OÖ. Heimatblätter 1949, 3. Jahrgang, Heft 3

Oberösterreichische Heimatblätter gegenteiligen Beweis erbrachte ?). Indessen war jene Meinung auch nach der aktenmäßig belegten Feststellung Proschkos, daß Oberösterreich sich an Kepler nie undankbar bewiesen hat, noch immer verbreitet und wurde sogar von Adalbert Stifter vertreten 8) Nun lesen wir zwar auch in Caspars Buch, daß Kepler in Linz, vor allem in der ersten Zeit seines Aufenthaltes, auf Widerstand und Mißverständnis stieß und offene Anfeindungen zu erdulden hatte. Das „Signal zu all den Schikanen und Verfolgungen“ gab, wie Caspar nachdrücklich betont, die hinlänglich bekannte Ausschließung Keplers vom Abendmahl. Diese Maßnahme aber, die Kepler, den tief gläubigen Christen, im Innersten traf, ist von Württemberg ausgegangen: Daniel Hitzler, der mit dem Vollzug dieser Maßnahme Kepler böswilligem Gerede und schlimmen Verdächtigungen aussetzte und der ihm auch als Inspektor der Landschaftsschule gewisse Schwierigkeiten in den Weg legte, war ein Beauf¬ tragter der württembergischen Kirchenbehörde, die ihn 1610 als obersten Pastor nach Linz entsandt hatte. Die Mißhelligkeiten in Keplers Linzer Leben, die sich aus dem Vorgehen Hitzlers ergaben, können daher der Stadt Linz oder den ober¬ österreichischen Ständen so wenig zur Last gelegt werden wie die drückenden Sorgen, die dem großen Himmelsforscher zur Zeit seines Linzer Aufenthaltes aus dem Herenprozeß seiner Mutter erwuchsen; denn auch dieser schändliche Prozeß war eine württembergische Angelegenheit. Katharina Kepler, die nach Linz ge¬ flohen war, wäre in den Mauern dieser Stadt vor Gefängnis und Folterkammer geschützt gewesen; aber sie kehrte vorzeitig in ihre Heimat zurück, wohin ihr der berühmte Sohn in dem sicheren Glauben nachfolgte, durch persönliches Eingreifen ihre Sache zu einem guten Ende führen zu können. (Vor der Folterung und dem Scheiterhaufen hat er sie zwar gerettet, vor den Qualen aber, die ihr durch eine grausame, über ein Jahr andauernde Gefangenschaft und schließlich durch das schreckliche Vorzeigen der Marterwerkzeuge in der Folterkammer bereitet wurden, hat er sie nicht bewahren können.) — Was schließlich die Besetzung von Linz durch die Truppen der katholischen Liga und die Belagerung der Stadt durch die auf¬ ständischen Bauern betrifft, so ist es selbstverständlich, daß diese Fälle höherer Gewalt als störende und bedrohliche Ereignisse nicht nur Kepler, sondern allen damaligen Bewohnern von Linz Unruhe und Drangsal brachten. Abgesehen von einigen wenigen, glücklich beigelegten Zwischenfällen, kann den oberösterreichischen Ständen nicht nachgesagt werden, das Leben Keplers in Linz *) F. J. Proschko: Streifzüge im Gebiethe der Geschichte und Sage des Landes ob der Enns. II. Kepler in Linz. (Nach authentischen Originalquellen aus dem ständischen und Museal¬ Archive in Linz.) In: Vierzehnter Bericht über das Museum Francisco-Carolinum (Linz 1854). 8) In drei Briefen vom 29. 2. 1856, 29. 7. 1858 und 28. 8. 1864 an Gustav Heckenast und in einem Briefe vom 7. 7. 1863 an Amalia sowie im ersten, 1864 abgeschlossenen Band der Erzählung „Die Mappe meines Urgroßvaters“ (Letzte Fassung) gibt Stifter jener Meinung, die sich vor allem gegen die oberösterreichischen Stände richtete, erregten Ausdruck. Im Zu¬ sammenhang mit Kepler fällt im erstgenannten der vier Briefe an Heckenast das bedauerliche Wort vom „unseligen Linz“. 274

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