OÖ. Heimatblätter 1949, 3. Jahrgang, Heft 3

Bausteine zur Heimatkunde waren dort hohe französische Offiziere, darunter der Marschall Berangers ein¬ quartiert, der sich mit dem Prälaten sehr gut verstand. Im Zuge der durch Kaiser Josef II. angeordneten Klosteraufhebungen kamen viele Prälatenhäuser zur Veräußerung. Dem Stifte St. Florian blieb das Schicksal der Auflösung erspart; es mußte aber sein Linzer Stiftshaus im Jahre 1785 der Regierung zur Verfügung stellen, die dort Beamte der Kameral¬ Administration einquartierte 12). Der Propst erhielt im Hause des Stiftes Spital a. P. (Herrenstraße 14) eine Wohnung zugewiesen und konnte erst 1792 in das Stiftshaus auf der Landstraße wieder einziehen. Bis zum zweiten Weltkrieg blieb das Kloster St. Florian im ungestörten Besitze des Hauses, dessen 1. Stockwerk Stiftsherren bewohnten. Im Jahre 1941 wurden sie aus ihren Wohnungen verwiesen, die nationalsozialistische Partei nahm die Räume für ihre Zwecke in Anspruch. Der Kulturbeauftragte des damaligen Reichsstatthalters zog ein, später wurde auch eine Wohnpartei einquartiert. Den Bemühungen des Denkmalamtes ist es zu verdanken, daß der wohl aus geschäft¬ lichen Interessen erwogene Plan, ein neues Stockwerk aufzubauen, nicht zur Ausführung kam. Der harmonische Renaissancebau hätte dadurch nur gelitten. Am 5. Mai 1945 marschierten amerikanische Truppen in Linz ein und wenige Wochen später bezogen sie im Florianer Gebäude Quartier. Im Zuge der Rückerstattung entfremdeten Klostergutes hat nunmehr auch St. Florian sein altes Stiftshaus wieder zurückerhalten. Dr. Eduard Straßmayr (Linz) Rudolf Pöch und die Ossuarien im Lande ob der Enns Es war kurz nach der Gründung der Lehrkanzel für Anthropologie an der philosophischen Fakultät der Universität Wien, zu deren erstem Inhaber der Arzt, Pestforscher und Weltreisende Dr. Rudolf Pöch ernannt worden war. Mit den anthropologischen Instituten von München und Berlin war das eben gegründete Wiener Institut eines der ersten der deutschsprachigen und mitteleuropäischen Universitäten. Während die Probleme der geographischen Anthropologie und die der Formen und Heilungen der Pest den Forscher Rudolf Pöch in die weite Welt riefen, fesselten in der Heimat die Fragen der biologischen Anthropologie und die Stufen der Herausbildung der mitteleuropäischen, der österreichischen Bevölkerung sein weit¬ gespanntes Interesse. Für die Erstellung des Körperbildes früherer Geschlechter kommt — mit Aus¬ nahme der letzten zwei bis drei Generationen (Beginn der Photographie) — fast ausschließlich das Körperskelett als alleiniger Repräsentant in Frage. Daher war die Auswertung der in den Gebeinhäusern, Ossuarien, Karnern und Grüften 12) R. Hittmair, Der josefinische Klostersturm im Lande ob der Enns (Freiburg 1907), S. 258 und 291 ff. 255

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