Oberösterreich, 19. Jahrgang, Heft 1, 1969

Vogtei über geistliche Besitzungen, das Patronat über Pfarren, die Lehensherrschaft über ritterliche Leute, die Obrigkeit über Städte und Märkte, die Landgerichtsbarkeit, die Verfügungs gewalt über Maut und Zoll sowie Forst und Wildbann. Nicht bei jeder Herrenburg erscheint die Gesamtheit dieser Rechte, jedes einzelne von ihnen war jedoch für Herrschaftssitze charakteristisch und konnte im wesentlichen nur mit solchen verbunden sein. Letztlich wurzeln diese spezifischen Herren rechte in Regalien. Ihre Entwicklung und ihr Übergang in die Hände lokaler Gewalten verläuft parallel zur Entwicklung des Befestigungsrechtes, das ja auch in einem Regal seinen Ursprung hat. Rechtlicher Bezugspunkt aller dieser für eine Herrschaft konstitutiven Faktoren bleibt das Mittelalter hindurch oft bis weit in die Neuzeit hinein die Burg. Die Bedeutung als tatsächliches wirtschaftliches Zentrum übernimmt im späteren Mittelalter jedoch häufig ein in der Vorburg oder unterhalb der Burg gelegener Hof. Hier ist der Sitz der Gutsverwal tung, hierher werden die Abgaben der bäuerlichen Unter tanen geleistet. Es ergibt sich damit neuerlich ein Dualismus der herrschaftlichen Mittelpunkte Burg und Wirtschaftshof, wie er unter ganz anderen Vorzeichen schon im frühen Mit telalter gegeben war. Die Notwendigkeit zu einer derartigen Sonderung der Funk tionen ergab sich freilich nur bei den großen Herrenburgen. Die kleinen Rittersitze konnten weiterhin ihre Aufgaben als Befestigung sowie als Wohn- und Wirtschaftsgebäude in einer einheitlichen Anlage erfüllen. Sie waren ja im wesent lichen auf Eigenversorgung eingestellt; gegenüber großen Bauernhöfen ergab sich bei ihnen kaum ein Unterschied. Anders bei den eigentlichen Herrschaftsmittelpunkten! Die Zugehörigkeit vieler abhängiger Bauerngüter, die oft in die Hunderte, mitunter bis zu tausend und mehr zählten, bewirkte hier eine Differenzierung der Funktionen. Die Wirtschafts gebäude mußten verselbständigt werden und kamen zumeist außerhalb der Befestigungsanlagen zu liegen. Neben dem Meierhof, dem eigentlichen Sitz der Wirtschaftsverwaltung, spielten vor allem die Stallungen und verschiedene Speicher räume wie Getreidekasten, Heustadel oder Stapelräume für Holz eine Rolle. Dazu kamen mitunter herrschaftliche Gewer beeinrichtungen, etwa Mühlen, Tavernen, Backhäuser und Badstuben. Auch Hammerwerke konnten mit solchen herr schaftlichen Meierhöfen verbunden sein. Je nach Lage des Herrschaftssitzes und vorherrschender Wirtschaftsweise in sei nem Umland erhielten die zur Burg gehörigen Wirtschafts gebäude ihr besonderes Gepräge. Sosehr auch im späten Mittelalter und der frühen Neuzeit die wirtschaftliche Komponente für die Struktur der Grund herrschaft an Bedeutung gewann, so wurde doch der Grund herr keineswegs zum reinen Rentenempfänger. Mit dem Sitz der Herrschaft blieben weiterhin jene obrigkeitlichen Rechte verbunden, die letztlich aus alten Regalien abzuleiten sind. Nur ganz allmählich konnte der werdende neuzeitliche Staat diese adeligen Hoheitsrechte, vor allem im Gerichts-, Polizeiund Steuerwesen, stärker unter seine Kontrolle bringen. Die Burg war in diesem Sinne also nie bloß Zentrum adeligen Großgrundbesitzes, sie war vielmehr Bezugspunkt vielfältiger Herrenrechte, die sich auf sehr verschiedene, keineswegs im mer als räumlich geschlossene Siedlungsverbände faßbare Per sonengruppen erstreckten. Als das Zeitalter der Burgen zu Ende ging, war dadurch keine Veränderung dieser rechtlichen Strukturen bedingt. Der Verlust der Wehrfunktion und die neuen Bedürfnisse adeli gen Wohnens haben zu der Ablöse der Burg durch das Schloß geführt. Der Schutzlage der mittelalterlichen Höhen burgen kam auf Grund der Entwicklung des Militärwesens keine Bedeutung mehr zu. Das adelige Haus hatte aus dem Lebensgefühl der Zeit veränderte Ansprüche an Luxus und Repräsentation zu erfüllen. In der Wehr- und Wohnfunktion war ein Wandel eingetreten, nicht in der rechtlichen und wirt schaftlichen Rolle des Herrschaftssitzes. Diese ging in vollem Ausmaß auf jene Anlagen über, die die Nachfolge der mittel alterlichen Herrenburgen antraten. T.,"; - * I- ' '• ü

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2