Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 14, Dezember 1954

Das bedeutendste Rokoko-Kreuz des Landes wieder ohne frgurale Darstellung. Laubwerkstil Das Akanthusblatt ist voll und üppig entwickelt. Die Blätterkelchblumen an den Bundstellen sind für das ganze untere Ennsgebiet unter der Steyrer Ausstrahlung kennzeichnend. Rautenfeld mit Zierrosetten an den Kreuzungsstellen), endlich auch Schabrak- ken (Satteldecken mit Quafteln) auf. Steyr und seine Umgebung nimmt diese Formen aber nur zögernd auf. Es entwickelt -dafür lieber mächtige Blattkelche und Blüten, die in die Auszier der Kreuze die Fülle und Ueppigkeit der Spätform des Laubstiles bringen. Doch ist noch immer das Kreuz die Grundform. Ein Riesenkreuz des Bandl- wer-kstiles findet sich als wortwörtliche Kopie eines Musterbuches — nun wieder vor völliger Verrostung gerettet — neu erstanden am Friedhof. Während die abstrakten Renaissanceformen fast bis ins 18. Jahrhundert reichen, werden die verschiedenen Stilströmungen des Barocks, dort, wo er der eigenen Art fremd bleibt, nur schwer und unfreudig mitgemacht. Auch ist die Barockzeit durchaus nicht einheitlich, sondern immer wieder von vereinfachenden Gegenströmungen durchsetzt. Man kann sagen, daß am Steyrer Friedhof ziemlich alle Stilströmungen gut vertreten sind. Das besagte Riesenkreuz hat seine Vorlage in dem „Neu inventiertes Schlosserreißbuch" des 1732 zum civis acade- micus ernannten Frantz Leopold Schmidtner, Schlossergesell in Wien. Schon beginnen sich die neuen Formen des Rokokos anzugeigen, die im Steyrer Friedhof mit wahren Prachtstücken aufscheinen. Sie haben schon früh die Aufmerksamkeit der Kunstsachverständigen erweckt. Da ist neben andern ein gewaltiges, fast 3 Meter hohes Kreuz in einer dreieckigen Grundform komponiert mit den Schilfblättern und Rocaillen dieser Zeit. Hier gibt es keinen Christqus mehr, auch keinen Triumphans, keine Engel und Heiligen. 47

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