Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr, März 1953

Alle. Rechte vorbehalten. Nachdruck nur mit Genehmigung des Kulturamtes der Stadt Steyr. Eigentümer, Herausgeber und Verlag: Magistrat Steyr, Kulturamt. Für den Inhalt verantwortlich: Dr. Erlesried Krobath. Druck: Vereinsdruckerei Steyr. Die Mittel zur Drucklegung vorstehender Beiträge wurden von der Kulturabteilung der o.-ö.^Landesregierung und der Generaldircktion der EnnSkraftwcrke zur Verfügung gestellt.

Steyr und seine Beziehungen zum innerbergischen Eisenwesen Dr. Irmgard Hack Auf einmaliger und einzigartiger Grundlage gewachsen war das inner- bergifche Eisenwesen im Laufe der Jahrhunderte durch eine Fülle von Einflüssen geformt und gestaltet worden. Die gewaltigen Erzmassen schienen unseren Vorfahren unerschöpflich, sie lagen in einer Ausdehnung von vielen hundert Klaftern offen am Tage, so daß der Schmelzprozeß verhältnismäßig einfach verlaufen konnte. Die dichten Waldbestände lieferten die nötige Holzkohle, die mit starkem Gefälle dahinschießenden Bäche boten reichliche und billige Wasserkraft. Die günstige geographische Lage des steirischen Erzberges gestattete sowohl den Abbau nach Süden als auch nach Norden. Zwei getrennte Zentren der Eisengewinnung und -Verarbeitung entstanden: nach Süden hin Bordernberg mit dem Verarbeitungsgebiet des Mur- und Mürztales und Leoben als Mittelpunkt, nach Norden hin Jnnerberg, das heutige Eisenerz, mit dem Verarbeitnngsgebiet des Enns tales und Steyr als Kernpunkt der Eisenindustrie und des Eisenhandels. Spärlich sind die Nachrichten über den Abbau am Erzberg vor dem 12. Jahrhundert?) Die Ottokare als Landesfürsten von Steiermark mit der Residenz in Steyr erkannten bald die gewinnbringenden Geschäfte, die aus der Eisengewinnung und -Verhandlung erwuchsen, als willkommene Einnahmsquelle und können als Förderer des Eisenwesens angesehen werden. Preuen- huber, der Chronist Steyrs, sieht schon für diese Zeit in der Eisenhandlung die Haupterwerbsquelle der hiesigen Bevölkerung. Aus dem Jahre 1197 sind im Zolltarif der kurz vorher entstandenen Donaumaut zu Stein Zollsätze für Eisen angeführt.") Nachdem die Habsburger Landesherren geworden waren, fand ein rascher Aufstieg im Erzbergbau statt, denn diese erzwangen als Oberherren des steirischen Erzberges die Einschränkung und dann die Einstellung aller anderen privaten Eisenbergwerke, wie sie in der Steiermark im Mariazeller Gebiet, im Waldviertel und in Oberösterreich entstanden waren?) Allerdings gelang es nie völlig, den privaten Unternehmungsgeist einzudämmen und noch am Ausgang des 17. Jahrhunderts hören wir von Gründungen solcher „Waldbergwerke" auf oberösterreichischem Boden, denen jedoch neben dem hoch in Blüte stehenden innerbergischen Eisenbergwerk geringe Bedeutung zukam; dieses muß seit dem 13. Jahrhundert als einer der mächtigsten Wirtschaftsfaktoren unseres Landes angesehen werden. Die technische Ausbeute am Berg erfolgte bis zum 15. Jahrhundert in den sogenannten Windhosen oder Rennherden, kleinen gemauerten Gruben in unmittelbarer Nähe des Erzberges. Der Schmelzvorgang war hiebei folgender: Eine bestimmte Menge Erz wurde mit Holzkohle niedergeschmolzen und das Feuer dann abgedämpft. Bei der Abkühlung bildete sich eine eisenreiche Oxyduloxydschlacke, die sich am Boden ansammelte und in Form eines Klumpens nach beendigter Schmelze aus dem Ofen gehoben wurde. 3

Eine Verbesserung der gesamten Anlagen mußte zwangsläufig mit der Einführung des Wasserradbetriebes erfolgen, da man nun an die Wasserkraft gebunden mar. Die Ausheizfeuer, „Radwerke", worin der eigentliche Schmelzprozeß und das Ausscheiden der Schlacke vor sich ging, wurden im 13. Jahrhundert in die Täler an Ufer von Bächen verlegt, wo die Wasserräder die nötige Kraft zum Antrieb der Blasbälge fanden?) Der Arbeitsvorgang in jenen Radwerken verlief seit dem 14. Jahrhundert mit geringen Verbesserungen bis Zur Mitte des 18. Jahrhunderts auf folgende Art: Das Erz, das dis Knappen mit Pferden zum Werk gebracht hatten, wurde sortiert, dann der mit Kohle gefüllte Ofen entzündet und geröstetes, auf Nußgröße zerkleinertes Erz nachgegeben. Es bildete sich zunächst eine schwere, eifenreiche Schlacke, in der sich Roheisen zu einem Stahlklumpen entkohlte. Auch flüssiges Roheisen, „Graglach", sammelte sich neben weiteren Abfallsorten an. Nach löstündiger Beschickung ließ man die Ofenglut niedergehen, stieß die Ofenbrust ein, so daß Schlacke und Roheisen abfließen konnten, und zog dann die „Maß", das ausgeschmolzene Endprodukt, in weißglühendem Zustand auf höchst gefahrvolle Weise heraus; dann wurde die Ofenbrust geschloffen und es begann eine neue Schmelze. Diese „Maß, Luppe oder Massa ferri" 'enthielt neben Eisen und Stahl eine große Menge von Schlacke und Holzkohle und mußte daher zur Gewinnung von Handelseisen nochmals ausgeheizt werden. Durch Ziehen mit Schlägeln wurde sie verdichtet, das am Rande befindliche Weicheisen weggeschlagen und in glühendem Zustand geteilt. Diese Arbeitsweise war bei den „Massen" der Rennäfen möglich, da diese verhältnismäßig klein waren. Im Laufe der Entwicklung war die Höhe der Deren bis zu 5 m gestiegen, so daß sich das Gewicht der Maß in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts bis auf 1000 kg erhöht hatte. Eine weitere Verarbeitung konnte daher mit dem Handhammer nicht mehr erfolgen, sondern auch hier mußte man die Hilfe des Wassers in Anspruch nehmen. Was also einstmals in einem einzigen Betrieb vor sich gegangen war, wurde nun getrennt: Es entstanden neben den Radwerken die „Hammerwerke", also die Ausheizfeuer für die in den Radwerken erzeugten Produkte. An Stelle der alten, noch teilweise mit den Radwerken verbundenen „Deutschhämmern" baute man nun die großen, schweren und langsam arbeitenden „Welschen Hämmer", die die Trennung von Eisen und Stahl vorzunehmen hatten. Die weitere Verarbeitung der feineren Sorten des Roheisens und Stahls erfolgte durch kleinere, leichtere und rascher gehende „Zainhämmer". In den Seitentälern des Ennsflusses erwuchsen jene Werkgaden, hier waren die notwendigen Voraussetzungen für die Produktion ge- aeben: Wasser in reicher Menge und Holzkohle, das dringend benötigte Feuerungsmaterial. Die Radmeister nahe am Berg, die Hammenmeister im Gebiet der Enns mit den Eisenhändlern und die Verleger zu Steyr entwickelten sich zu jenen drei Gliedern, auf deren Schultern in den folgenden Jahrhunderten die gesamte Eisenwirtschaft ruhte. Mit der Trennung der Prodnktionsstätten ergab sich auch eine Rationalisierung in der gesamten Eisen- und Stahlerzeugung, wie aus den einzelnen von der Regierung in den Eisenordnungen festgelegten Sorten zu ersehen ist. Die „Maß" enthielt neben den äußeren Schlackenteilen Schmiedeeisen, gegen den Kern zu eisenhältiaen „Zwizackstahl", also eine Mittelsorte zwischen Eisen und Stahl, und der Kern selbst bestand aus reinem Stahl; hier hatte man zwischen Vorderkern, Roh- und Rkitkelskahl .zu rmterscheiden. Der Dorderkernskahl lieferte die beste Qualität und wurde von den Hammerschmieden zu „Scharsachstahl"") in Stangen von 11—12 Pfund Gewicht ausgeschmieret oder an die „Gesellschaft des gestreckten Stahls" in Steyr") 4

f abgegeben, in deren Hämmern „gestreckter Stahl" hergestellt mürbe; das sind feine und elastische Stahlsorten, auch „Gärbstähle" genannt, die mehrmals unter dem Hammer ausgeschmvedet wurden und sich durch hervorragende Harre und Gleichmäßigkeit auszeichneten. Jener qualitativ hochwertigste Stahl, aus steirischem Erz gewonnen, stellte das Hauptexportgut innerbergtscher Handelsware. Aus Rohstahl erzeugte man in den Zainhämmern „gemeinen, gezainten" Stahl;') auch der von den Sensenschmieden so sehr begehrte „Mockstahl", eine Zwischensorte zwischen Eisen und Stahl, wurde aus diesem Rohstahl hergestellt. Mlkelstahl bildete das Ausgangsmaterial für „gezainten Frumbstahl""), „Vorderhackenstahl"") und „Frumbhackenstahl"; ersterer galt als Rohstoff für die Klingenschmiede und diese Stahlgatlung stellte mit dem „Zaineisen" zusammen das „Frumbwerk" für die Klingen- und Messerschmiede unseres Gebietes dar. „gerrennetfen“, das in den großen „welschen" Hämmern erzeugt wurde, bildete den Ausgangspunkt für „Stangen--, Flamm-, Hacken- und Klobeisen"; Wetcheisen wurde in den kleinen Hämmern zu „Zaineisen" in Stangen von 4—5 Pfund Gewicht verarbeitet, auch zu „Gatter- und Stegreifeisen": der Abfall des Weicheisens ergab Drahtziehereifen. Neben betn flüssigen „Graglach", das sich beim Stuckofenprozeh bildete, sammelte sich noch eine Menge anderer Abfallprodukte. „Waschwerk" wurde in den „Pochwerken"^) durch Zerkleinern und Waschen der Schlacke gewonnen, „Hart" ergab sich aus Tropfen und Zapfen, die an den Klumpen hingen und beim Zerkleinern der „Maß" abfielen; ebenso das „Bröckeleisen". Jene Abfallsorten wurden im 14. Jahrhundert im Tauschweg als Rückfracht den Lebensmittelhändlern der Proviantbezirke von Jnnerberg mit- gegeben und dort zu weichem Eisen und weiteren Gebrauchswaren verarbeitet. Diese „Proviantsorten" bildeten die Grundlage für die blühende Eisenindustrie des „Dreimärktebezirkes" um ©testen, Scheibbs und Purgstall und der Stadt Waidhofen an der Pbbs; es betrug ja doch der Anteil des Abfalleisens 15 bis 20 Prozent der Gesamtproduktion. Das Recht, Bergbau zu betreiben, war schon im 10. und 11. Jahrhundert in die Hände der Landesfürsten übergegangen; das Montanregal gab ihnen die gesetzliche Grundlage für die Eingriffe in sämtliche Belange des Bergwesens. Es war daher die Errichtung eines Rad- oder Hammerwerkes von der Genehmigung des Landesfürsten abhängig, die mit Zinsleistungen verbunden war und schon früh bildete der Bergbau in unserer Gegend eine Einnahmsquelle für den Landesherrn. Besonders die Wirtschaftspolitik der Habsburger läßt deutlich das große Interesse an bergbaulichen Fragen erkennen. Die staatliche Beeinflussung ist zwischen 1500 und 1800 am eifrigsten, in jener Zeit des Absolutismus, wo sich die Macht der Herrscher zur Allgewalt steigerte, wo der Staat durch Errichtung eigener Behörden den Gesamtverlauf des wirtschaftlichen Lebens zu regeln begann. Der Merkantilismus im absolut regierten Staat sollte das Volksver- tnbgen heben, durch richtige Ordnung des wirtschaftlichen Lebens sollte die beste Ausnützung der vorhandenen Möglichkeiten erzielt werden. Aus diesem Gesichtspunkt heraus ist auch das Eingreifen des Staates auf den Gebieten des Bergbaues zu erklären. Rationeller Betrieb am Erzberg, in den Rad- unb Hammerwerken und die Erträgnisse aus Eisenhandel und Eisenverarbeitung sollten mithelfen, die schweren politischen, sozialen und religiösen Krisen zu überwinden. Daher galt auch dem Eisenwesen in erster Linie staatliche Unterstützung, bedeutete doch „Eisenwürde" allgemeinen Wohlstand, „Eisenunwürde" Verfall des gesamten wirtschaftlichen Lebens. Je mächtiger nun der 5

Aufschwung des Eisenwesens, desto ergiebiger die Kameraleinnahmen für den Staat. Neben den schon erwähnten Zinsen und Abgaben der Gewerken") flössen der Kammer die Haupteinnahmen aus den verschiedenen Verkehrsgeldern, Waaggeldern, Aufschlägen, Mauten und Zöllen zu. An Land- und Wasserstraßen sorgten zahlreiche Mautstätten für Roheisen und oerschmiedeie Waren für beträchtliche Eingänge im Staatshaushalt. Verzeichnete in Kriegszeiten die Staatskasse Ebbe, dann wurde nicht immer maßvolle Mautpolilik betrieben und der Handel hatte die große Last zu tragen. Die Regierung mußte also in ihrem eigenen Interesse auf das Gedeihen- der Eisenwirlschaft bedacht sein und hatte sie wohl zu regeln. Daher überwachte sie das Eisen auf seinem ganzen Weg vom Erzberg bis über die Grenzen des Landes hinaus, staatliche Vorschriften und Kontrollmaßnahmen umspannten den gesamten Betrieb. Grundvoraussetzung für reibungslose Eisenerzeugung war das Vorhandensein von genügend Brennstoff für die Verhüttung und weitere Verarbeitung und genügend Lebensmittel für die im Eisenwesen beschäftigten Arbeiter. Hier setzte auch die staatliche Unterstützung ein. Ursprünglich machte die Versorgung mit Holzkohle keine Schwierigkeiten, der Waldreichtum schien unerschöpflich. Mit der Entwicklung der Eisenindustrie stieg auch der Holzbedarf rasch in die Höhe und der günstig gelegene Waldbestand reichte nicht aus. Neben Holzkohle für die Ausheizfeuer der Werkgaden brauchte man für die Verflößung von Eisen und Stahl/H für groß angelegte Rechen- und Fachwerksbauten riesige Mengen Holz. Hinzu trat der Mangel an genügend Weideflüche für die lebenswichtige Viehwirtschaft, so daß oftmals die Bauern große Waldbestände abholzten, und nicht selten trieben die Gewerken selbst Raubbau am so wichtigen Holzbestand. Bald hatte die Regierung die Wichtigkeit der Holzreserven für die Verarbeitung der Erzbestände erkannt; eine Reihe von Waldordnungen für die Eisenmirtschaft begegnet uns bis hinauf ins 19. Jahrhundert. Im Jahre 1499 trat die erste allgemeine Waldordnung für Vorder- und Jnnerberg in Kraft, wonach alle Hoch- und Schwarzwälder") der unmittelbaren Verfügung ihrer Besitzer entzogen und für den Bedarf der Rad- und Hammerwerke „gewidmet" wurden. Die Wälder in unmittelbarer Nähe des Erzberges blieben ausschließlich den Radwerken vorbehalten, also der Urproduktion. Die Hammermeister mußten sich verpflichten, nur aus jenen Wäldern Kohle und Holz zu beziehen, die nicht für die Radwerke von Jnnerberg bestimmt waren.") Auf diese Weise erhielt das innerbergische Eisenwesen fast alle Waldungen des mittleren und unteren Enns- und Salzatales bis Wildalpen zur Verfügung, was größtenteils auf Kosten des Stiftes Admont und der Herrschaft Steyr ging, deren Waldbesitz bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts praktisch enteignet war.") Trotz aller staatlichen Maßnahmen gab es zu allen Zeiten Klagen über Holzkohlen- mangel; erst am Ende des 19. Jahrhunderts wurde mit der Einführung der Steinkohlenfeuerung in unserem Gebiet eine grundigende Aenderung geschaffen und die gesamte Eisenerzeugung auf eine neue Basis gestellt. Nicht nur Holz und Kohle mußte ausreichend vorhanden fein, auch an Lebensmstkeln durfte im Eisenbezirk kein Mangel herrschen. Mit dem Aufschwung dieser Industrie war eine Selbstversorgung des Eisengebietes nicht mehr möglich, die Anbaufläche war zu unbedeutend, um die beträchtliche Menschenmenge zu ernähren. Mit der Proviantordnung Kaiser Friedrich III. vom Jahre 1490") versuchte der Staat durch Schaffung von „Proviantwidmungsbezirken" jene Probleme zu lösen. Bestimmte österreichische Täler hatten ihr überschüssiges Getreide, Schmalz und Vieh — die so wichtige Kartoffel war damals unbekannt — ausschließlich den ihnen zugewiesenen Montanbezirken zu festgesetzten, billigen Preisen zur Verfügung zu stellen. 6

Zu dem schon ermähnten „Dreimärktebezirk" von ©testen1, Scheibbs, Purg- ftaU und Waidhosen an der Pbbs kamen noch Steyr und Windischgarsten a'ie Lieferanten hinzu. Ein zwangsmähiger Berkehr zwischen dem Berg und jenen Gerieten war daher gegeben. Reivungsios ging jedoch dieser Austausch nicht vor sich; sei es nun die schädliche „Fürkäufelei", die jeden geregelten Ablauf unmöglich machte, oder die ungenügende Anlieferung in Kriegszeiten oder durch Mißernten entstandener ©etmöemangel17) — all dies wirkte hemmend auf giatte Abwicklung. Man versuchte im 16. Jahrhundert durch Errichtung von „Getreidekasten" jene Probleme zu lösen;18) hiev wurde das (Betreibe der Umgebung aufgespeichert und im Bedarfsfall an die „Wurzen" geliefert. Doch auch dieses System brachte nicht die letzte Regelung, ja konnte sie ebensowenig bringen wie im Waldwesen, da jedes System Zwang bedeutet und kein Anpassen an die augenblickliche Lage gestattet. Bon hier aus drang die staatliche Beeinflussung in den Kern der gesamten Erzeugung, in die Produktion selbst ein. Die Forderungen, die an die Erzeugung des rohen Eisens und des „geschlagenen Zeugs", d. i. geschmiedeten Stahls und Eisens, gestellt wurden, waren unter besondem Kontrolle gestellt. Genügende Menge in guter Qualität, die von der Regierung festgesetzt war, herzustellen, war die Verpflichtung jedes Gewerkens.1") Die Regierung ließ den Rad- und Hammermeistern größte Unterstützung angedeihen, forderte aber von ihnen höchste Pflichterfüllung; sie hatten „gueta und gerechte arbait" zu liefern, denn von der Arbeit in den Radwerken hing letzten Endes die weitere Erzeugung ab. Auch die Hammergewerken standen unter staatlicher Kontrolle, besonders die große Menge der Sorten wurde von der Regierung reduziert und in den Eisenordnungen festgelegt. Auch bile Anzahl der zum innerbergischen Eisenwesen gehörigen Hämmer war staatlich geregelt. So zählte man um 1498 gegen! 20 wälsche Hämmer,"') 1524 aber 49 große und 94 kleine Hämmer;"1) die Reformierung des gesamten Eisenwesens im Jahre 1583 setzte die Anzahl der innerbergischen Hämmer auf 47 fest, wovon 19 in Steiermark und 28 in Oesterreich lagen."") Die Hammerwerke wurden zur besseren Aufsicht in 4 Distrikte eingeteilt: 1. Lambach und Großreifling, 2. St. Gallen, Weihenbach und Laussa, 3. Weyer, Kleinreifling und Höllenstein, 4. Steyr und Reichraming."") Eigene Hammerschmiedeordnungen sollten hier die Produktion regeln. Aus Grund der Reformationsordnung von 1583 kam es zu neuer Aufgliederung der Eisenproduktion. Zunächst mußten alle 47 wälschen Hämmer mit Halbmassen versorgt werden, das sind für die 19 steirischen Hämmer jährlich 1800 Halbmaß, für die 27 österreichischen 4740; darauf sollten von ersteren 40.178 Zentner, von letzteren 60.250 Zentner Eisen und Stahl erzeugt werden. Es betrug demnach bi® wöchentliche Produktion eines Hammerwerkes durchschnittlich 75 Zentner; jede Steigerung war zum, Schutz der kleinen Werke verboten."1) Die Erzeugung von Frumbstahl und Zaineisen für Klingenschmiede und Messerer bedeutete eine ständige Sorge und bis tief ins 18. Jahrhundert hinein hören wir von Klagen über Zeugs- mangel. Daher erging schon im Jahre 1559 ein kaiserlicher Befehl an die Hammermeister von Weyer zur Vergrößerung ihrer Frumbstahlproduktion und die Höhe der Erzeugungspflicht pro Hammerwerk war auf 150 Zentner jährlich festgesetzt.'"") Jedoch die vorgeschriebene Erzeugungsmenge wurde trotz weiterer kaiserlicher Erlässe zum Schaden der Handwerker nie aufgebracht. Eine ständige Ueberwachung von Seiten des Staates erfolgte durch Zeichenzwang und Eisenbeschau."") Seit dem 15. Jahrhundert war es Pflicht jedes Meisters, seine Erzeugnisse mit einem Zeichen oder einer Marke zu versehen; es war sowohl „rauhes" als auch „geschlagenes" Eisen zeichenpflichtig. Die Radwerke führten einfache lineare Zeichen zur Signierung der „Maße"; 7

die Hammerwerke hatten meist zweierlei Marken im Gebrauch; die Haibmaß- zeichen und die Zeichen für geschlagenen Zeug. Erstere waren lineare Gebilde, dagegen wiesen die Zeugszeichen großen Formenreichtum, oft sogar künstlerischen Geschmack auf.27) Die Regierung fand jedoch eine Verschärfung bei der Güterkontrolle für angebracht und sicherlich nicht zu Unrecht, wie die vielen Klagen der Handwerker über „unguettes Zeug" beweisen. Noch ehe das Rohprodukt den Betrieb verließ, wurde es der amtlichen „Beschau" unterzogen, die durch den von der Eisenobmannschaft bestellten Eisenbeschauer vorgenommen wurde; dieser fügte nach Prüfung noch sein eigenes Zeichen hinzu; war die Qualität jedoch zu schlecht, gingen die Produkte in die Hämmer zurück. Auch die Gewichkskontrolle wurde vorgenommen. Die Eisen„maß" durfte eine bestimmte Größe nicht überschreiten, da sonst die Hammermeister nur schwer mit den „großen unförmigen Klumpen" hantieren konnten. Trotzdem kam es darüber oft zu Klagen. Gewissenhaftes Wägen war erste Pflicht und oftmals wurden Betriebsvisitationen vorgenommen, um besonders die Waageeinrichtung zu überprüfen.28) Die Verwaltung des gesamten Eisenwesens lag ebenfalls in staatlichen Händen. Schon Kaiser Maximilian hatte im Jahre 1497 einen obersten Bergrichter als Zentralorgan für das gesamte Bergwesen in den niederösterreichischen Ländern eingesetzt und 1517 eine Bergordnung erlassen, auf der lange Zeit das österreichische Bergrecht basierte. Die beiden Amtleute zu Inner- und Bordernberg erhielren nun durch schärfere Betonung des landesfürstlichen Regalrechtes erweiterte Macht; sie galten als Vertreter der Majestät und hatten das Recht, in allen Fragen zu entscheiden.28) Ein Stab von Unterbeamten stand ihnen zur Seite, wie Rechenschreiber, Rechenmeister, Roh- und Hammer- meisterwäger, Eisenbeschauer, Waldmeister u. a. m. Sie verwalteten die Amts- gefülle, regelten die Beziehungen zwischen Rad- und Hammermeistern und Verlegern, ja es war ihre Hauptaufgabe, eine klaglose Zusammenarbeit der drei Hauptglieder zu erreichen, die Finanzierung des Verlages zu überwachen und für ordnungsgemäße Eisenabnahme zu sorgen. Die Teilung der österreichischen Erblande in drei selbständig regierende Gruppen nach dem Tod Ferdinands 1564 brachte für die gesamte Verwaltung eine große Aenderung. Die landesfürstliche Aufsicht über das Eifenwesen wurde in zwei, oft von verschiedenen Interessen bewegten Zonen gespalten, nämlich die steirische mit ihrem Sitz in Graz und die ober- und niederösterreichische mit dem Sitz in Wien; es ergaben sich also zwei getrennte Verwaltungseinheiten,, was sich in der Folgezeit ungünstig auswirkte. Kommissionen und Vergleiche sollten dem Uebelstand abhelfen, doch erst im Jahre 1581 kam es auf Drängen von Erzherzog Karl von Steiermark zur Gründung der „Eisenhandlungscompagnie zu Steyr"8") Schon 1584 wurde eine eigene Eisenobmannschaft zu Steyr als landesfürstliche Aufsichtsbehörde für die dortigen Eisenleute geschaffen, der „Eisenobmann" war für alle Fragen, die das Eisenwesen betrafen, zuständig, wie: die Hammerwerke mit ihren Arbeitern, Eisenhandelsgesellschaft zu Steyr, die dortigen Verleger der Messerer, Nagelschmiede, Sensen- und Sichelschmiede, die große Zahl der Eisenarbeiter selbst, die Eisenkammer, Eisenschiffahrt und anderes mehr?7) Bis zur Gründung der Innerberger Hauptgewerkschaft 1625 blieb die Verwaltung getrennt, jedoch wurde die angestrebte Vereinheitlichung der Eisenproduktion und des Eifenhandels durch die Errichtung einer neuen landesfürstlichen Zentralbehörde, des „Kammergrafenamtes", ergänzt. Dieses war der steirischen Regierung in Graz unterstellt, während der Eisenobmann von Steyr in Wien seine vorgesetzte Behörde hatte. 8

Wie keine andere Stadt im Lande ob der Enns war gerade Steyr bestimmt, im innerbergischen Eisenwesen eine dominierende Stellung einzunehmen, ja sie galt durch viele Jahrhunderte hindurch als Herzkammer jenes Wirtschaftsgebietes. Ihre günstige geographische Lage am Verein der Enns und Steyr, am Rande der nördlichen Kalkalpen, barg die Voraussetzung für weitere Entfaltung und Ausdehnung. Schon im 10. Jahrhundert hören wir von der „Styrapurch", die sich aus dem Felsen beim Zusammenfluß der beiden Gebirgs- gewässer erhebt?-) Die „tragenüen" Wasser der Enns und die „treibenden" Wasser der Steyr waren schicksalbestimmend für die Zukunft der Stadt. Die hervorragende Verbindung der Stadt mit dem Erzberg war durch die Wasserstraße der Enns selbst gegeben, wo auf billige Weise Eisen und Stahl zur Donau, der Hauptverkehrsader unseres Landes geführt wurde. Dem Lauf der Enns folgte Hügelauf und hügelab in unzähligen Windungen die „Eisenkammerstraße", die Zufahrtsstraße in das Gebiet der 'Eisenwurzen. Beide Wege waren von unschätzbarem Werte für Steyrs wirtschaftliche Entwicklung. An den Ufern der smaragdgrünen Steyr und ihrer Seitenarme entstanden die „Zeugstätten" im Wehrgraben bis hinaus nach Unterhimmel, wo die Wasserräder für Schleifen, Hämmer und Mühlen ihre Antriebskraft fanden. Aber auch die Straße entlang der Steyr bis nach Klaus war von großer Wichtigkeit. Der Ort bekam durch diesen Zugang den Weg über den Pyhrnpaß in seine Hand. Die Pyhrnstraße, die von den Römern als kürzeste Querverbindung durch die östlichen Alpen zwischen Ovilava und Virunum angelegt wurde, war die einzige Handelsstraße, die im Verkehr mit Venedig erlaubt war. Ihre bindende Macht und Bedeutung blieb den Herren von Steyr nicht verborgen und diese trachteten daher, möglichst großen Einfluß auf den Handelsverkehr über diesen Paß zu erzielen. Die Erfolge dieser Bestrebungen gipfelten in der Bestellung Steyrs zum Kontrollorgan der über den Pyhrn verhandelten Waren im Jahre 1370?3) Zu jenen günstigen natürlichen Voraussetzungen kamen die Vorzüge in politischer Hinsicht. Hier in Steyr lag die Residenz der Landesfürsten, der Otto- kare, die im 12. Jahrhundert schon Eisenhandel und Eisenhandwerk förderten; sie hielten als Herren von Steiermark auf der Burg zu Steyr, dem Mittelpunkt ihres ausgedehnten Besitzes, Hof. Macht und Ansehen der Stadt blühte während ihrer Regierungszeit empor, „ja ihnen verdankt sie ihre Entstehung und Größe"?H Steyr war die erste Stadt des Landes, die „Dingstatt", jener Ort, wo Recht und Gericht gehalten mürbe?5) Enns, die erste Handelsstadt und auch Münzstätte der Landesherren, konnte sich Steyr gegenüber nicht durchsetzen und wurde von dieser überflügelt. Die prächtige Hofhaltung der Herren von Steyr band viele Vasallen an ihren Hof, der Adel wuchs beträchtlich an und somit war die Forderung nach größerer gewerblicher Betätigung gegeben. Schon für diese frühe Zeit stellte Preuenhuber die volle Abhängigkeit der Stadt vom „Eysen-werck" fest, „darvon die Stadt ihr ursprünglich aufnehmen und den Bürgern daselbst ihre meiste Nahrung und Vermögen zugewachsen ist"?") Als Haupterwerbsquelle galt die Eisenhandlung, d. h. die Verhandlung von geschlagenem Eisen und Stahl. Es konnte sich also schon in jenen Zeiten der Eisenhandel als führendes Gewerbe in Steyr behaupten, der besonders durch die Landesfürsten gefördert wurde und für diese eine bedeutende Einnahmequelle darstellte. Man hatte die günstigen Bedingungen in handelspolitischer Hinsicht bereits im 11. und 12. Jahrhundert bestens genützt und es wurde gewohnheitsmäßig der Brauch, was im 13. Jahrhundert verbrieft und besiegelt wurde. 9

Mit betn „großen Freiheiksbrief" Herzog Albrecht I. vom 21. August 1287 war Steyrs führende Stellung irrt Eisenhandel gesetzlich verankert worden?') Das Fundament für die mächtige Entfaltung in späteren Zeiten war geschaffen. Durch die Verleihung des Stapelrechtes auf alles Eisen, das aus dem Innerberg gewonnen und nach Norden verführt wurde, galt die Stadt offiziell als Zentrum des innerbergischen Eisenwesens und hatte als solches anerkannt zu werden. Was also bis zu diesem Zeitpunkt „Herkommen" und Brauch war, wurde nun durch die Schrift festgehalten und niedergelegt; dies war der Zweck des Freiheitsbriefes. Es sollte also kein neues Recht hier geschaffen werden, sondern schon innegehabte Vorrechte sollten gesichert und geschützt werden. Bestimmend jedoch war die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Ortes, die die tatsächliche Anwendung dieser Rechte bedingte. Das Stapelrecht als solches war seinem Wesen nach ein Mittel zur Ausschöpfung einer fiskalischen Einnahmsquelle für eine bestimmte Ware, daher geschah seine Verleihung in erster Linie wegen der wirtschaftlichen und finanziellen Vorteile. Die Stadt Steyr zog durch das Stapelrecht auf Eisen den größten und unmittelbarsten Gewinn, die Erträgnisse des Handels wurden ja wesentlich bereichert und vergrößert. Die Stadt besaß die Möglichkeit des günstigen Stahl- und Eiseneinkaufes und erzielte großen Einfluß auf die Preisfestlegung. Ab nun sollte den Steyrer Bürgern zu billigem Preise, den zwei ehrsame Ratsbürger festsetzen mußten, das Eisen drei Tage lang zum Verkauf angeboten werden; erst nach Ablauf Der „große Freiheiksbrlef" von 1287. 10

dieser Frist konnte es der Besitzer verknusen, wohin er wollte. Somit war auch die Basis für die Eisenverarbeitung geschaffen, denn günstige Bezugsbedingungen für Rohstoff bilden die Grundlage für jede Industrie. Außerdem erhielt die Stadt Mautfreiheit für alles Eisen, das nach der Stadt geführt und innerhalb von zwei Meilen um die Stadt ge- oder verkauft wurde?") Die Handels-. beziehungen Steyrs wurden durch diesen Freiheitsbries wesentlich gefördert: - die Bürger der Stadt erhielten Ermäßigungen der Abgaben aus den nach Venedig, Wien und Ungarn führenden Handelswegen und auch im Reich hatten die Steyrer nur geringe Mautsätze zu bezahlen?") Daß sich aus jener Auszeichnung Steyrs vor anderen Städten lokalpolitische Folgen ergaben, ist nur zu verständlich. Da mit dem Stapelrecht auch das Straßenrecht verbunden war, griff jenes auch auf andere Städte über und wurde zum Sonderrecht mit tief einschneidenden Wirkungen für den interlokalen Handelsverkehr. Mit magnetischer Kraft zog Steyr alles von Jnnerberg nach Norden geführte Eisen an sich, beherrschte die Handelsbeziehungen feiner Nachbarorte, die es mit Hilfe dieses landesfürstlichen Vorrechtes überflügeln konnte. Die Kämpfe Steyrs mit den Orten der näheren Umgebung um das Niederlagsrecht auf Eisen und Stahl sind nur zu verstehen aus der großen Bedeutung dieses Rohstoffes für unser Land; wäre dessen Wert unerheblich gewesen, so hätte man keine kostspieligen Kämpfe darum geführt. Waidhofen an der Zbbs beherbergte eine blühende Eisenindustrie und betrieb weit ausgedehnten Eisenhandel, ja diese Stadt stand Steyr ebenbürtig gegenüber. Mit der Verleihung des Stapelrechtes für Eisen an die Stadt Steyr trat jedoch eine Wendung -ein: Waidhofen verlor seine alten gepflogenen Rechte und wurde vom gesamten Eisenhandel ausgeschaltet. Daß dies nicht mit einem Schlag geschehen konnte, liegt auf der Hand. Ein jahrhundertelanger erbitterter Kampf entbrannte zwischen diesen beiden Eisenstädten und erst gegen Ende des 16. Jahrhunderts konnte Steyr feine gefährliche Nebenbuhlerin tatsächlich als besiegt ansehen. Und warum gelang es nicht Waidhofen, dieses Vorrecht zu erlangen? Die Gründe find in der territorialen Zugehörigkeit dieser Stadt zu suchen, denn Waidhofen unterstand nicht dem österreichischen Landesherrn, sondern dem Bischof von Freising. Eine Förderung von Handel und Gewerbe in Waidhofen würde einen erheblichen Verlust an Mauteinnahmen für den österreichischen Fürsten bedeutet haben! Mit besonderem Nachdruck befahlen diese daher immer wieder, das Eisen nach Steyr, „der gewöhnlichen Mautstatt", zu bringen.40) Der direkte Bezug aus Jnnerberg war den Waidhofnern also verboten mit Ausnahme dessen, was sie im Tauschweg gegen Lebensmittel von der Wurzen beziehen durften, was aber nur einen Teil des tatsächlichen Be- \ . barses darstellte. Das Eisen mußte also von den Hammerwerken kommend, auf f ! der Enns nach Steyr geführt werden; hier durfte es dann erst ausgeladen und verzollt über Weyer oder Aschbach nach Waidhofen gebracht werden. Jeder Versuch der Waidhofner, diese harte Regelung zu beseitigen, scheiterte an der eifersüchtigen Aufmerksamkeit der Steyrer Kaufleute. Ersteren wurde 1371 verboten, mehr Eisen aus Eisenerz zu führen, als sie zur Versorgung ihrer eigenen Handwerker selbst brauchten?4) Die Waidhofner erhofften sich durch die Vereinigung der in 7 Handwerke getrennten Schmiede in die St. Johanniszeche durch Bischof Johann von Freising wirksame Abwehr gegen all die erlassenen Verordnungen; doch das Gegenteil trat ein: Straßenzwang und Stapelrecht Steyrs verschärften sich noch mehr?") Steyr stützte sich in all den Streitigkeiten mit seiner größten Konkurrenz- stadt aiuif die 1287 erhaltenen Vorrechte, die Kaiser Maximilian anerkannte und zu Gunsten Steyrs auch entschied. Am 18. Jänner 1501 fanden die Verhandlungen mit einem Sieg dieser Stadt ihren Abschluß?0) Der Eisenhandel 11

mar von nun an den Waidhafnern nur im Umkreis van 3 Meilen gestattet; alles übrige aber, das sie nicht zur Versorgung dieses Bezirkes brauchten, sollten sie beim „Kasten"") aus das Wasser legen und nach altem Herkommen auf der Enns nach Steyr führen. Diesen Bestimmungen entgegen trieben die Waid- hofner auch außerhalb des genannten Bezirkes Handel und es folgte nach vorausgegangenem Prozeß der beiden Städte bei der niederösterreichischen Regierung im Jahre 1568 die neuerliche Bestätigung der Vorrechte Steyrs?') Die Entscheidung Maximilians blieb also aufrecht, der lange Kampf endete trotz aller Anstrengungen mit einem Mißerfolg der Waidhofner: der ausschließliche Vertrieb des innerbergischen Eisens blieb das Monopol der Handeln- Herren von Steyr; diese Stadt war auch weiterhin die „landesfürstlich privilegierte Niederlagstatt für Eisen und Stahl aus Jnnerberg".") Gleichzeitig mit den Bestrebungen der Schmiede von Waidhofen gingen ähnliche Versuche im Steyrtal vor sich. Die Sensenschmiede, die mächtigsten Elsengewerken im Krems-, Steyr- und Teichltal, organisierten sich und schlossen sich zu einer Zunft zusammen. Ihr Sitz mar in Kirchdorf-Micheldorf. Auf diese Weise wollten sie sich beim Eisenbezug von Steyr lösen und selbst die Geschäfte mit den Hammerherren tätigen. Jedoch der Versuch mißlang. Herzog Ernst verbot den Sensenschmieden im Jahre 1410 den selbständigen Eisenbezug;") sie blieben weiterhin von den Steyrer Händlern abhängig. Hier wie dort suchten sich die Gewerke durch Zusammenschlüsse zu stärken, um dem Vorrecht Steyrs besser entgegentreten zu können; ihr Widerstand wurde durch landes- fürstliche Machtsprüche gebrochen. Die Bürger der Stadt Enns trieben ebenfalls selbst Eisenhandel und wollten 1483 die Steyrer zwingen, ihr Eisen in Enns niederzulegen. In dem anschließenden Streit siegten die Steyrer: sie wurden von der Maut in Enns ganz befreit und hatten als einzige rechtmäßige Mautftütte auf dem Weg nach Linz nur Ebelsberg anzuerkennen.") Der Markt Weyer hatte am Ende des 14. Jahrhunderts neben Steyr als Eisenort große Bedeutung; seine günstige Lage nahe der Enns bildete die Grundlage zur Entwicklung einer blühenden Eisenindustrie. Weyer beherbergte eine der innerbergischen Hammerwerksstellen, war also Zentrum für die Verarbeitung von Roheisen zu geschlagener Hammerware. Im Jahre 1384 wurde jedoch diese Vormachtstellung gebrochen;") laut Schiedsspruch Herzog Albrechts mußten die Weyrer ebenso wie die Waidhofner alles Eisen, das sie zur weiteren Verarbeitung aus den Hammerwerken, die größtenteils in nächster Umgebung lagen, beziehen wollten, zuerst nach Steyr bringen. Hier hatten sie dies den Bürgern drei Tage lang zu wohlfeilem Preise feilzubieten und erst nach Ablauf dieser Frist Konnten sie ihre Waren nach Belieben weiter verhandeln oder dem eigenen Gebrauch zuführen. Seit dieser Zeit trat Weyer als Konkurrenz Steyrs zurück und war vom Eisenhandel gänzlich ausgeschaltet; der Ort blieb aber bis tief hinein in das 18. Jahrhundert und auch noch im 19. Jahrhundert Verarbeitungszentrum von Roheisen zu Stahl und Eisen. Ebenso erfolglos blieb auch der Streit des Abtes von Admont mit Steyr; auch er mußte sich dem Straßenzwang und Stapelrecht der Stadt fügen.50) Mit landesfürstlicher Hilfe gelang es der Stadt steyr immer wieder, die Angriffe auf ihre Vorrechte siegreich abzuwehren, sie konnte sich durchsetzen und als Knotenpunkt des innerbergischen Eisenwesens behaupten. Ihre wirtschaftliche Bedeutung stieg weit über die lokalen Grenzen empor, das Eisen machte Steyr zur Handelsmetropole im Lande ob der Enns, deren Verleger und Händler bis ins 18. Jahrhundert hinein die Geschicke des innerbergischen Eisenwesens in ihren Händen hatten und von hier aus lenkten. 12

Steyr am Ende des 16. Jahrhunderts. Organisation und Abwicklung des Eisenhandels Ueber die älteste Art des Eisen-bezuges fehlt uns jede Nachricht. Erst das Privilegium von 1287 gibt uns einige Aufschlüsse. Die Radmeister, später dann die Hammermeister hatten mit ihren Waren zum Stapelplatz Steyr zu kommen, dort mußten sie das „Geschlagene Zeug" den dortigen Bürgern drei Tage lang zum Kauf anbieten; was nicht verkauft wurde, konnten sie weiter verhandeln. Da aber der Transport auf der Enns, dem reißenden Gebirgs- wasser, sehr gefährlich war, das Risiko beim Flößen also sehr hoch lag, wurde es üblich, daß die Händler Steyrs das Eisen von den Hämmern selbst abholten und von der Stadt aus weiter verhandelten. Zu diesem Zweck fanden sich meist alle Monate die Eisenhändler oder ihre Bevollmächtigten in den Hammerwerken ein, um das für sie bereitliegende Eisen zu „heben"; dies mußte sofort bar bezahlt werden.'') Der Eisenbezug lag also in privaten Händen, war frei und der Handel jedem Steyrer Bürger gestattet. Im Laufe der Zeit bildeten sich jedoch feste Bezugsformen für Eisen und Stahl zwischen den Hammermeistern und Eisenhändlern, die in „Verlagsverträgen" festgelegt waren und bereits im 15. Jahrhundert nachgewiesen werden können. 13

Die Gründe für deren Ausbildung find in den Schwierigkeiten der Betriebsverhältnisse selbst zu suchen: die Qualität des Erzes war nicht immer gleich, Erz-, Kohle- und Lebensmitteltransporte gestalteten sich besonders im Winter sehr schwierig; Ueberschwemmungen, Lawinen und Feuerkatastrophen legten oft wochenlang ein Werk still; auch politische Verhältnisse wirkten sich lähmend auf Erzeugung und Absatz aus. Jene Bürden und Risiken konnte der Gewerke auf die Dauer allein nicht tragen, es war ihm unmöglich, den Betrieb mit eigenen Mitteln aufrecht zu erhalten. Er brauchte eine hilfreiche Hand, die ihm das nötige Betriebskapital gewährte. Diese Hand bot ihm der Verleger, mit dem es zum Abschluß jener Verlagsverträge kam. Diese Verträge regelten das gesamte Verlagsverhältnis, also die Rechte und Pflichten der Erzeuger und Händler wurden niedergelegt. Ein Rad- oder Hammermeister empfing von einem Geldherrn, der selbst Hammermeister oder Händler sein konnte, einen bestimmten Barbetrag in guter Landeswährung, den „gewissen" Verlag, der im voraus zu bezahlen war. Außerdem erhielt der Meister einen monatlichen Zusatz zur Bestreitung der laufenden Auslagen, das „Fürlehen",das im Gegensatz zum gewissen Verlag verzinst werden mußte; dies diente dem Gewerken zum Ankauf von Kohle und Lebensmitteln. Von entscheidender Wichtigkeit war die bare Bezahlung durch die Händler, die oft an ihre ausständigen Schulden erinnert werden mußten. Nur mit „gutem Geld, das gerecht, gib und geb ist" und nicht durch andere „Pfenn- werte" durfte die Ware bezahlt werden. Nur bei „ehehafter Not" oder „redlicher Ursache" wurde den Händlern 10—14 Tage Zahlungsaufschub gewährt, ansonsten waren sie verpflichtet, das geschlagene Zeug monatlich abzuholen und bar zu bezahlen. Die Hammermeister hatten als Gegenleistung ein bestimmtes Quantum Eisen in „ordentlicher Blähung und Waschung" zu liefern, durften den „Zwizach" nicht für Stahl verkaufen, die „Kloben" nicht zu grob schroten und verbrennen und hatten jede Gattung „Vasil und Ringeisen" mit dem Hammermeisterzeichen zu merken. Lieferte ein Meister schlechte Qualität, so war er verpflichtet, dem Händler den Schaden zu ersetzen. Den Verlegern aber war das „Ausklauben" verboten, wodurch das schlechte Eisen zurückbleiben würde, sondern mußten „Gattung zu Gattung nehmen". Pünktlich mußten diese die Ware „heben und wägen" lassen, auch in Zeiten mit schlechter Aussicht auf Absatz. Der Gläubiger konnte sich am beweglichen Gut, aber auch an Werksobjekten und am Gesamtvermögen des Schuldners schadlos halten. Die Kündigungsfrist war ein halbes Jahr vor Ablauf des Vertrages. In diesen Verlagsverträgen wurde alio genau Anweisung geaeben über das Verhältnis der einzelnen Hammermeister zu den Verlegern, über die Herstellung der geschlagenen Ware und die Liefer- und Zahlungsbedingungen aenau festgelegt; über die Einhaltung dieser Verträge hatte der Innerberger Amtmann zu wachen. Da an die Stadt Steyr das Recht auf solche Verlagsverträge geknüpft war, konnten nur Steyrer Eisenhändler innerbergische Hammermeister verlegen, also nur jenen durften die Gewerken das Eisen gegen Vorschußzahlungen verkaufen. Die Hammermeister selbst verlegten wieder einen Teil der Radmeister; der Rest von diesen empfing sein Verlagskapital direkt aus den Händen der Steyrer Händler, die selbst oft Hammerwerke betrieben. Der Kaufmann setzte also durch jeine Kapitalinvestition Rad- und Hammerwerke in Bewegung. Er sicherte laufenden Absatz durch regelmäßigen Eisenbezug ohne Rücksicht auf augenblickliche Schwierigkeiten am Markt. Dieses System war gedacht als Rückgrat des in der Eisenerzeugung herrschenden Kleinbetriebes, der unter schwierigsten Verhältnissen bis zur Gründung der Innerberger Hauptgewerkschaft im Jahre 1625 ohne Stütze einer Kollektivorganisation arbeiten mußte. 14

Jedoch nicht immer bewährte sich die Monopolstellung der Steyrer Eisenhändler, sondern es gab oftmals Klagen und immer wieder mußten deswegen landesfürstliche Verordnungen regelnd eingreifen. Es ist ganz selbstverständlich, daß sich die Händler trotz Verpflichtung auf gleichmäßige Eisenabnahme nach den Möglichkeiten des Absatzes richteten, mit dem sie auf auswärtige Käufer angewiesen waren. In guten Zeiten versuchten die Handelsleute daher durch Angebot höherer Verlagsgelder die Gewerken zu ködern,verlegten nicht nur Hammerwerke, sondern auch Radwerke und teilten das dort erzeugte Roheisen den ihnen genehmen Hammerwerken willkürlich zu. Die reichen Hammerwerke waren daher oft überbeschäftigt, die ärmeren Hammermeister dagegen erhielten keine Verleger und mußten bei diesem einträglichen Geschäft abseits stehen. Je mehr Verläge nun ein Händler in seiner Hand vereinigte, desto größeren Druck.konnte er auf Erzeugung und Belieferung ausüben. Auch die Kapitalskraft der Eisenhändler untereinander stand durchaus nicht auf gleicher Höhe; eine kleinere Gruppe von Reichen schloß die Aermeren vom Eisenhandel immer mehr aus; es ergab sich dadurch eine ungleichmäßige Verteilung des Roheisens und dies war auch der Grund für das sehr bedenkliche Bezugs- und Vertriebsmonopol der Verleger. Gerade diese Tatsachen verursachten große Unordnung und schädliche Auswirkungen im gesamten Eisensystem, das auf den mittelalterlichen Grundsätzen einer möglichst gleichmäßigen Beschäftigung aller Werkstätten aufgebaut war. Rad- und Hammermeister wendeten sich schon 1518 vergeblich gegen das Verlagsmonopol der Steyrer, aber keine Kommission und Ordnung konnte Abhilfe schaffen, denn der Grundfehler des Verlagswesens lag in seiner allzu großen Starrheit und der geringen Anpassungsfähigkeit an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der einzelnen Betriebe. Daß beim gesamten Eisenbezug die jeweilige wirtschaftliche und finanzielle Lage der Stadt eine wesentliche Rolle svielte, ist ja selbstverständlich. Zeiten höchster Rot, in denen das gesamte Wirtschaftsleben darniederlag, wirkten sich angesichts der zentralen Stellung der Stadt als Mittelpunkt des Eisenhandels neben den inneren Ungleichheiten lähmend aus. So stand es in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, als Kaiser Friedrich III. die Herrschaft Steyr an Jörg von Stain verpfändete, besonders schlechtest Durch ein Zerwürfnis zwischen diesen beiden kam es zur furchtbaren Verwüstung der (Stabt; außerdem verarmte die Gemeinde durch hohe Steuerzahlungen, Kriege mit Böhmen und Ungarn störten den ruhigen Handelsverkehr und anfangs der 70er Jahre lag die Stadt völlig erschöpft darnieder.55) Auch die einstmals reichen Eisenhändler waren arm geworden, konnten die Waren nicht regelmäßig von den Hämmern holen und das ganze Stiftern drohte zusammenzubrechen. Die Hammermeister hatten viel geschlagenen Zeug in ihren Werken liegen, der nicht abgeholt wurde, und gerieten dadurch in äußerste Rot. Sie strebten „freie Handlung und Fürfahrt zu. Steyr mit dem Eysn und Stahl" an und brachten dieses Anliegen vor den Kaiser.56) Tatsächlich erreichten sie das Gewünschte, jedoch nur für die Dauer von Kriegszeiten; nach einigen Jahren, als sich die Laae der Stadt wieder gebessert hatte, wurde diese Erlaubnis hinfällig und die Steyrer gelangten wieder in den vollen Besitz ihrer Freiheiten. Sehr ungünstig wirkte sich eine Absatzstockung um 1570 sowohl bei den Rad- als auch bei den Hammermeistern aus; es fehlte am nötigen Geld zur Fortführung der Werke und sie kamen in die Gefahr, ihre Betriebe einstellen zu müssen. Richt mit Unrecht wurden die mächtigen Verleger zu Steyr, in deren Händen der gesamte Eisenbezug und die alleinige Weiterverhandlung lag, des Eigennutzes beschuldigt und mußten viele Vorwürfe über sich ergehen lassen. Unter solchen Umständen zog sich mancher Eisenbürger vom 15

Handel zurück und es wurden Stimmen laut, welche verlangten, daß die Führung des Eisenhandels aus den Händen der einzelnen Händler in den Besitz der Stadt Steyr übergehen sollte.57) Die habsburgische Länderteilung von 1564 wirkte sich ungünstig für das Eisenwesen aus. Die Steyrer Verleger begünstigten bloß die österreichischen Hammerwerke und ließen die steirischen ohne h.nre.chenden Verlag, so daß diese dauernd unter unregelmäßiger Eisenabnahme zu leiden hatten. Erzherzog Karl, der sich sehr um das steirische Eisenwesen verdient gemacht hatte, legte nun dem Kaiser dar, daß auf die Dauer von privater Seite keine regelmäßige Eisenabnahme und sichere Einhaltung der Verträge erwartet werden sönne.58) Der Erzherzog erklärte, den Verkehr mit Steyr ganz abbrechen und sich um andere Verleger umsehen zu wollen, wenn es dort nicht zur Bildung einer eigenen „Gesellschaft der Eisenhandlung" mit Teilnahme der ganzen Stadt käme. Die „Ordnung und Abtheilung der Hammerwerke im Lande Oesterreich und Steyr" durch Kaiser Maximilian II. und Erzherzog Karl von Oesterreich vom Jahre 1570 kann als letzter Versuch angesehen werden, die ersehnte Ordnung herzustellen; er schlug jedoch fehl.58) Die Eisenhändler von Steyr teilten kraft ihrer Monopol-Stellung nach ihrem persönlichen Gutdünken und wirtschaftlichen Vorteil das Roheisen weiter auf und handelten somit gegen die jüngst erlassene Ordnung. Die gesamte Eisenhandlung lag zu dieser Zeit in der Hand weniger Verleger, die, oftmals auf Kosten der Hammergewerke und der kleinen Eifenhandwerker der Stadt selbst große Vermögen erworben hatten. Es war in der Tat eine Aenderung notwendig. So hatte Bürgermeister Daniel Straffer 70.000 fl beim Eisenwesen liegen, fast ebenso hoch beliefen sich die Verlagseinlagen der Ratsbürger Benedikt Aettl, Wolf Gutprodt untr Gothart Händl und ein großer Teil der Hammermeister war vollkommen von den Genannten abhängig. Die Forderung des Erzherzogs rief unter solchen Umständen bei der mächtigsten und im städtischen Leben einflußreichsten Schichte größte Ablehnung und heftigste Gegenwehr hervor. Trotz allem konnte Erzherzog Karl die Gründung der „Compagnie oder bürgerlichen Eisenhandlungsgesellschast von Steyr" im Jahre 1581 durchsetzen, die als hiesiges bürgerliches Gewerbe unter Garantie der Stadt geführt wurde.5") Bürgermeister, Richter und Rat von Steyr hatten selbst die Leitung, die alle Geschäfte in ihrem Namen führten; man erhoffte sich sowohl beim Eisenbezug, als auch bei der Stellung der Verlagsgelder schon dadurch gewisse Sicherheit. Die Führung der Amtsgeschäfte oblag 4 „Oberpersonen", von denen 2 Mitglieder des inneren Rates sein mußten. Der Buchhalter, der jährlich über Eingang und Ausgang, also Empfang und Wiederverhandlung von Eisen und Stahl Rechnung legen mußte, wurde von diesen kontrolliert; außerdem waren noch 2 Kassiere für die Regelung der finanziellen Geschäfte im Amt. Vier „Zeugsempfaher", die von den Hammermeistern Eisen und Stahl in Empfang nahmen, Kontrakte mit den Gewerken abschlössen, Gelder einhoben und die Ware nach Steyr brachten, wurden ebenfalls von der Gesellschaft beschäftigt. Insgesamt standen zwölf Beamte in ihren Diensten, die während ihrer Amtszeit ihre bürgerlichen Aemter und Gewerbe aufzugeben hatten. Nach der Compagnieordnung von 1581 sollten alle Eisenverleger, die ihr Gut in der Eisenhandlung liegen hatten, dies in die „Masse der Gesellschaft und der gesamten bürgerlichen Eisenhandlung" kommen lassen; es erlosch somit die Handelsgerechtigkeit der einzelnen Mitglieder und die Compagnie übernahm selbst die Monopolstellung. Weiters war jeder Steyrer Bürger, der mindestens 100 fl Einlage bezahlte, im Rahmen der Compagnie am Eisenhandel beteiligt. Trotz dieser Begünstigung für die Steyrer Bevölkerung, wodurch die geschlossene Klasse der Eisenhändler gesprengt werden sollte, blieben weiter16

hin neben Kaufleuten aus den „Lsgorten" und dem Deutschen Reich die Eisenhändler der Stadt wichtige Darlehensgeber, die der Compagnie beträchtliche Summen vorstreckten.^) Die bisherige Höhe des Verlages von 192.800 fl wurde nach Prüfung zu gering befunden und ein Betrag von 266.500 fl errechnet, den die Stadt aufzubringen hatte. 100 fl pro Kopf war die kleinste Einlagesumme, die alle 4 Jahre verändert werden durfte; reichte aber das Einlagekapital nicht aus und schien der Eisenbezug nicht gesichert, sollte Geld gegen Zinsen mit „Vorwissen der erfahrenen Stadträte" aufgenommen werden. Die Ausbezahlung des Gewinnes sollte jedem Gesellschafter je nach der Höhe seines Leggeldes jährlich gewährleistet werden. Um die Ueberleitung der privaten Handlung in eine Gesellschaft ordnungsgemäß durchführen zu können, mußten die Eisenhändler mit ihren Hammer- meistern genaue Abrechnung treffen und anzeigen, wieviel jeder bei seinem Hammer an geschlagenem Zeug liegen habe; Frist für diese Bestandsaufnahme war bis Martini 1562 (11. XL), bis dahin eine „kleine Interims Compagnie Ordnung" die Geschäfte regeln sollte; dann erst trat die „große Ordnung" in Kraft?-) Erst im Jahre 1583 konnte den privaten Handelsleuten, die mit großem Gewinn den Handel geführt und das Heft nicht aus der Hand geben wollten, auf Betreiben der kaiserlichen Kommission durch das „Eifen-Refor- mations Capitulationslibell" der Eisenhandel entzogen werden.^) Aller inner- bergischer geschlagener Zeug, Schienen, Pfluigblech und dergleichen Eisensorten mußten von jetzt an an diese Gesellschaft geliefert werden und durften weder an einen anderen Orl noch an hiesige Privatpersonen in großer oder kleiner Menge abgegeben werden. Eine Ausnahme bildete nur der „Vorderkernstahl", dessen Verlag schon seit 1516 durch eine Gesellschaft vor sich ging, die von den Hämmern direkt diesen Stahl bezog und in ihren eigenen Werken diesen zu feinen Sorten verschmie«dete?H Von diesem Zeitpunkt an war also niemand mehr berechtigt, Handel mit geschlagenem Eisenzeug zu treiben, die einzelnen großen Verlagshäuser, deren Geschäfte mit Innerberger Waren nur durch landesfürstlichen Ordnungen in bestimmte Bahnen gelenkt waren, mußten zu Gunsten der gesamten Bevölkerung auf ihre Vorrechte verzichten; dies lag keineswegs im Interesse ihrer Handelspolitik. Aber nicht nur Händler, die durch die Gründung einer AG, die die Compagnie ja verkörperte, geschädigt waren, nahmen eine ablehnende Stellung ein, sondern es meldeten sich Stimmen, die allgemein gegen den schädigenden Einfluß von großen Kapitalgesellschaften Stellung nahmen. Der flammende Protestbrief des Bergwerkssachvsrständigen Hanns Steinberger aus Schlad- ming an den Stadtschreiber von Steyr Heber vom 28. Mai i580 sollte Mahnung und Warnung sein vor dieser „unheilvollen und gefährlichen Neuerung", deren Gründung nur als Maßnahme gegen den krassen Eigennutz einiger habgieriger Handelsleute erfolgen mutzte, die ihre Bürgerpflichten mißachtet und so die alten Vorrechte für die Stadt in Gefahr gebracht hatten?H Als warnendes Beispiel führt Steinberger die Gesellschaften von Hall in Tirol, Aussee und Gastein an, die anfangs fest begründet waren, doch bald zerfielen, da wenige nur ihren eigenen Nutzen und Vorteil im Auge hatten, Aermere drückten und zu Grunde richteten, so daß statt 1000 Beschäftigten heute nur mehr 300—400 erhalten werden könnten. Nach Steinbergers Meinung fei nur eine kleine Gesellschaft bis zu vier Bürgern zweckmäßig und bilde auch keine Gefahr. da sie monopolistische Absichten nicht verwirklichen könne und selbst ihre Auslösung keinen größeren Schaden verursache. Die verderblichen Folgen einer großen Kapitalgesellschaft, wo viele ihr Geld einlegten und jährlichen Gewmn daraus zögen, seien sehr groß; besonders die Jugend würde dadurch zur Ar- beitsunlust und Bequemlichkeit erzogen, Fleiß und Tüchtigkeit würden fremde 2 17

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