Oberösterreich, 19. Jahrgang, Heft 1, 1969

Georg Clam-Martinic Die Burg als Lebensraum Aufnahmen: Erich Widder Im Machlandzimmer der Burg Clam hängen zwei Bilder, Por träts des Grafen Otto von Machland und seiner Gemahlin Jeuta, geborene Gräfin von Peilstein, einer BabenbergerNichte. Aus dem berühmten Urbar von Baumgartenberg ken nen wir eine Darstellung, Otto von Machland am Sterbe bett liegend, während sein Bruder Walchum hoch zu Roß das Klostergebäude Baumgartenberg verläßt und als erster Besit zer im Jahre 1149 nach seiner Veste Clam reitet. Hirsche, Jagdhunde und Knappen begleiten Walchum von Clam, wie er sich nunmehr nennt. Nach Aussterben der Familie Mach land fiel das Gebiet an die Babenberger. Das Wappen des ausgestorbenen Geschlechtes wurde nun für ein dem Herzog von Osterreich gehörendes Land in Anspruch genommen und zum erstenmal sehen wir es im 14. Jahrhundert als Landes wappen des Herzogtums ob der Lnns. Welche Bedeutung die Veste Clam bereits damals hatte, beweist die Erhebung des kleinen, unterhalb der Burg liegen den Dorfes im Jahre 1356 zum Markt. In die alte Markt chronik werden heute noch alle bedeutenden Ereignisse einge tragen. Brände, Kriegszeiten und Hungersnot wechseln mit Wohlstand, Aufblühen und Kirchenerbauung. Die zwei fröh lichen Jahrmärkte zu Georgi und Michaeli lockten viel Volk aus der Umgebung herbei, wobei genau vorgeschrieben war, was feilgeboten und verkauft werden durfte. Daß die Markt chronik für uns erhalten geblieben und heute noch Zeugnis der Ereignisse unserer Tage gibt, verdanken wir einem beson deren Umstand. Als 1938 das sogenannte Kommunalvermö gen eingezogen wurde, kam auch die Chronik in das Ober österreichische Landesarchiv nach Linz. 1945 gingen wir daran, dieses für uns so wertvolle Urkundenbuch wieder in Besitz zu bekommen. Nach langwierigen Verhandlungen fällte Lan deshauptmann Dr. Gleißner das salomonische Urteil: Auf Kosten des Landes wurde eine Zweitschrift kunstvoll ange fertigt, das eine Exemplar verblieb in Linz, das andere wurde feierlich dem Marktgemeindeamt übergeben! Nach kurzer Belehnung an die Zinzendorf und Hardegg kommt die Herrschaft im Jahre 1454 durch Kauf an die Familie Clam, worüber der wohlerhaltene Kaufbrief im Burg archiv „Die Veste Clam mitsambt dem Turm" genau berich tet. Durch Wappen und Chronik fühlen sich Burg und Markt mit den historischen Ereignissen des Landes ob der Enns besonders verbunden. Daß das alte Recht „Jedes Bürgers Haus seine Burg sei", in der Magna Charta (my home is my castle) verankert, ist wohlbekannt. Daß dies aber bereits einige Jahre früher, und zwar im Jahre 1212 im Stadtrecht von Enns enthalten, soll hier besonders hervorgehoben wer den. Burg Clam konnte von den Hussiten nicht erobert werden, hielt stand im Dreißigjährigen Krieg und der Chronist weiß auch zu berichten, daß in den Bauernkriegen nur ein einzigesmal eine Situation bedrohlich erschien, doch konnte die Abord nung nach Verabreichung von genügend Speck und Most zum friedlichen Abzug bewogen werden! Daß die Ereignisse des Jahres 1945 keinerlei Schäden an der Burg und seiner Einrichtung hinterließen, ist hauptsächlich dem mutigen Ver halten der Burgherrin zu verdanken, welche mit ihren damals noch kleinen Kindern dem Herannahen der fremden Truppen standhielt und an diesem optisch so sichtbaren Platz ausharrte. Als „Fluchtburg" im wahrsten Sinne des Wortes bewährte sich Clam in den folgenden Monaten des Jahres 1945, da bis zu 20 Frauen und Mädchen unserer Arbeiter und Angestellten allabendlich die schützenden Mauern der Burg aufsuchten, um unliebsame Überraschungen umherziehender Truppen zu ver meiden. Nachdem der Zweck der Befestigung und die wehrhafte Be deutung überholt waren, sowie nach Aufhören der Herrschaft als Obrigkeit mit ihren vielfachen Rechten und Pflichten kom men wir nun in unser 20. Jahrhundert, das mit einer gewissen Romantik die sagenumwobenen Gemäuer wieder erfüllen will. Diese Romantik allein genügt aber nicht, um eine Burg zu erhalten. Diese muß eine echte Funktion erfüllen. Die beste und naheliegendste Verwendung ist natürlich als Wohn sitz der Besitzerfamilie, da in diesem Falle auch die dauernde Erhaltung gegeben wäre, wenn, ja wenn die finanziellen Mit tel ausreichen würden, die hohen Erhaltungskosten zu decken. Wie die Landflucht in der bäuerlichen Sphäre nicht nur eine materielle Frage ist, sondern auch eine Frage der Frau, die oft nicht mehr gewillt ist, die schwere Arbeit unter Verzicht auf die Möglichkeiten des Stadtlebens zu verrichten, so ist es auch 1 5. 1. «..'j. Ij Links: Romantische Landschaft, Detail der Freskenmalerei von Josef Fürst 1803 im Landschaftszimmer der Burg Clam. — Rechts: Burg Clam, Stuhl aus 1568 im Ahnensaai.

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