Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 14, Dezember 1954

Heft 14 Dezember 1954 Veröffentlichungen des SKulluramfes der Stadt Steyr Schriftleitung: Dr. Erlefried Krobath Postmeister und Lehenrößler Lauriacum - Lorch Entstehungsgeschichte der Kirche in Christkindl Vom römischen Eisen in Hallstatt Michael Aidn Eisenkur.sl im Steyrer Friedhol Prozessionen der Jesuiten in Steyr im 18.Jahrhundert Der Stleglhol - jetzt Neulust genannt Volkssagen aus Steyr Josef Ofner Dr. Hermann Vetters Dr. Friedrich Steinbock Dr. Friedrich Morton Dr. Erlefried Krobath Otfried Kästner Dr. Josef Fröhjer Dipl. Ing. F. Berndt Franz Harrer

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Heft 14 Dezember 1954 Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr Schrittleiiung: Dr. Erlefried Krobalh Pestmeister und Lehenrößler Josef Ofner Lauriacum - Lorch Dr. Hermann Vetters Entstehungsgeschichte der Kirche in Christkindl Dr. Friedrich Steinbock Vom römischen Eisen in Hallstatt Dr. Friedrich Morton Michael Aidn Dr. Erlefried Krobath Eisenkunst im Steyrer Friedhol otfried Kästner Prozessionen der Jesuiten in Steyr im 18.Jahrhundert Dr. Josef Fröhler Der Stieglhof - jetzt Neulust genannt Dipl. Ing. F. Berndt Volkssagen aus Steyr Franz Harrer

Alle Rechte Vorbehalten. Eigentümer, Herausgeber und Verlag: Magistrat Steyr sSchristleitung: Dr. Erlefried Krobath Druck: Vereinsdruckerei Steyr.

IJ ostmeister und Sehenrößler Ein Beitrag zur Beschichte des Steprer pojtwesens in früheren Jahrhunderten Von Josef Ofner ie Geschichte des Post- und Botenwesens der Stadt Steyr fand bisher in der heimatkundlichen Literatur fast keine Beachtung. Dieser Mangel mag wohl auf die ungünstige Quellenlage zurückzuführen sein, denn für die Zeit vor 1747 gewähren nur die Ratsprotokolle, deren Durchsicht aber überaus zeitraubend ist, Einblick in die damaligen Postverhältnisse. Schon im Mittelalter entwickelte sich in den Städten ein eigenes Berufsbotenwesen. Daneben besorgten aber auch Ordensangehörige, Reifende und Fleischhacker, deren Viehtrieb sich oft über große Landgebiete erstreckte, nicht selten Botendienste. Die ersten Nachrichten über regelmäßige Kurse einer kaiserlichen Post, die anfänglich nur staatlichen Zwecken dienten und daher der Bevölkerung nicht zur Verfügung standen, stammen nach der einschlägigen Literatur aus dem Jahre 14891). Die kaiserliche Post dürfte aber schon vor diesem Zeitpunkt durch längere Zeit bestanden haben. Valentin Prevenhueber berichtet nämlich in seinen Annalen, daß Steyr von der 1490 vom Kaiser Friedrich gekauften Mühle zwischen den Brücken und einem in früheren Zeiten den Herren von Wallfee gehörigen Hause am Berg dem Landesfürsten 50 Pfund Pfennig zu reichen hatte. „Dies ist nun derjenige Dienst", so bemerkt Prevenhueber, „welcher von vielen Jahren her dem kaiserlichen Postamt" gegeben werden mußte"). Die in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts eingerichteten landesfürstlichen Postkurse, die häufig über Linz führten, waren infolge der schlechten Staatsfinanzen meist von kurzer Dauer. Ausschlaggebend für ihre Errichtung war vielfach der jeweilige Aufenthaltsort des Landesfürsten oder der Standort des kaiserlichen Heeres. Die Postboten erhielten zeitweilig nur geringen Lohn, so daß sie gar bald neben amtlichen Poststücken auch private Brief- ichaften beförderten^. Roch 1582 ersuchte der im landesfürstlichen Postdienst stehende Michael Prenpacher den Rat zu Steyr, an Erzherzog Karl zu schreiben, damit er seine ausständige Postbesoldung erhaltest. Die kaiserliche Post war mit bestimmten Vorrechten ausgestattet. Sie genoß Mautfreiheit und hatte eigene Hornsignale, die die übrigen Fuhrwerke zum Ausweichen aufforderten. Ihr mußten die Stadttore auch in der Nacht geöffnet werden und ihre Bediensteten waren uniformiertst. Neben der kaiserlichen Post bestanden gegen Ende des 16. und zu Anfang des 17. Jahrhunderts auch Postverbindungen, die von der Landeshauptmannschaft und den Landständen unterhalten mürben6). In den Städten aber finden wir noch das alte Botenwesen. Steyr verfügte über Boten, die in der Stadt die Botengänge verrichteten („Stadtboten") und über solche, die nach auswärts, vornehmlich nach Enns, Linz, Wels, Pasiau und Nürnberg regelmäßig den Botendienst versahen. Sie waren, wie aus den Ratsprotokollen des Jahres 1570 hervorgeht, berechtigt, die 3

„Botenbüchse mit gemeiner Stadt Wappen zu tragen". 1664 verlieh der Magistrat an den Tagwerker Urban Siberegger das mit dem Stadtwappen geschmückte Botenschild, doch mußte er es auf eigene Kosten anfertigen lassem). Hatte der Bote eine amtliche Verlautbarung mehreren Personen mitzuteilen, so wurde ihm eine Liste derselben, das „Boten-Registerl", mitgegeben, in welcher die angeführten Personen die Kenntnisnahme der Verfügung bestätigen mußtenH. Im Jahre 1592 verlangten die Boten Hans Weinzierl, Thomas Stölln, Moritz Scheiher, Hans Strigl, Hans Psuntner, Max Zingkh und Melchior Schwertschmidt die Aufrichtung einer Stadtbvten-Ordnung sowie die Einstellung der Botengänge durch andere Personen. Der Rat beschloß, nur solche Leute zum „Botengehen" zu verwenden, die „glübt", das heißt vereidigt waren. Den Torhütern wurde befohlen, sich nur dieser Boten zu bedienen. Der Warteraum für die Stadtboten befand sich „unterm Rathaus"3). Die Bestellung der nach Linz und Nürnberg reisenden Boten nahm der Rat im Einvernehmen mit den Handelsleuten üor10). Für den Ordinari-Linzer Boten, dessen Stelle sehr begehrt war, gab es eine eigene Eidesformel. Sie lautete: „Ich N. schwöre zu Gott dem Allmächtigen und all seinen Heiligen einen leiblichen Eid, daß ich dem von einem löblichen Magistrat der Stadt Steyr mir anvertrauten ordinari Linzer Botendienst dergestalten abwarten woll, daß ich mit allen mir anvertrauten Schreiben, Geld und andern getreu, fleißig umgehn, keine Brief oder Geld noch auch etwas anderes erbrechen, eröffnen, veruntreuen oder Hinterhalten, auch jedesmalen zu rechter Zeit von hinnen nacher Linz oder andern Orten abreifen und alldort die Post «und Brief erheben und wiederum damit so zeitlich als möglich mich allhier einfindsn wolle, so wahr mir Gott helf und sein heiliges Evangelium""). Beschwerden der städtischen Boten über Personen, die unbefugt Botengänge verrichteten, sind eigentlich nicht häufig. Nur 1669 beklagten sich die vier Stadtboten über Weiber, die sich „des Votengehens unterstehen" und 1680 verlangte der Linzer Bote Matthias Lang die Abstellung des Schloßboten sowie die Einstellung der Vriefbeförderumg nach Linz durch eine gewisse Schinaglin. Groß ist die Zahl jener Boten, die aus fremden Städten und Märkten nach Steyr kamen. Wir lesen von Voten aus Mariazell, Graz, Waidhofen, Ubbsitz, Straßburg und anderen Oden12). Die Errichtung einer eigenen Stadtpost dürfte in Steyr erst gegen Ende des 16. Jahrhunderts erfolgt sein. Im Oktober 1599 unterhandelte cuuf Befehl des Rates der Stadtkämmerer Wolf Schwindenhamer mit Peter Wib- mer in Ennsdorf wegen der Haltung von Postpferden. Wibmer ließ sich herbei, für die Post zwei Pferde einzustellen, wenn ihm für jedes Roß 32 Gulden „Hilfgeld" gereicht werden. Er verlangte ferner, im Falle er auch Lehenpferde halte, für jedes Pferd pro Tag von einem hiesigen Bürger 15, von fremden Personen 20 Kreuzer verlangen zu dürfen. Wibmer war nicht verpflichtet, Ersatzpferde zu stellen, wenn die Postvferde auswärts in Verwendung standen. Zum Ankauf derselben lieh ihm die Stadt 30 ©ulben13). Einige Jahrzehnte später, um 1624, hatte der vom Rate bestellte Postbeförderer fünf „gute Postroß" und eine Kalesche jederzeit für den Magistrat in Bereitschaft zu halten. Die Stadt hingegen gab ihm dafür eine jährliche Bestallung von 200 Gulden und % Mut (— 15 Metzen) Hafer"). Vom Jahre 1610 bis 1648 versah den Postdienst mit einigen Unterbrechungen Elias Sturm, der in den Archivalien als Postverwalter, manchmal auch als Postmeister bezeichnet wird"). 1636 befahl die Landeshauptmannschaft, ihm den gebührenden Schutz zu erweisjen. Seine Bestallung restringierte 1645 der Magistrat, „da alle Geldmittel entwichen", von 200 auf 100 Gulden, erhöhte aber die Haferzuteilung auf 1 Mut"). _ Im folgenden Jahre erlaubte die Stadtobrigkeit dem Bürger Christoph Stürmer, der sich vergeblich um den städtischen Postdienst bemühte, Lehen4

Darstellung von Postreitern als Wasserzeichen (in Steftr hergestelltes Papier) 1700 175b pferde zu halten, doch durfte er keine fremden Personen befördern, wenn die Pferde der Stadtpost unbeschäftigt waren. Stürmer jedoch hielt sich nicht strenge an diese Anordnung, weshalb ihn 1647 Elias Sturm beim Rate verklagte. Er gab an, daß ihm Stürmer unrechtmäßiger Weise Reit- und Postgelder im Betrage von 60 fl. entzogen habe, ihm außerdem noch 15 fl. Tax-Unkosten 5

schulde, ohne feine Bewilligung „Winkelpferde" ausleihe und auf Grund der Postordnung keine Berechtigung zur Führung des Posthorns besitze. Der Stadtrichter Hans Wagendorfer erhielt den Auftrag, Stürmer entsprechend zu bestrafen und ihn zur Zahlung seiner Schulden zu verhalten. Stürmer schuldete aber außerdem auch der Stadt an „obrigkeitlichen Gefällen" noch 406 Gulden, die er 1648 „mit Wein und anderen annehmlichen Waren" zu bezahlen gedachte. Seinen großen Unmut über die Mißhelligkeiten, die ihm diese Steuern verursachten, brachte er in einem Schreiben an den Magistrat wie folgt zum Ausdruck: „Aus großer Unbilligkeit kann ich nicht mehr schweigen, einem löblichen Magistrat zu erzählen, daß ich in das 17. Jahr ein Bürger allhier und im geringsten kein Schutz, vielweniger ein Hilf gehabt von einem löbl. Magistrat, noch vor Gericht, sondern mich mit lauter Trübseligkeiten geplagt, mit Geldstrafen, Gefängnus, großen Auflagen und Quartiern (Einquartierung von Soldaten), die auf mich nit gebührt haben, daneben nichts dann Schmachwort und Schläg, dadurch in groß Krankheit geraten und mein Leben hergeben muß, solches wird Gott strafen, und noch bis dato armselig geplagt wird, wie ich dann den 14. Oktober zu dem edlen und gestrengen Herrn Bürgermeister erfordert, alsbald erschienen, auch begehrt, mit Wein oder Hufeisen zu bezahlen, auch bei meinem Gewissen geschworen, daß ich nit 3 fl. in meiner Gwalt Hab uinb gebeten mit Bescheidenheit, dem Steuramt aufzulegen, mir ein spezifizierten Auszug erfolgen, wie es billig ist, auch zu lassen. Auf dieses der edle Herr Bürgermeister (mich) alsbald in Arrest geschafft, ich aber gehorsam gewest, gib damit zu erkennen, ob das nit ein Unbilligkeit ist, ein kranken Mann in Arrest zu schaffen, und bis dato noch immerdar kränklich." Stürmer beschwerte sich dann noch über die jungen, unverständigen und ungelehrten Leute, die die alten, wohlerfahrenen und verständigen Bürger „korrigiern und regier»" wollen und drohte zum Schluß, daß, er, falls er keine Unterstützung finde, bei der landesfürstlichen Obrigkeit Schutz und Hilfe suchen müßte. Dieser Brief hatte für Stürmer unangenehme Folgen. Er mußte wieder vor dem Rate erscheinen, wo ihm mitgeteilt wurde, daß ihm das Bürgerrecht entzogen werde und er innerhalb vierzehn Tagen die Stadt zu verlassen habe. Dieser Beschluß kam aber nicht zur Durchführung, da Stürmer mehrmals bat, ihm seinen Ungehorsam zu verzeihen. Er mußte jedoch „vor sitzendem Rat mit zwölf ehrlichen und ehrbaren Bürgers Männern, so er selbst teils aus der Stadt Steyr- und Ennsdorf zu erbitten schuldig", bei gleichzeitiger Zurück nähme seiner Injurien öffentliche Abbitte leisten und sich verpflichten, die ausständigen Steuern zu erlegen17). Im November 1648 beschloß der Rat, die Stadtpost mit Beginn des Jahres 1649 dem Handelsherrn und Ratsbürger Hans Köberer zu verleihen1"). Elias Sturm, der vom Magistrate 55 Gulden für ein Pferd begehrte, das er an die Täppischen Reiter abgeben mußte, wurde mit dieser Bitte abgewiesen, da er dem Steueramt noch ein „Namhaftes" schuldete, erhielt aber für 1648 noch 50 Gulden sowie die Erlaubnis, zwei Lehenpferde zu halten. Der Gebrauch des Posthorns wurde ihm jedoch untersagt. Er bemühte sich 1649/50 noch mehrmals um die Stelle eines Stadtpostmeisters. Allein der Rat lehnte sein Ansuchen ab, da er bei der Bürgerschaft und Stadtobrigkeit große Schulden habe und zum Ankauf der Pferde nicht über die notwendigen Mittel verfüge. Außerdem habe Postmeister Köberer ohne Besoldung und trotz namhafter Rittaeld-Ausstände den Postbetrieb aufrecht erhalten1"). In diesem Zusammenhänge sei hingewiesen, daß in früheren Jahrhunderten die Beförderung von Personen nicht allein durch die Post, sondern auch ourch die sogenannten Lehenrößler erfolgte, die Pferde („Lehenpferde") um einen bestimmten Geldbetrag verliehen. Wiederholt verlangten die Postmeister, rote wir noch sehen werden, die Aufhebung dieser Einrichtung, nachdem sie das alleinige Recht des Pevflonentransportes für sich beanspruchten. 6

Auch Hans Köberer, der nun zu Anfang des Jahres 1649 die Stadtpost bei einer Bestallung von jährlich 100 fl. und einer Haferzuteilung von 1 Mut oder 35 Gulden pro Quartal übernahm, forderte die Abschaffung der Lehenpferde. Die Stadtbehörde war aber der Ansicht, daß man den Bürgern „ein oder anderes Roß zu halten" nicht verwehren könne. 1650 erklärten daher der kaiserliche und der städtische Postmeister, daß jeder von ihnen drei Lehenpferde der Bürgerschaft gegen eine Tages-Leihgebühr von 30 kr. pro Pferd zur Verfügung stellen werde, wenn alle anderen Lehenpferde in der Stadt abgeschafft würden. Der Magistrat versprach, sie zu schützen, doch müßten fie jederzeit mit „guten Rossen" versehen fein20). Im Jahre 1649 erreichte Christoph Stürmer, dem die Stadtpost ja versagt blieb, seine Ernennung zum kaiserlichen Postbeförderer. Damit kam es in Steyr zur Einführung einer kaiserlichen Post. Die Errichtung von regelmäßigen Postkursen war jedoch damit nicht verbunden. Gestützt auf das kaiserliche Dekret, eröffnete Stürmer nun seine Angriffe gegen die Stadtpost. Es entlud sich ein heftiger Kampf zwischen ihm und dem Magistrat, der auf Seite Köberers stand. Schon im Jänner 1649, vierzehn Tage nach seinem Dienstantritt, stellte er nachstehende Forderungen: 1. Unterstützung der kaiserlichen Post durch die Stadtobrigkeit, 2. Abschaffung des Posthorns bei allen Personen, denen es nicht gebühre, 3. Einstellung der Beförderung fremder Herren durch die Stadtpoft, 4. Verbot der „Winkelposten" und der Lehenpferde, 5. Verringerung seines Quartiergeldes. Mit besonderem Nachdruck suchte er zu erreichen, daß niemand anderer als er berechtigt sei, auswärtige Reisende und kaiserliche Kuriere zu befördern. Köberer dürfe nur die hiesigen Bürger, Ratsfreunde und Beamten führen, auch das Posthorn stehe ihm nicht zu. Außerdem verlangte er noch die Aufrichtung einer Postordnung. Nachdem sich der Magistrat aber um diese Forderungen wenig kümmerte, ließ sich Stürmer zu Schmähungen des Stadtgerichtes hinreißen, weshalb man ihn als „Schänder der Obrigkeit" aus der Stadt schaffen wollte. Es kam aber nicht dazu, weil Stürmer feine Steuerschuld noch immer nicht beglichen hatte. Bei der Stadtbehörde konnte er jetzt begreiflicherweise nichts mehr erreichen. Ob er nun um die Ausquartierung eines bei ihm wohnenden Soldaten, um die Verringerung der Quartierslasten oder um den Abschied ersuchte, jede Bitte wurde mit dem Hinweis, er möge zuerst seine Gefälle in Ordnung bringen, strikte abgewiesen. Im Jahre 1661 richtete er neuerdings feine Angriffe gegen den Stadtpostmeister Köberer. Er verlangte für sich den Titel eines Postmeisters, da Köberer nur ein Postbeförderer sei. Diese „hoffertig vnd Sindige attestata" trugen ihm einen Verweis des Rates ein. Stürmers Ansprüche waren aber damit nicht erschöpft, es sollte ihm als den „kaiserlichen Postmeister" auch die Stadtpost verliehen werden, ansonsten er sich beim Kaiser beschweren werde. Der Rat ließ sich durch diese Drohung nicht einschüchtern. „Weilen Supplikant um (Bern. Stadt nit verdient", so lautete der Ratsbeschluß, „daß man einem gehorsamen Bürger (Köberer) die Stadtpoft aufheben und einem ungehorsamen verleihen solle, also hat dies Begehren nit statt". Er habe sich der „unnötigen Klage bei gebührlicher Leibsbestrafung zu enthalten"^). Das Vergehen Stürmers bewirkte, daß sich nun Köberer um die kaiserliche Post bewarb. Seine Bitte fand jedoch kein Gehör. Zu Anfang des Jahres 1652 teilte Karl Freiherr v. Paar, Obrifter Hofpostmeister"), dem Magistrat mit, daß er dem Köberer die Post nicht konferieren könne und dieser die Beförderung von Kurieren und anderen fremden Leuten einstellen solle. Steyr antwortete hierauf in einem ausführlichen Schreiben, daß man keine Bedenken trage, die Stadtpoft einem kaiserlichen Postbeförderer zu überlassen. Dem Stürmer aber, der wegen seines „üblen Verhaltens" auch schon bei der Landeshauptmannschaft bekannt sei, könne man sie nicht geben. Zudem verfüge er 7

auch über schlechte Pferde, so daß die Reisenden beim Stadtpostmeister besser bedient werden. „Da aber ein Herr mit seinen eigenen oder Lehenpferden all- hero kommen", sjo heißt es weiter in dem Antwortschreiben, „oder auch sogar ein Kurier oder anderer Reisende des Stürmers Pferd oder Beförderung nit haben wollte, deine kann auch sich des Stadtpostmeisters Dienst zu gebrauchen nit verwehrt werden, weilen einem jeden und sogar in der kaiserlichen Haupt- und Residenzstadt Wien und anderwärtig, wo kaiserliche Posten sein, frei stehet, die Post-Landkutschen oder Lehenpferd zu nehmen"'H. Die Stadtpost bestand aber nicht mehr lange. Im Februar 1652 verfügte der Magistrat die Aufhebung derselben. Er richtete an den Stadtpostmeister Hans Köberer ein Dekret, in welchem er ihm mitteilte, „daß man bei erlangtem heiligen Frieden sich fürohin mehr keiner so starken vielfältigen Reisen zu besorgen, dahero man die Stadtpost weiter nicht vonnöten habe, doch wolle man ihm gleichwohl fürdershin jährlich dergestalt 50 fl. Bestallung reichen, daß er dagegen drei gute Lehenpferd halten solle." Auch für das Jahr 16ö3 gab ihm der Magistrat die gleiche Summe, er bemerkte aber, daß man seine Postdienste nicht mehr benötige und er mit schlechten Pferden versehen sei'''). Stürmer tat nun alles, um die Abschaffung der Lehenrößler zu erreichen. Vorerst verlangte er, daß Köberer nicht drei, sondern nur zwei Lehenpferde halten dürfe. Dann erwarb er einen Befehl der Landeshauptmannschaft, der vom Magistrat forderte, ihn bei seinem „kaiserlichen Mandat" zu schützen und die Lehcnrößler abzustellen'H. In seinem großen Haß gegen die „Rohausleiher" ging er sogar am 12. Februar 1653 „mit gewaffneter Hand" auf freier öffentlicher Straße gegen den bürgerlichen Lehenrößler Hans Bärthl vor und .schimpfte dabei heftig über das kaiserliche Stadtgericht. Dieser unüberlegte Streich, den er gemeinsam mit seinem Sohne durchführte, brachte ihn aber in den Arrest. Im Hinblick auf seine zahlreichen Kinder zog der Rat bei der Urteilsfällung nochmals „die Güte der rechtlichen Schärfe" vor. Daß aber „seine unterschiedlichen Verbrechen nicht ungestraft" bleiben mögen, verurteilte er ihn bei Aufhebung des Bürgerrechtes zu einer Gefängnisstrafe von einem Vierteljahr bei Wasser und Brot. Als ihm das Urteil verkündet wurde, rief er: „Ich habe niemalen nichts Böses im Sinn gehabt, aber meine Herren bringen mich mit diesem Urtl dahin, daß ich etwas Böses tun muß!" Stürmers Haft war nur von kurzer Dauer. Eines Tages erschien vor dem Rat seine Frau Anna samt allen Kindern und bat flehentlich, ihrem Manne die Freiheit zu geben. Auf die vielköpfige Familie Rücksicht nehmend, ließ die Stadtobrigkeit abermals Barmherzigkeit walten. Stürmer mußte mit „vier ehrlichen Bürgern" Abbitte leisten und innerhalb vier Wochen die ausständigen Steuern bezahlen. Er versuchte nochmals, die Stadtpost zu bekommen. Seine Anstrengungen blieben erfolglos. Am Beginn des Jahres 1654 starb der kaiserliche Postmeister, der wahrlich seinen Namen nicht umsonst getragen. Witwe und Erben durften nun „keinen Haller Postbestallung" mehr aus dem kaiserlichen Vizedomamt annehmen-H. Stürmers Nachfolger wurde der Bürger Hans Andreas Zolitsch. Wie sein Vorgänger beantragte auch er beim Magistrat, ihm die Stadtpost zu verleihen und den Lehenrößlern den Gebrauch des Posthorns zu untersagen. Auf Grund eines vom kaiserlichen Hrfpostamt am 5. April 1656 ausgestellten Dekretes forderte er die Einstellung des vom Schuhmacher Hans Hibmer betriebenen „Lehenrösielns"^). Im Jahre 1661 verlieh der kaiserliche Erbland-Hofpostmeister Karl Graf v. Paar die kaiserliche Postbeförderungsstelle zu Steyr, um die sich im vorhergegangenen Jahre der Bürger und Gastgeb Hans Karl Hörmann schon beworben hatte, an Johann Erasmus Kumpfmiillner. Die Zeit feiner Tätigkeit im Postdienst war außergewöhnlich kurz. Wegen „eines verübten Gewalt»" 8

wurde er mit 32 Gulden bestraft. Dies dürfte wohl der Grund für feine Entlassung gewesen fein-8). Die Postbeförderungsstelle erhielt im Jahre 1662 der Bürger und Handelsmann Georg Mayr. Hatte die Stadt bisher mit den Inhabern der kaiserlichen Post ständig Unannehmlichkeiten, so erwuchsen ihr mit dem neuen Postbeförderer noch größere Schwierigkeiten. Auf sein kaiserliches Patent pochend, beantragte Mayr beim Magistrat die Befreiung von Quartierslasten sowie die Erlassung des Viertelmeisteramtes. Beide Anträge wies die Stadtobrigkeit zurück. Der als Kaufmann arg verschuldete Postmeister wurde 1664 in einen mehrjährigen Kridaprozeß verwickelt. Er schuldete nämlich Matthäus Riß von Riesenfels den Betrag von 6000 Gulden. Ueberdies hatte er noch eine Linzer Marktschuld in der Höhe von 4940 Gulden cm Hans Heinrich von Löwenfels in Deutsch-Brod und Matthias Khapeta in Datschitz zu begleichen. Mayr wurde verhaftet. Riesenfels verlangte, daß er feine entbehrlichen Kleider, die Postpferde, seinen goldenen Ring und das Silbergeschmeide herausgebe. Der Postmeister hingegen beschwerte sich über Franz v. Riesensels, weil dieser ihn „übel mit Schlägen traktiert habe". Rach einer kurzen Haft wurde Mayr doch wieder auf freien Fuß gesetzt, er mußte sich aber in einem Revers verpflichten, daß er die Stadt nicht verlassen werde. Trotzdem aber entwich er aus Steyr und begab sich, wahrscheinlich zu Anfang des Jahres 1665, nach Wien. Als dies dem Magistrat bekannt wurde, verlangte er vom Wiener Stadtrichter die Verhaftung Mayrs. Allein in der Residenzstadt war eine Festnahme, wie der Sollizitator der Stadt Steyr Georg Siegmund Jungbluett berichtete, nicht möglich, weil sich der Postmeister in einem der Freihäuser aufhielt, die dem Unter-Richter nicht zugänglich waren. Mayr nützte seinen Wiener Aufenthalt gehörig aus. Zum kaiserlichen Hof dürfte er sehr gute Beziehungen gehabt haben, denn er erreichte gar bald einen Befehl an die Stadt Steyr, seine Verhaftung bei einer Strafe von 100 Dukaten einzustellen. Der Magistrat war jedoch nicht gewillt, diesen Auftrag zu befolgen. Mayr sollte ja nicht wegen seiner Schulden, sondern weil er die Stadt verlassen, „in Verhaft gezogen und mit der Kheuchen" bestraft werden. Wie erstaunt mag man aber in Steyr gewesen sein, als noch im gleichen Jahre der kaiserliche Jntimationsbefehl des Inhalts einlangte, daß Mayr mit dem Prädikate „von Riesenegg" in den Adelsstand erhoben wurde und „so lang er dem Postamt oder denen kaiserlichen Diensten vorstehet, von allen bürgerlichen Aemtern, Gerhabschaften und dergleichen manueribus exempt sein solle, mit Befehl, solichcs bei der Kanzlei ad nota zu nehmen und ihn dabei zu schützen". Um diese Zeit berichtete Franz v. Riesenfels der Stadtobrigkeit, daß sein Vater von Mayr ein Schreiben erhalten habe, worin dieser den Rat mit folgenden Worten angriff: „Täte die Stadt Steyr dafür der Röm. Kaiser!. Majestät, unfern allergnädigsten Herrn, von anno 1628 an bis auf dato von ihrem Haushalten Rechnung, stünde derselben besser an, und würde oft manicher zu Steyr sein Beutl leeren müssen"°°). Ein wenig später gelang dem Magistrat die Festnahme des Postmeisters. Er wurde zu Losenstein angehalten und „gewaltsam hinweggeführt". Ein Befehl der Landeshauptmannschaft gab ihm aber rasch wieder die Freiheit. Die Stadt mußte ihm die abgenommenen Gegenstände (Truhen, Schriften u. Sgl.) wieder zurückstellen und seine Arrestie- rung „bei Verhütung des Landrichters" mit 100 Dukaten büßen. Der Magistrat bekam den Auftrag, „sich künftig alles weiteren Gewalts gegen ihn bei Strafe von 500 Dukaten" zu enthalten. Im Namen des Kaisers wurde der Stadtobrigkeit untersagt, gegen Mayr mit der Exekution vorzugeheiL"). Im Jahre 1666 erschienen abermals Befehle der Landeshauptmannschafi, die verlangten, daß Mayr seinen Bürgerabschied erhalten solle und daß ihm die ausständigen Tazgefälle völlig erlassen werden. Die Stadtbehörde war noch immer bestrebt, die Bewilligung zur Verhaftung Mayrs zu erlangen, 9

doch die Landeshauptmannschaft widersetzte sich diesem Ansinnen. Sie machte 1667 dem Magistrat deshalb sogar Vorwürfe und beschuldigte Bürgermeister Luckhner, weil er seine Bedienten um die Post nach Strengberg schicke, sie in Steyr austeilen lasse und dafür das Postgeld einhebe. In diesem Jahre wurde endlich der langwierige Prozeß bei der Regierung erledigt. In der kaiserlichen Entschließung vom 18. März heißt es u. a.: „Daß wir auf Georgen Mayrs, Postmeister in unserer Stadt Steyr, uns über die seinen Kreditorn beschehene wirkliche Abtretung seines Vermögens um Erteilung eines Salvi Conductus de non ulterius molestando allertänigst überreichtes AnbriNgen und darüber gehöriger Orten abgefordert, auch ankommene Bericht und Gutachten unterm dato vierten diß dahin allergnädigist refolviert und in dieser, als einer bereit beschehenen Sache verwilliget, daß dem Supplikanten der gebetene Salvus Conductus erteilt werden möge, jedoch dergestalt, daß er vorhero, zum Fall es nicht allbereit beschehen, einen körperlichen Eid schwörn, daß er 1. alles, was er gehabt, treulich namhaft gemacht, weiter nichts habe, nichts wisse, auch nichts haben könne, noch auch einiches anderes Mittl wisse, womit er seine Kreditorn kontentiern oder versichern könnte, 2. daß wann er mit der Zeit ad pigniorem fortunam kommen würde, er sodann seine Kreditorn und insonderheit diejenigen, welche in die Cessionem bonorum nicht eingewilligt haben, auch bei der Crida Verhandlung weder angemeldet, noch erschienen seind, der Möglichkeit nach bezahlen und befriedigen tüoüe"31). Noch einmal, im August 1670, kam es zwischen Mayr und einem Angehörigen der Familie Riesenfels zu einem Zerwürfnis. Johann Baptist von Riesenfels traktierte Mayr mit dem Degen, weil dieser gegen ihn durch „das Fenster" Injurien ausgerufen habe. Der Postmeister überreichte in diesem Jahre dem Magistrat für die Beförderung eines Paketes, 37 Lot schwer, ein „Poftgeld-Auszügl" in der Höhe von 3 fl. 4 s. Der Rat beschloß, diesen Betrag von fernen ausständigen Gefällen in Abzug zu bringen. Zum letzten Male erwähnen die Ratsprotokolle Georg Mayr, der in Steyrdorf ein Haus besaß, im Jahre 1676. Wann seine Amtstätigkeit ein Ende fand, wird in den Archivalien nicht gesagt, vielleicht um 168032). Nach Mayr wurde Johann Adam v. Paumgartten kaiserlicher Postmeister in Steyr. Er war der älteste Sohn des Ennser Stadtrichters Michael Paum- gartner, der 1675 mit dem Prädikat „von Paumgartten" in den Adelsstand erhoben wurde33). Im gleichen Jahre erwarb der Postmeister, der später Mitglied des Rates wurde, durch Kauf das Haus Stadtplatz Nr. 46. Er starb am 15. Dezember 1704. Nahezu hundert Jahre verblieb der kaiserliche Poftdienst weiterhin in den Händen dieser Familie: Johann Adam v. Paumgartten (1704—1730), Johann Adam v. Paumgartten (1730—1742), Johann Richard v. Paumgartten (1742—1782), Reichard v. Paumgartten (1782—1802)34). Der Widerstand gegen die Lehenrößler ließ seit dem Jahre 1670 erheblich nach. Der Grund hiefür ist wohl darin zu suchen, daß die Stadt vom Postmeister unabhängig sein wollte und daher die Lehenrößler begünstigte. Der Magistrat verlieh auf das „Roßausleihen" auch das Bürgerrecht. Da Bürgermeister und Ratsmitglieder sich nicht selten der Lehenpferde bedienten, waren die Lehenrößler verpflichtet, der Stadtbehörde jederzeit Pferde für Dienstfahrten zur Verfügung zu stellen. Später, um 1760, war die Stadt selbst schon im Besitze von acht Pferden, die sie gelegentlich an die Bürger verlieh33). Unter Kaiser Karl VI. erfolgte 1722 die Verstaatlichung des Postwesens. In diesem Jahre untersagte die niederösterreichische Regierung allen Boten, Landkutschern und Lehenröhlern die Beförderung von Briefen, ausgenommen die den Waren beigeschlossenen Fracht- und Avisobriefe33). Die Postzustellung besorgte in Steyr schon in diesem Jahrhundert ein eigener „Briefträger". Erstmalig erwähnen die Ratsprotokolle einen solchen im Jahre 1705. Es ist der Ennser Bote Veit Heyraß, der um das Bürgerrecht auf das Branntwein10

Stift St. Florian, Stiftskirche. Znnenraum gegen Westen. Foto: Willi Albrecht

Stift St. Florian, Stiftskirche Innenraum gegen Westen Auf der Westempore die Hauptorgel, geschaffen von dem Laibacher Orgelbauer Franz T. Krismann- begonnen 1770, vollendet 1783. Das Gehäuse schuf der Florianer TischlerJohann Christian Iegg. Die ursprünglich mit illusionistischen Registern, wie Trommelschlag und Vogelruf ausgestattete Orgel wurde 1873-1875 durch den Salzburger Orgelbauer Matthäus Mauracher erneuert. 1930 wurde sie technisch modernisiert und nach Anton Bruckner benannt. (Kirchner-Doberer)

Johann Adam b. Paumgartten Kaiserlicher Postmeister in Steyr brennen und das Hainzl-Leutgeben im erkauften Wengermayrifchen Haus in Pyrach ansuchte. Die jährlichen Postgebühren des Magistrates waren nicht übermäßig hoch. 1732 bezahlte die Stadt 14 fl. 60 kr., 1733 betrugen sie 21 Gulden^). Nach Uebernahme des Postwesens durch den Staat begann eine immer strenger werdende Ueberwachung der Brief- und Paketbefördernng. 1747 wurde dem bürgerlichen Lebzelter Adam Haller, der Pakete, Briefschaften und Personen beförderte, „im Namen der k.k. Majestät anbefohlen, sein unbefugt 11

treibendes Fuhrwesen" sofort einzustellen. Da es auch Boten gab, die Briefe nach Bayern schwärzten, erhielt der Magistrat von der im Erzherzogtum Oesterreich ob der Enns angevrdneten k.k. Deputation am 6. März 1749 den Auftrag, den Voten „ernstlich" zu bedeuten, daß sie sich des „höchst verbotenen Briefsammelns und Durchschwärz-ens" enthalten sollen. Gleichzeitig wurde in Erinnerung gebracht, daß die Stadtbewohner ihre Briefschaften dem kaiserlichen Postamt zu übergeben haben. Nach einem Dekret der landessürstlichen Repräsentation und Kammer in Oesterreich ob der Enns vom 25. 2. 1751 war es ausländischen Boten nicht erlaubt, Briefe und Päckchen unter 20 Pfund zu übernehmen33). Wahrscheinlich im Zuge der Postreform des Freiherrn v. Lilien kam es im Spätsommer 1752 zu regelmäßigen Postwagenfahrten zwischen Steyr und Linz. Dem k.k. Postmeister wurde befohlen, wöchentlich Dienstag -und Freitag „mit drei oder vier Pferden, auch allenfalls mit zwei Wagen" nach Linz zu kommen. Die Postgebühr für einen einfachen Brief wurde mit 3 kr. festgesetzt. Am 25. August berichtete der Bürgermeister in der Ratssitzung, daß ihm der Obrist Postverwalter-Amtsadjunkt Herr von Wisner nachdrücklich aufgetragen habe, in Hinkunft die Boten nach Linz nur an bestimmten Tagen abzufertigen und ihnen sowie den Schiffmeistern und Holzhändlern die Mitnahme von Briefen zu untersagen. Um „sicher" zu gehen, wurde vom Magistrat eine Kontrolle sämtlicher Boten vorgenommen. Die Viertelmeister erhielten den Auftrag, allen Hausbesitzern mitzuteilen, daß sich die bei ihnen befindlichen Jnleute, die Botengänge verrichten, in der Stadtkanzlei mit dem „Stadtschild" (Botenschild) zu stellen haben. Besonderes Gewicht wurde auf die Einstellung der Linzer Botenfahrten an einem Dienstag und an -einem Freitag gelegt, da an diesen Tagen ohnehin der Postwagen verkehrte. Die Boten aber nahmen anfangs diesen Befehl nicht ernst, weshalb mehrmals darüber Beschwerden in Steyr einlcrngten39). An Tagen, an denen kein Postwagen nach Linz fuhr, konnte feit 1753 auch Elisabeth Stadler, welche die Fliegenschützen-Gerechtigkeit besaß, Personentransporte durchführen39). Die k.k. Haupt- und Poftstraßenkommifsion in Oesterreich ob der Enns verlangte 1763 von der Stadt dis „schleunige Reparatur der nach Linz führenden Straße zwischen Steyr und Dörnach33). Für die Beförderung ihrer „officiofen Frachtenstücke" hatte Steyr ab 1776 jährlich 10 Gulden an die Linzer Postwagen-Expedition zu entrichten3'). Zu Anfang des 19. Jahrhunderts verkaufte Postmeister Reichard von Paumgartten das alte Posthaus am oberen Stadtplatz an Anton Mayrhofer. Dieser übernahm u. et, 11 Postpferde, 2 Kaleschen und andere Fahrzeuge. Laut Kaufvertrag mußte der Käufer auch das Postregal erhalten. Die lsiebergabe erfolgte am 30. April 1802. Nach dem „k.k. Schematismus" des Jahres 1804 war die Poststelle in Steyr eine dem k.k. Oberpostamte zu Linz untergeordnete „Postftativn", die 1831 im Provinzialhandbuch als „k.k. Absatzpostamt" erwähnt wird, das seit 1828 Josef Mayrhofer leitete33). Seit dem Jahre 1819 konnte man mit der Post von Linz über Steyr nach Graz reisen, irrt November 1838 wurde zwischen Linz und Steyr eine Karriolverbindung ausgenommen und ab 1. Mai 1845 verkehrte ein Postwagen auch zwischen St. Peter in der Au und Steyr33). Durchgreifende Verbesserungen des Poftwefens erfolgten aber erst in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts. Den Anfang der Neuerungen bildete die Eröffnung einer Telegraphenstation im Exzölestinergebäude (Berggasse) am 17. Februar 1859. Den Dank hiefür brachte die Stadtgemeinde dem Ministerium auf telegraphischem Wege zum Ausdruck. Es war die erste Drahtnachricht, die Steyr verließ33). 12

Anmerkungen: (Rp. — KatsprototoB, = Faszikel, K. — Rasten, L. — Lade. Sätrllliche Archivalien befinden sich im Stadtarchiv Steyr,) !) 21, hoffmann, Ivirtschaftsgeschtchte -des Landes ©berösterneich. 5, 236 f. — £j. Ejaus» feitnew, Rurze Geschichte des Postamtes Linz l. Heimatgaue, Ig. 10, S. 37. 2) v. Prevenhueber, Annales Styrsnfes, 5. 150. 3) A. hoffmann, a.' a. ©., 5, 237 f. 4) Aif 1582, 185. 3) h. hausleitner, a. a. ©., 5. 38. 6) 21. hoffmann, a. a, ©., 5. 238. 7) Rp. 1570, 253; 1664, 43. s) F. Handelssachen 1501—1782, R. IV, L. 2, Nr. 9. 9) Rp. 1592, 222. 10) Rp. .1630, 66; 1652, 28. n) F. Instruktionen 1568—1774, Mittelkasten, L. 18 Nr. 1207a: „Iurament Büechl gern. Statt Steyr". 12) Rp. 1669, 150; 1680, 9. 13) Rp. 1599, 268. 14) Rp. 1624, 376; 1632, 82. «) 1621erwähnen die Rp. als Inhaber des 'Postdienstes TäxhaMber. 1632—1634 und 1639—(642 den Ratsbülrger Sebastian Luckhner. Rp. 1621; 1632 loo, los; 1634, 4, 93; 1639, 73; 1642, 200; 1643, 9; 1650, 82. 16) Rp. 1636, 137; 1645, 61. ' !") Rp. 1646, 77; 1647, 278; 1648, 287, 291, 311, 313, 326. 18) Die Röberer stammten aus Nürnberg, sie kamen gegen Ende des 15. Jahrhunderts nach Steyr, ivappen: „Im blauen Schilds 'ein springender goldener Löwe mit einem goldenen Korbe in den vorbei p-ranken. Geschlossener Helm Tritt blaugoldenem lvulst und ebensolchen Decken. Zier: ©ffener Flug, rechts Gold über Blau, links Blau Wer Gold geteilt, -dazwischen die Schildfigur wachsend." A. v. pantz, die Gewerken int Bannkreise des steirischen Lrzberaes, 5. 156. 19) Rp. 1648, 290, 320, 334; 1649, 80; 1650, 16, 812, 367. — 1649 erhielt Röberer vom Magistrat für '2 Pferde, die von Ratsfreunden „zu Schaden" geritten wurden, fünfzig Gulden. Rp. 1649, 125. 20) Rp. 1648, 520; 1650, 325, 368. 21) Rp. 1649, 9, 187a, 201, 260, 345, 368; 1649, 363 f.; 1650, 115, 140, 156; 1651, 361, 42% 450. ~) Seit 1521 wardie Familie Paar führend im kaiserlichen Postwesen tätig, 21. hoffmann, a. a. ©., 5. 238. — vgl. L. Riebet, Mauritius von Paar. ©..<£>. Heimatblätter, Ig. 5, Heft 1, S, 51 ff. 83) Rp. 1652, 25 ff. 24) 2Sjp. 1652,50. — Für -die Reife des kaiserlichen Hofes von Prag nach Regensburg hatte Röberer 1652 itrri Aufträge der Stadt eins Kalesche bereitzustellen, Rp. 1652, 341; 1653, 101. . 2°) Rp. 1652, 85, 122, 326. 26) Rp. 1655, 54, 59, 67, 194; 1654, 133. , 27) Rp. 1656, 2, 9, 63. 25) Rp. 1660, 164; 1661, 12, 170. 29) Rp. 1662,’ 196; 1663, 154; 1664, 179, 185 f., 210; 1665, 8, 90, 145, 197, 216, 231; 1666, 82. 30) F. Rvidaprozesfe 1625—1751, Mittelkasten, L. 34, Nr. 4747. — " Rp. 1665, 240; 1666, 5. 31) Mit Poitentiana Mayr traf Matthäus v. Riesenfels am 17. io. 1667 einen vergleich. F. Rridaprozeffe, Nr. 4744, 475o'. — RA. 1666 183, 184. 202, 220, 262; 1667, 95, 162, 322. s-2) Rp. 1670, 167, 2-27, 292 f.; 1672, 140; 1676, 86. — Lin Sohn des Postmeisters dürfte Johann Joseph Mayr v. Riefenegg, „Hofrats Sekretär" des Bischofs von Augsburg, gewesen sein, der I699 beim Rat ersuchte, feiner Mutter das Abfahrtsgeld von so fl. nachzufehen. Rp. 1699, 163. 33) 3. Kremt, Häuserchronik der Altstadt Steyr. Teil 1, S. too, Anm. 18. Veröffentlichungen des Rulturamtes der Stadt Steyr. Juni 1951. — ©bgleich Mitglied des Rates und Besitzer von Lehenpferden war der Postmeister 1685 nicht geneigt, für die Staibt eine Kalesche nach Linz 31t stellen. Rp. 1683 150. ,34) I. Kremt, a. a. ©., S. 99 f. — Rp. 1704, 237; 1759, 45; 1760, 165. 13

35) 25p. 1670, 55, 235, 23$); 1707, 2(8; (760, (58, 2$>6. — (6$>7 erhielt der Postmeister für die Wagen- und Pferdsbeistellung zur Wahl 5 fl. 25p. (S$>7, 52. — Für ein Pferd zur Reife nach tbryer bezahlte (700 bie Stadt ( fl. 30 kr. 25jpi (700, 76. 3(i) A. poffn.iann, a. a. G., 5. 487. — 25p. (722 (65. 37) 25p. (705, 20t, 209; (735, (8; (754, 23. ss) F. Postwesen, K. XI, L. 7, Nr. (, 2, 5. 39) 21. bsofsmann, a. a. ©., 5. 487. — F. Postwesen Nr. 4. — 25p. (752, 294, 529 f. Die Rechnung über die Gebühren der Magistratspost hatte der Rats'diener zu führen. 25p. (757, 340. 40) F. Postwesen, Nr. 5. — Fliegeinschützen = Fuhrleute. 41) 25p. (765, 3tt. 42) F. Postwesen, Ar. 7, 8. 43) £. Schmidel, 21nsichten von Steyr. Separat-Ahdruck aus der „Steyrer Zeitung" vom ((. .8. (895/ Nr. 64. — 3. Krertin, a. a. ©., S. 99f. — £j. hauslettner, a. a. ©., S. 42 ff. 44) B. pausleitner, a. a. ®., 5, 43. — Alois Leopold Anton. Steyr's Chronik. Kopia des im Stadta-lchiv aufbeiwahvten ManuskriWs. 5. 70. — 3- Kautsch, Zur Geschichte d. Stadt Steyr. Steyrer Geschäfts- u. Unterhaltungskalender (942, 5. LXXI. 45) 21. Rollsder. tssimatkunde von Steyr, 5. (67. —• 3. Kautsch, Aus den 2luszeichnun- gen eines Steyrer Bürgers. Steyrer Geschäfts- u. Unterhaltungskalsnder (9(6, S. 5. 14

Dr. Hermann Vetters, Wien: laurmnmt - Lorch Bei der Aufgabe, eine römische Stadt, also eine große Siedlung, zu erforschen, ist stets von den geographischen Grundlagen auszugehen. Sind doch die mannigfachsten Gründe für die Anlage einer solchen maßgebend. Gerade ein Großstaat wie Rom, der vom Militär geischaffen und von einem großen Kaufmannsstande erhalten wurde, hat stets auf diese Faktoren besondere Rücksicht genommen, und kein Geringerer als Vrtruv, der Baumeister des Augu- ftus, hat in seinem Werk „Heber Architektur" diesen Fragen «in eigenes Kapitel gewidmet^. Uebrigens baute auch hier der römische Großstaat auf Leistungen weiter, die bereits die Griechen in der Zeit ihrer stürmischen Kolonisation und vor allem im Zeitalter des Helenismus beachteten und sie auch schriftlich niederlegtenH. Der Ort, der uns hier beschäftigen soll, hat eine nicht ungünstige Verkehrslage. Er liegt an der uralten West-Ost-Verbindung, die Rheinland und Donaugebiet miteinander verknüpft. Entlang dieser Straße, die dem Lauf der Donau folgt, sind bereits im 4. und 3. Jahrhundert v. Ehr. Kelten ans dem süddeutschen Raum eingewandert; sie haben auch das älteste Lauriaoum, vielleicht auf dem Georgtznberg gelegen, gegründet. Diesen Handelsweg hat Rom, nachdem es im Jahre 16/15 v. Ehr. das keltische Norikerreich ohne besondere Waffengewalt besetzt hatte, ausgebaut. Als große Heerstraße bis Konstantinopel und bis an die Donaumündung spielte er stets eine bedeutende Rolle. Ursprünglich war nicht vorgesehen, diese Hauptverkehrsader so nahe der Grenze zu führen. Sie sollte vielmehr im gesicherten Hinterland laufen. Das norische Gebiet war zunächst, und zwar in einem Zuge, nur bis zur Donau besetzt worden, seine nördlich davon liegenden Teile wollte man in einem zweiten Unternehmen zusammen mit Böhmen bis zum Nordrand der Sudeten und dem angrenzenden Karpathenbogen erobern. Das Gebiet war erst kurz vorher von neu eingewanderten Swebenstämmen, den Markomannen und Quaden, besiedelt worden. Herr Böhmens war der mit römischer Kriegführung vertraute Marbod. Bon drei Seiten konzentrierte der Stiefsohn des Augustus, Tiberius, seine Armeekorps, vom Rhein längs des Maintales zog eine Marscharmee, vom Wiener Becken aus die Hauptmacht unter Tiberius und nördlich der Donau im bayrisch-oberösterreichischen Raum operierte eine dritte Armeegruppe. Die Truppen, die schon knapp vor der Vereinigung standen, mußten aber zurückgerufen werden, da im Rücken der Heere sich bte zwar seit rund vierzig Jahren unterworfenen, aber nie ganz ruhigen Pannonier erhoben hatten. Das geschah 6 n. Ehr. Als Tiberius endlich der gefährlichen Insurrektion Herr geworden war, kam die Nachricht vom Debakel im Teutoburger Wald (9 n. Ehr.). Der alte Kaiser hatte nicht mehr die Spannkraft, die Eroberung von neuem zu beginnen. So wurde die Donau die Grenze. War der Strom schon im ersten Anhieb erreicht worden, so wurde er erst jetzt zur befestigten Grenze, in deren Schutz knapp am Strom die West-Ost-Straße ihren Lauf nahm. Aber nicht nur an dieser großen Transversale liegt unser Ort, sondern er besitzt auch gute Nord-Süd-Verbindungen. Nach Süden führen Enns und Traun, die eine zum Eisen nach Steiermark, die andere zum Salz von Hallstatt. Nach Norden aber öffnet sich das sonst so sehr dem Verkehr aufgeschlossene Mühlviertel mit der tiefen Talsohle der Aist und ermöglicht so eine 15

bequeme Verbindung nach Böhmen, ein Weg, der schon lange vor dem Eindringen der Römer als Salzstraße begangen worden ist. Die Sicherung der Grenze haben hier wohl zunächst die Legionen übernommen, die in der Nachbarprovinz Pannonien, vor allem in Carnuntum, stationiert waren. Vor allem haben die Legionäre gebaut3). Auch für Lorch dürfen wir das annehmen. Ein Soldat der 15. Legion, Titus Barbius, liegt hier begraben. Er war 25 Jahre, als er starb, stand also noch im aktiven Dienst3). Der Name Barbius ist ausfällig, haben uns doch die Funde auf dem Kärntner Magdalensberg gezeigt, daß die Aquileienser Kaufmannsfamilie der Barbii in dem alten Zentrum von Norikum ein großes Kontor besessen haben. Da auf dem Ennser Stein noch andere Barbii genannt werden, und zwar Zivilisten, mag es nicht allzu kühn sein, anzunehmen, daß die Kaufherren sich auch in dem damals noch keltischen Lauriacum niedergelassen haben und den Handel mit dem Norden betrieben; wissen wir doch, daß auch am Hofe des Königs Marbod römische Kaufleute tätig waren3). Als Ware fungierte wohl nicht das Eisen, sondern das kostbare Salz. Bald besorgte nicht mehr Legionsmilitär den Schutz der Grenze, die Hauptlast trugen die Auxilien, das Militär zweiter Klasse. Es handelt sich um Formationen, die 500 oder 1000 Mann stark waren und im noch nicht völlig romanisierten Untertanenland ausgehoben wurden. Meist kamen sie nicht in der Heimat zur Verwendung, nur selten und bei erprobten Völkern war dies üblich. Norikum hatte seit langem mit dem Süden Verkehr gehabt, seit 115 v. Ehr. war der Herr des Landes hospes populi Romani (Gastfreund des römischen Volkes)3); es war daher tragbar, die oohors I Montanarum (1. Alpenjägerregiment) in Norikum Dienst machen zu lassen. Eine weitere Auszeichnung war die Verleihung des Bürgerrechtes vor Ablauf der Dienstzeit'). An der Grenze aber waren fremde Truppen, so die Ala I Auriana und andere mehr stationiert3). Für Lorch wurde bisher immer ein Auxiliarkastell angenommen, ohne daß dieses einwandfrei nachgewiesen werden konnte. Erst im Zuge unserer systematischen Arbeiten gelang es P. Karnitsch, unter dem späteren Lager einwandfrei die Gräben des Auxiliarlagers zu eruieren. Bis zum großen Markomannenkrieg wissen wir wenig über die Geschichte unserer Heimat. Das norische Königreich bestand bis zur Regierung des Kaisers Claudius nominell weiter, erst dieser wandelte es in eine prokuratorische Provinz um. An die Spitze der Verwaltung trat ein aus dem Ritterstand entnommener hoher Verwaltungsbeamter, dem als militärischer Belag die oben erwähnten Truppen zweiter Ordnung zur Verfügung standen. Damals erhielt eine Reihe von Orten das Stadtrecht: so Virunum am Zollfeld, Deurnia bei Spittal an der Drau, Aguntum, heute Dölsgch bei Lienz, und endlich, jenseits der Alpen, Juvavum (Salzburg). Diese Aufgliederung der Provinz in einzelne Stadtbezirke — jedes Munizipium erhielt nämlich ein großes Territorium — entsprach südlicher Tradition. Willig hatten die Einheimischen die Stadtkultur angenommen, also zwei Bürgermeister (duoviri) und 'Gemeinderat (ordo) lenkten die Geschicke der Stadt, als Gehilfen traten ihnen zwei weitere Beamte (Aediles oder Quaestores) zur Seite, die Rechnungswesen und Marktamt zu leiten hatten. Die funktionierende Grenzsicherung — die es dem Statthalter jederzeit ermöglichte, jenseits her Grenze im Klientelbereich (Satellitenstaaten) einzugreifen — im Zusammenhang mit dem Ausbau eines großzügigen Straßennetzes und weitgehende Zollgrenzen schufen die Voraussetzung für einen beachtlichen Reichtum. Der Strom an der Grenze besaß damals die Kraft, wirklich eine Volksscheide zu werden. Südlich desselben wurde die einheimische kellisch-illyrische Bevölkerung weitgehend romanisiert, wenn auch die volksmäßige Zusammensetzung nur gering durch Südländer verändert wurde. Im Norden aber zogen die germanischen Stämme ein und sogen die keltisch 16

überschichteten Illyrer (Kamper, Naristen) auf. So saßen jetzt nicht mehr Menschen gleicher Zunge beiderseits des Stromes. Der anhaltende Friedenszustand im 2. Jahrhundert ermöglichte die weitere Ausbreitung der Stadtkullur bis in die Grenzzone. Wels und St. Pölten (Ovilava, Aelium Cetium) wurden in Norikum, (lornuntum und Vindobona (Petronell, Wien) in Pannonien zu freien Munizipien. Die beiden pannoni- schen Orte entstanden im Anschluß an die Militärlager, die norischen waren als Etappenstationen -gedacht und mögen, wie die Namen zeigen, an vorrömische Siedlungen angeknüpft haben. Schon unter Antoninus Pius kam es zu lokalen Kümpfen und war der Reichsregierung so manche Gärung jenseits des Stromes bekannt. Auch wurden Vorkehrungen getroffen, neue Truppen hierher verlagert, fo z. B. auch nach Vindobona an Stelle der Ala eine -ganze Legion verlegt. Das Klientelverhältnis endete in dem Moment, als der Herr — in unserem Falle Rom — schwach wurde. Es kommt zur Koalition der Kleinstaaten. Uriache der Schwäche war der Partherkrieg und die in seinem Gefolge eingeschleppte Pest. Zu Tausenden starb die Bevölkerung, ganze Familien wurden -damals ausgerottet. Weit im Osten in Pannonien brach der Sturm los. Mit einem großartigen Täuschungsmanöver haben die koalierten Klientelstaaten das Ma-rjchheer nach Serbien gelockt, um desto ungestörter bei Carnuntum die Donau forcieren zu können. Auf der alten Bernsteinstraße zogen germanische Scharen bis nach Oderzo in Italien. 166 bis 170 lag das Land darnieder, wenn auch sofort Gegenmaßnahmen von der Zentrale ergriffen worden sind, Sperrmauern gebaut wie im Gailta?) und Städte befestigt wurden. Neue Regimenter stellte man auf, die legio II und III Italica. Seit 17-0 ist Rom wieder im Angriff, seine Heere befinden sich jenseits des Grenzstromes. In der Slowakei und in Wien schrieb der Kaiser und Herr der Welt Marc Aurel seine uns erhaltenen Tagebücher. Sein Tod verhinderte die Besetzung Böhmens und Mährens, die wiederum — von den geographischen Gegebenheiten gefordert — vom Wiener Becken aus versucht worden war. Commodus schloß einen Derzichtfrieden. Die Donau blieb Grenze, jetzt aber eine schwer befestigte. Jenseits der Enns in Albing baute die legio II Italica ihr Lager, während die Schwestereinheit bei Regensburg ihren Sitz nahm. Bald darauf, noch wissen mir die Gründe nicht, wurde die II Italica westlich der Enns auf den Platz des alten Alenkastells verlegt. Um 191 stand das Lager, konnte bereits im Fahnenheiligtum eine Weihung aufgestellt werden"). 205, schon unter Septimius Severus, der in Carnuntum zum Kaiser ausgerufen worden war, wurde der große Festungsbau endgültig fertig, wie uns die riesige Bauinschrift verkündet"). Die Verlegung der Legion brachte aber auch eine staatsrechtliche Aendsrung mit sich. Norikum war nicht mehr eine provincia inermis, das heißt eine Provinz ohne Legionsmilitär: an die Stelle des Prokurators tritt ein hoher Militär, der legatus Augusti pro- praetore. Sitz der Verwaltung war nicht mehr Virunum, sondern das zur Kolonie erhobene und mit Mauern befestigte Ovilava (Wels). Für Lauriacum, das bisher nur klein gewesen sein kann, brachte die Ankunft des II. Korps eine Verbesserung der Lage. Bald nach der Einrichtung des Lagers regte sich auch das zivile Leben. Soldaten haben zwar nie viel Geld, bringen aber in der Masse stets viel Geld ins Rollen; jo entstand westlich vom Lager eine Siedlung. Auch die Reichsregierung wird es begrüßt haben, wenn hier an der Grenze städtisches Leben entstand. Unsere Grabungen haben uns gelehrt, daß gleichzeitig mit dem Lager auch das Terrain der Zivilstadt vermessen wurde. Man wollte seine Kraft zeigen und so entstand die letzte Zivilstadt auf österreichischem Boden, die Rom erbaut hat. Bereits um 212, also kein volles Menschenalter nach der Verleaung der Legion, erhielt Lauriacum vom (Kaiser Caracalla sein Stadtrecht. Mehrere Fragmente der Bronzetasel, auf der das Stadtrecht-ausgezeichnet war, wurden bisher gefunden, auch bei unseren

Grabungen 1952 konnten wir ein weiteres Stück bergen15). Die rasche Erhöhung zum Municipium mag vielleicht ihre Ursache darin finden, daß 193 n. Ehr. bei der Ausrufung des Septimius Severu-s sich ihm die II Italica sofort anschloß. Die Stadt teilte das Schicksal der Truppe. Unter den wirren Kämpfen der Soldatenkaiser hat sie gelitten. Drei große Zerstörungsperioden haben wir in unseren Suchgräben feststellen können. Alamannen und Juthungen plünderten unter Gallienus, wenig später unter Aurelian kam es zu neuerlicher Not, wenn auch die Hauptangriffsfront im benachbarten Rätien lag13). Mit eiserner Hand schuf der große Illyrer Diokletian (284—305) Ruhe. Eine neue Provinz entstand durch die Teilung Norikums, eine Uferzone wurde als Noricum ripense abgeteilt. Sitz der Zivilverwaltung wurde Ovilava, während die südliche Provinz, Noricum Mediterraneum, wieder in Virunum seine Zentrale erhielt. Neue Truppen kamen ins Land, die legio I Noricorum, die in Mautern garnisonierte. Trennung des Zivils vom Militär war die Losung der Zeit, um die Gefahren von Usurpationen zu beseitigen. In Wels saß der Zivilgouverneur, der praeses, während der dux in Lauriacum seinen Sitz hatte. Man suchte nach den Feinden des Reiches, nach den Urhebern der Not. Bor allem das Christentum als revolutionäre Sozialbewegung erschien gefährlich. Wiederholt war gegen dieses bereits mit dem Gesetz vorgegangen worden, jetzt aber wurde ein Generalangriff gestartet, ein Verbotsgesetz erlassen, das genaue Richtlinien gab. Auch in Lauriacum starben Männer für ihre Ueberzeugung, so der pensionierte Kanzleivorstand des Praeses Florianus, den sein ehemaliger Chef (?) Aquilinus in der Enns ertränken ließ (304)"). Gewalt bricht aber nicht Ideen und Ueberzeugungen, für die Menschen bereit sind, ihr Leben zu lassen. 313 brachte das Mailänder Edikt die Freiheit. In den Städten entstanden Kirchen, waren vielleicht im Verborgenen sogar schon vorhanden, tauchten Bischöfe auf und traten Priester an das Licht des Tages. Auch Lorch war Sitz eines Bischofs, noch kennen wir nicht seine Kirche, hoffen aber sicher sie zu finden"). Wiederholt weilten damals Kaiser in den Mauern der Stadt und des Lagers. 341 war Konstantins hier, 374 inspizierte Valentinian die Grenze, 378 hielt sich Gratian auf seinem Zug nach dem Osten im Lager auf. Es ist das denkwürdige Jahr, in welchem bei Adrianopel der Herr des Ostreiches Valens Schlacht und Leben gegen die Goten verlor. Militärisch gehörte der Bereich zum großen Notstandskommando Pannonien, das vom Donauknie bei Waitzen bis an den Inn reichte"). Ueberall wurde eifrig an den Befestigungen gebaut, wie uns die Ziegel künden, die den Titel und Namen des Kommandeurs Ursicinus im Stempel führen. Aber es fehlten die Menschen, die die Werke besetzen sollten. Man war nicht mehr bereit, sein Leben in die Schanze zu schlagen. So siedelte man Germanen an, 395 beziehen Markomannen das Lager von Carnuntum. Als die Not auf das höchste gestiegen, als der verheerende Zug der Hunnen über das Land gebraust war, da half kein Kaiser, kein Soldat, sondern da zog von Ort zu Ort der heilige Mann Severin, tröstete und linderte die Not"). Rügen waren die Herren im Donauabschnitt der Wachau. Aus der Biographie des Severin kennen wir das Leben an der Donaugrenze. Es ist armselig und hart. Hungersnot herrscht. Das ganze Land ist bereits christianisiert, in Lorch sitzt ein Bischof, auch in Favianis wird einer genannt. Ueberall gibt es Kirchen. Feinde kommen und gehen, brandschatzen. Vor den Alamannen räumt man die oberen Kastelle, das heißt das Land von Künzing (Quintannis) bis Lorch (Lauriacum). Ueberall aber handelt Severin ohne Auftrag, nur getrieben von feinem Gewissen. Als der Heilige tot war, rief Odoaker, der neue Herr im Süden, nach der Vernichtung der Rügen, die Romanen zurück nach Italien (488). Mancher mag gegangen, mehr werden geblieben sein. An der Spitze des Zuges aber führte man die Gebeine des heiligen Mannes mit. Ein denkwürdiger

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