Oberösterreich, 19. Jahrgang, Heft 1, 1969

Kurt Holter Bibliotheken und Gelehrte auf oberösterreichischen Burgen und Schlössern Aufnahmen: Erich Widder Voll Freude sieht der Wanderer auf seinen Streifzügen durdi die Landschaft Oberösterreichs von Zeit zu Zeit über Wäldern und Dörfern Türme und steile Dächer alter Burgen und Schlösser aufragen. Nur selten wird er sich der Bedeutung be wußt sein, die diesen heute fast nur mehr romantisch an mutenden Gebäuden in der Kulturgeschichte unseres Landes zukommt. Es mag sein, daß diese Feststellung für verschiedene Epo chen verschiedene Gültigkeit besitzt. Wer bereit ist, sich mit diesem Problem eingehender zu beschäftigen, wird erkennen, daß vor allem in der Zeit, die wir als Spätrenaissance oder als Reformations- und Gegenreformationszeit zu bezeichnen gewohnt sind, sich ein Einblick in eine überraschend viel fältige Geisteswelt eröffnet. Dabei läßt sich sagen, daß das Interesse dieses zahlenmäßig wenig umfangreichen Kreises, nämlich der landständischen Fferren- und Rittergeschlechter, vor allem in zwei Richtungen zielte: erstens auf das religiös politische Leben, wozu wir auch das Standesbewußtsein zäh len möchten, das den Boden bildete, auf dem das Interesse für Genealogie, Heraldik und Landesgeschichte aufwuchs; zweitens humanistisch-europäische Bildung, wobei in diesem Zeitraum eine erstaunliche Weitläufigkeit festgestellt werden kann. Otto Brunner hat in einer für diese Thematik grundlegenden Studie die Frage gestellt, welche Leistung, von einem hohen geistesgeschichtlichen Niveau aus gesehen, diesen Bestrebun gen der österreichischen Standesherren zugeschrieben werden kann. Seine Antwort hebt neben der Unersetzbarkeit der auch heute noch als Quellen maßgeblichen landesgeschichtli chen Sammlungen vor allem die wissenschaftliche Erschlie ßung Osteuropas hervor. Diese Feststellung zeigt besonders deutlich den schrittmachenden Geist, den europäischen Hori zont dieser Kreise. Otto Brunner hat sich mit dem ober- und niederösterreichischen Adel in seiner Gesamtheit beschäftigt, was bei den vielfachen Verbindungen und den oftmaligen Gemeinsamkeiten nur zu begründet ist. Dennoch wollen wir unseren Überblick auf das Land Oberösterreich beschränken, nicht zuletzt deshalb, weil auch hier das bereitliegende Quel lenmaterial bei weitem nicht ausgeschöpft ist. Allerdings liegt keineswegs wissenschaftliches Neuland vor. Ignaz Zihermayr hat sich, wie in so vielen für die Geistes geschichte Oberösterreichs wichtigen Themen, auch diesem mit großem Erfolg gewidmet. Unsere Aufzählung muß sich zunächst darauf beschränken, seine Forschungen zusammen zufassen. Wenn wir hier die Nachrichten aus früherer Zeit beiseite lassen und mit der 1571 abgebrannten Bibliothek der Starhemberge in Beuerbach beginnen, so deshalb, weil wir unsere Abhandlung auch mit einer Starhemberg'schen Biblio thek beschließen wollen. Dazwischen ergibt sich allein bei diesem Geschlecht eine reiche Bibliotheksgeschichte, durch mehrere Kataloge gut belegt, so daß dieses Thema eine eigene Abhandlung erfordern würde. Nicht viel geringer ist die Bedeutung der Jörgerischen Bibliotheken, zuerst faßbar in der Verlassenschaftsabhandlung des Sebastian Jörger auf Tollet ("F 21. November 1571), dessen Bücher auf die eigent liche „Liberei" mit etwa dreihundert Bänden, auf seine Handbibliothek in seinem Zimmer mit 31 Bänden und auf Johann Georg Morzer: Porträt des Briccius Reichsfreiherrn von Hoheneck, 1746. Der Dargestellte setzte die Bestrebungen seines Vaters Georg Adam Frh. v. Hoheneck auf kulturellem Gebiet fort. Aufnahme: Killingseder die Schulbibliothek aufgeteilt waren. In der letzteren finden wir Religion und Humanismus, Philosophie und Astronomie, Cicero und Ovid neben den „modernen Autoren" Bebel und Sturm. Noch berühmter zu ihrer Zeit war die Bibliothek des Helmhart Jörger auf Steyregg, sie ist später in die noch zu nennende Windhaager Bibliothek übergegangen. Ferdinand Hofmann zu Grünhühel, 1573 bis 1584 Burg hauptmann zu Steyr, besaß gleichfalls eine bedeutende Biblio thek. Bestände davon kamen über Prag nach Nikolsburg in die berühmte Liechtenstein'sche Bibliothek, Teile gelangten nach Brünn und Olmütz, der Rest wurde in einer großen Ver steigerung 1933 in Luzern über die ganze Welt verstreut. Erasmus Rödern auf Berg bei Rohrbach hat eine 1601 ver zeichnete Bibliothek hinterlassen, die etwa der Jörgerischen

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2