Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr, März 1953

bei ihm geht es nicht um eine Bodenerhebung, sondern allein um jenes Nutzungsgebiet, auf dem Weinstöcke angepflanzt sind. Diese Deutungen beinhalten gewöhnlich reale Vorstellungen, die mit Symbolen und Abenteuern nichts zu tun haben. Gegeben haben sie richtige, bodenständige Bauern, Bauern, die sich für Lage, Bodennutzung und Besitz interessieren. So tragen unsere Namen alle einen schlichren, bäuerlichen Sinn, sie haben nichts von jenen Großartigkeiten an sich, die man ihnen oft so gerne unterschieben möchte. Ergäbe sich aber tatsächlich irgendwo eine boden- und besitzfremde Bedeutung, so mußte man sehr genau vorgehen, denn dann erhebt sich der Verdacht, daß die Deutung nicht stimmt. Es war bei der ersten Namengebung so, daß sich ein Namensinn, der auf die bäuerliche Bevölkerung nicht von Anfang an überzeugend gewirkt hätte, überhaupt nicht hätte durchsetzen können und er sofort durch einen anderen Ausdruck ersetzt worden wäre. Dieser Umstand versetzt uns heute oft in die glückliche Lage, an Ort und Stelle nachprüfen zu können, ob die Deutung auch wirklich sinngemäß ist und ob solchermaßen die Realprobe stimmt. Der Name der oberösterreichischen Landeshauptstadt Linz geht auf ein keltisches Lentia zurück, das ist der Lindenhain, denn keltisch lenta ist die Linde. Die alten Floraverhältnisse auf betn Boden von Linz sind durch die Ausweitung der Stadtverbauung längst zu weit vernichtet, als daß es von diesem alten, vorgeschichtlichen Lindenhain auch nur eine letzte Spur gäbe. Hier müssen wir den namenkundlichen Hinweis kurzerhand glauben, wir können ihn nicht nachprüfen. Die Bedeutung „Lindenhain" fügt sich so gut in die Welt echter Namengebung ein, daß wir gar keinen sachlichen Grund sehen, an ihrer Zuverlässigkeit zu zweifeln, nachdem die lautlichen ^Gegebenheiten alle stimmen. Auch heute noch heißen viele Orte in Oberösterreich Lind, Lindach, Lindau, Linnet usw., das ist der Lindenhain, mit deutschen Sprach- mitteln ausgedrückt. Schließlich muß die Methode der Namenforschung als letztes noch eine mühevolle Arbeit leisten, bevor sie ihre Ergebnisse als Geschichtsquelle vertrauensvoll auswerten darf. Sie muß alle ihre Namen, sei es nach den verschiedensten Gruppen, sei es nach dem Alter der Entstehung, nach ihrem Grundwort oder ihrer Endung, sei es nach den Sprachen, aus welchen sie geschaffen worden sind usw., zusammenfassen und untersuchen, nach welchen gemeinsamen Gesichtspunkten sich jede einzelne Gruppe kennzeichnen 'lässt; sie muß aber auch kontrollieren, ob wirklich jedes Einzelglied in der bestimmten Gruppe diese neugewonnenen Kennzeichen vollauf rechtfertigt. In denjenigen Fällen, welche sich nicht einfügen wollen und die aus dem großen Rahmen irgendwie herausfallen, ist nochmals genauestens zu untersuchen, ob sie auch tatsächlich dieser Gruppe zugehören und ob ihre Deutung nicht vielleicht doch danebengreift. Dies nenne ich die Gruppenkontrolle. Nach ollen diesen Leistungen, nach dem Sammeln der amtlichen gönnen, der Dialeiktdeutungen, der urkundlichen Formen, nach den sprachgeschichtlich einwandfreien Deutungen, nach deren Realproben und der Gruppenkontrolle ist endlich die ganze Arbeit getan; sie bedarf für ein ganzes Bundesland jahrelanger Forschungen. Dafür kann man auch ihre Ergebnisse, solange man systematisch vorgeht, mit ruhigem Gewissen als Fundament für früh- und vorgeschichtliche Schlußfolgerungen verwerten. Und diesen Schlußfolgerungen wollen wir uns nunmehr zuwenden. In diesem Sinne habe ich die Namengebung nicht allein der Landschaft um Steyr, sondern von ganz Oberösterreich durchgemustert, zu dem Zwecke, darauf eine Art Siedlungsgeschichte von Oberösterreich im Lichte der Namenkunde aufzubauen. Leider ist diese Untersuchung bisher wegen Zeitmangel im Rohmaterial stecken geblieben. Nach diesen teils neuen Gesichtspunkten ist bisher weder die Namen67

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