OÖ. Heimatblätter 1949, 3. Jahrgang, Heft 3

Oberleitner: Zunftaltertümer des oberösterreichischen Eisenhandwerkes Zunstaltertümer des oberösterreichischen Eisenhandwerkes Von Dr. Hans Oberleitner (Linz) Zunft, Zeche, Innung, Handwerk, wie die Standesorganisation des Hand¬ werks mit verschiedenen Namen hieß, war ein Verband von Angehörigen desselben Handwerks oder verwandter Gewerbe zum Zwecke der Förderung gemeinsamer wirtschaftlicher und sozialer Interessen, eng verbunden mit religiösen Belangen. Die Entstehung der Zünfte liegt teilweise im Dunkel, da die urkundlichen Quellen für den Anfang nur sehr spärlich fließen. Für eine Reihe von Hand¬ werken ist als sicher anzunehmen, daß sie aus hofrechtlichen Verhältnissen, aus hofrechtlichen Handwerksämtern hervorgegangen sind, wie unter anderem Mummenhoff, Thoms und Schmoller ziemlich einwandfrei nachgewiesen haben. Sicher ist auch, daß viele Zünfte aus kirchlichen Vereinen, aus geistlichen Bruderschaften unmittelbar hervorgegangen sind. Den stärksten Auftrieb zum Entstehen der Zünfte gaben die neugegründeten Städte. Mit dem Hochkommen der Städte sind die Zünfte auf das engste ver¬ knüpft. Sie blühten mit ihnen empor, erreichten ihre größte Bedeutung in der Zeit, in der die Städte den Gipfel ihrer Macht erstiegen und verfielen mit ihnen allmählich. Die Städte haben die Gewerbe groß gemacht und die Gewerbe haben die Städte gehoben. Wenn auch dieser Umstand für das Emporkommen der Zünfte in erster Linie für Deutschland Geltung hat, so haben doch auch in Österreich die Städte für die Entwicklung des Zunftwesens Bedeutung gehabt, freilich nicht in dem Ausmaß wie dort, wo das Zunftwesen zur stärksten Machtentfaltung gelangte. Es ergeben sich bei einem Vergleich mit Deutschland einige allgemein gültige Merkmalsunter¬ schiede. Vor allem taucht der Name Zunft bei uns erst im 16. Jahrhundert auf, während im Mittelalter fast nur von „Zeche“ oder Bruderschaft gesprochen wurde. Auch später wird noch lange nicht einheitlich der Ausdruck Zunft gebraucht. Die Zünfte traten in Österreich auch viel später in Erscheinung als in Deutschland, weil bei uns die Städtegründungen erst zu einem Zeitpunkt einsetzten, in dem in Deutschland die Neugründungen von Städten bereits ihren Höhepunkt erreicht hatten. Erst 1212 erhielt Enns als erste Stadt Österreichs das Stadtrecht. Die Zünfte haben in Österreich auch nicht jene hohe wirtschaftliche Bedeutung erlangt wie in Deutschland, weil die österreichischen Städte schon durch die früh¬ zeitige Ausbildung des Landesfürstentums nicht zu jenem überragenden Macht¬ faktor geworden sind wie dort. Da in unseren Städten auch nicht jenes mächtige, selbstherrliche Patriziertum vorhanden war wie in den deutschen Hansastädten oder den mittel- und süddeutschen Städten, so bewegte sich die Entwicklung des 233

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