OÖ. Heimatblätter 1947, 1. Jahrgang, Heft 4

Oberösterreichische Heimatblätter Herausgegeben vom Institut für Landeskunde am o.-5. Landesmuseum in Linz durch Dr. Franz Pfeffer Oktober-Dezember 1947 Jahrgang 1 Heft 4 Inhalt Franz Brosch: Litziberg und Lützlburg Herbert Geiberl: Zur Geschichte der Gmundener Hafnermalerei . . Olfried Kastner: Die Kirchenkrippe von Altmünster. Ein Beitrag zur Schwanthaler¬ forschung.. Bausteine zur Heimatkunde Dr. Franz Neuner: Die Schloßkapelle Mühlheim am Inn. G. Grüll: P. Wolfgang Doppler. Ein unbekannter oberösterreichischer Topograph G. Grüll: Der erste oberösterreichische Tabak. Ein Ausschnitt aus der Geschichte der Herrschaft Schwertberg Hermann Mathie: Ein mechanisches Weihnachtskripperl in Haslach . . .. Dr. Hans Commenda: Der Liederschatz einer Sennerin Dipl.-Ing. Heinrich Treml, Josef Bohdanowicz: „Neue Welt" und „Amerika Oberösterreich Dr. Hans Commenda: Der älteste Blasmusikverein Oberösterreichs. Ein Beitrag zu Vereinsgeschichte des Landes Lebensbilder Dr. med. et phil. Eduard Kriechbaum: Medizinalrat Dr. Emil Reh. Zum 75. Ge burtstag Dr. Alfred Hoffmann: Dr. Heinrich Fichtenau . .. . . . . . .. Berichte Dr. Heinrich Wimmer: Das Theater in Oberösterreich vom Mai 1945 bis zum Ende der Spielzeit 1946/47 Dr. Hans Commenda: Die Gängerrunde Hilkering im Dienste der Heimatpflege . Aus dem Innviertler Volkskundehaus in Nied i. J. .. . . . Schrifttum Verzeichnis der oberösterreichischen Neuerscheinungen Dr. Eduard Straßmahr, Dr. Franz Pfeffer, Dr. Wilhelm Freh: Heimatkund¬ liches Schrifttum über Oberösterreich 1945 — 1946 .. . Seite 308 315 336 346 347 355 369 372 374 Jährlich 4 Heste Zuschriften für die Schriftleitung (Beiträge, Besprechungsstücke) an Dr. Franz Pfeffer, Linz a. D., Museumstraße 14 Zuschriften für die Verwaltung (Bezug) an die Buchdruckerei des Amtes der o.-ö. Landes¬ regierung, Linz a. D., Klosterstraße 7 Verleger und Eigentümer: Verlag des Amtes der o.-5. Landesregierung, Linz a. D., Klosterstr.7 Herausgeber und Schriftleiter: Dr. Franz Pfeffer, Linz a. D., Museumstraße 14 Druckstöcke: Klischeeanstalt Franz Krammer, Linz a. D., Klammstraße 3 Druck: Buchdruckerei des Amtes der o.-5. Landesregierung, Linz a. D., Klosterstraße 7

Yberöste rreichische Jeimawblauer Hefl 4 Oktober-Dezember 1947 Jahrgang1 Litzlberg und Lützlburg Von Franz Brosch (Linz) 1. Litzlberg in Aichberg Schlägt man das Josefinische Lagebuch der Steuergemeinde Holzheim auf, so erblickt man zunächst einen einfachen Flurübersichtsplan, der recht ungenau aus der Vorstellung niederge¬ zeichnet ist. Er zeigt, gegen Abend gelegen, eine Purgstallerflur und man denkt sofort an die schöne Burgstelle an der Mündung des Hainzenbaches in die Donau *). Indes belehrt uns die Grenzbeschreibung dieser Flur, daß sie keineswegs bis an die Donau reichte, sondern das Hainzenbachtal nur an seinem obersten Anfang berührte, dort, wo der Renzingerbach, der im Waldteil Renzing unterhalb des Ost¬ walles der Kürnbergburg entspringt, bei Punkt Wappen der Alhartinger 304 Name und Richtung des Hainzenbaches annimmt. Leitet sich der Name der Purgstallerflur tatsächlich von einer Burgstelle her, dann muß diese eine andere, eine zweite gewesen sein. Wo aber lag sie? Zur Beantwortung dieser Frage geben die ausführlichen Aufzeichnungen des Lagebuches, dieses wohlgeordneten Niederschlags einer Massenaussage der bäuer¬ lichen Bevölkerung von 1785 einen Fingerzeig. Wir finden hier in der Purg¬ stallerflur sechs Grundstücke, deren Namen mit dem Wort Purgstall gebildet sind und deren Lage im Katasterplan von 1826 örtlich bestimmt werden konnte. Es sind dies: Top. Nr. 603 Purgstall-Lach-Holz (Grd.-Parz. Nr. 394) 604 Purgstall-Fahrtweg (Grd.-Parz. Nr. 764) 605 Purgstall-Land (Grd.-Parz. Nr. 384) *) F. Sekker, Rund um Linz. Heimatgaue Ig 2 (1921) S. 89; L. Benesch, Zur Lösung des Kürnbergrätsels. Jahresbericht des Museum Francisco-Carolinum Bd 68 (1910) S. 145 ff. 289

Oberösterreichische Heimatblätter Top. Nr. 665 Purgstallwiese (Grd.-Parz. Nr. 391) 666 Purgstallwiese (Grd.-Parz. Nr. 392) 669 Oberes Purgstallholz (Grd.-Parz. Nr. 406). Auf Grund der genauen Angaben des Lagebuches über die gemessenen Strecken, den Flächeninhalt, die Nutzung, den Unter- und den Obereigentümer und endlich ihrer Reihung können diese sechs Grundstücke mit den Grundparzellen Nr. 394 Wald, 764 Feldweg, 384 Acker, 391 Wiese, 392 Wiese und 406 Wald des Francisceischen Katasterplans von 1826 zur Deckung gebracht werden (im bei¬ gegebenen Plan schraffiert). Hingegen konnte ein siebentes Grundstück, Top. Nr. 667, Purgstallunterholz, im Format 66 mal 27 Klafter, „darinnen zwei Lacken", nicht örtlich bestimmt werden. Es scheidet aber schon wegen seiner schmalen Form aus. Unter den sechs Purgstall-Grundstücken nimmt Nr. 394 Wald die höchste Lage am Sattel, 321 Meter, ein. Von diesem kleinen Wald ziehen die genannten beiden Wiesen und der Acker, fächerartig angeordnet, herab, d. h. sie zeigen förmlich von verschiedenen Richtungen her auf jene Parzelle als ihre Namensgeberin zurück. Soweit Burgställe nicht auf Inseln in Teichen liegen, sind sie steilwandige Gebilde, deren unerläßliches Merkmal ein tiefer Abschnittsgraben ist, der sie vom übrigen Gelände gründlich abtrennt. Wegen der Unverwendbarkeit von Steil¬ hängen zu andern Nutzungen liegen die Burgställe heute ausnahmslos unter Waldwuchs, solange sie nicht zur Sand- oder Lehmgewinnung oder als Steinbruch benützt werden. Der Verdacht, unsere vermutete Burgstelle zu bergen, trifft daher die Waldparzellen 394 und 406. Die erste, der Purgstall-Lach, d. h. Purgstall¬ Wald, hat Scheibenform, Nr. 406 hingegen schmale, längliche Gestalt. Der Parzelle 394 ist also der Vorzug zu geben, umsomehr, als sie die Anmerkung „Darinnen ein tiefer Graben“ geradezu als Burgstall definiert. Dazu kommt noch die günstige Bodenbeschaffenheit. Bis zum Sattel von Aichberg herauf lager nämlich, viele Meter tief, Meeressand, bedeckt von einer Lehmwächte. Der An¬ lage des Abschnittsgrabens standen also keine großen Schwierigkeiten entgegen. Eine Nachfrage an Ort und Stelle bestätigte die Richtigkeit der örtlichen Bestimmung der beiden Purgstallwiesen und des Purgstallandes, während die Erinnerung an den Burgstall selbst erloschen ist und, was noch schwerwiegender, die Parzelle 394, der Standort des Burgstalls, ist längst gerodet und die ganze Wehranlage vernichtet. Man hat hier in jüngster Zeit, seit den 30iger Jahren, eine tief gähnende Sandgrube angelegt. Begreiflich; ist doch jeder Abschnittgraben nebenbei ein Bodenaufschluß, der bei wirtschaftlicher Bodeneignung zum Weiter schürfen verleitet. Das Hauptbeweisstück für den tatsächlichen einstigen Bestand eines Burgstalls in Aichberg, sein restliches Bodendenkmal, war fortgefallen und der Beweis müßte demnach als mißlungen betrachtet werden 1a). 1a) Ein nach Niederschrift des Vorigen in der „Tages-Post" (Linz) vom 21. Mai 1941 gefundener Aufsatz von Karning teilt mit, daß unser Hügel 1932 zur Sandgewinnung abgeholzt wurde. Er zeigte einige Gruben, die von Hausgrundfesten herrühren konnten. Auch Karning vermutet hier den Standplatz der verschollenen Burg der Alhartinger. 290

4oe. Flur von Aichberg 1826 Doch hier springen weitere Katasteraufzeichnungen ein. Das Lagebuch nennt nämlich als Untereigentümer der oben genannten sechs Grundstücke das Bauern¬ gut Nr. 3 in Aichberg und als Obereigentümer die Herrschaft Dietach bei Wels, deren Rustikalfassion zur Theresianischen Steuerregulierung folgende Eintragungen aufweist 291

Oberösterreichische Heimatblätter fol. 86. Mathias Scheckh aufm Paurn guet zu Aichberg. Ein Paur. Landes¬ fürstliches Lehen. Gelegen in der Pfarre Leonding. Wert fl. 700.—. fol. 87. Gedachter Mathias Scheckh vmb Inhabender Purgstall zu Lizlberg. Ein Holzgrundt. Landesfürstliches Lehen. Ein Tagwerk. Weiches Holz. Wert fl. 50.—. Ferner weist ein der Fassion beiliegendes Verzeichnis der landesfürstlichen Lehen beider Herrschaften Dietach und Ottsdorf vom 30. 10. 1833 folgende Anmer¬ kung auf: Altes Grundbuch fol. 97, neues 2/27. Alte Benennung: Hof und Sölden samt einem Burgstall zu Aichberg. Neue Benennung: Bauerngut zu Aichberg. Wert fl. 700.—. Besitzer 1750: Mathias Scheck, Aichberg 3. Damit ist nun erwiesen, daß in Aichberg selbst ein Burgstall stand, daß dieser einst den Namen Litzlberg, d. h. kleiner Berg, führte, daß er zum Bauerngut Nr. 3 gehörte und beides, Gut und Burgstall, landesfürstliches Lehen gewesen waren. Alles in allem genommen ist demnach der Purgstallach, Parzelle 394 jenes kreisrunde Fichtenwäldchen, das bis vor wenigen Jahren Litzlberg, den zweiten Burgstall der Gegend barg. Nach der josefinischen Bauernvermessung von 1785 hatte es rund 90 m Durchmesser und einen Flächeninhalt von 94 a. 1826 maß es 81 a. Bei 30° Böschungsneigung und einer Grabentiefe von, angenommen, 6 m stand oben eine Fläche von 40 bis 50 m Durchmesser zur Verfügung, d. h. ein geräumiger Platz für ein festes Haus samt Mantelmauer oder Palisade. Es lag nahe der Kreuzung zweier Altwege. Der eine kommt den Hainzenbachgraben herauf und führt nach Alharting hinunter, der andere zieht aus der Linzer Gegend gegen den Kürnberger Forst und sammelt in seinem westlichen Ast verschiedene Holzwege, auf denen Bauern der näheren und weiteren Umgebung ihr Gerechtholz aus dem Wald führten. Die jahrhundertelange Fuhrwerkerei hat ihn zu einem tiefen, sandigen Hohlweg ausgehobelt. Aber auch der östliche Ast gegen das uralte Holzheim ist einige Meter tief eingeschnitten. Wer mag der Gründer und Herr dieser Kleinburg gewesen sein? Aus dem Lehenbuch von König Ladislaus Posthumus erfahren wir lediglich, daß unser Aichberg 1455 ein landesfürstliches Lehen gewesen war. Aber zwei Wilheringer Urkunden von 13362) und eine von 13573) geben nähere Auskunft. Mit der ersten Urkunde setzt der Inhaber sein Gut zu Aichberg, einem seiner Zeit eigentümlichen Rechtsbrauch folgend, zum Pfand, um es mit der zweiten Urkunde am gleichen Tage dem vorgeblichen Gläubiger zu verkaufen. Die beiden Texte lauten demgemäß sehr ähnlich. Die dritte Urkunde erzählt vom Verkauf des Gutes an Wilhering. Im folgenden geben wir die hier wesentlichen Stellen der beiden Kaufbriefe wieder: 2) O.-S. Urkundenbuch Bd 6 G. 224—226. 3) O.-H. Urkundenbuch Bd 7 S. 535. 292

Brosch: Litzlberg und Lützlburg „Ich Hertweich der Alhartinger vnd mein Hausvraw vraw Peters ... tuen chunnt . . . daz wir . .. ze chauffen haben gewen dem erbern manne Fridreichen dem Tungozzinger vnd seiner hausvrawn vrawn Kathrein ... vnser ansidel ze Aychperch vnd swaz wier da haben, vnd den zehent, also wir in nucz vnd gewer haben gehabet ze holcz vnd ze veld, ... also mier in mein vater lazzen hat vnd wir iz von alter her haben gehabet. Wier haben auch in daz vorgenant guet fuer vreiz algen gewen vm achzich phunt phenning gewen ... dar vber geb wier in diesen prief versidelt ich Hertweich der Alhartinger vnd ich Hainreich der Alhar¬ tinger mit vnser paider anhangunden insidel. Der prief ist gewen, du man zalt von Christes gepuert tawsent jar, drewhundert jar, darnach in dem sechs vnd dreisigisten jar an dem eben weinacht abent „Ich Jans der Tungozzinger pharrer ze Altenliechtenbart ich Paul der Tun¬ gozzinger sein pruder ich Philipp des Tungozzinger aydem ich Lobley sein haus¬ fraw jch Katrei di Lerczinn . .. tuen chund ... daz wier. .. ze chauffen haben geben dem erbierdigen weysen geistlichen herren abt Wernhart ze Wilhering vnser ansidel ze Äychperig vnd swaz wier da haben vnd den zechent daz freys aygen ist, also wier es in nutz vnd in gewer habent gehabt ze holtz vnd ze veld, . .. vnd haben auch iem die hantfest di wir darvber gehabt haben... ingeanbuertt... Daz di red staet vnd vntzebrochen beleib darober geben wier obgenant Jans Paul vnd Philipp den brief gesigelten mit vnsern anhangunden jnsigel vnd mit Der vnsers lieben brueder Friedreichs des Vngelter anhangundem jnsigel ... brief ist geben nach Christes gepuerd drevczechen hundert iar vnd in dem siben vnd fumfczkisten iar an sand Katrein abent." Der Hof zu Aichberg war also von altersher, vermutlich seit seiner Gründung das Ansiedel, der Sitz der Familie der Alhartinger, ihr unteilbares rittermäßiges freies, landrechtliches Eigen gewesen, d. h. frei von Zins und Robot und keinem Vogte unterworfen. Es war dingliche Grundlage und Ebenbild des Standesrechts, Bedingung und Zeichen der Vollfreiheit jedes Mitgliedes der dieses Stammgut innehabenden Verwandtschaft, die in zeitgenössischen Rechtsaufschreibungen als seines „aygens genozz“ bildhaft bezeichnet werden. Man wollte damit die standes¬ von Stammgut und Stamm weise Zuordnung, wie man sagte, „die Ebenbürtigkeit ausdrücken, die ausschließliche und dauernd gedachte Entsprechung von besonderen Arten des Grundbesitzes, von Eigen besonderer Art zu besonderen Ständen. Die Ordnung dieser Abarten des freien Eigens entsprach der Ordnung der Stände selbst. Später bedeutet das Wort Edelsitz oder Edelmannsgut dasselbe wie im Hochmittelalter das Wort Ansiedel4) Die Kleinburg wird zwar nicht erwähnt, doch darf hier aus dem Schweigen der Quellen nicht geschlossen werden, daß sie nicht bestanden hätte, konnte sie doch nur von einem adeligen Inhaber des Hofes im Hochmittelalter erbaut worden sein. Sie ist wohl in dem schlichten Ausdruck Ansiedel mit gemeint. Strittig *) S. Adler, Zur Rechtsgeschichte des adeligen Grundbesitzes in Österreich (1902) S. 7 f., 15, 39, 54 f. 293

Oberösterreichische Heimatblätter bleibt hingegen, ob das genannte Ansiedel der Alhartinger in unserem und keinem andern Aichberg gelegen hatte. Solche Zweifel werden aber durch spätere Wil¬ heringer5) Aufzeichnungen zerstreut. Ein Verzeichnis der Holden und Zinsleute im Pantading-Buch aus der Zeit vor 1523 erwähnt unter „Amt beim Kloster“ und Alharting den Mair zu Aich¬ berg. Im Urbar 1523 lesen wir auf fol. 9 unter Alharting folgendes: „Mair zu Aichperg in Lewnnting' pfarr von hoff vnd zehenden daselbst diennt 7 tl d.“ Und im Urbar 1542 lautet die Eintragung auf fol. 8: „Alharting in Lanndinger pfahr Mayr zu Achperg jn Leondinger pfahr ligt auf dem Khürnberg, vermag somit dienst nit allen zu geben deß wildtprets halben, ist ihm lassen an 5 fl, —. d. Diesen ermäßigten Gesamtdienst verzeichnet auch noch der Theresianische Kataster. Im Urbar 1560 und in allen folgenden ist der Mair zu Aichberg nicht mehr enthalten, auch sind alle oben genannten Erwähnungen durchstrichen. Der Hof mußte also zwischen 1542 und 60 nach zweihundertjährigem Besitz an eine andere Grundherr schaft verkauft oder vertauscht worden sein. Der Brief hierüber scheint verloren zu sein. In den Wilheringer Forsturbarien des 18. Jahrhunderts klingt noch der frühere innige Zusammenhang zwischen Hof und Stift nach. Sie verzeichnen bis in die Zwanzigerjahre des 19. Jahrhunderts den Bezug von jährlich 4 Klaster Holz aus dem Kürnberger Forst gegen eine Leistung von 4 fl, einem Weg- und Friedgeld von 12 kr und zweier Robotfuhren. Eine leise Erinnerung an die einstige Eigenherrlichkeit haftet an der Be¬ zeichnung des Mair als einem Hof im Theresianischen Kataster“). Und noch eines klingt an jene ferne Zeit an: noch 1750 genießt der Mair zu Aichberg den halben Zehent vom eigenen Betrieb, vom Bauerngut in Aichberg, dem Kolbenbäckengütl in Leonding, von einem Acker und Wald am Enzenwinkel und vom Reithmayrgüt in Aichberg. Es dürfte sich hier noch immer um dieselben Zehente handeln, die 1336 zugleich mit dem Ansiedel verkauft wurden. Es ist nun einwandfrei erwiesen, daß Hof und Burgstelle zu Aichberg bei Alharting der Sitz, das Standesgut des rittermäßigen Geschlechtes der Alhartinger gewesen war. Wir entnehmen den Angaben ferner, daß Wilhering das Gut ur¬ sprünglich als Eigenwirtschaft durch einen Meier betreiben ließ, es aber später, vor 1523, in ein gewöhnlich zinsendes Bauerngut verwandelte. Daß nur ein Gut erwähnt wird, bedeutet, daß die Flur des Ansiedels auch unter Wilhering noch un¬ geteilt blieb. Daß dieses Gut immer als Mair genannt wird, besagt, daß der heu¬ tige Mayr zu Aichberg an der Stelle des einstigen Ansiedels der Alhartinger steht. Das Österreichische Landrecht, das u. a. das Recht des Adels, feste Häuser zu bauen, regelt, wurde erst um 1300 aufgezeichnet?). Trotzdem spricht es nicht gegen den Bestand der kleinen und großen Burgen schon vor diesem Zeitpunkt, 5) Stiftsarchiv Wilhering. 6) Band 265 Nr. 460, Band 268. 7) K. H. Ganahl, Versuch einer Geschichte des österreichischen Landrechts im 13. Jahr¬ hundert. Mitteilungen des Österreichischen Instituts für Geschichtsforschung Erg Bd 13 S. 139. 294

Brosch: Litzlberg und Lützlburg sondern verankert nur längst eingebürgerte Bewandtnisse und Zustände in Rechts¬ formeln. Das ganze hohe Mittelalter hindurch, d. i. vom 10. bis zum 13. Jahr¬ hundert, war der zahlreiche Stand der nur passiv lehensfähigen, also nur über den eigenen Schild verfügenden ehrbaren Knechtes), Edelknechte, Ritter oder Milites als Lehensleute des Landesfürsten oder des Hochadels aus der unerschöpflichen Masse der Unfreien und minderfreien Kopfzinspflichtigen in dem sich stetig voll¬ ziehenden Wandel im Gefüge der gesellschaftlichen, zugleich aber auch politischen Schichten emporgestiegen *) und hatte damals auch unser Land mit seinen ein¬ fachen Kleinburgen ohne Zwinger und Vorwerk10), den Burgställen übersät. Es sind jene, vom österreichischen Landrecht von den großen Felsen- und Wasser¬ burgen des Herrenstandes wohl unterschiedenen Wehrbauten, die auch der geringste Ritter auf seinem Eigen zu ebener Erde, zwei Gaden, d. h. Stockwerke hoch und mit Wehrgang und Zinnen versehen erbauen und als „begraben“, d. h. mit Ab¬ schnittsgraben begabtes Haus, mit einem Graben von neun Schuh Weite und sieben Schuh Tiefe umgeben durfte, ohne dabei an eine besondere Erlaubnis des Landesherrn gebunden gewesen zu sein 11). Ihr Erbauer war nicht immer wohl¬ habend und so fiel die Burgstelle häufig sehr bescheiden aus. Obwohl nicht das feste, sondern lediglich das landesunmittelbare Adelshaus, ein freies Heim, als die äußere Bedingung der Mitgliedschaft zur Landgemeinde galt 12), mag doch so manche Kleinburg eher eine Art Standeserfordernis, Brauchtum und Sitte jener Zeit und Schichte befriedigt, als tatsächlich wirksamen Schutz geboten haben. Vielleicht zeigt das „Weierhäuschen“ von Albrecht Dürer ein Gebilde dieser Art. Ähnlich schwache Wehranlagen mögen z. B. in Grub bei Altenfelden und in Wolfstein bei Kematen an der Krems gestanden haben, wo noch mondförmige Teichreste vorhanden sind. Und so kommt es, daß von den meisten Kleinburgen nur noch die mit ihrer Anlage verbundene Erdbewegung der Vernichtung entging und als letztes Überbleibsel und Denkmal vor uns liegt. Kleine Ritter besaßen ihr Gut manchmal innerhalb einer bäuerlichen Dorfflur in Gemengelage. Im Falle Aichberg jedoch hat es ganz den Anschein, als hätten sich die Alhartinger, als sie aus ihrer einstigen Dorfgenossenschaft zu Rittern auf¬ rückten, auch räumlich aus ihrer bisherigen Umwelt gelöst, von ihr abgesetzt und zugleich ihrem Herrn, dem Landesfürsten, dadurch näher verbunden, daß sie sich im landesfürstlichen Kürnbergforst 13) ihr Ansiedel als Rodegut aus der ersten Hand, der der Natur nahmen, aus grüner Wurzel schufen, um ein von vornherein freies Eigen zu gewinnen und so aus der Gebundenheit von Hofgenossenschaft und 8) O.-H. Urkundenbuch Bd 6 S. 105. *) A. Dopsch, Herrschaft und Bauer in der deutschen Kaiserzeit (1939) S. 35. 10) J. Cori, Bau und Einrichtung der deutschen Burgen im Mittelalter (1899) S. 155. 11) Adler, a. a. O. S. 47 f.; S. 68: „Edelmannsitz und Burgstall“ a. 1618. 12) O. Brunner, Land und Herrschaft 3. Aufl. (1943) S. 293. 13) Parzelle 410 „Kaiserwald“ erinnert neben Kaiserplatzl, Kaiserstiegl und Kaisergattern am Renzing (erwähnt von K. Karning, „Der Kürnberg bei Linz" in „Heimatland“ 1933 Nr. 26) daran, daß Forst und Jagd bis 1749 kaiserlich gewesen waren. 295

Oberösterreichische Heimatblätter verquickter Flurnachbarschaft auszuscheiden. So manches schöne Gut mochte unter dem Anreiz, auf diesem Wege Zutritt in den gehobenen Stand der Ritter zu erlangen, gerodet worden sein und damit mag ein gewisser kleiner Teil des Landesausbaues mit dem Aufblühen dieses Standes in Zusammenhang stehen, wie ja auch die Gründung mancher großen Herrschaft, z. B. von Waxenberg ur¬ sächlich auf ein Verdienst gleicher Natur, auf die Erschließung diesfalls bedeutender Strecken Landes zurückgeht 14). Die Alhartinger wählten zu ihrer Neugründung einen Wald, der schon durch seinen Eichenbestand, von dem sein botanischer Name spricht, guten Ackerboder verhieß 15). Der aufsteigende Wolf im Wappen mag die wilde Waldnatur ver¬ sinnbildlichen, gegen deren Widerstand das freie Heim errungen werden mußte Auf die landesfürstliche Vergabung weist vielleicht auch die Größe der Aich¬ berger Flur hin. Ihr Umriß begrenzt den gesamten Rodungsanspruch der Alhar¬ tinger am landesfürstlichen Forst, gleichgültig ob geschlägert oder nicht, ze holcz vnd ze veld, wie es die Urkunde von 1336 ausdrückt. Er umfängt 55 ha und läßt an das Landmaß der Königshufe denken, das auch noch im vorgeschrittenen Mittelalter bei Vergabungen aus hoher Hand verwendet wurde. Das Ausmaß des vom Gründer ursprünglich gerodeten Landes können wir annähernd aus dem mit den Grundstücknamen des Josefinischen Lagebuches, des Taufbuches der Parzellen und Fluren, ergänzten Katasterplan von 1826 erschließen und an diesem deutlich sprechenden Kombinat sehen wir, wie vom Sattel aus inmitten der Flur, um den sich die beiden großen Höfe des Mayr und des Bauern sowie die Burgstelle scharen, keilförmige Geländestücke ausstrahlen, die langlüssig, also wieder strahlig in die Einzelgrundstücke der beiden Höfe unterteilt sind. Wir beobachten ferner, daß sich im Nordosten hoch gelegene Waldparzellen in gleicher Breite in den Kleinbetrieben Nr. 6 und 8 fortsetzen, während im Südosten eine Neihe von Parzellengrenzen (A) einen Linienzug ergeben, der zum Kürnberger¬ wald herüberführt. So deutet sich eine einstige Rodungsstufe, die Gründungsstufe an, die dann noch im Westen vom eingetieften Rodungsrandweg B kräftig betont wird und das westlich von ihm gelegene Land als späte Nachrodung kennzeichnet. Bilden wir an Hand dieser Feststellungen die Flur von 1826 zurück, so schält sich, wie der beigegebene Plan zeigt, die Altflur des Ansiedels als eine an drei Seiten gedrückte Scheibe heraus, die in der Hauptsache herzynisch gegen den klima¬ tischen Mittag 16) geneigten, also günstig besonnten, lehmführenden Boden nördlich des Sattels umfaßt, während die südlich liegenden Gründe, wo der Pflug den **) Eine Bemerkung in E. Mayer, Deutsche und französische Verfassungs-Geschichte (1899) 1 S. 415 f., die vom Stammgut als auf einem Bifang entstanden spricht, scheint von derselben Bewandtnis zu reden. 15) H. L. Werneck, Die naturgesetzlichen Grundlagen der Land- und Forstwirtschaft in Oberösterreich. Jahrbuch des o.-ö. Musealvereines Bd 86 (1935) S. 239. 16) F. Brosch, Beiträge zur Flurkunde des Gaues Oberdonau. Jahrbuch des Vereines für Landeskunde und Heimatpflege im Gau Oberdonau Bd 89 (1940) S. 191. 296

Brosch: Litzlberg und Lützlburg Sand erreicht, zunächst noch ungerodet blieben. Die Altflur war so rings von Wald umstanden. Auch von der Alhartinger Flur trennte sie ein Waldband, das mindestens bis zum Queribach reichte. Einige restliche Wäldchen und die wald¬ anzeigenden Grundstücknamen Infangland und Ödland erzählen von diesem einstigen Waldabschluß gegen Süden. In ungefähr dieser Verfassung bestand die Flur in Aichberg, solange sie das Hofland der Ritter von Alharting war und das dauerte dreihundert Jahre. Hier kamen die Sprößlinge dieser Familie zur Welt, manche haben hier ihr Leben lang gewirtschaftet, manche sind hier gestorben. Von hier war die Jugend ausgezogen, um ihren Weg in der Welt ihrer Zeit zu machen. Hier saßen die alten Familien¬ häupter, hier lag der ruhende Mittelpunkt der Familienpolitik im Auf- und Abstieg des Geschlechtes. Ihre näheren menschlichen Geschicke meldet uns keine Saga, aber in Urkunden¬ buch und Literatur "7) können wir diese kleinadelige Familie bis ins 12. Jahr hundert zurückverfolgen. Zwischen 1155 und 1161 schließt Gerold von Kürnberg mit Wilhering einen Tauschvertrag ab 18). Inmitten der zahlreichen Zeugengesell¬ schaft, die diesen Vertrag bekräftigt, erscheint auch ein Heinrich von Alharting. Sein Name kehrt bis ins 14. Jahrhundert immer wieder. Der erstgenannte Heinrich könnte demnach der erste Ritterliche der Familie, der Gründer von Hof und Burg, der Ähnherr des Geschlechtes gewesen sein. Der Tauschvertrag nennt vor dem Alhartinger Leute von Oftehringen, Grilporten, Bruscinken, Kirgsteden, Trhun, Thenun, Bergheim und nach ihm welche von Rudofdingen, Therinbach, Mulbach, Meiscingen, Urilingen, Hiringen, Lintheim, Durcheim, Gumpotingen und Chalheim. Unschwer erkennen wir manche Namen von Orten, die den Kürn¬ berg säumen und gewinnen damit einen anschaulichen Einblick in die Besitzdichte des heimischen Kleinadels, wie sie schon in dieser seiner Frühzeit bestanden haben mußte. Hundert Jahre später, 1262, nahm der Abt von Wilhering den edlen Ritter Rudolf von Alharting, Verwalter der Passauischen Herrschaft Ebelsberg 19), als seinen Sprecher vor dem Taiding zu Freyhaym zu Hilfe. Wir lernen in Rudol auch einen tüchtigen Vertreter seines Geschlechtes kennen. Die Familie blühte Ende des 13. Jahrhunderts und anfangs des nächsten saßen zu Aichberg Hein¬ rich III. und seine Frau Diemuth und zogen acht Kinder auf, darunter Hertel, der 1336 Hof und Burg aufgab. Damals lebten überdies noch ein halbes Dutzend anderer Familienmitglieder, die Ortolf, Albrecht, Philipp und Ulrich, der sich nach seinem neuen Ansiedel von Berg nannte. Nach 1350 lassen die urkundlichen Nennungen nach. Um 1380 erfahren wir noch von einem Thomas, der 1382 ein „gesezz zu Alharting“ vom Herzog zu Österreich zu Lehen nimmt 20), 1397 von einem Hans und seinem Sohn Christian und hundert Jahre später macht Caspar 17) A. Starkenfels, Oberösterreichischer Adel 1885 —1904 S. 4. 18) O.-H. Urkundenbuch Bd 2 S. 2 10) O.-O. Urkundenbuch Bd 3 S. 286. 20) O.-H. Urkundenbuch Bd 10 Nr. 141. 297

Oberösterreichische Heimatblätter von Alharting, Pfleger in Pürnstein den Beschluß. Nun verstummen die Per¬ gamente. Die Familie ist ausgestorben. Eine Welle unter vielen war verebbt. Ihr Burglein dürfte die Alhartinger kaum lange überlebt haben, denn mit dem Verkauf von adeliger in bürgerliche Hand und gar erst, als Aichberg in kirch¬ liches Obereigentum überging, verlor es seinen Sinn. Im übrigen war die Fehde im Verlaufe des 16. Jahrhunderts tatsächlich ausgeschaltet worden21). Damit setzt wohl ganz allgemein der Verfall zunächst der Kleinburgen ein, während die Großburgen als Verwaltungsmittelpunkte und Sitz der Pfleger und Landgerichtsverwalter viel¬ fach noch lange erhalten blieben und manche noch bis in unsere Tage bewohnt sind. Die Tungassinger konnten als Bürger Aichberg erwerben, ohne die Eben¬ bürtigkeit des Gutes zu verletzen, aber sowohl für sie, die als gute Kaufleute sie zählten zu jener Bürgerschaft, die im 13. Jahrhundert den großen Schritt zur Erbauung des Linzer Hauptplatzes gewagt hatte — das Ansiedel seiner Frei¬ eigenheit wegen als gute Geldanlage erworben haben mochten, wie für Wilhering wäre der Wehrbau nur eine Last gewesen. Wie gleichgültig die Burgstelle ge¬ worden war, seitdem man Aichberg durch den Übergang in kirchlichen Besitz des landrechtlichen Wertes als dinglicher Genosse eines waffenfähigen Standes ent¬ kleidet hatte, geht daraus hervor, daß sie bei Zerlegung der Altflur dem Mairhof, also dem einstigen Ansiedel, entfremdet und dem Bauerngut überländweis zuge¬ sprochen werden konnte. In der Folgezeit war nämlich das Altgut Aichberg durch Nachrodungen be¬ deutend vergrößert worden und konnte daher und weil es ja nicht mehr unteil¬ bares Ansiedel war, vermutlich im 17. Jahrhundert, in zwei Güter zerlegt werden, wobei jenes oben berührte Fächer-Gemenge der Grundstückkeile entstand. 1786 verfügt das Mairgut über 43, das Bauerngut über 52 Joch. Schon vor der großen Teilung aber dürfte ein Kleinbetrieb aus der Altflur gebrochen worden sein, denn anschließend an den Mair zu Aichberg erscheint im Holdenverzeichnis des Wilheringer Pantadingbuchs von vor 1523 und im Urbar von 1542 ein Vogleyter oder Vogl Lewter — dient 4 ßd — welche Eintragung in den folgenden Urbaren zugleich mit dem Mairgut wegfällt. Wenn nicht eine Vogeltenne gemeint ist, handelt es sich vermutlich um den Kleinbetrieb Nr. 1, Ziegler, dessen Gründe innerhalb der Altscheibe mit den Grundstücken der beiden Großgüter im Gemenge liegen. Sein Name erinnert an den Nebenerwerb des Ziegelbrennens, der bei den Bauern der Gegend bis herauf in unsere Zeit heimisch war. Das Zieglerhaus dürfte auch mit der Sölde gemeint sein, die das oben an¬ geführte Verzeichnis von 1833 zusammen mit Hof und Burgstall nennt. Als nächste Veränderung ist die Gründung des Naidmayrgutes — der Name erzählt von Rodung — zu werten. Sein Land ist ein herzynisch liegender Keil, wie er bei der großen Flurzerlegung entstanden war. Das Gut trat demnach nicht vor dem Bauerngut ins Leben. Seine Zurodung gegen Süden hat das Wald¬ band, das Alharting und Aichberg schied, zerrissen. 21) O. Brunner, a. a. O., G. 34. 298

Brosch: Litzlberg und Lützlburg Die hochgelegenen Sölden Nr. 6 und 8 verkürzen jenseits des Umrisses der alten Scheibe den Haiderwald auf die Hälfte. Sie sind jung. Kleinbetrieb Nr. 8 setzt einen Mairgrund in den ehemaligen Wald hinein fort und gehört wie dieses unter Scharnstein. Es wurde offenbar aus dem Mairgut gebrochen. Im Laufe der Neuzeit schwand auch der Waldriegel, der Alt-Aichberg von Alharting schied, durch Rodung von beiden Seiten. An der sich herausbildenden Grenzlinie erhielten einige Rodegründe die Namen Grafschaftland-,-wiesen, -anger, die wohl scherzhaft auf das nahe Burglein Litzelberg hinweisen und als Kleinsage von der dahingeschwundenen Ritterherrlichkeit des Gründungsgutes raunen. Im ganzen gesehen, liegt eine schwache, nach keinem vorgefaßten Plan, sondern fallweise geförderte Verweilerung vor, die vermutlich im 17. Jahrhundert einsetzte und noch nicht zum Abschluß gekommen ist. Sie ist ein etwas anders geartetes Gegenstück zu der offensichtlich auf Ertragssteigerung abzielenden Verweilerung der Ödt bei Schlüsselberg 22). In beiden Fällen sehen wir dem Werden einer kleinen Wirtschaftsgemeinde zu. Als Abkömmlinge aus der gleichen Altflur sind ihre Güter und Gütchen durch das starke Band der wiederholten Flurnachbarschaft, wie sie die geschichtlich gewordene Gemengelage der heutigen Flur mit sich bringt, verbunden. Durch die Wiederentdeckung der verschollenen Burgstelle Litzlberg ist die Um¬ gebung von Linz um ein ehemaliges österreichisches Rittergut reicher geworden. II. Lützlburg in Holzheim. Solange man nichts von Litzlberg in Aichberg wußte, lag es nahe, die be¬ kannte Burgstelle an der Hainzenbachmündung — wir wollen sie im folgenden der Kürze halber Hainzenburg nennen — nach dem Gesetz „Jedem Geschlecht seine Burgstelle, jeder Burgstelle ihren Hof“ mit den Rittern von Alharting in Ver¬ bindung zu bringen, während eine andere Meinung an die alten Holzheimer dachte, die irgendwie mit dem Mayrhofergut in Holzheim, dem Lützlburgerhof, zusammen¬ hängen. Mit diesem Hof hat es nun eine ganz besondere Bewandtnis, denn allem Anschein nach steht er nicht nur zu einer, sondern gleich zu zwei Burgstellen in Beziehung. Ungefähr 140 m nördlich vom Mayrhofergut hat ein kleines Wasser, das Seitlhuemerbachl, vom Brunnholz beim Vierzehnerturm kommend, in den pla¬ stischen Grund aus Lehm und Sand einen steilwandigen, tiefen, scharfrandigen, waldbestandenen Tobel eingerissen, der 1786 Hirschgraben heißt. Wo das schwache Rinnsal aus der Schlucht entlassen wird, umfließt es im Viertelbogen einen Wiesenhang, um gleich wieder in seine vorherige Ostrichtung einzubiegen. Dieser Wiesenhang trägt einen flachen, schildförmigen Buckel, den kleinen Acker 686 mit einem Durchmesser von rund 30 m und ist im Westen von einem sichelförmigen, einige Meter hohen, scharfrandigen Steilhang umfangen, der gegen Norden zum Hirschgraben einfällt, während er gegen Südosten in verfließenden Formen in den anschließenden Wiesenhang übergeht. Zwischen dieser Bogen-Böschung und dem 22) Brosch, a. a. O. S. 206 f. 299

Oberösterreichische Heimatblätter runden Flachbuckel entsteht so ein ganz seichter Graben, an den ein wenig aus¬ geprägter, gegen den Hof führender Heuweg anschließt. Liegt hier eine zufällige Naturbildung vor, wie sie der Hirschgraben ohne Zweifel ist, oder haben wir den Überrest einer einstigen Burgstelle vor uns? Wir glauben das letztere annehmen zu dürfen. Ein ganz ähnliches wiesiges Restgebilde muß schon 1388 bei Hofkirchen, südlich St. Florian, bestanden haben, von dem es heißt: „das purkstal, genant der Wasen in der Weygertwisen“ 23) Rückt dieser Bodenbefund, der im Winter bei wenig Schnee besonders deutlich zu sehen ist, das einstige Bestehen einer Kleinburg unweit des Mayrhofer in den Bereich des Wahrscheinlichen, so sprechen hingegen, wie im folgenden gezeigt werden soll, alle schriftlichen Zeugnisse mehr oder minder für die Hainzenburg als die zum Mayrhofergut gehörigen Lützlburg. Wir wollen nun, um der eigenartigen Sachlage Rechnung zu tragen, unserer Untersuchung, von der Hainzenburg als einem in voller Tatsächlichkeit bestehenden prächtigen Denkmal ausgehend, zunächst den zu ihr gehörigen Hof zu bestimmen versuchen. Der Hainzenburg am nächsten liegt der dem Dreizehnerturm benachbarte Hof Nr. 4 in Frieseneck. Trotz seiner Bezeichnung als Großfriesenecker ist er von geringer Größe, besitzt er doch 1786 nur etwa 7 ha offenes Land minderer Güte, dazu 2 ha Wald. Die Namen einiger westlich gelegener, im Lagebuch als steinig und „flüssig“ bezeichneter Grundstücke deuten auf späte Nachrodung. Auch liegt der Betrieb in der Gesamtrodung Holzheim, die schon 1162 24) als Ortschaft erwähnt wird, randseitig und etwa 360 m hoch, womit er als eine der letzten Gründungen der Gegend gekennzeichnet ist. Lange Zeit wird der Großfriesenecker ein unbedeutendes Häuschen an der Waldstelle Frieseneck 25) gewesen sein. Er ist zu jung, um als der von uns gesuchte Hof angesprochen werden zu können. Wir müssen also unseren Schritt weiter setzen und gelangen zum Mayrhofer¬ gut Nr. 8 in Graben, das 1786 etliche 16 Hektar offenes Land lehmiger Be¬ schaffenheit und mittlerer Güte bebaut. Schon sein Name läßt an den Zusammen¬ hang mit einer Burg denken. An seine Äcker und Wiesen schließt im Nordwesten ein Waldbesitz von 19 Hektar an, das Donauleithenholz, in dem die Anschlußmauer liegt, die die Klause an der Donau, 256,5 m, steil mit dem Vierzehnerturm, 386 m, verbindet. Fünfzig Meter tiefer und im Westen dieser Kuppe ist die Stufe des Hainzenbachholzes oder des Schloßwaldes abgesetzt, die die Hainzenburg birgt und mit fünf Felsriegeln, den „Kürnbergwänden"26) bei km 3,2, 3,35, 3,85, 3,98 und 4,02 zur Donau abfällt. 23) E. Trinks, Das Lehenbuch Herzog Albrecht III. 1380 —1394. O.-H. Urkundenbuch Bd 10 S. 829. 2*) O.-H. Urkundenbuch Bd 2 S 321. 25) J. Duftschmid, Flora von Oberösterreich 1870 — 1885 S. 37: „Am Frieseneck“. 20) L. Schiller, Donauverkehr und Überfuhren bei Ottensheim. 700-Jahrfeier des Marktes Ottensheim (1928) S. 81. 300

Mayshögrg (( Flur von Oberholzheim 1823 Anschließend an das Donauleithenholz bedeckte 1786 das Brunn- und Feld¬ landholz die Kuppe des Vierzehnerturms und schloß im Osten an den lang ge¬ dehnten Waldstreifen des St. Margarethenholzes an, von dem noch ein letzter Rest bei der heutigen Rosenburg steht, während an den Schloßwald das große Holz¬ heimerholz grenzt, das die Hainzenbachostflanke auskleidet und im Süden bis an die Flur unseres Aichberg heranreicht. Ehe die Auflusung dieser Waldhänge vor¬ genommen wurde, mochten Holzheimerholz, Hainzenbachholz und Donauleithen zu¬ sammen mit den Glacisrodungen der beiden Maximilianischen Türme Nr. 13 und 14 und dem Margarethnerholz einen einzigen großen Forst der Herrschaft Holzheim gebildet haben. Damit aber fiele die Hainzenburg in den Bereich der Herrschaft Holzheim und die natürliche Folge wäre ihr Zusammenhang mit dem Meierhof dieser Herrschaft, unserem Mayrhofergut. Dieser Zusammenhang wird überdies durch einen Weg angedeutet, der Burg und Hof verknüpft. Er trifft, von der Hainzenburg ausgehend, unausweichlich auf das Mayrhofergut. Er führt von der unteren Ebene im Burgstall, die Wallgruppe umgehend, zunächst geradlinig über den ebenen Schloßwaldrücken hinweg, ohne bis hieher ins Gelände eingetieft zu sein, und mündet in einen, von der zweiten Bie¬ gung der Hainzenbachstraße heraufkommenden Fahrweg ein, um, nach Südosten erst auf einem kurzen Damm verlaufend, durch die stark hohlwegige Kühgasse die Mayrhofgründe zu erreichen. Am Rathhäusl vorüber, das auf dem Satteltief¬ punkt steht, quert der Weg die Turmlinie beim Lindbauerhäusl und führt dann ge¬ radlinig zum Mayrhofer hinab. Das letzte Stück des 1300 Meter langen Weges 301

Oberösterreichische Heimatblätter verlief noch um 1900 ohne Knick weiter längs der Obstbaumreihe an der Böschung zwischen Parzelle 672 und 668. Diesen Weg scheint in alter Zeit eine außergewöhnliche Bedeutung ausge¬ zeichnet zu haben. Er ist auf weite Strecken von tief ausgehobelten, heute längst aufgegebenen und von Waldwuchs erfüllten Hohlwegen begleitet, und selbst stark in den lehmigen und sandigen Grund eingetieft — Zeugnisse hohen Alters. Wie der uralte Linzer Königsweg den Felsriegel des Urlaubsteins und der steile Weg zum Schröckinger den Dürrnbergriegel, der Weg über die Höhenstufe des Ach¬ leitner einige an die Donau herantretende Felsrippen27) umgangen hatte, ehe 1712 die Ottensheimerstraße gebaut wurde2s), mochte unser Weg einst die von der Hainzenburg zu den von der Donau überrauschten Felskugeln des Hainzenbach¬ schwalles einfallenden Felsriegel umgangen haben, die, wie zu vermuten ist, in alter Zeit als fünf ins Wasser reichende Felsenkape der Anlage eines Uferweges Widerstand in den Weg gelegt hatten?9). Damit würde der vorneuzeitliche Verkehr aus den von eh besiedelten Gebieten westlich von Wilhering zusammen mit dem Verkehr aus dem oberen und mittleren Mühlviertel, der, soweit er nicht auf der Donau weiterging, zu der Überfuhr strebte, die seit alters zwischen Rodl- und Ofen¬ wassermündung betrieben wurdes°), ins Hainzenbachtal eingezweigt und über das heutige Oberholzheim gegen die schon in vorkeltischer Zeit besiedelt gewesene Linzer Gegend gezogen sein. So wie bis vor kurzem das felsige rechte Ufer in der Schlögenschleife ungangbar war, wird in alter Zeit kein Weg unterhalb des Schloßwaldes, der felsigen Kürnbergwänd, das Ufer begleitet haben, ehe der Treppelweg als Vorläufer der späteren Uferstraße gebaut wurde, um den Schiffs¬ zug gegenwärts zu ermöglichen 31). Wenn wir hier richtig vermuten, dann benützte die Verbindung Hainzenburg — Mayrhofergut einen sehr alten Verkehrsweg mit. Der Hof ist dann an dem schon vorhandenen Saumweg der Gegend gegründet worden, was für sein hohes Alter und damit für seine Eigenschaft als Burg¬ meierhof sprechen würde. Diese topographischen Eigentümlichkeiten werden durch urkundliche Nachrichten glücklich ergänzt. Die Theresianische Rustikalfassion der Herrschaft Steyreggs2) enthält folgende insgemain Mayrhoffer vom Liczlburgerhoff. Eintragung: „Georg Huebmer 12 Tagwerk mittere äckher..“, womit deutlich ausgedrückt ist, daß die Burgstelle, die einst mit dem Mayrhofergut zusammenhing, Litzlburg hieß. Der Mayrhofer zeichnet sich aber durch noch ein Merkmal aus, das ihn als echten, d. h. als einen zu einer Burg gehörigen Wirtschaftshof kennzeichnet. Er 27) Persönliche Mitteilung Prof. Dr. P. Leop. Schillers an den Verfasser. 30) Schiller, a. a. O. S. 78. 20) L. Venesch, a. a. O. S. 185 ff. 30) Schiller, a. a. O. S. 67. 31) E. Neweklowsky, Donauschiffe. Heimatgaue Ig 10 S. 160. 32) Lit. B. Interims-Rustical-Fassion. Bd 381. Fol. 117. 302

Brosch: Litzlberg und Lützlburg gibt nämlich laut obiger Fassion jährlich u. a. zwei Gänse an die Herrschaft. Das aber taten im Hochmittelalter, der Entstehungs- und Blütezeit des Kleinadels und ihrer Burgställe, nur die herrschaftlichen Meierhöfe 33) Noch deutlicher drückt das landesfürstliche Lehenbuch des Königs Ladislaus Posthumus von 1455 den Zusammenhang zwischen Burg, Hof und Herrschaftswald aus: „Anton Aczpekh Hof zu Obernholczheim mitsammt dem Burgstall „an der Luczlburg“ und dem holz daselbst, das zu dem benannten Hof gehört. Hufe zu Nidern Holczhaim gelegen in Leuntinger pfarre und Straßhaimer Landgericht."34) Eine ganz ähnliche Eintragung steht im Beutellehenbuch desselben Königs vom Jahre 145935). Nach diesem mittelalterlichen Zeugnis gehörte der Wald bei der Burg einem Hof in Oberholzheim, der dem Straßheimer Landgericht nicht unterlag, d. h. herrschaftlich war. Der hier erwähnte Lehensteil, die Hufe ir Niederholzheim, ist vielleicht der nachmalige Herrschaftssitz Painherrnhof, der schon vor 1655 Freisitz der Herrschaft Holzheim war und der Überlieferung nach aus einem Bauernhof entstanden sein sollss). Die Sitzverlegung würde also in die Zeit der bekannten Vermögensumschichtung im Zuge der Gegenreformation fallen. Das heutige Schloßgebäude wurde 1726 nach einem Brande im Stile jener Zeit neu errichtet. Weiters lesen wir in den Steyregger Urbaren von 1481 (fol. 41), 1512, 1555 (sol. 227) und 166837) von Stefan, Wolfgang, Hans und Matthäus Mayerhofer an der Luczlpurkh oder am Litzlburgerhof. Bäuerliche Vorgänger dieser Mayer hofer konnten schon 1459 hier gehaust haben, denn ihr Gut ist 1459 ein Beutel¬ lehen, die dann entstanden, wenn ritterliche Lehen in Bürger- oder Bauernhände übergingen 38). Es ist unklar und strittig, ob der Ausdruck „an der Luczlpurkh diesmal den rechtlichen Zusammenhang der beiden Besitzstücke oder aber die örtlich nahe Lage von Burg und Hof bedeutet. Nehmen die bisher angeführten Belege vom Meierhof aus Bezug auf die Lützlburg, so bezieht sich das Urbar Christoff Hohenfelders von Aistersheim von 1541 39) in seiner Abteilung Amb perckhaim von den Waldteilen einiger Holden her auf eine Burg gleichen Namens. Die Eintragungen lauten: Seymayr zu perckhaim .. von seinem viertl am Ort holcz an der Luczl¬ fol. 31. burg dient pfenning 4 B 5 d (125 d) 33) A. Dopsch, Herrschaft und Bauer in der deutschen Kaiserzeit (1939) S. 61. ") Chmel im Notizenblatt der k. Akad. d. W. 4. 1854. 16. Nr. 2. 35) Abschrift im o.-ö. Landesarchiv. 30) K. Karning, Der Painherrnhof. Das ehemalige Schloß Holzheim in der Pfarre Leonding. Linzer Volksblatt 1934 Nr. 54. 37) O.-Ö. Landesarchiv. 38) Brunner, a. a. O. S. 407. 39) Erwähnt bei K. Schiffmann, Hist. Ortsnamen-Lexikon des Landes Oberösterreich (1935) Bd 2 S. 137. 303

Oberösterreichische Heimatblätter fol. 32. Huebmer zue Turnading von seinem dreu viertl holcz an der Luczlburg 1 tl 4 B 15 d (375 d) dient pfenning fol. 33. Peter Schiferstain zu Leunting von seinem Ort holcz an der Luczlburg 1 tl 1 B 10 d (280 d) dient pfenning Khargl zu Leunting von der Mitter leyten an der Luczlburg 1 tl 4 B 20 d (380 d) dient pfenning Ähnliche Eintragungen finden wir in den Urbarien von 1635, 1642, 1647, 1651 und im Theresianischen Gültbuch“0) des adeligen Sitzes Eggereck in Linz41) das die Herrschaft Waldenfels 1636 erworben hatte. Nun zerfällt der Holzheimer¬ wald 1826 in mehrere Teile, von denen die drei größten, Nr. 506 (11 Joch), 508 (18 Joch) und 571 (28 Joch) geschlossen unter die Herrschaft Waldenfels gehören. Schneiden wir von Parzelle 571 ein Stück von 7 Joch ab, indem wir die von Süden nach Norden verlaufende Bachgrenze durch den äußeren Graben der Hainzenburg bis zur Donau hinüber fortsetzen, dann gewinnen wir vier Anteile, die sich mit obigen vier Hölzern von 1541 zur Deckung bringen lassen. Die eben von 571 abgetrennte Spitze, das eigentliche Bereich der Hainzenburg, und das Viertlholz des Seymayr sind ein und dasselbe Stück Boden. Seymayr dient dafür 125 d. Der größere Rest der Parzelle, 21 Joch, entspricht dem Dreiviertlholz des Huebmer. Er dient dafür dreimal 125 gleich 375 d. Seymayrs Viertlholz liegt am Ort, d. h. am Ende des Aistersheimer Waldbesitzes, am andern Ende aber liegt das Ortholz des Peter Schiferstain zu Leonding mit 11 Joch, Parzelle 506. Zwischen diesem und den oben genannten zusammengehörigen vier Viertln Holz, Parzelle 571 erstreckt sich die Mitterleiten des Kargl in Leonding, Parzelle 508, im Ausmaß von 18 Joch. Kargl zahlt auch mit 380 d entsprechend mehr als Schiferstain, der 280 d dient. Zwei Parzellen gehören also Bauern in Leonding, sowohl 1541 als auch 1826 und einer von ihnen, Peter Schiferstain, ist noch 1826 im Hausnamen des einen Waldbesitzers erhalten. Die Übereinstimmung zwischen Ur¬ bar und Kataster geht soweit, daß wir den Aistersheimer Waldbesitz mit dem größten Teil des Holzheimerholzes zur Deckung bringen können und zufolge der viermaligen Betonung seiner Lage an der Lützlburg, diese mit der das Seymayrsche Viertlholz erfüllenden Hainzenburg, dem „Gschloß“, wie die Leute sagen, gleichsetzen dürfen. Deutet die Beziehung vom Hof zum „Holz daselbst" von 1455 von Morgen und jenseits der Turmlinie her auf die Hainzenburg, so zeigt die Beziehung der Aistersheimer Waldanteile von 1541 bzw. der Waldenfelsschen von 1826, die süd¬ nördlich gereiht sind, von Mittag und diesseits der Turmlinie her gleichfalls auf sie. Zwei Beziehungsrichtungen sozusagen schneiden sich dort, wo die Hainzenburg tatsächlich in natura liegt. Soweit dies mittelbare Nachrichten vermögen, haben sie den Nachweis er¬ bracht, daß die Burgstelle an der Mündung des Hainzenbaches für die längst gesuchte Lützlburg in Anspruch genommen werden darf. 20) O.-S. Landesarchiv. *) H. Kreczi, Linzer Häuserchronik (1941) Nr. 222, 307. 304

Brosch: Litzlberg und Lützlburg Nun noch einige Worte über die Herren von Holzheim. Die heutige Ortschaft Holzheim ist das Ausbaugebiet der vielleicht schon seit der Landnahme bewirt¬ schafteten Gegend von Leonding. Dieses Stück Innenkolonisation schnitt einen Keil Landes aus dem von Wilhering bis vor die Mauern von Alt-Linz ausge¬ breiteten Mantel des Kürnbergerwaldes, den die Natur dem südlich der Donau noch einmal auftauchenden Urgestein übergeworfen hatte. Dieser breite Durchhieb von der Linzer Heide zur Donau war schon weit vorgetrieben, als hier, den zeit¬ genössischen Alhartingern zu Aichberg benachbart, ein Geschlecht kleiner, ritter¬ mäßiger Adeliger auftauchte, die sich nach Holzheim benannten. Möglich, daß sie, ähnlich wie die Alhartinger in Oberholzheim, einen neuen Hof aus grüner Wurzel anlegten, den Lützlburgerhof, und dazu, an den Hirschgraben angelehnt, ein be¬ scheidenes Burglein stellten. Als erste dieses Gründergeschlechtes nennt uns das Urkundenbuch Dietrich und Sigiboto von Holzheim für die Zeit um 1140. Einer von beiden dürfke den bedeutsamen Schritt in die gehobene Schicht der Ritter getan haben und als Gründer seines Stammes in Frage kommen. Es folgen dann in den Nennungen ein Konrad 1150, Eberhard und Engildie um 1170 und Walter 1195. Wir lesen ferner 1262 von einem nicht näher benannten Holzheimer, von Friedrich 128 von Ulrich 1312, einem zweiten Konrad 1313 und endlich von Philipp 1333 und 35. Klara, die letzte Holzheimerin, von der wir hören, lebte 1376 in einem Kloster Im gleichen Jahre tritt ein neues Geschlecht mit Thomann Aczpeckh von Holzheim an. Die Gründerfamilie dürfte damals, ein Jahrhundert vor dem Niedergang der Alhartinger auf Aichberg, erloschen sein. 1455 ist ein Anton Aczpeckh Inhaber des landesfürstlichen Lehens Ober- und Niederholzheim. Die Aczpeckhe blieben etliche 75 Jahre in Holzheim, denn schon vor 1459 dürfte der Besitz, wie erwähnt vorübergehend in nichtritterliche Hand gekommen sein und seit 1481 gehört der Mayrhofer schon zur großen Herrschaft Steyregg und blieb es bis ans Ende der Herrschaft-Untertanen-Verfassung 1848. Die Burgstelle beim Hof aber mochte aus dem gleichen Grund wie Litzlberg in Aichberg und zur selben Zeit den Weg der Vergänglichkeit eingeschlagen haben, wenn sie nicht noch bedeutend früher deshalb verfiel, weil das feste Haus an die Hainzenbachmündung verlegt wurde. Sind nun dem Lützlburgerhof, so erstaunlich das wäre, wirklich zwei Burg stellen zuzuteilen oder lösten sie sich ab, wie einst Alt-Waxenberg am Hochhaus berg die Burg Wilhering ersetzte, um hundert Jahre später selbst von Neu-Waxen berg abgelöst zu werden? Darüber kann man nur noch Vermutungen hegen. Es ist bekannt, daß im Mittelalter über Zoll, Maut, Überfuhren und Brücken¬ bau der Landesherr entschied 42). Wir erinnern in diesem Zusammenhang daran daß König Ludwig um 904 die Markgrafen Aribo und Otokar mit der Festsetzung der Zolleinhebungs- und damit wohl auch von Überfuhrstellen befaßte. Sie be 22) C. Schwerin, Grundzüge der deutschen Rechtsgeschichte. 2. Aufl. (1941) S. 87, 170. 305

Oberösterreichische Heimatblätter stimmten in der Zollordnung von Raffelstetten Roßdorf (vermutlich im Bereich der nachmaligen Schaunburg, etwa in Brandstatt43) und Linz zu Zollstätten an unserer heimischen Donaustrecke. Gleichfalls der Markgraf war es, der, einem Vermerk in den Aufzeichnungen über die frühesten Geschicke des Klosters Wilhering“4) zu entnehmen, die Überfuhr von Wilhering vergab, und den Brückenbau zu Linz, 1499, bewilligte der Kaiser selbst gleichfalls als Landesherr45). Im Hochmittelalter lagen die Überfuhren unserer Stromstrecke in der Nähe von Herrschaftssitzen. Begreiflich; wurde doch damals die Polizeigewalt, hier des näheren die Stromaufsicht, von den an der Donau ansässigen Mitgliedern der Oberschicht ausgeübt. Gleich das erste Urfahr an der von jeher benützten Stelle zwischen Ofen¬ wasser- und Rodlmündung wurde von der Burg Wilhering, die in Ufer selbst lag 46), und der Burg Ottensheim geschützt. In unmittelbarer Nähe des nächsten Herrschaftssitzes, von Stift Wilhering und dieses mit dem „Großen Amt enthalb der Donau“47) verbindend, taten der Mini- und der Lehnerförg ihren Dienst im Schutze einer nahen Kleinburg an der Steilkante des Saggrabens. Eine dritte Überfuhr beim Förgenhäusl von Puchenau lag genau gegenüber der Hainzenburg und im Bereich von Schloß Puchenau, dem vermutlichen Nachfolger einer bisher noch unbekannten älteren Befestigung. Das vierte und wichtigste Urfahr aber ist das unter dem Schlosse am Römerberg. Die ganz besondere Bedeutung dieser Stelle für den Nah- und Fernverkehr seit den frühesten Zeiten wird schon durch das einzigartige Viereck von Wallburgen betont, die Linz umlagern. Zwei davon, Kürnberg und Freinberg, liegen diesseits, die beiden anderen, Hochleiten und Luftenberg, jenseits der Donau. Je eine auf jedem Ufer war vermutlich keltisch, nämlich Freinberg und Hochleiten, das andere Paar, Kürnberg und Luftenberg, vermutlich vorkeltisch. Wir sehen jene Donaustelle, wo schließlich, nach dem Aus bau des Mühlviertels und dem gesteigerten Verkehr Rechnung tragend, die Brücke erbaut wurde, seit den Tagen der vermuteten Illyrier immer wieder als Strom¬ übergang benützt und später von den Römern, den Landesherren und schließlich dem befestigten Linz geschützt. Angesichts dieses förmlichen Gefüges von geschützten Donauübergängen an der Stromstrecke Wilhering—Linz, der Grundlinie der Grafschaft Waxenberg, ist man versucht, die Wahl des Standplatzes der Hainzenburg neben der hervor¬ ragenden wehrtechnischen Eignung des felsigen Geländes mit der Puchenauer Überfuhr in Beziehung zu setzen, die übrigens auch mit der vermuteten Einzweigung des Saumweges Wilhering—Linz in den Hainzenbachgraben in natürlichem Zu¬ 23) J. Zibermayr, Noricum, Baiern und Österreich (1944) G. 317. 24) O.-H. Urkundenbuch Bd 2 S. 484. 13. Jahrhundert. 25) H. Kreczi, Die Linzer Donaubrücke, S. 8. 26) G. Rath, Die Burgen Wilhering und Alt-Wilhering. Jahrbuch des o.-ö. Museal¬ vereines Bd 87 (1937) S. 472, 473. 47) Urbare 1523 und 1542. Stiftsarchiv Wilhering. 306

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