Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr, März 1953

Eisenhandel im Rahmen der Innerberger Hauptgewerkschaft in die Hand zu bestimmen. Die schon zu Beginn des Frühkapitalismus zu beobachtende Tendenz zur Ansammlung der wirtschaftlichen Macht in der Hand weniger Bürger und Großkaufleute erhielt neuerliche Stärkung. Diese wenigen Händler, Unternehmer im großen Stil, waren die Financiers der Gewerkschaft, die selbst immer mehr verarmte und vor dem Zusammenbruch stand, während diese vom merkantilistischen Geist erfüllten Handelsherren Werte anhäuften. Man mußte radikalere Mittel anwenden als im Jahre 1583, wo keine Ausschließung der reichen Bürger vom Eisenhandel erfolgte, sondern diese im Rahmen der Eisenhandlungsgesellschaft weiter ihre Geschäfte tätigen konnten. Es folgte im Jahre 1669 die vollständige Unterstellung der Gewerkschaft unter das Kammergrafenamt; somit waren die Handelsleute von den einträglichen Geschäften ausgeschlossen und die Gewerkschaft übernahm selbst den Handel. Der einst mächtige Stand der Eisenhändler trat nun in den Hintergrund und erreichte in kommenden Jahrhunderten nie mehr jene große Macht und Bedeutung, die er in vergangenen glänzenden Zeiten besessen hatte. Die Bedeutung des Eisenhandels für die Stadt Steyr. Als Zentrum des gesamten innerbergischen Stahl- und Eisenhandels erwuchs Steyr zum Knotenpunkt für die gesamte Eisenindustrie unseres Landes. Die Stadt selbst war der Mittelpunkt für die eisenverarbeitenden Handwerker, die hier die nötigen Voraussetzungen für weitere Entwicklung und Ausdehnung fanden. Es gibt kaum ein Eisenhandwerk, das nicht in oder um Steyr seinen Sitz gefunden hätte und sich hier mächtig entfaltete. In dieser Stadt befand sich die „Hauptmesserwerkstätte" der österreichischen Länder, deren Erzeugnisse seit dem Mittelalter Weltruf aenossen; Sensen-, Sichel- und Nagelschmiede betrieben ihr Gewerbe in nächster Umgebung, die durch ihre Qualitätswaren bis in die neueste Zeit bestens bekannt waren. Feilhauer, Ahlschmiede. Büchsenmacher, Drahtzieher, Eisengschmeidler, Gabelmacber, Frimwerkschlosser, Huf- und Hammerschmiede, Klinaenschmiede, Lettschlosser, Nadler, Neigerschmiede, Ringmacher, Rohrschmiede, Schwertschmiede, Scherenschmiede, Zweck- und Zirkelschmiede, Zeugschmiede und Zmeckschlosser — sie alle fanden hier gesunde und günstige Lebensbedinaunaen. Die Stadt selbst lebte vom Eisen, Eisenhandel und -Handwerk stellte für den größten Teil der Bevölkerung die nöstge Erwerbsquelle dar; sie schufen das Fundament für die mächtige Entfaltung der Stadt, aalten als Kernvunkte im städtischen Leben; ihrem Einfluß hatte sich Wirtschaft, Kultur und Bolitik zu beuaen. Steyr hatte als Verlaasstadt die Verpflichtung, die ihm zugewiesenen Bezirke mit dem dringend benötigten Rohstoff zu versorgen. Hier liefen alle Fäden zusammen und von diesem Ort aus knüvfte man neue Verbindungen an. Die Stadt war der Treffpunkt für die Gewerken <nts dem Krems-, Steyr- und Teichltal. die Stabl und Eisen für die Sensenwerke be.zoaen. deren Erzeugnisse in aller Welt bekannt und beaehrt waren. Die kleinen Landschmiede der Umgebung, die Klinaenschmiede von Kleinraming und Dambacb, die uralte Mes- serer-Jnnuna aus Steinbarb an der Steyr, die Naaelschmiede des Ennstales, sie alle mußten nach Steyr, um die für ihre Arbeit notieren Einkäufe zu tätigen. Aucki die Eilenbändler der österreichischen Legorte, besonders Rreiftabt, Krems und Wels, kamen oft nach Steyr, um an Ort und Stelle ihre Geschäfte zu erledigen. Mit dem bedeutenden Ausstieg von .fiandel und Landwerk aus den lokalen Grenzen konnte sich die Stadt als .Wandels- und Ervort.zentrum von inner- beraischem Stahl unb Eisen und Steyrer Eisenwaren behaupten; als solche 48

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2