Oberösterreich, 19. Jahrgang, Heft 1, 1969

Ennskraftwerk Losenstein r- ' WTi Wie kaum ein anderer Wirtschaftszweig hat die Entwicklung der Elektrizitätswirtschaft unser Leben und unseren Lebensraum ver ändert. Denken Sie doch an das Ennstal: Noch vor drei Jahrzehn ten waren der tief in den Talboden eingeschnittene Flußlauf un berührt und die Orte des Tales für den modernen Verkehr bei nahe unzugänglich. Im Zuge der energiewirtschaftlichen Erschlie ßung der Enns steht heute eine Kette von zehn Kraftwerksstufen vor ihrer Vollendung. Das Tal hat sein Aussehen verändert. Zu seinem Nachteil? Gewiß nicht! Mit dem Bau der Kraftwerke wurde auch die grundlegende Sanierung der alten Eisenbundes straße notwendig. Die Orte des Ennstales sind damit in eine leicht erreichbare Nähe gerückt. Ein verträumtes Tal hat wirtschaftlich seinen Anschluß an die Gegenwart gefunden. Blicken wir zwei Jahrzehnte zurück. Vor mehr als 20 Jahren — im Herbst 1947 — wurde die Ennskraftwerke AG, in Durchführung des Zweiten Verstaatlichungs gesetzes, als Sondergesellschaft gegründet. Das Unternehmen hatte vorerst die Aufgabe, die bereits im Kriege begonnenen Kraftwerksbauten an der Enns fertigzustellen und in Betrieb zu nehmen, sowie den 93 km langen Flußlauf der oberösterreichi schen Enns einer zusammenhängenden optimalen energiewirt schaftlichen Nutzung zuzuführen. Nach der Fertigstellung der Kraftwerke Mühlrading, Staning, Ternberg und Großraming entstanden nach neuesten technischen Gesichtspunkten die Kraftwerke Rosenau, Losenstein, Sankt Pantaleon und Garsten-St. Ulrich. Eine besondere Stellung in dieser Kraftwerkskette nimmt das Umleitungskraftwerk Sankt Pantaleon ein. Es wurde zum erstenmal an der Enns mit zwei verschiedenen Maschinensätzen ausgerüstet, und zwar mit einem Maschinensatz, der Drehstrom für die öffentliche Stromversor gung liefert und einem zweiten Maschinensatz, der Einphasen strom für die Zugförderung der österreichischen Bundesbahnen erzeugt. Bei dieser Anlage wurde bahnbrechend in der Geschichte des Kraftwerksbaues der von Professor Grengg und Doktor Jüngling entwickelte Spiralauslaß verwirklicht. Die ausgespro chen guten Betriebserfahrungen bei dieser gemischten Anlage haben dazu geführt, nach der Projektierung der neunten Kraftstufe in Weyer, sowohl einen Emphasen- als auch einen Drehstrom generator zu konzipieren. Damit konnte auch den Bestrebungen der österreichischen Bundesbahnen im Zuge der Elektrifizierung der Ennstalstrecke St. Valentin bzw. Amstetten—Selzthal weit gehend entsprochen werden. Bedingt durch die Beengtheit des Tales mußten die beiden Maschinensätze räumlich getrennt von einander situiert werden. Während der Drehstrom-Maschinensatz im Mittelpfeiler der Stauanlage (als Pfeilerkraftwerk) unter gebracht wurde, konnte der Einphasen-Maschinensatz unter Fall höhengewinn am Ende eines 500 m langen Triebwasserstollens im sogenannten Ausleitungskraftwerk angeordnet werden. Sowohl Pfeiler- als auch Ausleitungskraftwerk sind baulich soweit fertig gestellt, daß mit der Turbinenmontage begonnen werden konnte. Da der schwierigste Bauzustand — der Baugrubenwechsel bei der Wehranlage — witterungsbedingt ohne Terminverzögerung durch geführt werden konnte, ist die plangemäße Inbetriebnahme des Einphasen-Generators mit Ende dieses Jahres zu erwarten. Da mit wird die Erzeugung der Ennskraftwerke AG für die Öster reichischen Bundesbahnen auf ein Drittel des Gesamtbedarfes steigen. Die Inbetriebnahme des Pfeilerkraftwerkes wird im Frühjahr 1970 erfolgen. Als letztes Glied in der oberösterreichischen Ennskette steht der zeit das Kraftwerk Schönau in Bau. Da die Vorarbeiten bereits abgeschlossen sind, ist mit seiner Fertigstellung im Jahre 1972 zu rechnen. Damit wird die Enns auf oberösterreichischem Gebiet in einer geschlossenen Kette von zehn Kraftwerken, mit einer Gesamterzeugung von 1,678 Millionen kWh bei einer Fallhöhe von 160,5 m genutzt werden. Energiewirtschaftlich gesehen ist die Ennsenergie aber deshalb von besonderer Bedeutung, weil sämtliche Kraftwerke im so genannten Durchlaufspeicherbetrieb eingesetzt werden können. Damit ist es möglich, die Stromerzeugung dem Tagesbedarf ent sprechend in die Hauptbedarfszeiten zu verlagern. Die großen Verbrauchsschwankungen in größeren Zeiträumen können aller dings im Betrieb der Kraftwerkskette allein nicht ausgeglichen werden, deshalb plant die Ennskraftwerke AG die Errichtung eines Pumpspeicherwerkes, das als Mehrzweckanlage für den ge samten oberösterreichischen Raum von besonderer Bedeutung ist. Die interessantesten Merkmale dieser Anlage sind: Veredelung der Ennsenergie mit teilweise saisoneller Umlagerung des Was serdargebotes in einem großen Speicher, Bereitstellung von Spit zenenergie im Zuge des Tages- und Wochenend-Wälzbetriebes, hohe Eeistungsreserve und Verminderung der Hochwassergefahr im Regime des Steyrflusses. Darüber hinaus aber bietet der Speicher Molin den Vorzug, eine weit vorausschauende Wasser versorgung für den gesamten zentralen oberösterreichischen Ent wicklungsraum sicherzustellen. Zusammenfassend können wir feststellen, daß der energiewirt schaftliche Ausbau der Enns, abgesehen von seiner großen wirt schaftlichen Bedeutung, das Landschaftsbild bereichert hat und heute mehr denn je den Menschen und ihrer Erholung dient. KRAFTWERKE UND KRAFTWERKSPRÖJEKTE Jahres arbeitsvermögen 8 Kraftwerke in Betrieb Millionen kWh Großraming, Losenstein, Ternberg, Rosenau, Garsten-St. Ulrich, Staning, Mühlrading, St. Pantaleon 1409 2 Kraftwerke in Bau Weyer (Inbetriebsetzung Spätherbst 1969) 162 Schönau (Inbetriebsetzung 1972) 107 Insgesamt : 1678 Projekt: Pumpspeicherwerk Molin

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