Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr, März 1953

keltische Ableitungsendung bei Siedlungsnamen und bedeutet ungefähr das gleiche wie unser Wort -darf. Der Mann, der dieses Keltendorf besessen hatte, hieß Caurios; dies ist ein mehrfach bezeugter keltischer Eigenname. Lauriakom ist dann wörtlich genommen ein Lauriusdorf. Auch die Flußnamen Enns und 3pj stammet! speziell aus dem Keltischen. Die Enns heißt im 8. Jahrhundert urkundlich Änifa; -isa, -usa ist eine keltisch-illyrische Flußnamenendung und kehrt z. B. wieder bei der benachbarten Ibbs, ahd. 3bufa; der Wortstamm anos ist gleichfalls keltisch und besagt das gleiche wie unser Wort Sumpf. Enns ist demnach der keltische Sumpffluß. 3pf wieder weist auf ein keltisches Epia zurück; epos ist das gleiche Wort wie lateinisch equus, also das Pferd, Epia ist dann der Roßbach. Er ist so tief, daß man bei Hochwasser gerade zu Pferd noch durchreiten kann. Weil wir schon beim Namen Steyr sind, fragen wir: Hat auch die Siedlung Steyr, die an der Mündung des gleichnamigen Flusses in die Enns liegt, bereits zur Keltenzeit Stiria geheißen oder führte die Siedlung als solche damals einen anderen Namen? Bestimmtes wissen wir darüber nicht, mir können nur vermuten. Aus Grund der Seitenstücke in der Umgebung ist es unwahrscheinlich, daß man auch die Siedlung schon immer so benannt hat. Wohl sehen wir in der Nachbarschaft seit der Zeit der deutschen Landnahme allenthalben Flußbezeichnungen zu Siedlungsnamen werden; sie beziehen sich meistens auf Dörfer und Städte, die an der Mündung des Flusses liegen. Indessen haben noch zur Römerzeit gerade die wichtigsten unter diesen Siedlungen andere Bezeichnungen geführt als der Fluß. So hieß etwa zur Römerzeit, um nur zwei Beispiele zu nennen, unsere Bundeshauptstadt oder richtiger gesagt die dortige Keltensiedlung Vindobona, das ist wörtlich übersetzt wahrscheinlich das Besitztum des keltischen Mannes Vindos, der Weiße. Der jetzige Name Wien geht vom Fluß aus, von der Men; er führt seinerseits zurück auf ein keltisches Vedunia, das ist der Waldbach; der Wienfluß selbst entspringt tatsächlich in einem großen, zusammenhängenden Waldgebiet, im Wiener Wald. Der heutige Name Salzburg ist zusammengeschrumpft aus einem älteren Salzachburg, das ist die Burg an der Salzach; zur Römerzeit aber hieß auch diese Siedlung anders, nämlich 3uvavum. Es gibt noch mehrere solcher Fälle. Das gleiche war vielleicht auch bei der alten Keltensiedlung in Steyr der Fall gewesen. Wie sie dann tatsächlich genannt worden war, das wissen wir nicht; vielleicht findet sich dereinst in Lauriacum, wo jetzt eifrigst nach Römerfunden gegraben wird, eine Inschrift, die Aufklärung darüber gibt. Zur Zeit der bairischen Landnahme wurden an den Flußmündungen größere befestigte Siedlungen zu Verteidigungszwecken angelegt. So wurde Enns demgemäß in althochdeutscher Zeit Enisaburg genannt, und auch unser Steyr hieß in seiner ersten Nennung Llirapurg des 10. Jahrhunderts, also Steterburg, die Burg an der Steyr. Im Namen Salzburg ist dieses Grundwort -bürg bis heute beibehalten. Die Kurzform Slira kam erst im Hochmittelalter auf. Und nun fassen wir die Römerzeit namenkundlich ins Auge. Wir wissen aus zahlreichen Ausgrabungen von einer gewaltigen Kulturentfaltung der römischen Kaisermacht in den spätantiken Städten, also während der Zeit, als das Land Norikum einen Teil des Römischen Imperiums gebildet hatte. Viele Soldaten lagen in der Grenzstadt Lauriacum gegen die kriegerischen Markomannen in Garnison, der heilige Florianus war ein solcher römischer Legionär, der wegen seines Bekenntnisses zum Christentum der glaubwürdigen Legende nach in die Enns geworfen wurde und als Märtyrer ertrank. Auch einen ansehnlichen Beamtenstab gab es, daneben geschäftstüchtige Kaufleute und Händler und wichtige Repräsentationsgebäude von Staat und Stadt. 71

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