Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr, März 1953

Die Besiedlung der Umgebung von Steyr im Lichte der Ortsnamen Univ.-Prof. Dr. Eberhard Kranzmayer Der zweite Teil des vorliegenden Aufsatzes wird uns mit jenem uralten Zeitabschnitt der Vor- und Frühgeschichte unserer vergangenheits- und kulturreichen Steyrer Heimat, über welcher uns die schriftlichen Geschichtsquellen nur schattenhaft Unklares ober nichts mehr berichten, bekannt machen. Um die Lücken auszufüllen, springen zwei Wissenschaftszweige ein. Erstens ist es die Archäologie oder Altertumskunde, die in unseren Gegenden schon vorwiegend mit Ausgrabungen und deren kritischer Beurteilung arbeiten muß, und ihre ältere Schwester, die Prähistorie oder Urgeschichtsforschung, die auf solche Bodenfunde allein angewiesen ist. Zweitens ist es die Ortsnamenforschung. Wir wollen uns mit den Leistungen der Namenkunde für die Vor- und Frühgeschichte unseres Landes befassen und zeigen, was sie auf diesem Gebiete kann. Leichter haben es vor dem großen Publikum entschieden die Archäologen und Prähistoriker. Diese können mit konkreten, mit handgreiflichen und sichtbaren Dingen aufwarten, mit alten Fundgeräten, mit ausgegrabenen Baulichkeiten und, wenn sie besonderes Glück haben, sogar mit mehr oder weniger aufschlußreichen Inschriften aus uralter. Zeit. Das kann die Ortsnamenforschung nicht. Diese muß leider mit abstrakterem Material arbeiten, das man nicht mehr sieht und greift, sondern nur hört und oft nicht einmal das, denn die heute gesprochenen und gedruckten Namen müssen überdies sprachgeschicht- lich weit zurück nach den Sprachgesetzen umkonstruiert werden, bis sie jene Urform annehmen, die endlich eine nach allen Seiten hin befriedigende Erklärung und Deutung gestattet: wir würden dafür sage'n, die Etymologie des Namens. All das ist nicht mehr zu sehen und zu fühlen. Die meisten Leute wissen überhaupt nichts davon, wie wicktia für die älteste Geschichte jedes Landes und jeder Gegend die Ortsnamenforschung wird. Dennoch wollen wir ia alle möglichst viel wissen über die Geschickte unserer Heimat. denn dieses Wissen um die Vergangenheit erfüllt uns mit Stolz auf sie. Man darf mit Freude sagen, daß unser kleines Oesterreich sick aerobe auf dem Gebiete der Ortsnamenforschung in der Well einen internationalen Ruf errungen hat und daß es in der Namenskunde seit einem halben Jahrhundert eine rühmliche Stellung einnimmt. Wie gelangt aber die Ortsnamenforschung zu diesen historisch brauchbaren Resultaten? Das zu zeiaen und den methodischen Weg klarzulegen, fällt in den ersten Teil meiner Ausfübrungen. Sonst versteht man die Ergebnisse i.i ihren Fundamenten nickt. Es ist ein schwerer und umständlicher, aber ourfi ein recht interessanter Weg. Ist denn die Ortsnamenforschunq nicht vielleicht nur eiine lässige Spielerei mit Lauten und Wörtern, eine Svielerei, die sich um. nickt allzu kindisch zu wirken, nachträalick das schleißige Mäntelcken ernster Wissenschaft umgehänat hat? So oder ähnlick stellen sich ja heute viele unter denen, welche noch nickt wissen, daß. d>e Erforschung unserer Ortsbezeicknunaen von den historischen Wissenschaften sehr ernst genommen wird und daß sogar 62

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