OÖ. Heimatblätter 1949, 3. Jahrgang, Heft 3

Oberösterreichische Heimatblätter Zunftwesens in Österreich auch in wesentlich ruhigeren Bahnen. Zu den schweren, gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen den erbeingesessenen Geschlechtern und den Zünften, wie sie in Deutschland in Erscheinung traten, ist es bei uns nicht gekommen. Immerhin nahm der Kampf zwischen dem Bürgertum und den Zünften auch in Österreich bisweilen bedrohliche Formen an. So kam es 1506 zwischen den Handwerkern von Steyr und den Ratsmitgliedern der Stadt zu einer ernsten Fehde, die erst 1511 mit der Niederlage der Handwerker ihr Ende fand. Im Verlauf dieser Auseinandersetzung drohten die Messerer, Klingenschmiede und Schleifer von Steyr in einer geheimen Versammlung, daß man zu den Waffen greifen, die Mitglieder des Nates aus den Fenstern werfen und alle erschlagen werde.Die Zünfte in Deutschland hatten letzten Endes stark politischen Charakter. Von politischen, blutigen Aktionen ist in den östereichischen Städten nichts zu bemerken, wenn auch in der Geschichte des österreichischen Handwerks ein berech¬ tigtes Streben nach Einfluß in der Stadtverwaltung gegenüber dem Bürgertum mit teilweisem Erfolg zu verzeichnen ist. So gelang es in Oberösterreich den Steyrer Messerern, durchzusetzen, daß zwei oder drei Meister ihres Handwerks im Rat der Stadt saßen. Dieser Erfolg ist schließlich nicht verwunderlich, denn im heimatlichen Ge¬ werbeleben nahm seit Jahrhunderten die Eisenverarbeitung den ersten Platz ein. Die großen Erzlager von Innerberg mußten auf die wirtschaftliche Entwicklung der an Steiermark anliegenden, oberösterreichischen Gebietsteile und vor allem des Bezirkes Steyr bestimmenden Einfluß ausüben. Infolge der verkehrsgeographischen Lage am Hauptausfuhrweg des Inner¬ berger Eisens, an der Wasserstraße der Enns und der „Eisenstraße“ Eisenerz Enns wurde Steyr Hauptsitz und Mittelpunkt des Eisenhandels und der Eisen¬ verarbeitung. Auch war die Stadt, was vielleicht noch schwerer wog, schon früh¬ zeitig Sitz eines Fürstengeschlechtes, denn die steirischen Ottokare erwählten die Styraburg, die seit 977 nachzuweisen ist, zu ihrer Residenz. Bis 1192 saß dieses Herrschergeschlecht in Steyr und so war diese Stadt neben Wien der einzige Ort in Österreich, in der dauernd ein Landesfürst weilte. Diesem Umstand ist es wohl in erster Linie zuzuschreiben, daß Steyr zum Stapelplatz für den gesamten Eisen¬ handel ausersehen wurde. Über das Zunftwesen in Steyr sind aus dem 14. Jahrhundert fast keine Ur¬ kunden auf uns gekommen. Trotzdem kann man annehmen, daß verschiedene Gewerbe, darunter natürlich auch die eisenverarbeitenden Handwerke damals mit Privilegien bedacht wurden, da ja Steyr im Mittelalter neben Wien die reichste Stadt Österreichs war. Sicher besaßen anfangs des 15. Jahrhunderts die Messerer ihre Handwerksordnung. 1488 ging bei einem Brand in Steyrdorf die Hand¬ werksordnung der Klingenschmiede zugrunde. 1565 erhielten die Feiler und Zirkel¬ schmiede, 1567 die Kaltschmiede, 1580 die Zweckschmiede ihre handwerklichen Frei¬ heiten bestätigt. Bis zu diesem Jahre waren die Zweckschmiede mit den Ahl¬ 234

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