Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr, März 1953

Wie keine andere Stadt im Lande ob der Enns war gerade Steyr bestimmt, im innerbergischen Eisenwesen eine dominierende Stellung einzunehmen, ja sie galt durch viele Jahrhunderte hindurch als Herzkammer jenes Wirtschaftsgebietes. Ihre günstige geographische Lage am Verein der Enns und Steyr, am Rande der nördlichen Kalkalpen, barg die Voraussetzung für weitere Entfaltung und Ausdehnung. Schon im 10. Jahrhundert hören wir von der „Styrapurch", die sich aus dem Felsen beim Zusammenfluß der beiden Gebirgs- gewässer erhebt?-) Die „tragenüen" Wasser der Enns und die „treibenden" Wasser der Steyr waren schicksalbestimmend für die Zukunft der Stadt. Die hervorragende Verbindung der Stadt mit dem Erzberg war durch die Wasserstraße der Enns selbst gegeben, wo auf billige Weise Eisen und Stahl zur Donau, der Hauptverkehrsader unseres Landes geführt wurde. Dem Lauf der Enns folgte Hügelauf und hügelab in unzähligen Windungen die „Eisenkammerstraße", die Zufahrtsstraße in das Gebiet der 'Eisenwurzen. Beide Wege waren von unschätzbarem Werte für Steyrs wirtschaftliche Entwicklung. An den Ufern der smaragdgrünen Steyr und ihrer Seitenarme entstanden die „Zeugstätten" im Wehrgraben bis hinaus nach Unterhimmel, wo die Wasserräder für Schleifen, Hämmer und Mühlen ihre Antriebskraft fanden. Aber auch die Straße entlang der Steyr bis nach Klaus war von großer Wichtigkeit. Der Ort bekam durch diesen Zugang den Weg über den Pyhrnpaß in seine Hand. Die Pyhrnstraße, die von den Römern als kürzeste Querverbindung durch die östlichen Alpen zwischen Ovilava und Virunum angelegt wurde, war die einzige Handelsstraße, die im Verkehr mit Venedig erlaubt war. Ihre bindende Macht und Bedeutung blieb den Herren von Steyr nicht verborgen und diese trachteten daher, möglichst großen Einfluß auf den Handelsverkehr über diesen Paß zu erzielen. Die Erfolge dieser Bestrebungen gipfelten in der Bestellung Steyrs zum Kontrollorgan der über den Pyhrn verhandelten Waren im Jahre 1370?3) Zu jenen günstigen natürlichen Voraussetzungen kamen die Vorzüge in politischer Hinsicht. Hier in Steyr lag die Residenz der Landesfürsten, der Otto- kare, die im 12. Jahrhundert schon Eisenhandel und Eisenhandwerk förderten; sie hielten als Herren von Steiermark auf der Burg zu Steyr, dem Mittelpunkt ihres ausgedehnten Besitzes, Hof. Macht und Ansehen der Stadt blühte während ihrer Regierungszeit empor, „ja ihnen verdankt sie ihre Entstehung und Größe"?H Steyr war die erste Stadt des Landes, die „Dingstatt", jener Ort, wo Recht und Gericht gehalten mürbe?5) Enns, die erste Handelsstadt und auch Münzstätte der Landesherren, konnte sich Steyr gegenüber nicht durchsetzen und wurde von dieser überflügelt. Die prächtige Hofhaltung der Herren von Steyr band viele Vasallen an ihren Hof, der Adel wuchs beträchtlich an und somit war die Forderung nach größerer gewerblicher Betätigung gegeben. Schon für diese frühe Zeit stellte Preuenhuber die volle Abhängigkeit der Stadt vom „Eysen-werck" fest, „darvon die Stadt ihr ursprünglich aufnehmen und den Bürgern daselbst ihre meiste Nahrung und Vermögen zugewachsen ist"?") Als Haupterwerbsquelle galt die Eisenhandlung, d. h. die Verhandlung von geschlagenem Eisen und Stahl. Es konnte sich also schon in jenen Zeiten der Eisenhandel als führendes Gewerbe in Steyr behaupten, der besonders durch die Landesfürsten gefördert wurde und für diese eine bedeutende Einnahmequelle darstellte. Man hatte die günstigen Bedingungen in handelspolitischer Hinsicht bereits im 11. und 12. Jahrhundert bestens genützt und es wurde gewohnheitsmäßig der Brauch, was im 13. Jahrhundert verbrieft und besiegelt wurde. 9

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