Oberösterreich, 19. Jahrgang, Heft 1, 1969

Unter schmetternden Trompetenklängen zog die fröhliche Gesellschaft in den festlich geschmückten Saal. Keine der edlen Frauen überstrahlte an Schönheit die Gastgeberin. Wie sie die Reihen der Gäste entlangblickte und jeden einzeln willkommen hieß, verdüsterten sich ihre Züge. Die Pürnsteiner hatten ihre Einladung ausgeschlagen! Im Schütze der Nacht rückten die Truppen Herzog Albrechts mit den verbündeten Pürnsteinern gegen die Plankenburg vor. Sie hatten das Fest abgewartet, um die Burg im Trubel der Ausgelassenheit zu überraschen. Die Mitternachtsstunde nahte heran. Auf der Plankenburg herrschte ausgelassene Freude. Das Saitenspiel war so hin reißend, daß sich niemand seinem Zauber entziehen konnte. Da war es auf einmal der Plankenbergerin, als ob sie die Klänge schon einmal gehört hätte. Sie trat näher an die Spiel leute heran und erkannte mit Schaudern den Geiger vom Felsenriff an der Großen Mühl. Im gleichen Augenblick drangen Kampfgeschrei und Waffenlärm in den Saal. Die fröhliche Gesellschaft stob davon. Zu spät! Albrechts Truppen hatten die Burg umzingelt. Pechkränze flogen über die Mauern, und ehe man's gedacht, stand die Plankenburg in Flammen. Niemand konnte mehr dem Unheil entrinnen. Riesenhaft wuchsen die Flammen an und schlugen über dem Bergfried zusammen. Langsam stieg daraus der unheimliche Geiger, strich die Saiten zu einer gräßlichen Musik und entschwand auf den züngelnden Flammen in die pechschwarze Finsternis der Nacht. Die Versöhnung mit den Witigonen Nach der Belagerung und Zerstörung der Plankenburg durch Albrechts Truppen, die von den Pürnsteinern unterstützt wurden, trennten Feindschaft und Fehde Pürnsteiner und Witigonen durch viele Generationen. Nachdem der letzte Pürnsteiner mit Namen Gundaker gestorben war, fiel die Burg an die Sippe seiner Gemahlin, an die Starhemberger. Gregor von Starhemberg, der erste Nachfahre dieses Geschlechts auf Pürnstein, schwor, nicht eher zu ruhen, bis der Feindschaft ein Ende gesetzt wäre. Er bot sich als Ver mittler an und leitete schließlich auch die Versöhnung ein. Wiederholt reiste er gen Norden, um mit dem gekränkten Geschlecht zu verhandeln. Auf einer Burg am grünen Moldau strom lernte er Hedwig, eine junge Rosenbergerin, kennen. Die beiden gewannen einander lieb, und Gregor hielt um ihre Hand an. Als Belohnung für sein großmütiges Unternehmen ward ihm der Wunsch erfüllt. So hatte ihn die Vorsehung ausersehen, ein Band der Verwandtschaft zwischen den einst mals verfeindeten Geschlechtern zu knüpfen. Sein Geschlecht dankte ihm sein Versöhnungsstreben damit, daß es ihm die Burg Pürnstein schenkte. Dahin zog nun das jungvermählte Paar. Hedwig konnte auf Pürnstein nicht froh werden. Die Sehn sucht nach ihrer südböhmischen Heimat, nach dem freund lichen Strom und dem herrlichen Fernblick nagte in ihrem Herzen. Von Pürnstein verwehrten ihr den Blick in die Weite düstere Wälder und Bergkuppen. Jedesmal, wenn sie von ihrem Erker in die finsteren Fluten der Mühl schaute, legte sich ein unheimliches Grauen auf ihr Gemüt. Das Tosen des Flusses raubte ihr den friedlichen Schlaf. Tag und Nacht fand sie nicht Rast noch Ruhe, und ihre jugendlichen Züge wurden schlaff und welk. Eines Tages führte Gregor seine Gemahlin die Hänge hinter der Burg empor. Hoch oben fanden die beiden ein Plätzchen, von dem sich ihnen ein wunderbarer Grabstein in der Filialkirche St. Anna in Steinbruch, ehemaliger Gruftdeckel der Starhembergischen Familiengruft. In Darstellung und Schrift Hinweis auf die menschliche Vergänglichkeit. Zeich nung: Gerhard Hirnschrodt. Rundblick bot. Wie strahlten plötzlich Hedwigs Augen beim Anblick der vielen Berge ringsum. Und vom nördlichen Hori zont grüßten die in zarten Schimmer gehüllten Waldberge ihrer Heimat herüber. Alle Traurigkeit fiel mit einem Male von ihrem Herzen. Zum ersten Male atmete sie glücklich in der neuen Heimat. Gelöst legte sie sich ins weiche Gras, und der Schlaf schloß ihr sanft die müden Lider. Als sie erwachte, war sie wie neugeboren. Der wunderbare Blick in die Ferne hatte ihre Schwermut besiegt. Ritter Gregor war darüber so froh, daß er gelobte, an dieser Stelle der heiligen Anna eine Kirche zu erbauen. Übers Jahr war das Gelübde des Ritters von Pürnstein er füllt. Das Kirchweihfest nahte. Bischof Wiguleus von Passau war gekommen, um der Kirche die Weihe zu erteilen. Burg frau Hedwig pilgerte voll Dankbarkeit, da sie nun von ihrem Leid genesen, auf den Knien den Weg zum Kirchweihfest empor. Fortan fand sie sich alle Tage zu dankbarem Gebet oben in der Kirche ein. Die Dankbarkeit der Rittersfamilie gipfelte in dem Wunsch, in dieser Kirche die letzte Ruhstatt zu finden. Ritter Gregor, der auf einer Reise nach Augsburg gestorben war, wurde von seiner Gattin seinem Wunsche

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