OÖ. Heimatblätter 1949, 3. Jahrgang, Heft 3

Oberösterreichische Heimatblätter Einfluß besaßen, mußte es unangenehm empfinden, in der Landeshauptstadt für seine Mitglieder zur Zeit der Landtage, der Linzer Jahrmärkte oder bei sonstigen geschäftlichen Verrichtungen keine geeigneten Unterkunftsräume zu besitzen. Das Beherbergungsproblem war in Linz schon in früheren Jahrhunderten sehr schwierig und in den Jahren 1587 bis 1613 wurden die Pläne einer großzügigen Stadt¬ erweiterung von den Regierungsstellen lebhaft erörtert 3). Leider kamen sie nicht zur Ausführung. Wollte sich die Stadt vergrößern, so mußten die weiten Gründe vor den Stadttoren, namentlich gegen Süden in Anspruch genommen werden. Hier entwickelte sich im Laufe des 17. Jahrhunderts eine lebhaftere Bautätigkeit Auch St. Florian schritt an den Bau eines seiner Geltung entsprechender Stiftshauses. Im Jahre 1612 hatte das Kloster einen tüchtigen Propst erhalten, Leopold Zehetner, der vom großen Bauerngut Zehetner zu Gemering in der Pfarre St. Florian stammte und erst 31 Jahre zählte. In einer stürmischen Zeit, da es um den Fortbestand, der Klöster und des Katholizismus in Österreich ging, übernahm er die Leitung des Stiftes. Seine Stellung als führendes Mitglied des Prälatenstandes machte es erforderlich, an den Beratungen der Landstände in Linz häufig teilzunehmen. Zur Behebung der Wohnungsschwierigkeiten schritt er im Jahre 1615 an die Erwerbung eines Hausbesitzes. Wie einem im Stiftsarchiv St. Florian vorhandenen Aktenverzeichnis?) zu entnehmen ist, kaufte Propst Leopold im Jahre 1615 die auf der Spitalwiese (heute Ecke Landstraße - Spittelwiese) gelegene Felnschlagische Behausung, ferner das Praunische Haus und den angrenzenden Eckgarten. Er ließ diese Baulich¬ keiten niederreißen und führte im Renaissancestil einen großen Neubau auf, der heute noch über dem Portal die Jahreszahl 1616 als Erbauungsjahr trägt 5). Die raumgestaltende Kraft der Renaissance kommt in diesem Bau deutlich zum Ausdruck. Er ist durch Symmetrie und strenge Regelmäßigkeit in allen Bau¬ teilen beherrscht. Im Gegensatz zur Gotik, die schmale, hohe oft ganz unregel mäßig angelegte Häuser liebte, ist dieses Renaissancegebäude breit hingelagert. Die Horizontale herrscht nicht bloß im Aufbau, sondern auch in der Fassaden¬ behandlung vor. Gegliedert ist die Fläche durch die in drei Reihen angeordneten Fenster und ein großes, über die Geschoßhöhe hinausragendes Granitportal. Die Ecke der Landstraße und Spittelwiese wird durch einen vom 1. Stock bis zum Dach durchgehenden Runderker gebildet und ihrer Schärfe beraubt. Über dem Hausflur spannt sich ein Tonnengewölbe. 3) E. Straßmayr, Das Linzer Stadtbild in seiner geschichtlichen Entwicklung, Heimatgaue Ig 3 (1922) S. 75. — H. Kreczi, Ein Alt-Linzer Stadterweiterungsplan. Linzer Tages-Post 1941, Nr. 74. *) Im Jahre 1787 mußten alle auf das St. Florianer Stiftshaus bezüglichen Urkunden und Akten an die k. k. Kameral-Administration in Linz abgeführt werden. Ihr weiteres Schicksal konnte nicht mehr festgestellt werden. 5) Nach H. Kreczi, Linzer Häuserchronik (Linz 1941), S. 280 N. 540 war es eine „von Grund auf erhebte und neu erbaute Behausung, welche vor dißem vier bürgerliche Heußer und Grundstückh geweßen“. 252

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