann im alten Schloß Heimstatt und Wohnung finden. Diese Beispiele stammen zum Teil aus früherer Zeit. Man sprach damals vielleicht noch weniger von Burgen-Denkmal pflege, war dafür jedoch in seinem Denken nicht formelhaft eingeengt. Hatte keine Scheu vor dem Alten. Zog gerne dort ein. So wurden ohne Diskussionen für Burgen und Schlösser neue Verwendungszwecke gefunden, die sich — wie die Erfah rung zeigt — wirtschaftlich durchaus vertreten lassen. Denn man wird kaum annehmen wollen, daß sich zum Beispiel ein Bezirksfürsorgeverband (siehe Gneisenau) einen Luxus leisten könnte. In diese Richtung läßt sich auch die Umwandlung von Burgen in Klöster oder für andere kirchliche Zwecke einordnen, die an sich nichts Neues darstellt. Im Hochmittelalter wurde es förmlich zur frommen Übung, Burgen an Ordensgemein schaften zu stiften (so zum Beispiel Lambach,Suben, Reichers berg). Die wenigen aus der Gegenwart bekannten Fälle tragen nicht mehr diese religiöse Gloriole. Nüchterne Zweck überlegungen mögen dazu geführt haben, daß sich zum f rjgszgm .:V: Beispiel in der Burgruine Wernstein die „Armen Schulschwe stern V. Unserer Lieben Frau nach der Regel des hl. Augu stinus" und in Riedegg die „Kongregation der Missionäre von Mariannhill" einrichteten. Auf Schloß Puchberg bei Wels wird ein Bildungsheim des Bischöflichen Seelsorgeamtes Linz betrieben, dem es in keiner Weise Abbruch tut, wenn im be nachbarten alten Wirtschaftsgebäude ein Shetlandponygestüt zum Pony-Reiten für Kinder bis zum 12. Lebensjahr einlädt. — Junges Leben erfüllt den mächtigen Wächter des Krems tales Altpernstein, das die Katholische Jugend Oberösterreichs zur Jugendburg umgewandelt hat. Wieviele Möglichkeiten wären hier noch gegeben! Jugend braucht in unserer Zeit mehr denn je das Stimulans der Romantik! Bevor ich nun auf die in letzter Zeit beschrittenen Wege ein gehe, seien noch einige Einzelfälle angeführt. In Tollet hat sich mit bestem Erfolg ein bäuerliches Bildungsheim etabliert. Der Name Tollet ist zu einem festen Begriff im Bauerntum Oberösterreichs geworden. Das Schloß eignet sich einwandfrei für Schulungszwecke und wird von den Pächtern liebevoll betreut. Die historische Reminiszenz, die von den alten Mauern ausstrahlt, trägt wesentlich zur Bildung eines Tolleter Korpsgeistes bei. In anderer Weise versucht man, auf Klaus ein Kulturzentrum zu schaffen, das verschiedenen Zwecken — Ausstellungen, Konzerten — dienen soll. Im wahrsten Sinne des Wortes einen Einzelfall stellt jedoch das Künstlerzentrum Parz dar. Das Wasserschloß Parz, im Kern ein Altbau mit einer architektonischen Hülle des frühen 19. Jahrhunderts, wurde von einer Künstlergruppe gemietet, die sich 1962 kon stituierte, ein scharf profiliertes, modernes Kunstwollen ver tritt und gerade in ihrer bewußten Modernität den Weg in die ländliche Einsamkeit und in das Maß der Vergangenheit fand. Unausgesprochenes Gemeinschaftsprinzip dieser Gruppe ist die persönliche Handarbeit zur Erhaltung und Adaptierung des Schlosses, um hier Ateliers, Werkstätten und Ausstel lungsräume zu gewinnen. Sind Hammer und Mauerkelle abgelegt, so werden Mal- und Zeichengerät erfaßt, um weit-

Parz besteht aus einem Land- und einem Wasserschloß. Während das Landschloß Mietwohnhaus geworden ist, hat sich im Wasserschloß eine Künstlergruppe mit der Bezeichnung „Künstlerzentrum Parz" eingerichtet. Bildhauer und Maler suchen und finden hier Ruhe für ihre Arbeit, haben die historischen Räume zu Werkstätten,Ateliers und für Ausstellungszwecke umgestaltet. Aufnahmen: Künstlerzentrum Parz. 15 S ISt T;. 'Im •1 . f, IS? ••C^4Kv I I il-f: -■•-w::!: -- wa!:- § ' 'wmi fml W'?/' a/ .Tt r-ll ■ :;■ ■■ • '

gl^iiaÄK*a^BSÄa*Bsai8KvaPiEiaHSia JTijipjiiippi Schloß Aistersheim (laut Dehio „eines der schönsten und typischesten Wasserschlösser der Spätrenaissance in Österreich"). Planaufnahme Dipl.-Ing. Sedlak. Die Vermessung der Burgen und Schlösser ist eine der wichtigsten Aufgaben der Burgen-Denkmalpflege. ab vom Getriebe das künstlerische Antlitz dieser Zeit zu finden. Nicht Romantik, sondern Wille zur Besinnung dürften dazu beigetragen haben, daß nach Parz schon viele Künstler kamen, denen man kaum eine besondere Neigung zum Landleben zugemutet hätte, Hans Staudacher etwa und Cor nelius Kolig. Hans Hoffmann als Träger der Idee Parz muß ebenso genannt werden. In kürzester Zeit wurde für die Erhaltung des Objektes ein Arbeitseinsatz geleistet, der sich mindestens mit 250.000 Schilling kapitalisieren ließe. Eingangs wurde erwähnt, daß die Gastronomie den oberöster reichischen Burgen und Schlössern bisher keine besonderen Impulse geben konnte. Liegt es an der besonderen Artung und Schichtung des oberösterreichischen Fremdenverkehrs? Liegt es an mangelnder Initiative? Die Fragen sind müßig, bestimmend bleibt die Tatsache, daß hierzulande eine geringe Nachfrage an Schloßhotels besteht. Davon wissen die Besitzer von Marsbach im Donautal und von Hagenau am Inn ein trauriges Lied zu singen. Und auch das Schloßrestaurant Bu chenau, nahe Linz, hat keinen leichten Existenzkampf. Hier bleibt somit ein Reservoir an Möglichkeiten vorläufig unge nützt. Der museale Trend besitzt, wie bereits angedeutet, in Ober österreich nicht die Dichte wie in Niederösterreich, das um Wien förmlich eine Museumslandschaft geschaffen hat. Es fehlt hierzulande der Rückhalt des großstädtischen Ausflugs verkehrs. Aus vorsichtiger Überlegung ergibt sich die Ein sicht, daß man eine gute Idee nicht übertreiben darf, soll sie ihre Wirksamkeit behalten. Die besten musealen Schloßbeispiele Oberösterreichs sind das Schloßmuseum Linz und das Jagdmuseum Hohenbrunn bei St. Florian. Beide genießen heute schon internationale Wert schätzung, tragen einen bestimmten Einrichtungsstil an sich. Beide liefern auch einen interessanten Beitrag zur Diskussion um den Verwendungszweck. Immer wieder wird gefordert, vor Beginn einer Rettungsaktion diese Frage zu lösen. Die Praxis zeigt — jedenfalls auf Oberösterreich angewandt —,daß der Alltag im allgemeinen nüchterner als die Theorie ist. Sowohl beim Linzer Schloß als auch beim Barockschloß Hohenbrunn zwangen der Verfall zur Aktivität, bevor ein geeigneter Verwendungszweck gefunden war. Primär erwies sich die Kraft des Erhaltungswillens, erst sekundär ergab sich die Erörterung einer späteren Funktion. In einem Be standvertrag vom 16. August 1952 wurde für das Linzer Schloß zunächst nur bestimmt, „die Lokalitäten der Schloß kaserne für kulturelle, fremdenverkehrsfördernde und amt liche Zwecke zu widmen". Erst 1960, also acht Jahre später, begann die zielbewußte Adaptierung ausschließlich für Mu seumszwecke. 1963 und 1966 erfolgten die Eröffnungen — zuerst Ost- und Nordtrakt, dann Westtrakt (siehe: Das Mu seum im Linzer Schloß, Festkatalog 1963, und Schloßmuseum Linz,Führer durch die Sammlungen). Schloß Hohenbrunn, ein Werk Jakob Prandtauers, wurde am 2. Oktober 1967 seiner musealen Neubestimmung übergeben. Auch hier begannen die Erhaltungsarbeiten bereits 1949. Sie galten in erster Linie dem Dach, das wie ein schützender Hut dem damals ruinösen Gebäude aufgesetzt wurde. 1961 konstituierte sich der „Verein zur Rettung und Erhaltung des Schlosses Hohenbrunn", und erst 1963 wurde der Gedanke eines oberösterreichischen Jagdmuseums in Gesprächen fest gelegt. Aus der Adaptierung dieses alten Bauwerkes, das dem Verfall ganz nahe war, sei vor allem die Baukostensumme herausgegriffen. Die vorläufige Endabrechnung beziffert sich auf ca. 8,150.000 Schilling, das ergibt einen Kubikmeterpreis von 490 Schilling. Diese Feststellung diene als Gegenbeweis zum Schreckgespenst der „untragbaren Sanierungskosten für ein Altgebäude" (siehe: Mitteilungsblatt der Museen Öster reichs, 16. Jg. 1967, H. 11/12). Nächstes Musealprojekt für ein oberösterreichisches Schloß ist die Einrichtung eines Schiffahrtsmuseums in der Greinburg. Die Gespräche von Landesseite mit der Herzoglich SachsenCoburg- und Gotha'schen Hauptverwaltung wurden 1963 aufgenommen, der Beginn der Bauarbeiten ist für heuer fest gesetzt, die Eröffnung zu einem Frühjahrstermin 1970 geplant. In drei Räumen der Südfront und Südwestecke werden gezeigt:

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