Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr, März 1953

Die Gründe für deren Ausbildung find in den Schwierigkeiten der Betriebsverhältnisse selbst zu suchen: die Qualität des Erzes war nicht immer gleich, Erz-, Kohle- und Lebensmitteltransporte gestalteten sich besonders im Winter sehr schwierig; Ueberschwemmungen, Lawinen und Feuerkatastrophen legten oft wochenlang ein Werk still; auch politische Verhältnisse wirkten sich lähmend auf Erzeugung und Absatz aus. Jene Bürden und Risiken konnte der Gewerke auf die Dauer allein nicht tragen, es war ihm unmöglich, den Betrieb mit eigenen Mitteln aufrecht zu erhalten. Er brauchte eine hilfreiche Hand, die ihm das nötige Betriebskapital gewährte. Diese Hand bot ihm der Verleger, mit dem es zum Abschluß jener Verlagsverträge kam. Diese Verträge regelten das gesamte Verlagsverhältnis, also die Rechte und Pflichten der Erzeuger und Händler wurden niedergelegt. Ein Rad- oder Hammermeister empfing von einem Geldherrn, der selbst Hammermeister oder Händler sein konnte, einen bestimmten Barbetrag in guter Landeswährung, den „gewissen" Verlag, der im voraus zu bezahlen war. Außerdem erhielt der Meister einen monatlichen Zusatz zur Bestreitung der laufenden Auslagen, das „Fürlehen",das im Gegensatz zum gewissen Verlag verzinst werden mußte; dies diente dem Gewerken zum Ankauf von Kohle und Lebensmitteln. Von entscheidender Wichtigkeit war die bare Bezahlung durch die Händler, die oft an ihre ausständigen Schulden erinnert werden mußten. Nur mit „gutem Geld, das gerecht, gib und geb ist" und nicht durch andere „Pfenn- werte" durfte die Ware bezahlt werden. Nur bei „ehehafter Not" oder „redlicher Ursache" wurde den Händlern 10—14 Tage Zahlungsaufschub gewährt, ansonsten waren sie verpflichtet, das geschlagene Zeug monatlich abzuholen und bar zu bezahlen. Die Hammermeister hatten als Gegenleistung ein bestimmtes Quantum Eisen in „ordentlicher Blähung und Waschung" zu liefern, durften den „Zwizach" nicht für Stahl verkaufen, die „Kloben" nicht zu grob schroten und verbrennen und hatten jede Gattung „Vasil und Ringeisen" mit dem Hammermeisterzeichen zu merken. Lieferte ein Meister schlechte Qualität, so war er verpflichtet, dem Händler den Schaden zu ersetzen. Den Verlegern aber war das „Ausklauben" verboten, wodurch das schlechte Eisen zurückbleiben würde, sondern mußten „Gattung zu Gattung nehmen". Pünktlich mußten diese die Ware „heben und wägen" lassen, auch in Zeiten mit schlechter Aussicht auf Absatz. Der Gläubiger konnte sich am beweglichen Gut, aber auch an Werksobjekten und am Gesamtvermögen des Schuldners schadlos halten. Die Kündigungsfrist war ein halbes Jahr vor Ablauf des Vertrages. In diesen Verlagsverträgen wurde alio genau Anweisung geaeben über das Verhältnis der einzelnen Hammermeister zu den Verlegern, über die Herstellung der geschlagenen Ware und die Liefer- und Zahlungsbedingungen aenau festgelegt; über die Einhaltung dieser Verträge hatte der Innerberger Amtmann zu wachen. Da an die Stadt Steyr das Recht auf solche Verlagsverträge geknüpft war, konnten nur Steyrer Eisenhändler innerbergische Hammermeister verlegen, also nur jenen durften die Gewerken das Eisen gegen Vorschußzahlungen verkaufen. Die Hammermeister selbst verlegten wieder einen Teil der Radmeister; der Rest von diesen empfing sein Verlagskapital direkt aus den Händen der Steyrer Händler, die selbst oft Hammerwerke betrieben. Der Kaufmann setzte also durch jeine Kapitalinvestition Rad- und Hammerwerke in Bewegung. Er sicherte laufenden Absatz durch regelmäßigen Eisenbezug ohne Rücksicht auf augenblickliche Schwierigkeiten am Markt. Dieses System war gedacht als Rückgrat des in der Eisenerzeugung herrschenden Kleinbetriebes, der unter schwierigsten Verhältnissen bis zur Gründung der Innerberger Hauptgewerkschaft im Jahre 1625 ohne Stütze einer Kollektivorganisation arbeiten mußte. 14

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2