Oberösterreich, 19. Jahrgang, Heft 1, 1969

auf Tollet entsprach, aber mehr Klassiker und Juristen ent hielt, die Kriegswesen und die verschiedenen Künste umfaßte und auch die modernen Sprachen einschloß. Ähnliches gilt für die Bibliothek der Oeder auf Helfenberg im Mühlviertel, die nach dem Neubau des Hans Christoph von 1607 eingerichtet wurde. Ein Katalog von ca. 1640 gibt einen guten Einblick. Sie umfaßte ca. 370 Bände, davon fast 200 in deutscher, ca. 90 in lateinischer Sprache, je 40 in Französisch und Italienisch. Man mag sich vor Augen halten, daß eine solche Bibliothek nach Umfang und Inhalt eine durchschnitt liche mittelalterliche Klosterbibliothek übertraf, um sich der kulturgeschichtlichen Bedeutung dieser nun fast auf jedem Herrensitz entstehenden Bibliotheken bewußt zu werden. In haltlich ist der Reichtum, ist die europäische Weite zu beto nen. Von den deutschen Büchern enthielt der Großteil „Historica": Flavius Josephus und Theuerdank,Theatrum.Europaeum und Beschreibungen aller Länder, Indien, Türken, Wallenstein, das Fürstenbuch des Megiser und des Martin Opitz „Deutsche Poemata" finden sich in buntem Reigen vertreten. Auf dem religiösen Sektor stehen Katholiken und Protestanten fried lich vereint nebeneinander, Thomas a Kempis, Petrus Canisius und die Psalmen Davids mit der Vorrede des Johannes Sturm neben Melanchthon. Wir sehen Boccaccios Decamerone, Castigliones Cortegiano, Fettere amorose und Prodigi d'amore neben Guarinis Pastor fido. Bei den Franzosen die vier Haimonssöhne, Ronsard, Sprichwörter und Lieder, Grammatik und Wörterbücher. Auf Schloß Aistersheim, wo sich heute im Bibliotheksraum eine Sammlung vorwiegend des 19. Jahrhunderts befindet, hat ten die Hohenfelder schon zur Reformationszeit eine schöne Bibliothek zusammengebracht. Als die Bayern 1620 vor das Schloß rückten, ging dieser wertvolle Bestand verloren, da er entführt wurde. Ahnliche Nachrichten besitzen wir über die Bibliothek des G.E. Tschernembl, dessen Bibliothek 1623 die Jesuiten erhielten. Die Bibliothek von Weinberg, von den Zelkingern gesammelt,soll nach Garsten gekommen sein. In die gleiche Zeit gehört noch die Sammlung des Christoph Adam Ternberger auf Eggenberg im Traunviertel, eines be deutenden Münzensammlers, dessen Bücher wie viele andere in die Windhaager Bibliothek übergingen, und die außer ordentlich interessante und umfangreiche Bibliothek des Job Hartmann Enenkel, die von Leombach nach Lichtenegg bei Wels gekommen sein dürfte. Wir werden uns mit ihr noch näher beschäftigen. Durch ihre Zusammensetzung, nicht aber ihrer Größe nach, er weisen sich die Salburg'sehen Bibliotheken von Rannariedl und Falkenstein als Glieder einer neuen Entwicklung. Die Verzeichnisse aus 1634 sind nach dem Ableben der Grafen Hans Heinrich und Sigmund Friedrich angelegt worden. Die Theologie, vorwiegend katholisch betont, nimmt in Rannariedl mehr als die Hälfte des Verzeichnisses ein (131 Nummern),die weltliche Literatur (97 Nummern) enthält u. a. Cicero, Caesar und Sallust, den Theuerdank, eine Papstchronik, einen Bericht über die Belagerung von Malta, und das auch sonst genannte Kunstbuch des Pedemontanus. Wie stets finden wir auch hier Garten- und Arzneibücher, etwas lateinische, italienische und französische Literatur, doch ist das Übergewicht des religiösen Schrifttums bedeutend. Umfangreicher war die Bibliothek auf Falkenstein, deren Ver zeichnis zwar auch nur 214 Nummern umfaßte, fast aus schließlich religiös bestimmt, dabei aber weder die „alten Kir chenbücher", sei es aus der Vor- oder aus der Reformations zeit, namentlich anführte, noch einem Regal „voller Humani sten und Schulbüchern" mehr als diese knappe Zusammenfas sung widmete. Außerdem standen im „gelben Kasten" 97 Stück weiterer Bücher, groß und klein, die dem Inhalt nach eine Art Handbibliothek gewesen sein müssen, wie wir sie bei Sebastian Jörger auf Tollet kennengelernt haben. Ins gesamt dürften auf Falkenstein mindestens 400 Bücher gewe sen sein, mehr als das Doppelte, was uns aus dieser Zeit aus einer Bürgerbibliothek aus unserem Lande genannt werden kann. Die Durchführung der Gegenreformation, deren Auswirkun gen wir damit beobachten können, hat in diesen Bestrebungen keine Zäsur gebracht. Zwar müssen wir annehmen, daß viele wertvolle Bücher zugrunde gegangen sind, da der Rekatholisierung zahlreiche protestantische Werke zum Opfer fielen. Sie wurden in Fässer verpackt und in die Donau geworfen. Bei den Familien, die sich der neuen Zeit anpaßten, ist diese Welle aber oft harmloser vorübergelaufen, wie wir an dem Oeder'schen Beispiel schon gesehen haben. Vieles ist auch in das schon mehrfach erwähnte große Sammelbecken, die Windhaager Bibliothek des Joachim Enzmilner, zusammengeflossen, die mit einem Bestände von rund 16000 Bänden und einem prächtigen Bibliothekssaal zu den Sehenswürdigkeiten ihrer Zeit zählte. Joachim Enzmilner, ein Vorderösterreicher aus Babenhausen an der Günz, 1600 geboren, war Schulmeister, wurde aber mumm wmmMk 5 r> IM ^ 9 Clemens Beuttier: Die neue .'{f-iililsfitoj^ ip Bibliothek im ehemaligen ijB Schloß Windhaag bei Perg um ig- 1660. Kupferstich aus HyaIWürofTil'' S cinth Marian, Topographia Windhagiana aucta (Wien Ife' 1673). Klischee aus Alfred |^Uj3p5l- n ^ Marks: Oberösterreich in ffiSlSIttSTl alten Ansichten, Linz: Ober- J österreichischer Landesverlag,

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