OÖ. Heimatblätter 1949, 3. Jahrgang, Heft 3

Oberösterreichische Heimatblätter Herausgegeben vom Institut für Landeskunde am o.-ö. Landesmuseum in Linz durch Dr. Franz Pfeffer Jahrgang 3 Juli-September 1949 Heft 3 Inhalt Seite Zur Geschichte des Eisenwesens in Oberösterreich Dr. Wilhelm Freh: Der Eisenbergbau im Lande ob der Enns. 193 Dipl.-Ing. Erich Kurzel-Runtscheiner: Vier unbekannte Darstellungen zur Geschichte des österreichischen Eisenwesens .. 206 G. Grüll: Die Freistädter Sensenschmiedordnung vom Jahre 1502. 212 Dipl.-Ing. Ernst Neweklowsky: Die Eisenschiffahrt auf der Enns .. 217 Josef Ofner: Die erste Anlage des Noß- und Schiffweges von Steyr bis Haimbach bei Altenmarkt 225 Dr. Hans Oberleitner: Zunstaltertümer des oberösterreichischen Eisenhandwerkes Dr. Franz Lipp: Die geistige Kultur der Sensenschmiede in Oberösterreich .. 243 Bausteine zur Heimatkunde Dr. Eduard Straßmayr: Das Florianer Stiftshaus in Linz.. 251 Dr. Amilian Kloiber: Rudolf Pöch und die Ossuarien im Lande ob der Enns .. 255 Dipl.-Ing. Erich Kurzel-Runtscheiner: Oberösterreich und die Familie Zola 260 Dr. habil. E. Burgstaller: Zwei Steinkreuze im unteren Innviertel. Richard Kastner: Landwirtschaftliche Arbeitsmethoden im 17. Jahrhundert. 263 DDr. Alfred Orel: Zu Anton Bruckners Nachlaß 266 Berichte Franz Laimer: Heimatkundliche Ausstellung in Goisern 24. Juli — 7. August 1949. 267 Schrifttum Arthur Fischer-Colbrie: Ein literarisches Denkmal für Johannes Kepler 2609 Dr. Alfred Marks: Verzeichnis der oberösterreichischen Neuerscheinungen. . 279 Dr. Eduard Straßmayr: Heimatkundliches Schrifttum über Oberösterreich 1948 281 Jährlich 4 Hefte Zuschriften für die Schriftleitung (Beiträge, Besprechungsstücke) an Dr. Franz Pfeffer, Linz a. D., Museumstraße 14 Zuschriften für die Verwaltung (Bezug) an die Buchdruckerei des Amtes der o.-ö. Landes¬ regierung, Linz a. D., Klosterstraße 7 Verleger und Eigentümer: Verlag des Amtes der o.-ö. Landesregierung, Linz a. D., Klosterstr. 7 Herausgeber und Schriftleiter: Dr. Franz Pfeffer, Linz a. D., Museumstraße 14 Druckstöcke: Klischeeanstalt Franz Krammer, Linz a. D., Klammstraße 3 Druck: Buchdruckerei des Amtes der o.-ö. Landesregierung, Linz a. D., Klosterstraße 7

Oberösterreichische Heimatblante Z Juli=September 1949 Jahrgang3 Heft Der Eisenbergbau im Lande ob der Enns Von Dr. Wilhelm Freh (Linz) Die wirtschaftlich bedeutendsten Erzlagerstätten der Ostalpen liegen in der Grauwackenzone, die sich vom Alpenostrand über das südöstlichste Niederösterreich, Teile der Obersteiermark und des Landes Salzburg bis nach Tirol erstreckt. Der Boden Oberösterreichs liegt außerhalb dieses Gebietes; sein Anteil am Erzreichtum der Alpen ist dementsprechend bescheiden. Von den Metallerzvorkommen Oberösterreichs vermochten in letzter Zeit nur die zum Teil stark eisenführenden Bauxite in den Bergen des Laussatales und die Manganerze der Glöcklalpe nordöstlich von Windischgarsten das Interesse der Bergleute zu wecken. In früheren Jahrhunderten war dies anders. Die Eigen¬ heiten der damaligen Wirtschaftsordnung, der wesentlich höhere Wert der Metalle und die geringeren Kosten der menschlichen Arbeitskraft ermöglichten es, daß damals eine Anzahl kleiner und kleinster Erzanreicherungen, die heute fast in Vergessenheit geraten sind, ob ihrer völligen Bedeutungslosigkeit in den geolo¬ gischen Spezialkarten gar nicht aufscheinen und kaum im Fachschrifttum Erwähnung finden, zeitweilig bergmännisch genützt werden konnten. So lebte seinerzeit eine Anzahl kleiner Eisenbergbaue und Eisenhütten, die zwar nur eine örtliche Be¬ deutung besaßen, trotzdem aber gelegentlich sogar zur Versorgung des ganzen Landes mit herangezogen wurden, wenn die „Eisenwurzen“ Oberösterreichs, das Innerberger Revier des steirischen Erzberges, in Zeiten einer sehr starken Nach¬ frage oder bei innerbetrieblichen Schwierigkeiten nicht in der Lage war, den Bedarf des Landes an Eisen und Stahl zu decken. Die meisten der nachfolgend besprochenen Bergbaue hat bereits H. Com¬ menda in seinen Arbeiten über die Minerale und Gesteine Oberösterreichs *) erfaßt, ohne aber auf sie näher einzugehen. K. A. Redlich streift in seiner Darstellung *) H. Commenda, Übersicht der Mineralien Oberösterreichs, 75. Jahresbericht des k. k. Staatsgymnasiums zu Linz (1886); XXXIII. Jahresbericht des Vereines für Naturkunde (Linz 1904), 2. Auflage; derselbe, Übersicht der Gesteine und Mineralien Oberösterreichs, Heimatgaue Jg. 7 (1926). 193

Oberösterreichische Heimatblätter der österreichischen Eisenerzlagerstätten 2) die oberösterreichischen Vorkommen auf insgesamt einer halben Seite und stützt sich dabei im wesentlichen auf die Angaben Commendas bezw. auf die vom k. k. Ackerbauministerium 1878 veröffentlichte Übersicht über die Eisenerze Österreichs3). Lediglich die eingangs erwähnten Lagerstätten in der Laussa und auf der Glöcklalm wurden in den letzten Jahr¬ zehnten eingehenden Untersuchungen unterzogen. Die ältesten Hinweise auf Eisenbergbau im heutigen Bereich des Landes Oberösterreich führen bis ins 12. Jahrhundert zurück *). Im Jahre 1202 er¬ neuerte der Admonter Abt Johann I. der Kirche von St. Gallen einen Zehent von den Salinen und Erzgruben jener Gegend, den bereits Erzbischof Eberhard I. von Salzburg um 1160 gestiftet hatte 5). Die geologischen Verhältnisse des Raumes von St. Gallen lassen in diesen Erzgruben mit großer Wahrscheinlichkeit Eisen¬ bergbaue in den Bergen nördlich der Laussa vermuten; offenbar wurden damals bereits die Bauxite jener Gegend, die im Bereich des Blahberges und des Breitenberges stellenweise einen überdurchschnittlich hohen Eisengehalt führen, zur Eisengewinnung herangezogen. Dafür spricht auch der Name „Blahberg", der auf eine spätestens im 13. Jahrhundert betriebene Eisenschmelzanlage hinweist; um diese Zeit wanderte nämlich in den Nordalpen die Eisenverhüttung von den Bergen in die Täler, da damals die auf Luftzufuhr durch den Bergwind oder durch Tret¬ blasebälge eingerichteten Schmelzöfen von den wasserradbetriebenen Stucköfen oder Blähhäusern abgelöst wurden 6). Diese alten Bergbaue dürften ebenso wie einige andere Bergbetriebe des Stiftes Admont noch im 14. Jahrhundert wieder eingegangen sein, denn im Jahre 1455 wurden auf admontischen Gründen am „Bubenwiesberg“ bei Altenmarkt und in der „Tanfarnalm“ in der Laussa Eisenerzvorkommen entdeckt und sollten gemäß einer kaiserlichen Weisung mit Unterstützung, das heißt praktisch unter Aufsicht 2) K. A. Redlich, Die Geologie der innerösterreichischen Eisenerzlagerstätten (Wien — Berlin — Düsseldorf 1931) S. 164. 3) Die Eisenerze Oesterreichs und ihre Verhüttung. Verfaßt im k. k. Ackerbau-Ministerium (Wien 1878). *) So weit die geschichtlichen Quellen. Eine Eisengewinnung in vorgeschichtlicher Zeit wurde auf oberösterreichischem Boden zwar noch nicht nachgewiesen, liegt aber angesichts der aus den Nachbarländern bekannten regen Berg- und Hüttentätigkeit der Kelten durchaus im Bereich des Möglichen. Insbesonders in Bayern bestand in der Spätlatènezeit eine umfangreiche Eisener¬ zeugung, die sich hauptsächlich auf die Raseneisenerze in den versumpften Niederungen entlang der Donau und deren Nebenflüssen stützte. 5) P. J. Wichner, Kloster Admont und seine Beziehungen zum Bergbau und Hüttenbetrieb, Berg- und Hüttenmännisches Jahrbuch, Bd. XXXIX 1. Heft S. 8. 6) Auf dem „Plaberg“ westlich von Admont wurden bereits anfangs des 12. Jahrhunderts Eisenerze verhüttet (P. J. Wichner, a. a. O. S. 3). Den Namen „Blahbergkogl“ führt ferner eine Erhebung südlich von St. Ulrich, Bezirk Steyr. Auf der „Blaa-Alm“ nördlich von Alt¬ aussee, oberhalb des „Fluder"grabens, befindet sich ein kleines Vorkommen von Mangan- und Eisenerzen (F. Schwarz, Die Mn-Fe Lagerstätte Blaa-Alm, Altaussee; Berg- und Hüttenmän¬ nische Monatshefte, Bd. 86 (1938) H. 4 S. 74—75). 194

Freh: Der Eisenbergbau im Lande ob der Enns der Innerberger Gewerken abgebaut werden*); eine bloße Erweiterung eines bereits bestehenden Bergbaues hätte kaum einen Anlaß zu einem kaiserlichen Bescheid geboten. Vermutlich hatte der Druck der Innerberger und Vordernberger Radmeister, die das „Waldeisen“ (alles nicht am steirischen Erzberg oder Kärntner Hüttenberg gewonnene Eisen) aufs schärfste bekämpften, den alten Bergbau in der Laussa bereits zum Erliegen gebracht. Die Ortsangabe Buben¬ wiesberg bezieht sich auf die heutige Bodenwiesalm, 7 km nordwestlich von Alten¬ markt; der Name Tanfarnalm hingegen ist in der Bezeichnung „Danfarbalm", die bereits in einer Karte des 18. Jahrhunderts am Nordhang des heutigen Schwarz¬ kogels (1532 m) aufscheint 8), erhalten. Es ist allerdings sehr leicht möglich, daß diese alten Flurnamen im Lauf der Jahrhunderte ihre Lage im Gelände gewechselt haben; hat doch insbesonders der im 17. Jahrhundert eingetretene Klimasturz die Höhengrenzen des Almen- und Wäldergürtels nicht unwesentlich gesenkt und da¬ mit zu bedeutenden Änderungen in der Lage der einzelnen Almen geführt. Spuren alten Bergbaues finden sich am zuvor erwähnten Breitenberg im „Grübl“ und am „Sandl“, ferner am Blahberg *). Verstürzte Stollen, Pingen, Röschen und Halden, heute von uralten Bäumen überwachsen, sind untrügliche Zeugen alter Bergtätigkeit. Spuren alter Hüttenbetriebe wie Schlacken oder Reste von Schmelzöfen wurden allerdings bisher nicht aufgefunden. Bei der Wiedergewältigung des Karolinenstollens am Sandl wurde 1948 eine alte Schräm¬ fahrt angetroffen, die nach Anlage und Ausmaß spätestens um 1600 geschlagen worden sein konnte *). Dieser alte Stollen ging sichtlich den unregelmäßig im Bauxit verteilten Bohnerzanreicherungen nach, ist also als Suchstollen eines alten Eisenbergbaues anzusprechen. Die Bauxite, deren Eisengehalt wechselt (durch¬ schnittlich 13 bis 35% Fe, O,, in einzelnen bohnerzreicheren Schichten, die der alte Bergbau aufsuchte, bis 45% Fe,0,) wurden bisher als fossile Roterden angesehen, als Reste einer Lateritdecke, die sich in vorgosauischer Zeit durch Ver¬ witterung des Hauptdolomits auf der alten Landoberfläche gebildet hatte, beim Vorrücken des Gosaumeeres in Hohlformen des Geländes erhalten blieb und schließlich von den Gosauablagerungen überdeckt wurde 10). Nach neueren Unter¬ suchungen stellen sie strandnahe Ablagerungen des Oberkreidemeeres, kurz vor den Gosauschichten durch Fällung von Eisen- und Aluminiumgelen aus schwach alka¬ lischen Lösungen niedergeschlagen, dar 11). 7) P. J. Wichner, a. a. O. G. 18. 8) C. Schütz und F. Müller, Mappa von dem Land ob der Enns (1787). *) Mitteilung Dr. E. Haberfelners, der mich in zuvorkommendster Weise in das Gelände einführte und wertvolle Angaben bezüglich der alten Bergtätigkeit machte. 1) H. Lötgers, Zur Geologie der Weyerer Bögen, insbesonders der Umgebung des Leopold von Buch-Denkmals, Jahrbuch des o. ö. Musealvereines, 87. Bd (Linz 1937) S. 369 —437. 11) G. Hamilton und C. Kozlowski, Aluminium aus österreichischem Bauxit? Der österrei¬ chische Volkswirt, 1949 Nr. 6. 12) A. Dicklberger, Systematische Geschichte der Salinen Oberösterreichs, S. 312—315 (o. ö. Landesarchiv). 13* 195

Oberösterreichische Heimatblätter Im Salzkammergut, auf der Neinfalzalm oberhalb des Ischler Salzberges, läßt sich eine Eisengewinnung nebst einer Vitriolsiederei bis ins 15. Jahrhundert zurückverfolgen. Im Jahre 1500 betrieb dort Hans Gaisbrucker aus Lauffen einen Bergbau auf Eisen und einen Vitriolsud. Nach Berichten des Salzverwesers Praunfalk aus Aussee wurden zum Brennen und Sieden des Vitriols im Jahre 1561 100 Nachel Holz (250 Wiener Klafter oder 700 Raum¬ meter) verbraucht, weshalb Kaiser Ferdinand I. im Jahre 1562 Eisenbergbau und Vitriolsud zu Gunsten des kurz darauf erschlossenen Salzberges einstellen ließ 12) Die Spuren dieser alten Bergtätigkeit sind im Gelände noch erkennbar: Zwei der drei Stollen, mit denen man das Erzlager anfahren wollte, wurden in den Zwanzigerjahren von dem Pernecker Bergknappen Josef Hütter an dem Hang, der jetzt noch „Am Eisenarz“ genannt wird, wiederentdeckt; der obere der beiden Stollen war nach Angabe alter Bergleute im Jahre 1866 von dem damaligen Bergverweser Aigner auf eigene Faust nachgerüstet worden. Unterhalb seines Mundloches liegen zahlreiche Brocken von wadüberkrustetem, stellenweise von feinen Bleiglanzäderchen durchzogenem Brauneisenerz, entstanden durch Ver¬ witterung einer spateisensteinführenden tektonischen Brekzie von Hauptdolomit. Ein Schmelzofen stand knapp unterhalb des Mundloches des Kaiser Leopold¬ Stollens; dies wird durch Schlackenreste, die dort neben einem Holzschuppen im Erdreich zu finden sind und gelegentlich durch größere Regenfälle aus dem Boden ausgewaschen werden, bestätigt. Neben der „Siedhüttenwand“ liegen mehrere hundert Kubikmeter eines roten ockerigen Tones, Rückstände der alten Vitriol¬ siederei 13) Auch jenseits der Reinfalzalm, auf der Goisern zugekehrten Hangseite wurden Eisenerze gefördert und verhüttet. Knapp unterhalb des dort jetzt noch „Im Eisenarz“ genannten Geländes liegen größere Haufen von Eisenschlacken. Offen¬ bar wurde die auf der Reinfalzalm ausstreichende Erzformation auch auf dieser Seite des Berges von den alten Bergleuten aufgefunden und abgebaut. Ferner soll am Rehkogel Eisenbergbau betrieben worden sein 12). Die Goiserer Chronik berichtet hiezu: „In Riedln und auf dem Kogelgutt ist guettes Eisenerz gewesen"14), Die „RNiedln“ liegen am Mittellauf des Stambachgrabens, nicht weit davon die Häusergruppe „Kogl". Der erzführende Dolomit setzte sich westlich der Traun im Rücken des Hammerberges fort und auch dort soll seinerzeit Eisenerz gewonnen und verhüttet worden sein. Der Bergbau befand sich angeblich in der Nähe der Bogenschwandalm. Die im Jahre 1761 im Weißenbachtale entdeckten Reste alter 13) Im Jahre 1947 hatte ich Gelegenheit, an einer Führung Dr. J. Schadlers durch dieses von ihm kartierte Gelände teilzunehmen. 1) Beschreibung von der alten heidnischen Stadt Goisernburg, anjetzo ein Dorf Goisern ge¬ nannt. J. A. Schultes, Reisen durch Oberösterreich in den Jahren 1794, 1795, 1802, 1803, 1804 und 1808 (Tübingen 1809), I. Theil S. 133 —134. 15) J. A. Schultes, a. a. O. S. 146. 196

PERNECK-ISCHL se 200 400 600 600 vo00m SALZBERG KOHLER -WALDER MITTERBERG Q REINFALZ-ALM STANBN JI ALTE SCHMELZSTATTE UNTSTOLLEN (SCHLACREN) SUDHUTTENWAND R VITRIOLSUD REDEN OBERER STOLLEN AR 200 voe 60o 800 vooom ROREOSELne STAMBACHGRABEN BEI GOISERN REINFALZ-ALM BEI ISCHL e GAISBERG aa lti aeer GSTADT eLAGE VON HAMMER U. BLRHHAUS onv2m GAISBERG BEI MOLLN LAGE DES HAMMNERWERES VERMUTLICHE LAGE DER ALTE SCHMELZSTAN WESSENEACN . BOGENSCH o 200 uoe 6og deg 7ooom WEISSENBACHGRABEN BREITENBERG MOOSWIRTH BLAHBERG asa ALTENMARKT 8 Rm 880 HOCHKOGL NIER e. k0WWENDBACH UNTE HINTERSTEIN-V LAUSSA MUHLE G8. OE 2 2 VENDBACHGRABEN BEI TERNBERG LAUSSA Abb. 1: Lageskizzen alter Eisenbergbaue in Oberösterreich 197

Oberösterreichische Heimatblätter Schmelzwerke, Stampfen und Hämmer 15) wurden aber inzwischen durch Straßen¬ verlegungen und Brückenbauten unter Bauschutt begraben und sind nicht mehr auffindbar. Eine ähnliche Zeitstellung gilt wohl für die alte Eisengewinnung am Eisen¬ berg (1153 m) nordöstlich der Schafbergspitze, nahe der Landesgrenze 16). Auch hier dürften seinerzeit in Triasgesteine einbrechende Erzgänge oder Erzlinsen ab¬ gebaut worden sein. Noch Pillwein berichtet von alten, halbverfallenen Stollen und Eisenresten (vermutlich Schlacken) in den Waldbächen der Eisenauer Alm 17), heute ist in der Bevölkerung die Erinnerung daran erloschen. Im 16. Jahrhundert begann sich im Ennstal bei Reichraming der Eisen¬ bergbau zu regen. Valentin Preuenhuber berichtet in den Annales Styrenses: „Annus Christi 1539: Um diese Zeit hat Herr Hannß Hoffmann, Burggraf von Steyer, ein neues Eisen-Bergwerck, oberhalb Lostain, am Aertzberg erfunden, und gebauet, auch um Kayserl. Befreyung sich bemühet, und das daraus auf¬ gebrachte Eisen verhandelt. Es hat aber nicht lang Bestand gehabt, und ist solches Vergwerck, ich weiß nicht ob aus Mangel der Zubuß, oder Abgang des Ertzt, her¬ nach wieder eingangen“ 18). Den Akten des Oberbergamtes Leoben ist zu ent¬ nehmen, daß besagter Burggraf Hoffmann von 1538—1548 am Arzberg bei Reichraming einen Bergbau auf Eisen führte. Zur Verhüttung der Erze ließ er an Stelle von drei welschen Hämmern, die bis dahin Innerberger Rauheisen geschlagen hatten, drei Blähhäuser und einen neuen welschen Hammer errichten. Nach Einstellung des Bergbaues baute man eines der Blähhäuser in eine Mühle, ein anderes in einen kleinen Hammer um, das dritte ließ man verfallen 19). Dieser Zustand ist in einer zeitgenössischen Zeichnung (Abb. 2) recht deutlich wiedergegeben. Etwa 500 Meter westlich des in der Spezialkarte 1 : 75.000, Blatt Weyer, als „Unter-Habichl“ bezeichneten Bauernhofes befinden sich oberhalb des den Hang querenden Fahrweges alte Halden, Pingen und verfallene Stollen. Kleinere Brocken von Braun- und Roteisenerz im Hangschutt sowie dünne Erzkrusten in Spalten und Klüften des anstehenden Wettersteinkalkes lassen erkennen, daß hier einst Bergbau auf Eisenerz betrieben wurde. 16) Das Wort „Eisen“ steckt in zahlreichen Haus-, Orts-, Flur- und Bergnamen Oberöster¬ reichs. Aus der Fülle seien hervorgehoben: Vorderer und Hinterer Eisenbach (Zuflüsse des Kar¬ bachs am Traunsee); Eisenberg (2122 m) und Eisernes Bergel (1956 m) in der Warscheneck¬ gruppe; Eisenberg südlich des Hochkogels im Laussatal; weitere Angaben bei K. Schiffmann, Historisches Ortsnamenlexikon des Landes Oberösterreich, Linz 1935. Aus der Eisenau bei Gmun¬ den ist das Vorkommen von Eisenerzen bekannt (J. A. Schultes, a. a. O. II. Theil S. 50). Der Hinweis Commendas (1926), daß dort einst Eisen tatsächlich gewonnen wurde, ist allerdings nicht belegt; vermutlich liegt eine Verwechslung mit dem alten Bergbau in der Eisenau bei Unterach vor. 17) B. Pillwein, Geschichte, Geographie und Statistik des Erzherzogthums Oesterreich ob der Enns und des Herzogthums Salzburg, Dritter Theil: Der Hausruckkreis (Linz 1830) S. 116. 18) Valentin Preuenhubers Annales Styrenses (Nürnberg 1740) S. 259. 10) H. Pirchegger, Das steirische Eisenwesen von 1564 bis 1625 (Graz 1939) S. 107. Die Bezeichnung „Arz“ oder „Arzt“ tritt noch mehrmals in oberösterreichischen Flur- und Bergnamen auf, bezieht sich aber meist auf Vorkommen von Bleierzen.¬ 198

Freh: Der Eisenbergbau im Lande ob der Enns Der Arzberg ist urkundlich aber bereits im 13. Jahrhundert erwähnt: Ottokar II. schenkte 1255 dem Kloster Garsten zur Unterbringung des Getreide¬ zehents mehrere Güter in Ternberg, am Arzberg bei Losenstein, am Gaisberg bei Molln und bei Windischgarsten 20). Es fällt auf, daß in diesen Orten selbst oder in unmittelbarer Nähe aus späteren Jahrhunderten Eisenbergbaue bekannt wurden! Auch um Molln setzte um diese Zeit eine Bergtätigkeit ein, die durch zwei Jahrhunderte immer wieder aufflackerte. Kurz vor 1570 eröffneten Sebastian Pürschinger, ehemaliger Bürgermeister von Steyr, und der Messerer Christoph Aichperger aus Steinbach drei „Gruben mit schönen Klüften“ am Gaisberg, eine am Buchberg und zwei am Schwalbenstein, desgleichen ein Hammer- und Zerrenn¬ werk an der Steyrling und waren berechtigt, jährlich bis zu 1000 Zentner ge¬ schlagenes Eisen auszubringen, durften es aber nur im Tiaun- oder Hausruck¬ viertel verkaufen 21). Im Jahre 1604 erteilte Kaiser Rudolf II. den Innerberger Hammermeistern Sebastian Murschhofer und Gregor Forster einen Freiheitsbrief für ein Eisenberg-, Schmelz- und Hammerwerk in Molln. Die Genannten hatten das Erz aus den Bergen jener Gegend für die Stahlerzeugung besonders geeignet gefunden. Große Schwierigkeiten bereiteten die Wiedergewältigung der alten Stollen und die Instandsetzung der Hüttenanlagen („die hier seit uralten Zeiten bestandenen sowohl Werksgruben als Werksgaden"), die durch Wassereinbrüche zerstört worden waren; es dürfte also das Unternehmen ihrer Vorgänger durch eine Elementarkatastrophe schwer mitgenommen worden sein. Ein beredtes Zeugnis für den damals herrschenden Mangel an Eisen, bedingt durch den Rückgang der Erzeugung am steirischen Erzberg infolge der Reformationswirren, ist die unge¬ wöhnliche Förderung des Unternehmens durch die Eisenobmannschaft in Steyr. Den genannten Hammermeistern wurde die übliche Eisen- und Stahlsatzung, der Zwangsverlag in Steyr sowie Fron und Maut auf 6 Jahre erlassen, ihnen hin¬ gegen die Verpflichtung auferlegt, beim Verkauf von Eisenwaren „das Land Österreich vor dem Auslande zu bedenken“. 1609 erteilte der Burggraf in Steyr den Eisengewerken in Molln einen Lehensbrief auf die Erweiterung des Unter¬ nehmens 22); es scheint also der Betrieb anfangs gut gediehen zu sein; sein weiteres Schicksal liegt jedoch ziemlich im Dunkel. Ende des 17. Jahrhunderts scheint Adam Achtmarckht, Gewerke in Wendbach, als Besitzer auf. 1768 wurde von der Innerberger Hauptgewerkschaft in den Bergen Mollns der Bergbau wieder eröffnet, um dem dringenden Bedarf an Eisen zu steuern 23) Die josefinischen Reformen, insbesonders die Freigabe der Eröffnung neuer Eisen¬ bergbaue und der Roheisenerzeugung durch kaiserliches Patent vom 29. 12. 1781 20) F. Kurz, Beyträge zur Geschichte des Landes Österreich ob der Enns, Zweyter Theil (Linz 1808) S. 556. 21) H. Pirchegger, a. a. O. (nach Bereitungsrelation von 1570 und 1579, Hofkammerarchiv Wien, Sachabteilung 77 und 90). 22) Gottlieb Schröckenfux, Roßleithen, Geschichte der Kirchdorf - Micheldorfer Sensengewerk¬ schaftswerke: Das Hammerwerk am Gstadt (o. ö. Landesarchiv). 23) A. v. Pantz, Die Innerberger Hauptgewerkschaft 1625 — 1783 (Graz 1906) S. 122. 199

Oberösterreichische Heimatblätter scheinen dem Bergbau am Gaisberg nochmals einen kurzen Auftrieb gegeben zu haben, denn 1787 wurde der Sensengewerke Josef Gottfried Zeitlinger mit Berg¬ rechten auf den Eisenbergbau „Am Gaisberg“ belehnt 24); der Betrieb dürfte aber in den Achtzigerjahren endgültig eingegangen sein, denn Pillwein be¬ richtet 1828, daß zuletzt vor 40 —50 Jahren am Gaisberg nach Eisen gegraben worden sei 25). In die Wettersteinkalkfelsen der Gaisberghöhen sind knapp oberhalb der Kampwiese zahlreiche Stollen und Schächte getrieben; heute zumeist verbrochen, verfallen, zum Teil nur mehr durch Halden- und Pingenzüge angedeutet, zeugen sie für einen größeren Umfang des alten Bergbetriebes. Dicke Kalksinter- und Lehmschichten überziehen First und Ulmen der wenigen noch halbwegs befahrbaren Stollen; lediglich der auf die Halden geworfene Abraum läßt erkennen, daß hier einst auf Eisenerz gebaut wurde. Auf der Sattelflur der angrenzenden Kamp¬ wiese sind die Spuren alter Siedlungen (Umrisse kleiner Hütten und Haus¬ gärten) noch gerade zu erkennen. Die zuvor erwähnten, zu diesem Bergbau ge¬ hörigen Schmelz- und Hammerwerke lagen in der Gegend des heutigen Sensen¬ werkes „Am Gstad“ an der Steyrling und waren die unmittelbaren Vorläufer des jetzigen Betriebes. Am Landsberg bei Leonstein 26) und auf dem Pfaffenboden östlich des Gaisberges 27) wurde erfolglos auf Eisenerz geschürft. Eine ähnliche Entwicklung wie am Gaisberg bei Molln nahm der Eisen¬ bergbau im Wendbachtale bei Ternberg. Er wurde zu Beginn des 17. Jahrhunderts von den verschwägerten Hammergewerken Clemens Schrapacher und Gregor Forster erschlossen, später von Clemens Schrapacher und dessen Sohn weitergeführt 28). Über das weitere Schicksal des Unternehmens ist zunächst wenig bekannt. 1705 gingen bei der Eisenobmannschaft in Steyr gegen Adam Acht¬ marckht, Gewerken in Wendbach, Stegmühl und Molln, Beschwerden wegen Ver¬ kaufes von selbsterzeugtem Eisen ein 29). 1768 eröffnete die Innerberger Haupt¬ gewerkschaft einen Bergbau am Wendbach 23); 1785 erscheint Lorenz Kröpfl ur¬ kundlich als Inhaber des Eisenberg- und Schmelzwerkes „Im Wendbach“. Der Betrieb war von Anfang an notleidend; Kröpfl mußte mehrfach um Fronnachlaß nachsuchen; um überhaupt bestehen zu können, frischte er in seinen Zerrenhämmern auch Innerberger Floßeisen 29). Aus dem Jahre 1788 ist das Be¬ triebsbuch erhalten. Im Verlauf einer „Raittung“ (vierwöchentlicher Betriebs¬ und Verrechnungszeitabschnitt) stand der Schmelzofen jeweils ein bis zwei Wocher 2*) Hauptbuch über die Bergwerke im Kronlande Österreich ob der Enns, Tom. I, Fol. 48 Grundbuch Bezirksgericht Steyr. 25) B. Pillwein, a. a. O. Zweyter Theil: Der Traunkreis (Linz 1828) S. 148. 26) H. Rendl, Chronik von Leonstein S. 71 (o. ö. Landesarchiv). 27) Ing. J. Köstler, Steyr: Das oberösterreichische Ennstal und der Bergbau, Tages-Post, Linz 1925 Nr. 128. 28) Siehe Fußnote 22; ferner A. v. Pantz, a. a. O. (nach Aufzeichnungen des Archives des k. k. Ministeriums des Innern). 29) Archiv der Eisenobmannschaft Steyr, O. H. Landesarchiv. 200

Oberösterreichische Heimatblätter in Umtrieb. Im Jahre 1788 wurden mittels 454 Muth Kohl (ein Muth entspricht 30 Wr. Metzen zu 61.5 Liter oder 1845 Liter) aus 1460 Haufen Erz 1456 Zentner Floßeisen, 72 Zentner Wascheisen und 47 Zentner Klaubeisen gewonnen. Dieses Noheisen wurde im Wendbachhammer und Stöghammer gefrischt und zum Teil an den Verlag der Innerberger Hauptgewerkschaft in Steyr, zum Teil unmittel¬ bar an das eisenverarbeitende Gewerbe der Umgebung, vor allem an die Messerer in Steinbach und die Sensenschmiede in Molln geliefert 30). Als 1798 das Unter¬ nehmen an Karl Ritter von Bohr verkauft wird, zählt ein „Gewährschein“ unter den Anlagen des Betriebes ein „Blahhaus mit Röstofen und drei Betten“ (dem¬ nach ein Floßofen) und einen Hochofen mit zwei Bälgen auf 31) Der Schmelzbetrieb mußte 1804 wegen technischer Unzulänglichkeiten eingestellt werden; zur Fertigstellung eines kurz darauf neu in Bau genommenen Hochofens fehlten aber jahrelang die Mittel. Das Unternehmen stellte sich mehr und mehr auf das Zerrennen Innerberger Roheisens ein. Eine Zeitlang wurde nochwenigstens in bescheidenem Umfang — der Bergbau fortgesetzt; 1808 waren gegen 400 Tonnen Erz lagernd; 1815 wurde angeblich noch in 5 Stollen ge¬ arbeitet. Zum endgültigen Erliegen des Betriebes trugen zweifelsohne auch die ständigen Zwistigkeiten mit der Herrschaft Lamberg - Steyr wegen der Verla߬ wälder (Holzbezugsrechte) bei 29). Pillwein erwähnt 1828, daß das Werk zuletzt jährlich nur mehr 300 Zentner Eisen geliefert habe und deshalb bereits seit mehreren Jahren stillgelegt sei 32). 1854 erhielt die „Steg- und Wendbacher Eisengewerkschaft“ die Bewilligung zum Bau eines Zementstahlofens, der nur mit mineralischem Brennstoff betrieben werden dürfte. 1862 ging das Unternehmen in den Besitz der Grafen Lamberg über, die aber wenig Interesse an der Er¬ haltung und Weiteführung hatten, denn 1870 wurden die Werksanlagen zum Teil geschleift, zum Teil anderen Zwecken dienstbar gemacht 33) und schließlich 1876 „wegen constatierten Nichtbestandes“ die Grundbucheinlage über die Eisenhütte, 1886 auch die über die Bergrechte gelöscht 34) Dieser wirtschaftlich zweifelsohne bedeutendste aller oberösterreichischen Eisen¬ bergbaue hat im Gelände unverkennbare Spuren hinterlassen. In die Wetterstein¬ kalkfelsen westlich und östlich des noch heute „Hutmannshäuschen“ genannten Ge¬ bäudes neben dem Holzplatz „Auf der Alm“, sind zahlreiche, jetzt bereits verfallene Stollen getrieben, die Hänge unterhalb und seitlich der Felswände an der West¬ flanke des Tales sind mit Pingen und Abraumhalden übersät. Die Erzführung, Braun- und Roteisenstein, folgt ähnlich wie am Arzberg bei Reichraming einer 30) Schmölz- und Hammerwerksbuch in Stög- und Wendbach pro anno 788. Heimathaus Steyr. 31) Hauptbuch über die Hütten- und Hammerwerke im Kronlande Österreich ob der Enns, Tom. I, Fol. 1—3. Grundbuch Bezirksgericht Steyr. 32) B. Pillwein, a. a. O. Der Traunkreis S. 149. 33) N. Neudorfer, Heimatbüchlein von Ternberg (1931) S. 36. 32) Siehe Fußnoten 24 und 31. Weitere Angaben bei A. Rolleder, Heimatkunde von Steyr (Steyr 1894) S. 444. 202

Freh: Der Eisenbergbau im Lande ob der Enns Zone auffallend starker Klüftung und Verkarstung des Wettersteinkalkes; der Bergbau suchte offensichtlich die Erzbildungen in den Klüften und Höhlen zu er¬ schließen. Mehrfach wurden hiebei, insbesonders in den Bauen des Westhanges, die Pfeiler im Berg derart schmal belassen, daß es — vielleicht noch während des Betriebes — zu größeren Niederbrüchen der durch Stollen, Klüfte und Höhlen bereits stark gelockerten Felsmassen kam. Nach der Anlage der Stollen und dem Vewuchs der Halden zu schließen ist der Bergbau am Osthang des Tales jünger; für diese Annahme sprechen auch einzelne spärliche Erinnerungen der Einhei¬ mischen, unter anderen die Bezeichnung „Knappenweg“ für einen alten, vom Talboden zu den Stollen führenden Fußsteig. Ein gut erhaltener, etwa 50 m langer Suchstollen endigt dort im Taubgestein; andere Stollen haben erzführende Klüfte und Höhlungen angefahren. Die bereits zuvor erwähnte Hochofenanlage stand etwa 2 Kilometer talabwärts im Weiler Wendbach. Mächtige Grundmauern, unmittelbar neben dem Bachbett einen Platz von ungefähr 100 Metern im Geviert einschließend, weisen den Standort der letzten Eisenhütte im Lande Oberösterreich. Die im 19. Jahrhundert einsetzende Industrialisierung hatte naturgemäß einen gewaltigen Aufschwung des gesamten Bergwesens zur Folge. Zahlreiche Lager¬ stätten, deren Abbau bis dahin nicht lohnend erschien, wurden neu beschürft, auch alte, längst heimgesagte Baue wieder in Betrieb genommen. Auch im Laussa¬ tal lebte damals der Eisenbergbau wieder auf. Das Interesse galt wiederum wie vor einem halben Jahrtausend den eisenführenden Bauxiten am Breitenberg, am Sonnberg, am Blahberger Hochkogel und am Prefingkogel. Nach umfang¬ reichen Muthungen, die bereits 1824 begonnen hatten, eröffnete Josefa Aigner mit dem St. Johann Nepomuk-Stollen im Jahre 1830 den „Eisensteinbau im Gebirge Sandl und Agstein“ 35). 1831 wurden Erze aus der Laussa in dem admontischen Hochofen am Lichtmeßberg, der bis 1839 im Betrieb stand, ver¬ hüttet 36); über die weitere Entwicklung des Bergbaues ist nichts bekannt. 1871 erwarb die Innerberger Hauptgewerkschaft größere Schurfrechte auf zwei Rot¬ eisensteinlager am Blahberg und Prefingkogel und beschäftigte dort mehrere Ar¬ beiter mit Vorbereitungsarbeiten zur Inangriffnahme eines Bergbaues; das Unternehmen wurde jedoch bereits in den nächsten Jahren gefristet und 1898 gelöscht 37). Schließlich unternahm ein Ingenieur Georg Wisiak aus Graz, der beim Bau der Kronprinz-Rudolf-Bahn auf die Lagerstätten in den Bergen der Laussa aufmerksam wurde, 1875 einen Versuch, die bauxitischen Eisenerze am Breitenberg zu erschließen und eröffnete Versuchsbaue im Grübl und am Sandl, mußte sich aber nach einigen Jahren fruchtlosen Bemühens wieder zurückziehen 38), die Erze lohnten eben die Eisengewinnung nicht. Nach Berichten der einheimischen Bevölkerung soll im 19. Jahrhundert im Theresiastollen (815 m) am Sandl eine eine Rötelgewinnung betrieben worden sein. Dieser heute bereits verbrochene 35) Hauptbuch über die Bergwerke usw., Tom. II Fol. 50 und 51. 36) P. J. Wichner, a. a. O. S. 58. 37) Hauptbuch über die Bergwerke usw., Tom. II Fol. 417. 38) Wie zuvor, Fol. 424. 203

Oberösterreichische Heimatblätter Stollen war um 1860 noch befahrbar. Nahe seinem Mundloch ist sehr stark zer¬ drückter, eisenreicher Bauxit anstehend, der sich zur Rötelerzeugung ganz gut ge¬ eignet haben mochte. Im 20. Jahrhundert erst gewannen die Bauxite des Laussa¬ tales als Aluminiumerze Interesse. Im 19. Jahrhundert lebte vorübergehend auch in der Umgebung von Spital am Pyhrn der Eisenbergbau auf. Der Sensengewerke Gottlieb Weinmeister schürfte in den Dreißigerjahren auf der Bitter- oder Piterlalpe (heute Wein¬ meisteralpe) auf Eisenerz 39). Größere Pläne hatte man mit den Erzen der Gammering- und Holleringalpe; dort wurde bereits 1837 von einer Privat¬ gesellschaft ein Bergbau eröffnet, es gelang jedoch nicht, aus den armen Erzen gutes Eisen zu erschmelzen “0). Trotzdem plante man die Errichtung einer Hoch¬ ofenanlage, um sich von der Hütte Liezen unabhängig zu machen (Abb. 3). Im Jahre 1845 erwarb die Noitzmühler Eisen-, Blech- und Maschinenfabriksgesell¬ schaft größere Schurfrechte in diesem Gebiet; der Konkurs der Gesellschaft im Jahre 1848 setzte aber weiterem Beginnen ein jähes Ende; die Bergrechte der Gesellschaft wurden gelöscht 41), ein auf der Gammeringalpe errichtetes Knapp¬ schaftshaus dem Verfall preisgegeben 12). Im Braunsteinbergbau auf der Glöcklalpe wurden zeitweilig kleinere Mengen von Spateisenstein gefördert; infolge der schwierigen Wegverhältnisse lohnte sich aber der Abtransport nicht und das Eisenerz blieb auf der Halde liegen 43) Eigenartig ist ein kleines Eisenerzvorkommen im kristallinen Grundgebirge des Mühlviertels. Bei Windgföll, Gemeinde Weitersfelden, wurden auf dem Boden des Hungerbauernhofes (in der Spezialkarte 1: 75.000, Blatt Freistadt, als Himelbauer eingetragen) bis ins 19. Jahrhundert zeitweilig nicht unbeträchtliche Mengen von „Eisenerde“ gegraben (1823 „wieder einige tausend Fuhren") und angeblich im Taschek'schen Eisenwerk Franzensbrunnen bei Weitra in Niederösterreich verhüttet. Der Abbau wurde schließlich eingestellt, da die Aus¬ beute die Kosten nicht lohnte 44). Nach Mitteilung des Hofbesitzers wurde in der eit der napoleonischen Kriege, vor allem um 1808, „Arz“ gegraben und im 39) Gottlieb Schröckenfur, a. a. O., Die Sensenschmiede am vorderen Hansenberg in Spital am Pyhrn. 40) M. Koch, Spital am Pyhrn, Zeitschrift d. Museums Francisco-Carolinum 1843, Nr. 2. 21) Hauptbuch über die Bergwerke usw. Tom. I Fol. 57, 58, 64, 65. 22) C. Ehrlich, Die nutzbaren Gesteine Oberösterreichs und Salzburgs nach dem geognostischen Vorkommen und in ihrer Anwendung. Jahrbuch des o. ö. Musealvereines Bd. 17 (1857) S. 215. 43) Statistischer Bericht der o. ö. Handels- und Gewerbekammer, 1870 —1875 (Linz 1876) S. 154. *) B. Pillwein, a. a. O., Erster Theil: Der Mühlkreis (Linz 1827) S. 358. J. Slokar, Geschichte der österreichischen Industrie (Wien 1914) kennt ein Eisenwerk Franzensbrunnen bei Weitra nicht, wohl aber das Eisenwerk Franzensthal bei Rottenschachen nördlich von Gmünd und das Hammerwerk Harmannschlag südwestlich von Weitra. Aus dem Archiv der Eisenobmannschaft Steyr geht hervor, daß sowohl die Franzensthaler wie auch die Harmannschlager Eisengewerk¬ schaft in den Zwanzigerjahren des neunzehnten Jahrhunderts umfangreiche Schürfungen im nord¬ westlichen Waldviertel durchführten. Die Erze wurden in Karren befördert; eine Fuhre enthielt 150—200 kg Erz; die Eisenausbeute betrug durchschnittlich 15 Prozent. 204

Freh: Der Eisenbergbau im Lande ob der Enns Eisenwerk Harmannschlag verhüttet. Im Hungerbauernhof finden sich noch ein¬ zelne schwere Eisenstangen, die aus diesem Erz erzeugt wurden. Tatsächlich be¬ finden sich unmittelbar neben dem auf halbem Hang gelegenen Gehöft zwei größere Pingen, nach Mitteilung des Besitzers einst tiefere Gruben oder Schächte, während mehrere hundert Meter entfernt am Fuß des Berges eine kleine, rasenbedeckte Halde das Mundloch eines heute verstürzten Stollens andeutet. Herumliegende Gesteinsbrocken zeigen, daß seinerzeit ein stark zersetzter, zum Teil in bereits limonitischen Grus zerfallener Granatfels von nicht unbeträchtlichem Eisengehalt abgebaut und als Eisenerz verwertet wurde. Das anstehende Gestein läßt er¬ kennen, daß der Granatfels auf einzelne, in den Grobkorngranit (Typus Weins¬ berg) eingesprengte Nester beschränkt ist; vermutlich Reste der alten, vorgranitischen Sedimente, die von der Granitisierung nicht völlig erfaßt wurden 45) Commenda erwähnt schließlich einen alten Bau auf Braun- und Noteisen¬ stein bei Gramastetten1). Die mineralogische Sammlung des Landes¬ museums besitzt zwar vom Jörgensbühel aus der Nachbargemeinde Walding mehrere Stufen von Braun- und Roteisenerz, das als Bindemittel eines Quarzit¬ konglomerates auftritt; über Spuren einer bergmännischen Gewinnung dieser Erze ist jedoch nichts bekannt. Ebenso ist über eine gleichfalls von Commenda angeführte Eisengewinnung in der Lindaumauer bei Weyer nichts näheres mehr in Erfahrung zu bringen; lediglich die bereits von Pillwein erwähnten Limonit¬ bildungen 32) in ehemals zugänglichen Höhlensystemen werden noch von den ältesten Einwohnern bestätigt; es dürfte sich demnach hier um ähnliche Karsterschei¬ nung wie am Arzberg und im Wendbachtale handeln. Die Geschicke des Eisenbergbaues im Lande ob der Enns liegen noch vielfach im Dunkel. Fest steht, daß sich seine Anfänge im Mittelalter fast ebenso weit zurückverfolgen lassen als in den benachbarten Alpenländern und daß die Eisen¬ gewinnung dem Lande in Zeiten der Eisennot nicht unbeträchtliche Dienste zu leisten vermochte. Daß sie nicht die Bedeutung des steirischen Waldeisens, das sich gegen den steirischen Erzberg durch Jahrhunderte behaupten konnte, erlangte, lag nicht an einem Mangel an Tatkraft, sondern an der Ungunst der natur¬ gegebenen Verhältnisse: Die obderennsischen Eisenbergbaue, von vornherein durch die allgemein geringere Ergiebigkeit ihrer Lagerstätten benachteiligt, lagen im Schatten des steirischen Erzbergers und im Sog des mächtigen Eisenstromes, der sich durch Jahrhunderte vom steirischen Erzberg über den Innerberger Hammer¬ bezirk in die Eisenstadt Steyr ergoß. Erst wenn letzterer abzusinken oder gar zu versiegen drohte, konnten andere, kleinere Quellen der Eisengewinnung in Er¬ scheinnung treten und vorübergehend zur Geltung kommen. 45) A. Köhler, Zur Entstehung der Granite der Südböhmischen Masse. Tschermaks mine¬ ralogische und petrographische Mitteilungen (Dritte Folge) Bd 1, Heft 2 (Wien 1948) S. 175—184. 203

Oberösterreichische Heimatblätter Vier unbekannte Darstellungen zur Geschichte des österreichischen Eisenwesens Von Dipl.-Ing. Erich Kurzel-Runtscheiner (Wien) Während der Vorbereitungen zur Jahresausstellung 1949 des Oberöster¬ reichischen Landesmuseums „Das Eisen in Geschichte und Kultur des Landes ob der Enns“ fand Oberarchivrat Dr. Alfred Hoffmann vier bisher unbekannte Darstellungen zur Geschichte des heimischen Eisenwesens auf. Diese Hand zeichnungen lagen unbeachtet als lose Blätter in der Handschrift 1041 des Archivs Steyr-Lamberg aus dem Jahre 1613. Obwohl die Federzeichnungen in keinem Zusammenhang mit der Handschrift stehen, in der sie aufgefunden wurden, dürften sie doch aus derselben Zeit stammen. Die Vermutung, daß diese Handzeichnungen noch aus dem 16. Jahrhundert stammen, ja vielleicht sogar vom großen Wasser¬ baumeister Hans Gasteiger mit eigener Hand entworfen worden seien, läßt sich — wie alsbald erkannt wird — nicht halten. Denn aus mancherlei Gründen ergibt sich, daß diese Blätter nur kurz vor, aber wohl kaum nach dem Jahre 1613 ent¬ standen sein können; sie mögen daher in der Folge als die Handzeichnungen des Jahres 1613 bezeichnet werden. Die Annahme dieser Entstehungszeit ergibt sich nicht bloß aus dem Ductus der Beschriftungen, sondern auch, und dies geradezu zwangsläufig, aus den Einzel¬ heiten der Kleidung und der Barttracht einiger auf einer der Handzeichnungen dargestellten Personen: trägt doch die eine den Mühlstein- und Duttenkragen, ein Kleidungsstück also, das erst um 1600, von den Niederlanden ausgehend, allge¬ meiner üblich wurde. Daß diese Kragenform um 1640 verschwindet, stützt eben¬ falls die Datierung „um 1613“, ja kann sogar als Terminus ante quem ange¬ sehen werden. Auch ist der Schnitt der Hosen zweier auf dem angezogenen Blatt dargestellten Personen jener der ersten Hälfte des 17. und niemals jener des 16. Jahrhunderts. Endlich ist die Barttracht jene, die knapp vor dem Beginn des Dreißigjährigen Krieges üblich wurde. Die Darstellungen dieser Blätter sind schon aus dem Grunde besonders wertvoll, da das erste, das in dem vorhergehenden Aufsatz dieser Zeitschrift 1) be¬ handelt wird, den zeichnerischen Beweis dafür darstellt, daß in Neichraming einst mehrere Blähhäuser bestanden. Die drei anderen Handzeichnungen aber sind deswegen beachtenswert, weil zeichnerische Dokumente der Zeit, die das Eisenwesen um den steirischen Erzberg vor 1780 darstellen, — und dieses wird von jeder der drei nun in Rede stehenden Federzeichnungen behandelt — bis auf ganz wenige Ausnahmen fehlen; ja die eine der nun aufgefundenen Feder¬ *) W. Freh, Der Eisenbergbau im Lande ob der Enns, Abb. 2. 206

Kurzel-Runtscheiner: Vier unbekannte Darstellungen zur Geschichte des österreichischen Eisenwesens zeichnungen kann als die älteste Darstellung des Bergortes Eisenerz (Innerberg) und des steirischen Erzberges überhaupt bezeichnet werden, als welche bis nun jene des Jahres 1649 von Merian galt. Ebenso kannte die Technikgeschichte bis nun noch keine Darstellung des Holzrechens in Groß-Reifling an der Enns. Als älteste Darstellung des steirischen Stuckofens aber galt, da jene in Agricolas „De re metallica“ von 1556 augenscheinlich nicht auf Grund eigener Anschauung des Zeichners beruhen, die in Emanuel von Swedenborgs „Opera philosophica et mineralogica“ vom Jahre 1734 ent¬ haltene. Der von Lucas van Valckenborgh 1575 gemalte „Stuckofen in wilder Gebirgslandschaft“ des Wiener Kunsthistorischen Museums aber ist —so genau die Einzelheiten des Stuckofens selbst erkennbar sind — in einer zweifellos als Phantasielandschaft anzusehenden Gegend dargestellt. Die Ölbilder von Herry met de Bles aber, die vom Verfasser in dem im „Siegerland“ 1938, Heft 2, veröffent¬ lichten Aufsatz „Stuckofen und Floßofen zur Eisengewinnung und deren älteste Abbildungen“ als „das alpenländische Eisenwesen von der Gewinnung des Eisen¬ erzes bis zur Herstellung der Fertigwaren um 1525“ bezeichnet wurden, stellen den Eine die einzelnen Phasen Floßofenbetrieb und nicht den Stuckofenbetrieb dar. des Ablaufes des Stuckofenverfahrens darstellendezeichnerische Erklärung aber, wie sie das zuletzt beschriebene Blatt enthält, war bisher überhaupt unbekannt. Als Hersteller dieser Blätter, denen künstlerische Qualitäten nicht eignen, kommt wohl einer aus der Reihe jener Kunstmeister, Markscheider oder zeichnerisch geübten Gewerken in Frage, die am Beginn des 17. Jahrhunderts in Eisenerz lebten. Vielleicht war der Zeichner sogar der Proponent jenes Schrägaufzuges oder Bremsberges, der auf der zweiten Zeichnung eingetragen ist. Diese stellt das Tal des Erzbaches um 1613 dar (Abb. 1). Der Zeichner tat dies in der Weise, daß er die beiden in horizontaler Sicht aufge¬ nommenen Talhänge etwa in der Weise in die Bildebene klappte, wie dies im maschinenbaulichen Zeichnen noch heute oftmals mit den verschiedenen Ansichten und Schnitten von Maschinenteilen geschieht: daß dem so ist, läßt die Hypothese, daß ein Kunstmeister Hersteller der neu aufgefundenen Zeichnungen gewesen ist, wahr scheinlich erscheinen. Tatsächlich sieht der Beschauer auf der einen Hälfte des Blattes oberhalb des beinahe gradlinig gezeichneten Erzbaches mit seinen Wasserbauten und dem oberhalb des Bergortes abgezweigten Fluder die rechte Talseite dargestellt. Der Erzberg ist in seinem oberen Teil von Wald bewachsen, während der untere Teil des Bergmassivs, in dem damals hauptsächlich die Gewinnung des Eisen¬ erzes vor sich ging, beinahe vegetationslos abgebildet ist. Über die Auswertung der Baum- und Blumenabbildungen, die in Inseln und Gruppen das gesamte Tal umziehen, soll von anderer Seite in einer eigenen kleinen Skizze in einem der nächsten Hefte berichtet werden. Auch sind auf diesem Teil der Erzbergdarstellung einige der dort bestandenen Kauen angedeutet, die wohl an den jeweiligen Stollen¬ eingängen standen — wurde doch damals das Erz nicht im Tagbau, sondern im Stollenbau gewonnen. Knapp unter der Waldgrenze hat der Zeichner das Wort 207

Oberösterreichische Heimatblätter „Innerberg“ angeschrieben: dies geschah wohl in der Absicht, anzudeuten, daß das in diesem unteren Teil des Berges abgebaute Eisenerz Innerberg zugehörig ist (Abb. 2, Ausschnitt aus Abb. 1). Am Fuß des Erzberges, links unterhalb von diesem dargestellt, liegt Eisenerz. Der Ort ist überlagert von der Oswaldi¬ Kirchenanlage; außerdem sieht der Beschauer das Verweserschlössel, das Rathaus, die Frauenkapelle, zahlreiche Gewerkenhäuser, Knappenbehausungen und acht Nadwerke mit ihren Blähhäusern. Es ist dies dieselbe Zahl von Blähhäusern, die auch die Ansicht von Merian von 1649 zeigt; auch ist deren Lage auf beiden Darstellungen die gleiche. Den Röststadeln dieser Radwerke wird das Eisenerz über einen steilen Zufahrtsweg mittels schwerer vierräderiger Wagen zugeführt, die mit zwei im „Tandemzug“ angeschirrten Pferden bespannt sind. Wagen gleicher Art besorgen auch auf der als letzter zu besprechenden Federzeichnung die Zufuhr von Erz und Holzkohle zum Blähhaus. Ein kaum lösbares Rätsel aber gibt der auf dieser Zeichnung dargestellte Bremsberg auf: denn ein solcher wurde am steirischen Erzberg erst lange nach 1613 errichtet. Allerdings war der Gedanke, einen Bremsberg auf den steilen Hängen des Erzbachtales zu schaffen, nahe¬ liegend; schon Hans Gasteiger, der große Wasserbaumeister (1499 — 1577), der das letzte Jahrzehnt seines Lebens den wasserbaulichen Arbeiten an der Enns und den Verbesserungen der Arbeitsverhältnisse im steirischen Eisenwesen widmete 2), soll, wie Hans Pirchegger in seinem grundlegenden Werk „Das steirische Eisenwesen von 1564 bis 1625“, Graz 1939, mitteilt, die Absicht gehabt haben, das Erz mit einem Gestäng- oder Rollwerk zu den Blähhäusern zu bringen. Dieser Plan ist allerdings von Gasteiger niemals ausgeführt worden, ja vielleicht damals nicht einmal bis zum Projektstadium gediehen. Es hat dann ein uns unbekannter Kunstmeister am Beginn des 17. Jahrhunderts diesen Gedanken nochmals aufgegriffen und in der uns nun vorliegenden Zeichnung dargestellt: Ein Zufahrtsweg führt zum oberen Anschlag; auf der projektierten Trasse sieht man die beiden dem Erztransport dienenden Hunde im Gegentrieb durch ein Zugseil verbunden. Aber auch dieser Vorschlag des Jahres 1613 wurde nicht 2) Siehe den Aufsatz des Verfassers „Wasserbau am Beginn der Neuzeit" in „Die öster¬ reichische Furche (Warte)“ Nr. 10 vom 5. März 1949. Gasteiger ist entweder im Sterzinger oder im Kitzbüheler Bergbaugebiet als Abkömmling einer zu den „Bergbauverwandten“ ge¬ hörenden Familie geboren, die ursprünglich im Außertal von Mareit bei Sterzing auf einem „Zu Gasteig“ genannten Bergbauernhof ihren Sitz hatte, wo ein Henricus Gasteig schon 1311 genannt wird. Seit 1567 war Hans Gasteiger, der damals schon im 68. Lebensjahre stand, mit der Errichtung von Holzrechen im Tal der Enns bei Hieflau und bei Groß-Reifling, sowie mit der Schiffbarmachung dieses Flusses zwischen Hieflau und Steyr beschäftigt. Er führte diese zu den größten Ingenieurleistungen der damaligen Zeit gehörenden Arbeiten in nie ermüdender Energie trotz sehr schwerer Geld- und personaler Verhältnisse und trotz der mehrfachen geradezu katastrophalen Hochwasser der Baujahre bis 1572 zu Ende. Dann wurde Gasteiger von Kaiser Nudolf II. als Oberbaumeister der Wassergebäude zu Nußdorf nach Wien berufen. Er starb in Nußdorf mitten in vollster Tätigkeit am 26. Dezember 1577 und wurde auf dem Nußdorfer Friedhof begraben. Ein an ihn erinnerndes Epitaph besteht noch heute in der Kirche von Landl an der Enns. 208

Kurzel-Runtscheiner: Vier unbekannte Darstellungen zur Geschichte des österreichischen Eisenwesens verwirklicht. Dies hätte damals schon aus rechtlichen Gründen nicht geschehen können, da in jener Zeit die Anteile am Berge noch in verschiedenen Händen waren. Die Voraussetzungen für eine solche Fördereinrichtung ergaben sich 'erst nach der im Jahre 1625 erfolgten Gründung der Innerberger Hauptgewerkschaft oder vielleicht sogar nach deren Reorganisation 1669. Wendet man das betrachtete Blatt von 1613 um 180 Grad, dann hat man den anderen Talhang mit dem auf einer Rückfallkuppe stehenden Schichtturm oder Wachturm vor sich. Die Darstellung der beiden Talhänge wird durch jene des Talgrundes ergänzt, die beide im Bogen verbindet. Ob eine derartige Dar¬ stellung damals üblich war, ist zur Zeit nicht zu klären. Es sei jedoch auf den Plan der Bergstadt Kitzbühel verwiesen, den Matthias Burglehner dem neunten Kapitel seiner im Wiener-Staatsarchiv verwahrten Handschrift „Des Tirolischen Adlers erster bis vierter Teil“ einfügte, die 1619 bis 1639 entstand; dieser Plan zeigt die alte Bergstadt von einer Aussicht ins Gelände umgeben, die ringförmig um die Baulichkeiten der Stadt angeordnet ist. Es bieibt unklar, ob diese Dar¬ stellung von Kitzbühel von jener von Eisenerz abhängig ist oder ob beide auf gemeinsamen Vorbildern fußen. Die dritte der um das Jahr 1613 entstandenen Zeichnungen (Abb. 4) zeigt den Holzrechen von Groß-Reifling, der vom schon erwähnten Hans Gasteiger 1570 errichtet wurde; dieser Rechen ermöglichte es, das im Flußgebiet der Salza und auf den dieser zugekehrten Hängen der Mariazeller Alpen und des Hochschwab gewonnene Holz für die Hammerwerke im oberen Ennstal bereitzustellen. Es dürfte dies wohl die älteste auf uns gekommene Zeichnung eines Holzrechens sein. Einmalig ist auch die Darstellung der Hebe¬ zeuge zum Länden des Triftholzes. Aus dem Original ist jedoch zu ersehen, daß diese die Ländearbeit teilweise mechanisierenden Hebezeuge, die von Wasser¬ rädern angetrieben wurden, nicht von Gasteiger selbst geschaffen, ja wohl erst nach 1613 errichtet worden sind; denn sie wurden ebenso wie auch die auf diesem Blatt dargestellte Figur eines Holzarbeiters von einer späteren Hand in die ursprünglich ohne mechanische Hebezeuge dargestellte Anlage eingezeichnet. Die vierte der neu aufgefundenen Handzeichnungen (Abb. 3) zeigt die Verhüttung von Eisenerz im Blähhaus. Besonders wertvoll ist diese Handzeichnung dadurch, daß bis jetzt eine ins Einzelne gehende Darstellung des Verlaufes des Stuckofenverfahrens überhaupt nicht bekannt war und daß einzelne Fachausdrücke, die bisher umstritten waren, durch die Beschriftung dieser Zeichnung eindeutig geklärt werden. Zu diesen Fachausdrücken gehört insbesondere das Wort „Lauchen“; es bedeutet die vollständige Teilung der noch glühenden Eisenmaß mit wohl aus Stahl bestehenden Keilen, die von eigenartig geformten Schlögeln angetrieben wurden. Der Werkstoff dieser scheibenförmigen Schlögel¬ köpfe dürfte wohl Holz gewesen sein. Denn Hämmer mit Metallköpfen dieser Größe dürften wegen ihres übermäßigen Gewichtes kaum in der Weise schwingbar gewesen sein, wie dies in der Zeichnung dargestellt ist. Bestanden die Köpfe aber 209

Oberösterreichische Heimatblätter aus Holz, dann muß deren Scheibe wohl mit einem den Radreifen ähnlichen Eisenband umschmiedet gedacht werden. Die Darstellung des Stuckofenbetriebes auf der vierten Handzeichnung zeigt folgende Einzelheiten: In der obersten Reihe sieht man links die Gesamtanlage des Radwerkes, bestehend aus „Kolhauß“, „Plähhaus (Schmeltzhauß)", und „Dörofen (Düroffen)“; von rechts bringen je ein „Ertzwagen“ und ein „Koll¬ wagen“ die Bestandteile der Möllerung heran. In der zweiten Reihe von oben werden links der Einbau des Schachtofens samt Esse, rechts Einzelheiten des Schachtofens, der „Sumperschlag“ (Ofensumpf) und der „Rauchfanckh Plähaus“ gezeigt. Vor der Ofenbrust häuft der „Droßger“ das Graglach auf. Die Einzeldarstellungen der dritten Reihe von oben zeigen links die Einrichtung zur Bereitung des Hochofenwindes und insbesondere „die 2 großen Pälg", die durch ein kaum angedeutetes Wasserrad in Bewegung gehalten werden; rechts davon zeigt eine Skizze, wie die (noch glühende) Maß mittels Kette und Radwerk aus dem Ofen gefördert wird („Da würt die Mäß aus dem Plähos gezogen"). In der untersten Reihe der Darstellung wird die Teilung der Maß zeichnerisch erklärt: das Kerben des noch teigig-weichen Rauheisenklumpens durch Stahlbeile („Khol¬ schreiber & Gradler Schradten die Mäß") und schließlich die vollständige Trennung durch Keile und Schlögel („Diese lauchen mit dem Schlögl die ganze Mäß, die genent werden, die Plähoßmülner, Gradler und Droßger"). Eine flüssige Schilderung des steirischen Stuckofenprozesses gibt 177, D. G. Schreber in der „Beschreibung der Eisenberg- und Hüttenwerke zu Eisenärz in Steyermark „Zuerst ward der Stein in offenen Stadeln, Grametl genannt, ge¬ röstet. Wenn das Schmelzen angehen sollte, ward der Ofen erstlich mit Kohlen ge¬ füllet, diese angezündet und die Gebläse angelassen. Nachdem die Kohlen zweymal abgegangen, wurde gerösteter Stein aufgesetzt, und wenn diese in Fluß gerathen mit dem Aufsetzen der Kohlen und des Steines in gewisser Ordnung abgewechselt, Nach Verfluß von 16—17 Stunden wurden die Bälge angetrieben, damit sie beim Abziehen der Schlacken nicht hinderlich waren, diese wurden sodann hinten beim Gebläse abgezogen und der Klumpen des geschmolzenen Eisens entblößt, welches sich mitten im Herde gesammelt hatte und Maaß genannt wurde. Dieser wurde hierauf mit Brechstangen herausgebrochen, und indem er noch glühend wår, in zween Theile getheilt, die Halbmaaße hießen. Über und bey jetzt gedachten Klumpen fand sich allemal ein Theil von noch flüssigem Eisen, das besonders herausgenommen und Graglach genennet wurde. Sodann wurden die Schlacken mit eisernen durch ein Wasserrad in Bewegung gesetzten Stempeln oder Hämmern gepocht und die noch darin steckenden Eisenkörner mit dem Siebe ausgewaschen. Dieses aus Schlacken gewaschene Eisen nannte man Waschwerk, das übrige Schlamm. Diese kurze Schmelze ward alle Tage von Neuem angefangen, mit hin erreichten sie wöchentlich 7 solche Maaßen.“ Es war dies jener Eisen¬ gewinnungsprozeß, auf dem bis weit ins 18. Jahrhundert hinein die Weltgeltung des steirischen Stahles sicher aufruhte. 210

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