OÖ. Heimatblätter 1947, 1. Jahrgang, Heft 4

Schrifttum richtig: .. Kärnten, Habsburg, Tirol, Kiburg, Portenau ..), können den Wert des Buches nicht herabmindern. Mit seiner ausgezeichneten Stoffverarbeitung und der bereits oben erwähnten Aufdeckung der Zusämmenhänge des Wappenwesens mit den jeweiligen geistigen Einstellungen und staatsrechtlichen Anschauungen, erweitert es zweifellos die Grundlagen der heraldischen Wissenschaft und stellt sich damit würdig an die Seite der bisher herausgekommenen Standard¬ werke über österreichische Länder-Heraldik von Siegenfeld (Steiermark, 1909) und Lechner (Niederösterreich, 1942), von denen wir dem ersteren die wichtigsten Erkenntnisse zur Entstehung Hanns Jäger-Sunstenau (Wien) der Wappen in Mitteleuropa verdanken. Bernardus Noricus von Kremsmünster. P. Willibrord Neumüller O. S. B.: 90. Jahresbericht des Obergymnasiums der Benediktiner zu Kremsmünster, Schuljahr 1947. 167 S. Wels 1947 (Kommissionsverlag „Welsermühl"). Die österreichischen Klöster und Stifte, seit vielen Jahrhunderten Mittelpunkte der Wissen¬ schaft, haben im vergangenen Jahrhundert ihre führende Stellung fast vollständig eingebüßt. Von Klosterbibliotheken aus ließ sich das rasch anwachsende Fachschrifttum kaum mehr übersehen; Josefinismus und Liberalismus taten das Ihrige, die fähigsten Köpfe unter den Ordensleuten auf die Universitäten hinüberzuziehen. Heute zeigen sich schon deutlich die Ansätze einer Rück¬ bildung dieses Prozesses: unerfreuliche Lebens- und Bibliotheksverhältnisse in den Städten, mancher unerfreuliche Leerlauf im akademischen Betrieb — auf der anderen Seite die unge¬ brochene Lebenskraft der geistlichen Stiftungen, durch die Härte der letzten Jahre in ihren geistigen Wurzeln gefestigt. Ansatz zu Neuem zeigen nicht nur die zahlreichen akademischen Sommertagungen und Studienwochen in Klöstern, sondern auch Veröffentlichungen wie die vorliegende, ein Muster sauberer und scharfsinniger, niemals im einzelnen steckenbleibender Quellenforschung. Im bescheidenen Rahmen eines Gymnasialberichtes bietet der Verfasser die endgültige lösung einer Streitfrage, die durch zweihundert Jahre die Geister beschäftigt hat: Hie Bernhard — hie Sigmar, so lautete das Feldgeschrei um die schon halb mythisch gewordene Gestalt des Verfassers der sogenannten Kremsmünsterer Geschichtsquellen vom Anfang des 14. Jahrhunderts. Als Georg Leidinger das akademische Gewicht seines Namens für Sigmar in die Waagschale warf, schien das letzte Wort gesprochen. Obwohl Leiter der Münchener Staatsbibliothek, hatte Leidinger aber doch in diesem Falle nicht die nötige Nähe zu den Quellen. Nur ein Angehöriger des Klosters, paläographisch geschult, konnte die Zähigkeit aufbringen, die dazugehörte, Archiv¬ und Bibliotheksbestände aus elfhundert Jahren nach einem Schlüssel zur Lösung des Problems zu durchsuchen. Tatsächlich ist dieser aus unscheinbaren Pergamentstückchen von Falzen und Vorsteckblättern ans Tageslicht gekommen. Mehr noch: P. Neumüller konnte aus solchen Resten eine ganze Briefsammlung zur Hausgeschichte um 1300 zusammenstellen; die systematische Unter¬ suchung der Schreiberhände weitete sich zu einer Geschichte der Kremsmünsterer Schreibschule dieser Zeit. Beide Arbeiten harren der Veröffentlichung, ein Zeugnis dafür, wie fruchtbar Sonderuntersuchungen für größere Zusammenhänge werden können, wie andrerseits Energie und Spürsinn den angeblich längst durchforschten Klosterbeständen unseres Landes noch manche Über¬ raschung entlocken könnten. Was die Kremsmünsterer Geschichtsquellen betrifft, sind wir jetzt auf keine Vermutungen mehr angewiesen. Es gelang, ein Schreiberverzeichnis aufzufinden, in dem ein Mönch Berchtold als Verfertiger mehrerer bisher Bernhard, beziehungsweise Sigmar zugeschriebener Handschriften genannt ist. Berchtold hat nach dem Zeugnis dieser Quelle das Kopialbuch des Stiftes hergestellt, nicht Sigmar, der die Niederschrift bloß veranlaßte (scribi fecit) — letzteres hätte man schon früher wissen können, hätte man nicht scribi fecit mit scripsit gleichgesetzt! Neben Urbar und Kopialbuch entstammt eine erstaunliche Fülle verschiedenartiger Arbeiten Berchtolds Feder. Das Rätsel löst sich, wenn wir vernehmen, daß er Kustos und Bibliothekar, vielleicht auch Scholaster seines Klosters gewesen ist. Er wirkte nicht nur als Schreiber, Rubrikator und Miniator, sondern auch als Korrektor der Arbeit anderer, die ihm als Leiter der Schreibstube unterstellt waren. 371

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