Oberösterreich, 19. Jahrgang, Heft 1, 1969

Lage sang er noch zu seiner Laute und dichtete die schönsten Verse. König Wenzel belagerte indessen die Burgen der Witigonen in Südböhmen, und Herzog Albrecht zog das Mühltal hinauf, um die Plankenburg in seinen Besitz zu bringen. Vergebens berannten die böhmischen Heere die festen Burgen an der Moldau. Das bewog den herzlosen König, die Übergabe auf schmachvolle Weise zu erzwingen. Herzog Albrecht lieferte ihm den Gefangenen Zawisch aus. Dieser sollte seine Anhän ger zum Strecken der Waffen bewegen. Zawisch ermunterte sie jedoch zum Widerstand. Damit hatte er sein Leben ver wirkt. Sein königlicher Stiefsohn ließ ihn im Angesichte seiner väterlichen Burg enthaupten. Im Stift Hohenfurth, das einst die Rosenberger gegründet hatten, wurde das Haupt des Edlen Zawisch in einer Wand nische des Presbyteriums beigesetzt. In der Gruft darunter harren seine Ahnen des Jüngsten Gerichtes. Es liegt ein Schloß... Es liegt ein Schloß in Österreich, das ist gar wohl erbauet von Silber und von rotem Gold, mit Marmelstein gemauret. Darinnen saß ein junger Knab', auf seinen Hals gefangen, wohl vierzig Klafter unter der Erd' bei Ottern und bei Schlangen. Sein Vater kam von Rosenberg wohl vor den Turm gegangen: „Ach,Sohne,liebster Sohne mein, wie hart liegst du gefangen!" Sein Vater zu dem Ritter ging, sprach:„Gebt los mir den Gefangnen, dreihundert Gulden geben wir wohl für des Knaben Leben." „Dreihundert Gulden, die helfen euch nicht, der Knabe,der muß sterben, er trägt von Gold eine Kette am Hals, die bringt ihn um sein Leben." „Trägt er von Gold eine Kett'am Hals, die hat er nicht gestohlen, hat ihm ein zart Jungfräulein verehrt, dabei sie ihn erzogen." Man bracht' den Knaben aus dem Turm, gab ihm die Sakramente: „Hilf, reicher Christ vom Himmel hoch, es geht mit mir am Ende." Sein Vater beim Gerichte stand, sein Herz wollt'ihm zerbrechen: „Ach,Sohne,liebster Sohne mein, dein'n Tod will ich schon rächen." Es währet kaum ein halbes Jahr, der Tod,der ward gerochen, es wurden an dreihundert Mann des Knaben wegen erstochen. Wer ist's, der uns dies Liedlein sang, so frei ist es gesungen? Das haben getan drei Jungfräulein zu Wien im österreiche. Der Untergang der Plankenburg An der Mündung des Bayrachbaches in die Große Mühl künden auf steiler Uferhöhe Wälle und Gräben von einer mächtigen Bergfeste. Es sind dies die Reste der Plankenburg. Das Geschlecht der Plankenberger zählte zu den ältesten im Mühlviertel und in den südböhmischen Landen. Unweit von Plankenberg erhebt sich die Burg Pürnstein, auf der einstmals Dienstleute der Plankenberger saßen. Albrecht 1. von Habsburg gelüstete es nach der Nieder werfung der Falkensteiner, auch die anderen Herren im Lande in seine Botmäßigkeit zu zwingen. Er zog mit seinem Belagerungsheer die Große Mühl hinauf. Die Ritter auf Pürnstein, längst der Vormundschaft der Plankenberger über drüssig, schlössen sich ihm an. Die Zeichen für eine Belagerung standen günstig. Die Plan kenberger Ritter fochten irgendwo in Böhmen mit König Wenzel, wohin sie den Witigonen zu Hilfe geeilt waren. Doch die Übermacht der böhmischen Ritterheere wuchs von Tag zu Tag. Budweis, das den Rosenbergern treu ergeben war, fiel dem König in die Hände. Zuletzt zogen sich Witigonen und Plankenberger auf die Feste Troburg zurück, gewillt, dem König bis zum letzten zu trotzen. Nach langer Belage rung fiel auch diese Burg, und ihre Verteidiger wurden erbarmungslos niedergehauen. Unsägliche Traurigkeit bemächtigte sich der jungen Herrin auf der Plankenburg, als sie die schreckliche Kunde vom Tod ihres geliebten Gatten vernahm. In ihrem Kummer schloß sie sich tagelang ein und lebte nur mehr dem Gedächtnis ihres toten Gemahls. So verstrichen die Tage des Sommers, und der Herbst stieg mit herber Frische aus dem Tal der Großen Mühl. Als die bunten Blätter fielen, ritt die Plankenbergerin zum ersten Mal wieder aus. Allein streifte sie durch Wiesen und einsame Wälder. Erst als der Abend seine langen Schatten warf, lenkte sie ihr Roß wieder heimwärts. Glutrot sank die Sonne hinter dem Wald, als die einsame Reiterin das Pferd an das Ufer der Großen Mühl heranlenkte, um es zu tränken. Der Nebel lag in lichten Schleiern über dem Talgrund, und die Wasser plätscherten mit eintönigem Singsang über die Steine talaus. An einem Baum gelehnt, lauschte die Herrin der Plankenburg der einförmigen Musik. Plötzlich riß sie ihr Haupt herum. War das nicht ein Saitenklang? Angespannt lauschte sie in die Nacht. Aus dem Rauschen der Wasser war es nun ganz deutlich zu vernehmen. Der Klang schwoll an, erfüllte den ganzen Abendhimmel und ebbte wieder in das gleichförmige Plätschern des Mühlflusses ab. Dann hob er neuerlich an und zitterte wundervoll schmeichelnd durch das einsame Schweigen der anbrechenden Nacht. Mit einem Male brach im Herzen der jungen Witwe eine unstillbare Sehnsucht nach Lust und Fröhlichkeit auf. Sie knüpfte die Zügel des Pferdes an einen Baum und folgte den bezaubernden Klängen. Wie im Traum wandelte sie einher und wußte nicht, wohin sie ihr Weg führte. Als sie ihr Antlitz hob, gewahrte sie ein dunkles Uferriff. Im Zwielicht sah sie, wie hoch oben in den Felszacken ein Spielmann die Saiten strich. Abermals lehnte sie sich zurück an einen Baumstamm und trank die Musik in sich hinein wie köstlichen Wein. Berauscht sank sie hin und träumte von Frohsinn und Ausgelassenheit. Als die Kälte der Nacht in ihren Gliedern emporkroch, schrak sie jäh aus dem süßen Traum. Eilends rappelte sie sich auf, bestieg ihr Pferd und ritt im gestreckten Galopp heim auf die Burg. Seit dieser Stunde war sie verzaubert. Die Sehnsucht nach Frohsinn war nicht mehr aus dem Herzen der Plankenbergerin zu reißen. Ein Fest löste das andere auf Plankenburg ab. Jeder fahrende Sänger fand freundliche Aufnahme und reichen Lohn für seine Lieder. Ein prachtvolles Fest ward auf Plankenburg gerüstet. Aus nah und fern strömten die Ritter mit ihren Frauen herbei.

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