OÖ. Heimatblätter 1947, 1. Jahrgang, Heft 4

Die Theatersperre des Dritten Reiches, die am 1. September 1944 begann, hatte auch in Oberösterreich eine vielgestaltige, weit in die Vergangenheit zurückreichende Theatertradition jäh unterbrochen. Nach dem Kriegsende im Mai 1945 bekam aber das Theaterleben wieder einen besonderen Auftrieb, wie das nach großen Katastrophen erfahrungsgemäß immer zu beobachten ist. Diese Theaterfreudigkeit bringen am besten die statistischen Erhebungen über den Theaterbesuch zum Ausdruck. Die in den Jahren 1945—1947 in Oberösterreich spielenden 29 Berufsschauspielerensembles (also die zahlreichen Dilettantenbühnen nicht ein¬ Gelegenheit bekamen. Dies geschah auf Grund von Spielbewilligungen durch die amerikanische Besatzungsmacht und die Landesbehörde. An ungefähr 30 Ensembles wurden Konzes¬ sionen für die Spielzeit 1945/46 vergeben. 20 davon spielten längere Zeit regelrecht¬ Theaterstücke. Im Sommer 1947 waren von ihnen allerdings nur mehr ungefähr ein Dutzend übrig geblieben. Aber auch das ist noch zu viel, denn auf die Dauer sind in ganz Ober¬ österreich nur sechs bis sieben Berufsschau spielerensembles tragbar, darunter ein bis zwei, die nur Volks- und Bauernstücke spielen. ich t e B e r Das Theater in Oberösterreich Ende der Spielzeit 1946/47 vom Mai 1945 bis zum Ein Bericht von Dr. Heinrich Wimmer (Linz) gerechnet) verzeichneten in ungefähr 8000 Auf¬ führungen 2,300.000 Zuschauer. In Oberösterreich hatten sich auf der Flucht vor den letzten Wogen des Kriegsgeschehens viele Theaterleute aus dem Osten Österreichs, aber auch aus Deutschland niedergelassen, die zusammen mit den einheimischen Schauspielern diese Konjunktur (leider nicht immer auch im künstlerischen Sinn) ausnützten, so bald sie dazu Landestheater Linz 1945/46 Nach dem Einmarsch der Amerikaner im Mai 1945 mußte das Landestheater zuerst den Besatzungstruppen zur Verfügung gestellt wer¬ den. Erst am 20. 9. 1945 konnte dort nach Überwindung zahlreicher Schwierigkeiten die erste Theatervorstellung stattfinden. Einige Tage in der Woche blieben aber bis gegen Ende der Spielzeit der Besatzungsmacht vorbehalten. Da Intendant Ignaz Brantner, der dem Landestheater von 1932 —1944 vorstand, zurücktreten mußte, übernahm die Leitung zu¬ nächst provisorisch der Opernregisseur Hans Schnepf, bis am 15. 11. 1945 das Theater (ein¬ schließlich der Kammerspiele) für drei Jahre an Viktor Pruscha vergeben wurde. Wie aus dem beigefügten Spielplan ersicht¬ lich ist, konnten in der Spielzeit 1945/46 neben gelegentlichen Matineen, Tanzabenden und Konzerten (es war damals für die Einheimi¬ schen in Linz kein einziger Konzertsaal verfüg¬ bar!) im Landestheater nur 224 normale Theatervorstellungen stattfinden, darunter 9 von auswärtigen Ensembles. Das Schauspiel, das u. a. 2 neue Zeitstücke („Leuchtfeuer“ von dem Amerikaner Ardrey und „Jakubowski und der Oberst“ von Werfel) brachte, war daran mit 49 Aufführungen (9 Stücke) beteiligt, die Oper mit 53 Aufführungen (4 Stücke) und die Operette mit 117 Aufführungen (5 Stücke). 5 Vorstellungen wurden mit Repertoirestücken der Kammerspiele bestritten. Der musikalische Spielplan wies durchwegs alte, bekannte Stücke auf und brachte keinerlei besondere Leistungen. Dieser Umstand ist zum Teil durch die beson¬ deren Nachkriegsverhältnisse zu entschuldigen. Unter den 4 (Schauspiel-)Gastspielen fremder Ensembles verdient das des Burgtheaters mit Obsens „Gespenstern“ besondere Erwähnung. Die durchschnittliche Besucherzahl im ersten Spiel¬ jahr betrug nach den Angaben der Theaterver¬ waltung 603 (Fassungsraum 773 Personen). Außerdem spielte das Linzer Ensemble mit Repertoirestücken des Landestheaters und der Kammerspiele 89mal auswärts, und zwar in Wels, Bad Hall, Gmunden, Urfahr (Volks¬ theater und auf dem Pöstlingberg), Enns und Vöcklabruck. Das Ensemble, das auch die Kammerspiele (nur Sprechstücke und musikalische Lustspiele) bespielte, bestand in der ersten Nachkriegsspiel¬ 357

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2