Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr, März 1953

sorgen hatten. Der Burggraf von Steyr hatte den Rat in der Vertretung der flämischen Privilegien zu unierstutzen. Parallel mit dem Äusschwung des Eifen- wefens vollzog fict) aury die termeummg des Rates: der „junge Rat" wurde eingesetzt, der mit Hilfe der fünfzig „Genannten" den „älteren Rat" bei der Leitung der Geschäfte an die Hano zu gehen hatte; im besonderen lag die Regelung des Eijenverlages in feinen ipünöen.171) Es mar jedoch in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts nicht möglich, die alte Ordnung aufrecht zu erhalten; Kriege mit Lohmen und Ungarn, die Verpfändung Steyrs an Jorg von Stain und der damit verbundene wirtfchaftticye Notstand brachten die stadt bis an den Rand des Abgrundes. Zahlreiche Bürger waren ausgewandert, viele Häuser standen verlasfen und leer und die zurückbleibenden Händler sahen sich außerstande, den Elfenverlag fortzuführen. Es ergingen daher wiederholte Aufforderungen an den Rat, die Bürger zur Abholung ihres Eisens von den Hammerwerken zu verhalten, wo sich große Mengen von geschlagenem Zeug angesammelt hatte, das auf Verhandlung wartete?7") Jedoch der Rat war angesichts der trostlosen wirtschaftlichen Verhältnisse nicht in der Lage, dies durchzusetzen. Auch viele Bürger, die Eisenhandel betrieben hatten, waren ausgewandert, „unbehauste und fremde" hatten sich des Handels bemächtigt. Ein Handelsverbot für diese rief eine gefährliche Gärung unter der Stadtbeoölkerung hervor, so daß diese Regelung schon im nächsten Jahr gemildert werden musste.173) Seit diefer Zeit war jeder, der 24 Pfund Pfg. in seinem Besitz hatte, berechtigt, Handel zu treiben; diese Summe wurde von den meisten beim Rate eingelegt und daraufhin die Bewilligung für den Eisenhandel erteilt.174) Im ganzen 16. Jahrhundert galt diese Bestimmung als Grundbedingung für die Erlangung der Handelsgerechtigkeit in Steyr. Die Aufhebung des Handelsmonopols der Stadt hatte zur Folge, daß sich zahlreiche ausländische Handelsleute, die hier bereits Warenlager errichtet hatten, des Eisenverkehrs bemächtigten; sogar Adelige und Prälaten trieben jetzt Handel mit Holz und Eisen, und die Steyrer selbst zeigten immer weniger Interesse am Eisenhandel.1"') Eine Neuorganisation der städtischen Verwaltung sollte auch eine Besserung im Verlagswesen der Stadt ergeben; im Jahre 1499 wurde ein Bürgermeister als Haupt der Gemeinde eingesetzt, dem älteren und jüngeren Rat ein Kollegium von achtzehn Genannten beigegeben, die bei den Marktgeschäften zu fungieren hatten.173) Der so verstärkte Rat verfaßte für den Betrieb von Handel und Gewerbe eine neue Ordnung, über die uns leider keine Nachrichten erhalten sind. Die tatsächliche Durchführung dieser Satzungen gelang erst nach jahrelangem Kampf mit der „Gemain", die die Mitwirkung in der Stadtverwaltung und im Eisenhandel durchsetzen wollt«. Das soziale Problem stand hier im Vordergrund: auf der einen Seite bildeten die Ratsgeschlechter, die zugleich den Eisenhandel führten, eine geschlossene Klasse, ihnen gegenüber versuchten die zahlreichen Eisenhandwerker Einfluß auf die Stadtgeschäfte und Beteiligung am Handel zu gewinnen. Das Ergebnis dieser vom Jahre 1506—1511 dauernden Streitigkeiten, die uns der Steyrer Chronist Valentin Preuenhuber mit dramatischer Gestaltungskraft schilderte, blieb für die Eisenhandwerker ohne Erfolg. Die Ratswahl ging auch weiterhin ohne Vertretung aus der „Gemain" vor sich und die Ratsgeschlechter sicherten sich dadurch die alleinige Herrschaft im Stadt- regiment; Eisenhandel und Leitung des städtischen Lebens lagen in einer Hand vereint. Da aber die Handwerker in Steyr einen mächtigen Faktor in der Stadtwirtschaft darstellten, hat sich im Laufe der Entwicklung ihre Stellung gebessert und im 16. Jahrhundert sehen wir einige bedeutende Messerer im Rate der Stadt.177) 41

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