Oberösterreich, 32. Jahrgang, Heft 3, 1982

Inhaltsverzeichnis Schwerpunktthema Historische Industriebilder aus Oberösterreich Dr. Franz Pisecky, Linz Entlang der alten Eisenstraße 2 Dr. Hertha Schober, Linz Stein gibt Brot 13 Dr. Georg Wacha, Linz Linzer Teppiche in Schlössern und Palästen 21 Dr. Dipi.-ing. Winfried Aubeii, Bad Ischl österreichische Salinen AG Steinkogel - Gegenwart einer alten Industrie 29 Landeskunde Prof. Woifgang Sperner, Linz Ais die Technik Geschichte machte - Kulturausflüge zu technischen Denkmaien und Sehenswürdigkeiten der Vergangenheit in Oberösterreich 35 Oberösterreich aktuell Dr. Peter Baumgartner und Gerhard Hasenöhrl, Linz Oberösterreichisches Natur- und Umweltschutzjahr 1982 Bücherecke 71 81 Literaturbeilage Verkünden - Rühmen - Beschwören Rudolf Renz Auswahl und Einleitung: Dr. Aldemar Schiffkorn 85 Kuiturzeitschrift Oberösterreich 32. Jahrgang, Heft 3/1982 Vierteljahreszeitschrift: Kunst, Geschichte, Landschaft, Wirtschaft, Fremdenverkehr Erscheinungstermine: März, Juni, September, Dezember Medieninhaber (Verleger), Herausgeber und Hersteller: Oberösterreichischer Landesverlag Gesellschaft m.b.H., A-4020 Linz, Landstraße 41. Redaktion: Dr. Otto Wutzel, Dr. Elfriede Wutzei, A-4020 Linz, Landstraße 41 Jahresabonnement (4 Hefte): S 330.-; Einzelverkaufspreis: S 90.-. (Alle Preise inkl. 8 % MWSt.) Schwerpunktthema Heft 4/1982 Salzburg und das Land ob der Enns Denkmalpflege Dr. Dipi.-ing. Peter Swittalek, Wien Der Begriff,,Technisches Denkmal" erläutert an oberösterreichischen Beispielen 43 Kunst der Gegenwart Direktor Peter Baum, Linz Kunst und Industrie in Linz - Impulse einer Achsenbildung im kulturellen Gesichtsfeld der Landeshauptstadt 53 Historische Kunst Dr. Benno Ulm, Linz Die Baugeschichte der Stadtpfarrkirche Eferding 61 Umschlag Oberösterreichisches Sensenschmiedemuseum Micheldorf, Neuerwerbung: Aus stellungskasten der ehemaligen ,,K.K. conc. oberösterr. Sensen-Fabrik Mich. Piessllnger" in Steyriing, 220 x 125 x 18 cm. Auf geschwungenem Band ,,FortschrittsMedaille Wien 1873", darunter 6 weitere Medaillen 1873 Ritterkreuz Franz-JosephOrden, 1857 Preis-Medaille Wien, 1871 Preis-Medaille Linz, 1862 Preis-Medaille London, 1867 Ehrenvolle Erwähnung Paris, 1871 Ehrenvolle Enwähnung Linz. Auf der unteren Kastenleiste: in der Mitte KM (Kirchdorf-Micheldorfer Zunftzeichen) und Erbländerwappen. Links außen zwei Werkszeichen (Kerzenleuchter mit den Buchstaben M P, sowie Darstellung eines Krebses). Rechts außen zwei weitere Werkszeichen (2 Sporen und Lilie). Dazwi schen Schriftband mit der Datierung ,,ANNO DOMINI MDGCCLXXVI". Der Kasten wurde seiner ehemaligen Ver wendung entsprechend von der Museums leitung mit diversen In- und Auslandssensen der Kirchdorf-Micheldorfer Zunftwerkstätten bestückt. Foto: Elfriede Mejchar Gestaltung: Herbert Friedl

Kulturzeitschrift Versunken in den Waldfrieden des oberen Mühl viertels: Reste des Schwarzenberg-Schwemm kanals, eines technischen Bauwerks des späten 18. Jahrhunderts, das längst,,technisches Denk mal" geworden Ist. Diese eindrucksvolle Aufnahme von Elfriede Mejchar, Wien, kann als Gleichnis für das Schwerpunktthema dieses Heftes ,,Historische Industriebilder aus Oberösterreich" genommen werden. Mit dieser Themenstellung möchte die Redaktion anregen, die Wirtschaftsgeschichte Oberösterreichs als einen Bestandteil unserer Kulturgeschichte zu verstehen. Allen Mitarbeitern herzlichen Dank für Ihre Mühe waltung!

Entlang der alten Eisenstraße Franz Pisecky Es ist gewissermaßen ein wirtschafte- und verkehrsgeschichtiiches Kuriosum, daß einer der traditionsreichsten Straßenzüge unseres Bundesiandes, nämiich die aite Eisenstraßeheute Bundesstraße B 115 von Eisenerz über Hiefiau - Altenmarkt- Großraming - Ternberg nach Steyr- zu jenen Strecken des oberöster reichischen Hauptstraßennetzes gehört, die noch immer nicht voll den modernen Erforder nissen entsprechend ausgebaut sind. Wohl hat dies seine Gründe und läßt erkennen, daß im Verkehrsgeschehen Verlagerungen und Umschichtungen eingetreten sind, die bisher noch nicht einmal die vor etwa drei Jahrzehn ten einsetzende Motorisierung der Massen ausgleichen konnte. Eisen, Holz, der Reichtum an nutzbarer Was serkraft sowie die fruchtbaren Böden des an grenzenden Voraipeniandes waren die Grundlagen für die Entstehung einer der ei genständigsten Kulturlandschaften Öster reichs, die in dem Geviert zwischen Eisenerz bzw. Erzbach im Süden, der Donau im Nor den, der Erlauf im Osten und der Enns sowie der Steyr im Westen im Mittelalter und den fol genden Zeitläufen bis ins 19. Jahrhundert hin ein ihre Sonderheit und charakteristische Prä gung erfahren hat. Bewohnerschaft und Siediungsform, Soziaistruktur und Brauchtum so wie Baustil und Volkskunst wurden von der Ei senerzeugung und -Verarbeitung gestaltend beeinflußt, Handel und Verkehrswege von den sich hieraus ableitenden Bedürfnissen be stimmt und durch die geographischen Gege benheiten gelenkt. Die westliche Nord-SüdMagistraie des Gebietes, die bald den Haupt strom des Warenaustausches an sich zog und in Produktion und Handel zur Bildung dominie render Schwerpunkte führte, war die Enns und die ihrem Lauf folgende ,,Eisenstraße". Am Anfang war aber nicht die Erzgewinnung treibende Kraft der Entwicklung, sondern der Stein, im Gebiet Laussa-Losenstein gab es die größten und berühmtesten Steinbrüche und Werkstätten für Waffen und Geräte im Zeitalter des Überganges von der Pfahibauzur Halistatt-Kultur, also des 3. zum 2. Jahr tausend V. Chr. Auf denselben Routen, auf denen heute die schweren Erzzüge von der Steiermark nach Linz donnern und in früheren Jahrhunderten das ,,Grob- und Kleinzeug" zu den Umschlagplätzen an Enns und Donau ge karrt oder geflößt wurde, bewegten sich schon in prähistorischer Zeit die Lieferungen der da maligen ,,Schwerindustrie". Jahrtausende hindurch wurde somit der ökonomische und kulturelle Fortschritt von der Werkzeug- und Waffenproduktion belebt - aus weichem Roh stoff auch immer, aus Stein oder Eisen. DTe Eisenstraße als Lebensader der Eisenwurz'n! in dieser letzteren Bezeichnung allein, die heute erst durch den Fremdenverkehr W Steyr, Städtisches Museum: Zunftzeichen der Messerschmiede, renaissance-zeitliche Holzschnitzerei, vergoldet, in verglastem Rahmen. Von zwei Schildträgern gehaltener grüner Schild.- Foto: Elfriede Mejchar, Wien wieder eine neue Bedeutung und Attraktivität gewonnen hat, ist eine Zweipoiigkeit enthal ten: der Erzberg als Basis der regionalen Wirt schaftsentfaltung und die ,,Wurz'n", die Wasseriäufe und Wälder, welche Kraft und Feuer spenden, um das Eisen gewinnen und verar beiten zu können - und die bäuerlichen Wirt schaften, weiche das Brot liefern, das der Berg- und Hüttenarbeiter in den kargen Aipentälern braucht, um leben und produzieren zu können. Münzfunde aus dem 4. Jahrhundert n. Chr. bezeugen, daß damals bereits am steirischen Erzberg abgebaut wurde. Eisenerz war später karolingisches Königsiehen und der Erzabbau blieb auch in den folgenden Jahrhunderten iandesfürstliches Regal. Der Erzberg, die ,,Haupteisenwurz'n", wurde nach zwei Seiten hin abgebaut, auf der jenseits des PräbichiPasses liegenden Flanke nach Süden bzw. nach Vordernberg, das den Niederlagsort Leoben mit Rauheisen belieferte, und die un ter dem Präbichi liegende nördliche Flanke des Erzberges nach innerberg, d. h. dem heu tigen Eisenerz. Von innerberg ging bereits verschmiedetes Material nach Steyr und Waidhofen/Ybbs. im frühen Mittelalter wurde das Eisen noch in unmittelbarer Nähe des Erzberges in gemauerten Gruben, den soge nannten ,,Rennherden", aus dem Erz ge schmolzen. im 13. und 14. Jahrhundert baute man die grö ßeren und wesentlich leistungsfähigeren ,,Stucköfen" an den Wasserläufen der Täler, um damit die Blasbäige und Hämmer antrei ben zu können, da die Trennung der schwere ren Eisenklumpen in Stahl und Weicheisen nicht mehr mit dem Handhammer möglich war. Zugleich setzte eine Arbeitsteilung insoferne ein, als in den Rad- oder Blahhäusern mit ihren Stucköfen und von Wasserrädern bewegten Biasbäigen in unmittelbarer Nähe des Erzbaues nur mehr der Schmelz- bzw. Hochofenprozeß vorgenommen wurde und das durch Hämmern erfolgende Ausscheiden der Schlacken sowie die Trennung der Mas sein in Weich- und Harteisen durch eigene Hammerwerke erfolgte. Diese wanderten mit zunehmender Holznot - bis ins 19. Jahrhun dert wurde ja für die Eisengewinnung Holz kohle verwendet, wofür ungeheure Hoizschlägerungen notwendig waren - vom Erz bergbereich in die hoizreicheren Gebiete des unteren Ennstaies sowie an die Ybbs, den Gafienz- und den Laussabach ab. So entstand im Land ob der Enns, obwohl es hier zunächst keinen Eisenerzbergbau gab und damit auch keine Radwerke, eine große Anzahl von Hammerwerken, so in der Laussa, in Kieinreifiing, Reichraming und vor allem in Weyer. Die weitere technische Entwicklung brachte dann noch eine Teilung in die großen und schweren ,,Weischhämmer", weiche die Trennung von Eisen und Stahl besorgten, und die leichteren, rascher arbeitenden ,,Zainhämmer", die dem Herausarbeiten der feineren Sorten des Roh eisens dienten. Die dritte Stufe der Eisenverarbeitung bildeten sodann die eigentlichen Eisengewerbe, wei che aus dem von den Hammerwerken gelie ferten Halbzeug, dem „geschlagenen Zeug", die verschiedensten Werkzeuge herstellten und summarisch als Schmiede bezeichnet werden können, aber eine ungemein reiche Auffächerung in einzelne Sparten erlebten, die sich auch untereinander wiederum speziali sierten. So gliederte sich etwa die Messerer zeugung in drei Untergruppen, in die Kiingenschmiede, die Schieifer und die Messerer. Aber auch bei den Schmieden gab es eine sehr große fachliche Aufgliederung, etwa in Sensen-, Sichel-, Hufeisen- oder Nagel schmiede, in Werkzeugmacher usw. Die Sen senerzeugung war überdies einer der ersten Produktionszweige, die innerhalb des Erzeu gungsvorganges ein Arbeitsteiiungsverfahren einführten und damit schon an der Schwelle vom 16. ins 17. Jahrhundert den Beginn des frühindustrielien Zeitalters setzten. Während der Hauptumschiagpiatz für das Vordernberger Eisen, Leoben, infoige der nur kurzen Strecke zu den Schmelzhütten, welche die Niederlassung nur weniger Hammerwerke und Frischfeuer erlaubte, hauptsächlich Rauh eisen bzw. Rohmaterial weiter verhandelte, gestattete die rund 100 km lange Route von innerberg nach Steyr die Niederlassung einer

„Der Eisenhammer am Wengbach an der Enns", Lithographie von Josef Löw, gedruckt bei Jos. Hafner, Linz, um 1830.- Oö. Landesmuseum, Inv. Nr. OA II 546/1. - Foto: Franz Gangl, Linz •rnö» Aef -W - ut Uifi in ////■/• /■//// /Z/ü-viv' f/tm f/r/'/'fi. Aj/An r/m JiftAr am £- von^ Ttr/tiffmf Vielzahl von Verarbeitungsbetrieben, so daß Steyr zu einem Handelsplatz von Stahl und Fertigwaren emporwuchs. Gleichlaufend ge wann das verarbeitende Gewerbe in der Brükkenstadt am Zusammenfluß von Eons und Steyr Gewicht und Ansehen. Es entstanden Zünfte und Zunftverbände, und die Steyrer Messerschmiede erhielten neben den Wiener Werkstätten ais einzige das Recht, das Bindenschildwappen auf die Messer zu schlagen. Durch landesfürstliche Privilegien bevorzugt, gewann Steyr gegenüber Waidhofen/Ybbs immer mehr an Vormachtstellung und über nahm für Jahrhunderte die wirtschaftliche Führung der Eisenwurz'n. Die Steyrer Elsen waren wurden nach Enns - an die Donau ge bracht, und weiter über Freistadt nach Böh men und Sachsen verfrachtet, über Krems nach Polen und Rußland und über Passau nach Lübeck, von wo sie durch die Hanse nach England, Spanien und in die Neue Welt vertrieben wurden. In Steyr wurde 1581 nach einer gemeinsamen Verlagsordnung die Steyrer Eisencompagnie errichtet und drei Jahre später die Eisenob mannschaft als landesfürstliche Aufsichtsbe hörde über das gesamte oberösterreichische und niederösterreichische Eisenwesen, zu ständig für die Hammerwerke aller Abstufun gen, für die Eisenhandelsgesellschaft und das Verlagswesen, für die Proviantordnung sowie auch die Waidordnung, die Regelung der Wo chenmärkte, die Bestimmungen für die Schiffsleute usw. Im Steyrer Zuständigkeits bereich lagen 28 große Welschhämmer, da von 23 an der Enns, In Weyer und in der Laussa, welche etwa 500.000 Zentner Stahl und Eisen lieferten, die ebenso wie das Vormate rial hierzu auf der Eisenstraße und auf der Enns befördert werden mußten. Kam vom Innerberger Bezirk das Vormaterial, so mußte andererseits im Gegenzug der Le bensmittelbedarf für die dort etwa 3000 be schäftigten Berg- und Hüttenarbeiter und de ren Familien transportiert werden. Die fortschreitende Geldentwertung gegen Ende des 16. Jahrhunderts, die wachsende Verschuldung der Rad- und Hammerwerke bei den Steyrer Handelshäusern und die im mer trister werdende allgemeine wirtschaftli che Lage zur Zeit der Reformation und Gegen reformation veranlaßte die landesfürstliche Regierung zur Gründung der Innerberger Hauptgewerkschaft in Steyr. An ihr waren El senhändler, Hammerherren und Radgewerke sowie die landesfürstliche Kammer bei gleich zeitiger Berücksichtigung des Kleineisenge werbes nach Maßgabe des nicht mit Schulden belasteten Besitzes beteiligt. Es war ein Unternehmerverband von Urproduktion, Halb warenerzeugung und Finalproduktion sowie Eisenverlag und Großhandel, der sich im Ver ein mit verschiedenen technischen Neuerun gen in den Erzeugungsstätten zwei Jahrhun derte lang zum Wohl der Eisenwurz'n auswirk te. Ein Denkmal dieser Zeit ist der Innerberger Stadel am Grünmarkt in Steyr, der 1612 als mächtiger Doppelgiebelspeicher erbaut wurde und heute das Museum der Stadt und damit auch des Eisenwesens beherbergt. Der Innerberger Stadel Ist ebenso ein Monument wie die Eisenstadt in ihrer Gesamtheit und er ist ähnlich wie die zahlreichen spätgotischen, im Renaissance- oder Barockstil erbauten Häuser am Stadtplatz und am Ennskai korres pondierende Station zu einem der markante sten Marksteine der Eisenstraße und der Enns, des ,,Kastens" bei Weyer. Das Roheisen vom Erzberg und den benach barten Radwerken wurde zunächst auf der einstigen Römerstraße mit Tier und Wagen nach Reifling gebracht und, wie es in einer Ur kunde von Albrecht III. (1373) heißt, dort ,,auf die Enns gelegt" und darauf ,,an den chasten und anderswo In unser lannt" geführt. Der Umschlagplatz nächst Weyer, von welchem auch die Straße über Gaflenz nach Waidhofen führte, hatte bereits im 12. und 13. Jahrhun dert große Bedeutung, zumal Weyer als Zen trum der Hammerwerke mehrmals versuchte, Waidhofen und Steyr auch handelsmäßig den Rang abzugewinnen. Allerdings war dieses Bemühen immer wieder vergeblich, da Weyer nur ein Privileg für die Lieferung von Halbfabri katen hatte. Der Kasten mit seinen Speicherhäusern, Stal lungen und der Taverne war Umschlagplatz für Roheisen und Eisenwaren, ebenso aber auch für Produkte von Hof und Feld und allen übrigen für die Versorgung der Arbeiter in den Gewerken notwendigen Güter. Bei den Maut verhältnissen der damaligen Zeit war er ge wissermaßen auch eine Zollfreizone. Bis ins 16. Jahrhundert wurde die Eisenbeför derung auf der Enns mit Flößen durchgeführt.

• - ■f.Vi-: ■ jij T •.. .".■ r -Ii..- . - e«? Vfmv t '- r Biedermeierliche Ansicht der KaltenbrunnerWerkstatt in Micheldorf, Aquarell, 1. Hälfte 19. Jahrhundert. Wiedergabe mit freundlicher Erlaubnis des OC3. Sensenschmiedemuseums Micheldorf.- Foto: Robert Fürböck, Graz Steyr, Städtisches Museum: Zunftzeichen der Kilngenschmiede 1833, der Messerer 1817, der Felihauer 1819, der Nageischmlede um 1800 und der Schlosser um 181 O. Foto: Elfrlede Mejchar, Wien Als aber auch Im Bereich um HIeflau und Reif ling es an Holz zu mangeln begann, ging man zur Verwendung von Schiffen über. Um von Steyr nach HIeflau einen Gegenzug zu ermög lichen, mußte ein Treppelweg gebaut werden, eine Aufgabe, welche der Tiroler Hans Gast elger In den Jahren 1559 bis 1563 meisterhaft bewältigte. Dieser Treppelweg war bis zum Aufstau der Kraftwerksstufen an der Enns auf weiten Strecken noch erhalten und liegt nun größtenteils unter Wasser. An einer Stelle un terhalb Reichraming war Im gewachsenen Fels eine tiefe Rille zu sehen, die Im Lauf der Jahrhunderte das Zugseil beim Treideln aus gescheuert hatte. Das Jahr 1872 bedeutete für die Ennsschlfffahrt und nicht minder für das Transportwesen auf der Elsenstraße eine entscheidende Zä sur. Nachdem bereits am 25. Mal 1868 die Strecke St. Valentin - Steyr der KronprlnzRudoif-Bahn eröffnet und damit der Anschluß an die junge Kalserln-Ellsabeth-Westbahn Wien - Linz - Salzburg bzw. Wels - Passau hergestellt worden war, erfolgte am 20. August 1872 die Inbetriebnahme der Strecke Wey er - Rottenmann - und wenig später jene der Teilstrecke HIeflau - Elsenerz. Ebenfalls 1872 wurde die Strecke Amstetten - Wey er-Klelnrelfling dem Verkehr übergeben. Damit war dank der Initiative von Stadt Steyr und Industrie die Elsenwurz'n dem modernen Eisenbahnverkehr erschlossen. Bereits 50 Jahre vorher hatte sich die Elsenstadt dafür eingesetzt, die ursprünglich als Schlffahrtskanal zwischen Donau und Moldau geplante Verbindung, welche sodann zu dem von Franz Anton von Gerstner begonnenen Bau der El senbahn nach Budwels führte, nicht In Linz, sondern In Mauthausen an die Donau und so mit unmittelbar an die Elsenstraße anschlie ßen zu lassen. Hierbei wurde geltend ge macht, daß allein von Steyr, Steinbach und SIernInghofen jährlich 15.000 Zentner Elsen waren In Richtung Böhmen befördert würden.

Der Innerberger-Stadel in Steyr, Grünmarkt Nr. 26, erbaut 1612 als Getreidespeicher, breit gelagerter dreigeschossiger Unterbau mit bekrönendem zweigeschossigem Giebelpaar, Rustikaportai, Fenster und Tore mit Putzschnittverzierungen umrahmt - Wahrzeichen der historischen Eisenwirtschaft an Enns und Steyr. - Foto: Elfriede Mejchar, Wien BmHi I

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Links: Steyr, Städtisches Museum: Situationsplan und Ansichten verschiedener Zeugstätten und Wohnaniagen im Wehrgrabenbereich von Steyr, um 1820-30. Foto: Eifriede Mejchar, Wien ih. W & rt jlc it, i ■ Historische Ansicht der Taverne in Kastenreith an der Enns, einst Herberge der Schiffsieute, heute Ennsmuseum. Lavierte Federzeichnung von Johann Baptist Schlager 1818.- 00. Landesmuseum, Inv.-Nr. DA Ii 478/3.- Foto: Franz Gangi, Linz J.-tn iu^c■. ßifvr.ft. nvfJ« n.>v-f. tliicm eliilMt« flfU vStfStf en .Ltri ...J 1 ?«;;fi-cti4l.*-e'l.Uutcn j/J.i ijMftjvtfuxi'f'afiii- : ..,p^ ■f ,,Actie der Steyrtaibahn-Geseiischaft vom 31. März 1890. - Diese Aufnahme stellte freundli cherweise der Verfasser dieser Abhandlung zur Verfügung des von Erzherzog Johann zwei Jahre zuvor ins Leben gerufenen ,,Vereins zur Beförde rung und Unterstützung der Industrie und Ge werbe in Innerösterreich" gegründet, dem sich auch 40 Mitglieder aus Linz anschlössen, wel che „die Elite des Handeis und der Industrie" repräsentierten. Der Steyrer Vereinsgründung folgte wenig später eine in Linz, die sodann Keimzelle der 1851 konstituierten Handels kammer Oberösterreich wurde, der ältesten, in kontinuierlicher Folge frei gewählten Kör perschaft der Bürger des Landes. Dieses Steyr, in welchem die ältesten Arbeiter-Biidungsvereine entstanden, hatte aber auch Moritz von Schwind und Franz Schubert zu Gast, der bei dem ,,größten deutschen Sänger seiner Zeit", Michael Vogi, weilte, es war oftmals Aufenthaltsort von Anton Bruck ner, der die Disposition für den Umbau der Or gel in der Stadtpfarrkirche gab, und es war viele Jahre hindurch Wohnort sowie Schaf fensstätte Enricas von Handel-Mazetti. Die Eisenstadt suchte auch eine neue Verbin dung vom Ennstal zum westlichen Bereich des oberösterreichischen Eisenwesens, den Zen tren der Sensenerzeugung im Kremstai und Pyhrngebiet. Und so wurde 1888/89 mit dem Bau der Steyrtaibahn begonnen, deren letzte Teilstrecke Molin - Klaus erst nach Realisie rung der Pyhrnbahn, der neben der Kron prinz-Rudolf-Bahn zweiten Hauptmagistrale vom oberösterreichischen Donauraum nach Süden - nach der Steiermark und Triest -, 1909 fertiggestellt wurde. Der Steyrtaibahn haftete von allem Anfang an die Problematik der Schmalspur an, die man aus strategischen Erwägungen nach der Spurweite des Bahn netzes in Bosnien und der Herzegowina ge wählt hatte, um im Kriegsfälle rollendes Mate rial für den Schauplatz am Balkan zu haben. Trotzdem blieb sie in ihren Hauptstrecken bis in unsere Tage erhalten und wurde sie erst im Frühjahr 1982 eingestellt, wobei noch eine gewisse Hoffnung besteht, verschiedene Ein richtungen als Denkmai der Technik zu erhal ten. Es mag als Symptom für den Lebenswillen der Steyrer Eisenindustrie und ihre positiven Grundmotive gelten, daß bereits Holub mit Werndl darüber diskutierte, nicht ausschließ lich Waffen, sondern auch friedliche Produkte wie Nähmaschinen und dergleichen herzu stellen, und es tatsächlich schon 1894 zur Aufnahme einer Fahrradproduktion kam. Und bereits 1912, als am rechten Ennsufer neue Zentral-Fabriksanlagen der k. u. k. Waffenfa brik geschaffen wurden, kam der Gedanke auf, die modernen Maschinen auch für die Herstellung von Automobilen einzusetzen, - ein Plan, der noch mitten im ersten Weltkrieg,

l/'ifli'i/ Ihin'/i/.lfiTrnl'rh. rrrtliiHniil Ii.'!.'!:!!.'/"!' i als die Waffenproduktion auf Hochtouren lief und die Mitarbeiterschaft auf 15.000 Mann an gestiegen war, nämlich im Geschäftsjahr 1915/16, als endgültiges Projekt beschlossen wurde. 1917 wurde Dr. ing. Hans Ledvinka aus Nesselsdorf (Tatra) nach Steyr berufen, wo er sodann als Chefkonstrukteur das erste österreichische „Waffenauto", den Typ iiSechszyilnder entwarf, der 1920 auf den Markt kam und den für Steyrer-Wagen lange Zelt ty pischen Spitzkühier aufwies. 1925 wurde aus der,,Waffenfabrik" die ,,Steyrer Werke AG", deren erfolgreichstes Modell In den zwanziger Jahren der legendäre Steyrer Xii war, weicher In Tausenden Stückzahlen das Fließband ver ließ und nur mehr vom Typ 50/55 der Jahre 1936 bis 1940 übertroffen wurde, für den Dr. Ing. Ferdinand Porsche Vorarbeit geleistet hatte. Auf der alten Elsenstraße begann sich wieder Verkehr zu regen. Aber es waren nicht mehr die schweren und langsamen Roßfuhrwerke von einst, sondern Lastkraftwagen, Perso nenautos und Motorräder aus Steyr und von anderen österreichischen und ausländischen Fahrzeugfabriken, die damals eine nahezu Links oben: Erinnerungsblld aus dem Wirtschafts leben der Stadt Steyr um die Jahrhundertwende, Auslage der Eisenhandlung F. P. Hofer, Steyr, Stadtplatz Nr. 6, ,,Kammer-Lieferant". - Foto: Kranzmayr, Steyr Links: Erinnerungsbild an die österreichische Waffenfabriks-Gesellschaft (Werndl), die um die Jahrhundertwende In Steyr 15 Objekte, In Letten 10 Fabriks- und Manipulationsgebäude und Wohnhäuser besaß. Objekt XII Helndlmühle, Zwischenbrücken Nr. 3, diente zur Kraftübertragung mit elektrischem Strom, zur Erprobung von Dynamos und zum Betrieb von Lichtmaschinen. - Foto: Kranzmayr, Steyr

unübersehbare Vielzahl von Marken erzeug ten. Im Nahverkehr hatten sich die hohen, wie Wüstenschiffe der Landstraße dahinschwankenden Autobusse der,,Oberkraft", dem 1923 vom Land Oberösterreich gemeinsam mit der Bank für Oberösterreich und Salzburg ge gründeten Autobusunternehmen, bis 1937 ein Netz von 2136 km erobert, in das auch Strekken der Eisenstraße einbezogen waren. Anders war die Tendenz beim Massengut und Schwerverkehr gelagert. Wiederum trat der Plan einer schiffbaren Verbindung zwischen Donau und Moldau hervor und entwickelten der Handeiskammerpräsident Ludwig Hinter schweiger aus Wels und der Kammersekretär Dr. Bansky Projekte eines Ausbaues der Enns und der Traun ais Schiffahrtsstraßen und zur Energiegewinnung. 1918 kam es auch bereits zu einer ersten Wasserrechtsverhandlung über ein Donaukraftwerk bei Wallsee, an der als Delegierter der oberösterreichischen Wirt schaftsvertretung Dr. Bansky teiinahm und hierbei auf die zu gewärtigenden Auswirkun gen hinsichtiich einer Schiffbarmachung der genannten Zuflüsse hinwies. Noch gab es auf der Enns ja eine Flößerei, die sich im Gegen satz zur Eisenbeförderung mit Ruderschiffen auch nach der Eröffnung der Eisenbahniinie St. Valentin - Kleinreifling hielt, - und noch war der Steyrer Ennskai von den aus dem Steirischen kommenden Flößen und Ruder knechten belebt und nicht nur Absteilplatz für parkende Autos. Aber die Weitwirtschaftskrise traf die Eisenwurz'n und insbesondere die konjunkturemp findliche Steyrer Fahrzeugproduktion überaus hart. Erzeugung und Beschäftigtenstand san ken binnen einem Jahr auf weniger als die Hälfte ab, Fabriken, wie etwa die ReithofferFabrik, wurden stillgeiegt. Die Arbeitslosigkeit erreichte katastrophale Ausmaße, die politi sche Radikaiisierung nahm zu und führte zu den explosiven Geschehnissen im Februar 1934. Die ailmähliche Erholung der Jahre 1936/37 wurde von der Eingliederung der Steyrer Fahrzeugindustrie und der traditionel len Montanroute entlang der Enns in die Kon zeptionen einer auf Krieg und Machtherrschaft orientierten Rüstungsindustrie eines Großrei ches abgelöst, und zugleich mit dem forcierten Ausbau der Produktionsstätten in Steyr wurde die Eisenstraße in ihrer standortbildenden Dy namik nach St. Valentin, wo die NibelungenWerke aus dem Boden gestampft wurden, und nach Linz bis unmittelbar an die Donau gieichsam verlängert. Im Linzer Bereich kam es, zu rückgreifend auf schon früher bestandene österreichische Entwürfe, zur Entstehung der Aniagen der Schwerindustrie des HermannGöring-Konzerns und der als Verwertungsbe trieb für Koksgas projektierten Stickstoffwer ke. Kohie über den schon in Bau befindlichen Rhein-Main-Donau-Kanal von der Ruhr und Erz über die Ennstaliinie und die Westbahn vom steirischen Erzberg, lautete im groben genommen das Zulieferprogramm für den Standort der Linzer Schwerindustrie, die nach der fast völligen Zerstörung der Anlagen im Bombenkrieg der Jahre 1944/45 in einem wiedererstandenen Österreich erst von neuem aufgebaut werden mußte. Ihre Lage am Strom sowie im Kreuzungsfeld mit den Landwegen nach Nord und Süd kam nun tat sächlich in europaweiten und weltumspan nenden Bezugs- und Absatzverbindungen zur Entfaltung. Der Schienenweg durch das Ennstal wurde für den Verkehr mit schweren Erzzügen ausgebaut und hat in dieser Beziehung STE.YR-ERZEUÖUNC 1880-1919 FÜR DAS AUSLAND .-.M-is» 'mirrm nrrnmiiumiM : ■ -1.« 892-1806 tA 1. TlilJH luL ^ i Tabellarische Darstellung der ,,Steyr-Erzeugung 1880-1919" im Städtischen Museum (Innerberger-Stadel). - Foto: Elfriede Mejchar, Wien tJiJ

seine Funktion bis heute bewahrt bzw. bedarf es sogar einer baldigen weiteren Steigerung seiner Kapazität als Zubringerweg und inter nationale Transitstrecke. Als Ausweichlinie wurde sogar die schmalspurige Steyrtaibahn für Schwertransporte verstärkt, wobei der Ab schnitt Sierning - Bad Hall, auf welchem der Betrieb schon 1933 eingestellt worden war, nunmehr, allerdings endgültig, aufgelassen und das Schienenmaterial für Heereszwecke nach dem Osten gebracht wurde. Zugleich mit der industriellen Expansion ent lang der alten Eisenstraße verlor der Ennsfluß selbst jedoch seine letzte Verkehrsaufgabe. Noch während des Krieges erfolgte die Vorbe reitung des Baues von Kraftwerksstufen, die sodann ab 1945 durch die Ennskraftwerke AG realisiert wurden und heute den einst wild schäumenden Gebirgsfluß in zehn Stauseen untergliedern, die keine Schleusen aufweisen und daher auch keine Flößerei mehr zulassen. Der Ausbau der Enns durch eine Kraftwerks kaskade ist zweifelsohne ein wesentlich grö ßerer Eingriff in die Umweit und das Land schaftsbild gewesen als etwa die Schaffung der Staustufen am Donaustrom. Unter dem Aspekt des wirtschaftlichen Wiederaufstieges Österreichs und damit auch der Rückgewin nung seiner politischen Freiheit und Selbstän digkeit war er jedoch notwendig und unab wendbar. Durch die in Gemeinschaft mit dem Land er folgte Einrichtung eines Enns-Schiffahrtsmuseums in Kastenreith bei Weyer haben die Ennskraftwerke eine Kulturtat gesetzt, die hohe Anerkennung und Beachtung verdient. Die Ortserneuerungen und umfassenden Re staurierungsmaßnahmen in Weyer und vielen anderen Orten sowie in der Stadt Steyr selbst, die sich zu ihrem 1000jährigen Stadtjubiläum in neuem Glanz zeigte und damit zu einem Anziehungspunkt für bewundernde Gäste aus STEYR-ERZEWQUNQ 1920-1Q46 '' 3^- Links: Tabellarische Darstellung der ,,Steyr-Erzeugung 1920-1946" Im Städtischen Museum (Innerberger-Stadel). Foto: Elfrlede Mejchar, Wien Rechts: öle gegenwärtige Industriesllhouette von Linz - Werksgelände der VOEST-Alplne AG. - Foto: Archiv OLV-Buchverlag 10

nah und fern wurde, lassen der Verkehrs- und Wirtschaftsentwicklung der letzten Jahrzehnte auch Seiten abgewinnen, die das Schöne ei ner reichen Tradition von Industrie, Handel und Verkehr sehen lassen und die Tatsache zum Ausdruck bringen, daß Wirtschaft und Kultur Kategorien sind, die einander ergänzen und In Wechselbeziehung zueinander stehen sollen. Steyr ist heute der südöstliche Eckpfeiler je nes oberösterreichischen Zentralraumes, In dem sich etwa 50 Prozent der Bevölkerung des Bundeslandes und mehr als 60 Prozent der industriellen und gewerblichen Produk tionskraft zusammenballen. Es ist damit ein Glied der stärksten wirtschaftlichen und sied lungsmäßigen Agglomeration zwischen Mün chen und Wien und hat wesentlichen Anteil daran, daß der oberösterreichische Zentral raum mit dem Linzer Hafen nicht nur der größte Umschlagplatz an der oberen Donau, sondern auch die dichteste Konzentration Österreichs für den Güterverkehr auf Schiene und Straße darstellt. Eine bedeutsame Ergän zung der letzten Jahre ist der Ausbau der Ennsmündung zu einem Industriehafen. Immerhin entspricht aber auch der Fremden verkehr in seiner Größenordnung der Flächenrelatlon zu Gesamt-Oberösterreich, eine Entwicklung, die nicht nur auf die landschaftli chen Schönhelten In diesem Bereich, sondern auch auf die große Zahl an kulturellen Werten und Denkmälern zurückzuführen ist. Und wenn In Steyr und Im gesamten Gebiet der Elsenwurz'n die kunstvolle Verarbeitung von Ei sen und Stahl weit verbreitet ist, so mögen die Unzer Kunsthochschule und das vor fünf Jah ren abgehaltene ,,Forum Metall" mit seinem weltweiten Echo Hinwelse dafür sein, daß die alte Eisenstraße nicht nur im Wirtschaftlichen sich wirkungsmäßig bis zur Landeshauptstadt fortgesetzt hat, sondern auch In der sie seit Jahrhunderten begleitenden Sphäre eines schöpferischen Kulturlebens. Franz Eppel: Die Elsenwurzen, Salzburg 1968. Josef Reitinger, Benno Ulm: Oberösterreichisches Schiffahrtsmuseum, Katalog. Franz Lipp: Das neue Ennsmuseum In Kastenreith bei Weyer. In: Oö. Kulturbericht, Linz 1974. Manfred Brandl: Neue Geschichte von Steyr, Steyr 1980. Rudolf Kropf: Oberösterreichs Industrie. Habilita tionsschrift, Linz 1979. Alfred Hoffmann: Werden, Wachsen, Reifen. Wirt schaftsgeschichte des Landes Oberösterreich, Bd. 1, Linz 1952. Erich M. Meixner: Männer, Mächte, Betriebe. Wirt schaftsgeschichte des Landes Oberösterreich, Bd. 1, Linz 1952. Literatur: Adolf Schmidl: Reisehandbuch durch das Erzher zogthum Österreich mit Salzburg, Obersteyermark und Tirol, Wien 1834. Franz PIsecky: Wirtschaft, Land und Kammer in Oberösterreich 1851 - 1976, Bd. 1, Linz 1976. Hans Maizacher: Österreichs Eisenindustrie in Ver gangenheit und Zukunft, Linz o. J. Franz PIsecky: öberösterreich von der Pionierzeit des Automobilismus bis zur Vollmotorisierung, Linz 1979. Ludwig Hinterschweiger: Expose zu den Projekten für die Ausnützung der Wasserkräfte an der Traun und Alm, Lichtenegg 1923. ., * .4" '■ '■ 11

STEYR Tradition und Fortschritt Am Zusammenfluß der beiden Gebirgsflüsse Enns und Steyr liegt die tausend Jahre alte Eisenstadt. Im Schütze der um das Jahr 980 erstmalig urkundlich genannten „Styrapurhe" entstand eine Ansiedlung, aus der im Laufe der Jahrhunderte die Stadt zu ihrer heutigen Form und Gestalt heranwuchs. Ihre Entwicklung ist seit dem Jahre 1287, als Herzog Albrecht I der Stadt das „Große Privileg" verlieh, eng mit der Verarbeitung des Eisens verbunden. Vom steirischen Erzberg wurde es ursprünglich mit Kähnen ennsabwärts befördert; heute rollen schwerbeladene Erzzüge durch das Ennstal, um das wertvolle Rohmaterial zu den Verarbeitungsstätten zu bringen. Waren es früher handwerkliche Erzeugnisse, so sind es heute die Produkte der eisenverarbeitenden Industrie, welche die Stadt weit über die Grenzen des Landes hinaus bekanntmachen. Fleiß und Regsamkeit waren schon zur Zeit des Handwerks hervorragende Tugenden ihrer Bewohner, die sich bis in unsere Zeit bewahrt haben. Trotz vieler alter Privilegien, welche die Stadt einst zugesprochen erhielt, blieb sie nicht von Sorgen und Nöten bewahrt. Brand katastrophen äscherten ganze Stadtteile ein, verheerende Hochwässer brachten viele Bewohner um Hab und Gut, Kriege ver breiteten Angst und Schrecken und die Bomben des 2. Weltkrieges schlugen ihr tiefe Wunden. Immer wieder aber regten sich fleißige Hände und schufen neuen Wohlstand und neues Ansehen. Josef Werndl, der durch zähen Fleiß aus einem handwerklichen Familienbetrieb die österr. Waffenfabriksgesellschaft begründete, stieß das Tor zum Industrie zeitalter auf. Zu seiner Zeit fanden in dem Betrieb schon an die 10.000 Menschen Arbeit und Brot. Aus diesem Werk wurde in der Folge die Steyr-Daimler-Puch AG, der bedeutendste Fahrzeugproduzent des Landes. Die wirtschaftliche Orientierung auf einen Betrieb machte aber die Stadt, wie die Zwischenkriegszeit zeigt, sehr empfindlich gegenüber wirtschaftlichen Krisen. Daraus ist auch das stete Bemühen der Stadtverwaltung um die Ansiedlung neuer Betriebe zu sehen. Mit der Gesellschaft für Fertigungstechnik und Maschinenbau, kurz GFM genannt, und in letzter Zeit dem BMW-Motorenwerk, sind neue leistungsfähige Werke entstanden. Wenn die Stadt auch weltweit durch die Erzeugnisse ihrer Industrie bekannt geworden ist, ist sie es wert, um ihrer selbst Willen beachtet zu werden. Ein Spaziergang durch ihre Altstadt, zur 1000-Jahr-Feier mit viel Einfühlungs vermögen und beträchtlichem finanziellem Aufwand restauriert, läßt den Besucher in wenigen Stunden Jahrhunderte durch wandern. Der Stadtplatz vereint, wie kaum seinesgleichen, die verschiedensten 12 Bild links: Steyr — historischer Stadtplatz Bild unten: Im Vordergrund das neu errichtete BMW-Werk, links davon ein Teil des Wälzlager werkes und im Hintergnmd die Hauptwerke der Steyr-Daimler-Puch AG. (Freigabe vom BMLV mit ZI. 13.080/177-1.6/81) Baustile vom berühmten spätgotischen Bummerlhaus bis zu den prachtvollen Bauten der Renaissance, des Barocks und des Rokoko. Alte Höfe laden zum beschaulichen Verweilen ein und ein Spaziergang auf die Anhöhen der Stadt wird durch einen herrlichen Rundblick belohnt. Die Eisenverarbeitung, immer ein bestimmender Faktor im Geschick der Stadt, wurde zur Kunst erhoben. Aus Gebrauchsgegenständen wurden Kunstwerke, wie schmiedeeiserne Wirtshausschilder, Gitter und Grabkreuze. Wenn bei einem Spaziergang hin und wieder der Eindruck entsteht, die Zeit sei stehengeblieben, so täuscht dies. Rund um den historischen Stadtkern wuchs in den letzten Jahrzehnten das neue Steyr heran. Durch die Erweiterung der bestehenden und die Errichtung neuer Betriebsstätten setzte ein Zuzug von Arbeitskräften ein, der die Stadt verwaltung vor große Aufgaben stellte. Neue Wohngebiete waren zu erschließen, Wohnungen, Schulen, Kindergärten und zahlreiche infrastrukturelle Einrichtungen zu bauen. Die Lage an den Flüssen brachte mit dem raschen Ansteigen der Motorisie rung mannigfache Verkehrsprobleme, welche durch den Bau von Brücken, Umfahrungsstraßen und durch Ver besserung des bestehenden Straßennetzes weitgehend gelöst wurden. So hat die Stadt Steyr auch in unserer modernen Zeit eine liebenswerte Eigenart bewahrt. Sie gibt ein Beispiel einer glücklichen Harmonie von Tradition und Fortschritt.

Stein gibt Brot Hertha Schober „Viel Steine gab's und wenig Brot", ist ein ge flügeltes Wort - und trotzdem kam Brot für viele In gewissen Landschaften Oberöster reichs, Im Mühlvlertei etwa, im Salzkammer gut auch, und dort und da, eben aus der Arbelt mit dem Stein. Wenn man in Hinblick auf Steinbrüche in Oberösterreich spricht, denkt fast jeder auto matisch an Granit und damit wieder ebenso selbstverständlich an das Mühiviertei; diese beiden Begriffe sind Synonyme füreinander. Es ist eigenartig, daß der Aipenanteil Ober österreichs kaum in Verbindung gebracht wird mit der Gewinnung brauchbaren Gesteins, und doch liefert auch er wertvolle, vor allem Grundmaterialien. Oberösterreich besteht aus drei großen geo logischen Einheiten, und zwar der Böhmi schen Masse mit ihren Graniten, den Alpen mit Kalk, Sandstein- und Fiyschzonen und dazwi schen den Beckenfüilungen mit Schottern und Lehmen der Eiszeit; jede dieser Zonen hat ihre Besonderheiten, individuell in ihrem füh renden Gestein, auch in ihrem bestimmenden Grundaufbau. Zuweilen gestattet die Natur einen Blick in ihre Geheimnisse, überrascht mit Kapriolen. Einen tiefen Einblick gleichsam gibt der Dr.-Gruber-Stein, dicht neben der Bundesstraße Linz-Steyregg, rund 1 km außerhalb von Plesching. Der mächtige Block, der dem Laien zunächst wenig zu sagen vermag, begeistert die Geologen, gibt er durch seine Struktur doch Aufschluß über die erdgeschichtlichen Vorgänge vor ungefähr 300 Millionen Jahren, 30 bis 40 km unter der Erdoberfläche. In der hellen Granitmasse ist gestriemter Schiefer eingelagert und dann wieder durchziehen feine Aplitadern den Stein. Ein derartiger Ge steinsaufbau ist zwar im Mühiviertei öfter an zutreffen, nirgends aber wird er so gut sichtbar wie an diesem durch eine Sprengung losge lösten Monument. Den Namen erhielt der un ter Naturschutz stehende Stein nach dem Lin zer Geologen Dr. Franz Gruber, der die Geo logie der Linzer Umgebung erforscht hat. Ein anderes Denkmai der erdgeschichtiichen Entwicklung Oberösterreichs ist das Buch denkmai im hinteren Pechgraben in der Ge meinde Großraming. Ein Stück Mühlviertel ist da mitten ins Kalk- und Sandsteingebiet ver setzt. An die zwanzig verschieden große Gra nitblöcke liegen hier herum. Der 1774 in der Uckermark geborene Geologe Leopold von Buch hat im Zuge seiner Studienreisen diese „Seitensprünge" der Natur entdeckt. Magister Franz Karl Ehrlich, von 1842 bis 1880 Mu seumskustos in Linz, gab den Anstoß, daß der größte Stein, ein 5V2 m hoher Block 1887 mit einer Gedenktafel an Buch versehen wurde; durchgeführt wurde diese Ehrung mit Geld spenden von 821 Personen und mit Beihilfe mierme eriiJerzleinrnm Freunde de,r ' I Das Denkmal für Leopold von Buch im Pechgraben, Gemeinde Großraming, nach einer Zeichnung von G. Reitter in der 1894 erschienenen ,,Heimatkunde von Steyr" von Anton Rolleder vieler Freunde der Naturwissenschaften in Deutschland, Italien, Belgien, Frankreich, England u. a. m. Heute noch wird der Stein von vielen Interessierten aufgesucht, nam hafte Geologen beschäftigten sich mit dem Phänomen und kamen zu dem Schluß, daß es sich bei diesem Granitvorkommen um Reste kristallinen Untergrundes handelt, die dann im Zuge der Faltungen und Überschiebungen der Sedimentgesteine hochgestüipt wurden. Die ser Untergrund aber liegt wahrscheinlich weit über 1000 m unter der heutigen Oberfläche, wie moderne Messungen vermuten lassen. Brauchten diese beiden Stätten vom Men schen nur gefunden werden, ist man in Reichersberg, Vorchdorf und Windischgarsten daran gegangen, gleichsam ein minera logisches Lehrmittelkabinett im Freien zu schaffen. 48 gut beschriftete Objekte wurden in Windischgarsten aus verschiedenen Gebie ten zum geologischen Lehrpfad zusammen getragen und vertreten die einzelnen erdge schichtlichen Zeitalter, beginnend mit der Zeit vor ungefähr 230 Millionen Jahren. Ein ähnliches Erlebnis erwartet den Besucher im oberösterreichischen Steingarten in Vorchdorf. Mit wirklich großem Engagement wurden hier 50 mächtige Steinbiöcke aus ganz Oberösterreich zusammengetragen, darunter wirkliche Besonderheiten, wie etwa ein Gipsbiock mit Kristallen aus der Bad Ischier Gegend, ein Quarzitkongiomerat aus dem Räume Münzkirchen, ein Schnecken stein vom Paß Gschütt usw. Die Steine sind hier in drei Abteilungen entsprechend dem Aufbau unseres Landes gegliedert, nämlich dem Granitmassiv mit Granit und Gneisen, dem alpinen Vorland und den Alpen. Soweit hat nun auch der Laie die Gesteinsar ten keinenlernen können, der Fachmann aber unterscheidet genauer, denn ein und dasselbe Gestein ist nicht von jedem Fundplatz gleich gut verwendbar, nicht für den gleichen Zweck zu gebrauchen. Andererseits kommt es auch vor, daß mancher sehr gute Granit etwa ver kehrstechnisch so ungünstig liegt, daß das gewonnene Produkt schließlich zu kostspielig würde; man verwendet es zuweilen für be sonders wertvolle Einzelstücke. Die gut verwertbaren Granite sind auf gewisse Stöcke beschränkt, die sich, bedingt durch ihr Alter, auch im Aussehen unterscheiden; der älteste Ist der Weinsberger Granit, durch die großen eingelagerten Feldspate ein sehr schönes und auch buntes Gestein, das wegen dieser Einschlüsse gerne ,,Speckwurstgranit" genannt wird. Doch wie so oft muß auch hier der Schönheit ein gewisser Tribut gezollt wer den; die Feldspate sind sehr gut spaltbar, das kann angenehm sein, schränkt aber auch die Verwendbarkeit stark ein. Dieser Stein wird vorwiegend im Naarntal gewonnen. In Linz findet man ihn z. B. an der Arbeiterkammer und am Ärztehaus verarbeitet. Noch effektvol ler wird dieser Stein, wenn sich, wie z. B. in den Brüchen von Landshag, rötlicher Feldspat und schwarze Hornblende einmischt; er wurde für die Linzer Donaubrücke, aber auch für den Sarkophag von Bundespräsident Dr. Renner verwendet. Am bekanntesten dürften allgemein wohl die Granitwerke A. Poschacher in Mauthausen sein. Wie überall lag der Anfang auch hier sicher lich im Handwerk einzelner Steinmetze, bis sich allmählich ein größeres Unternehmen herauskristallisierte; 1839 allerdings besaß es bereits die Kraft, auch in Neuhaus Brüche zu erwerben, wodurch es über die beiden gefrag testen Granitarten verfügte, über den blauen, wie ihn die Steinmetze nennen, der das typi sche Steingrau des Granits besitzt, und den hellen, rauh bearbeitet, fast weißen. Gerade der blaue Granit war im Vormärz gleichsam zu einem Modestein geworden, viele der großen Denkmäler speziell in der Kaiserstadt, aber auch in anderen Metropolen wurden aus ihm gearbeitet. Es blieb aber nicht nur bei der mo numentalen Verarbeitung, sondern diese Sorte entwickelte sich ebenso zum beliebten Pflasterstein. Wieder war die Stadt Wien eine wichtige Abnehmerin - die Eingemeindung vieler Vororte ließ den Bedarf gegen Ende des vorigen Jahrhunderts stark ansteigen. Ein Drittel aller Pflasterungen in Wien wurde mit Mauthausener Granit ausgeführt. Bereits 1904 arbeiteten im Mauthausener Heinrichs bruch die ersten Kleinstein-Maschinen Euro13

^ ■ Lehrschau von oberösterreichischen Gesteins arten im Klostergarten des Augustinerchorherrenstiftes Reichersberg am Inn. Foto: Elfriede Mejchar, Wien pas und bis zum Ende des ersten Weltkrieges gab es eine eigene Transportflotte für die Pfla stersteine nach Wien. Sicher: die beiden Weit kriege und neue Technologien brachten Ein bußen, aber Granit wird nach wie vor ge braucht, sei es für Großbauten, für die Kunst oder auch für die Straßen, denn wenn man auch iange schon zu anderen Straßenbelägen übergegangen ist, wird in Extremiagen immer noch Granitpflaster verwendet; zudem hat der Granit heute schon wieder zuweiien den Hauch des Besonderen, des Exkiusiven erhal ten - man denke an die Pflasterung der Fuß gängerzonen. Außer den Brüchen In Mauthausen besitzen die Poschacher Werke heute Brüche in Wind egg, Perg und Neuhaus, alle mit modernsten Maschinen, Werkstätten und auch Gefolg schaftshäusern ausgestattet. Bis ins 17. Jahrhundert reichen die alierdings späriichen Nachrichten über die Steinbrüche von Plöcking bei Neuhaus zurück, obwohl auch das im Grund wenig besagt, denn die Gewinnung und Verarbeitung des Granits reicht im Mühiviertei sicherlich mindestens bis Ins 12. Jahrhundert zurück, gewiß soweit, ais man begann, Steinkirchen zu bauen. Aus dem, was uns an Steinbauten überliefert ist, können wir schließen, daß man bereits im Mittelaiter über der Zeit angepaßte, gute techni sche Möglichkeiten und auch wertvolle Erfah rung verfügte. Der Piöckinger Granit z. B. bie tet auf Grund seiner Zusammensetzung die Möglichkeit, fehlerlose Blöcke auch großer Ausmessungen gewinnen zu können. Tatsächlich aber wissen wir vom Abbau des Piöckinger Granits für große Bauten aus dem ausgehenden 17. Jahrhundert, so z. B., ais um 1680 der Bau des barocken Stiftes St. Flo rian begonnen wurde; von hier holte man sich das Material für alle anfallenden Steinmetzar beiten, schließlich lagen ja die Brüche, heute beiderseits der Gemeindegrenze zwischen Kleinzeii und St. Martin, mitten im fiorianischen Gebiet. Mit der Zeit wurden immer neue Brüche eröffnet, der Linzer Dombau benötigt wiederum viel Material, denn die Steingliede rungen sind aus Piöckinger Stein verfertigt, während der Bau selbst aus einem Fiyschsandstein aus der Gegend von Neulengbach besteht. Der Dombau- und der Schlagerbruch erinnern an diese Arbeiten; daneben sind der Schiedelberger- und der Maria-LouisenBruch die bekanntesten. Piöckinger Stein wurde auch für das Sparkas sengebäude und den Bahnhof in Linz, für das Parlament und so manche bedeutende Bau ten im Wien der Ringstraßenzeit, für verschie dene Stauwerke und Brückenbauten, darunter die drei großen in Budapest, ja selbst für Säuienschmuck in indischen Tempeln verwendet. Trotz der verhältnismäßig günstigen Lage war die Bringung aber auch hier vor der Erbauung der Eisenbahn nicht ganz ohne Probleme; die Blöcke wurden mit einer Förderbahn an die Donau nach Neuhaus gebracht, große Ruder fahrzeuge besorgten den Weitertransport. Wie schon erwähnt, hat Granit verschiedene Einsprengsel, in Julbach z. B. findet man dunkle, dioritähniiche Mischgesteine, aus deIm Stadtmuseum Schärding im einstigen äußeren Burgtor wird nicht nur die Kulturgeschichte, sondern mit gleicher Sorgfalt die Wirtschafts geschichte des Bezirkes dargestellt. Kustos Prof. Franz Engl fertigte mit Hilfe von OSR Newald in den 50er Jahren eine Bilddokumentation aus den Steinbrüchen von Schärding an: Bruchwand bei Gopperding, Gemeinde St. Florian am Inn 14

nen sehr schöne Grabsteine hergestellt wer den. In Mötlasberg bei Königswiesen wie derum begann die Gemeinde 1948 Quarz ab zubauen, der einen Kieseisäuregehalt von 99,6 Prozent besitzt und daher von Gießerelen und der Glasindustrie gesucht wird, wie über haupt die vielerorts vorhandenen Quarzgänge seit je zur Glaserzeugung genützt wurden. Der Schärdinger Granit wieder zeigt durch eingeschlossenes Schiefergestein dunkle Flecken, die ,,Leberflecken": er eignet sich hervorragend für Schotter verschiedener Art und auch Pflastersteine. Die Trassierung der Bahnlinie nach Passau gab der Schärdinger Granitgewinnung großen Auftrieb. Wendet man sich nun den Antipoden des Mühiviertler Granits, den Kaiken der Alpen zu, so ergeben sich zwei grundlegende Verwen dungsarten. Einerseits ebenfalls als Baustein, andererseits zur Gewinnung neuer Produkte, die für das Bauhandwerk und die Chemie ge braucht werden. Dichter Kalkstein läßt sich nicht nur gut be bauen, sondern auch schleifen und polieren und ergibt dabei schöne Farbzeichnungen; von den Handwerkern wird er deshalb als Marmor bezeichnet und In der Verarbeitung wirken diese Steine tatsächlich so. Denken wir nur an Fenster- und Türgewände, an Stufen und andere Bauteile, auch architektonischen Schmuck an alten Salzkammerguthäusern. Große Brüche roten ,,Marmors" gibt es bei Zinkenbach und am Schwarzensee, erwäh nenswert ist auch der Traunsteinmarmor und der bei Spital am Pyhrn, rotvioletten gibt es bei Grünau, den Kasberger Marmor, von dem es schöne Arbeiten im Stift Kremsmünster gibt, wie überhaupt jedes Stift bemüht war, eigene gut verwendbare Steinbrüche zu besitzen. Andere Kalksteinarten sind wichtig für die In dustrie. Alt ist das Kalkbrennen, aber auch die Stickstoffwerke brauchen Kalk, die Hüttenbe triebe der VOEST und schließlich die Zement erzeugung mit natürlichen oder künstiichen Beimischungen von tonigen Gesteinen. Von den Zementwerken sind die in Kirchdorf und Gmunden aligemein bekannt. Das 1887 von Adoif Hofmann gegründete in Kirchdorf ist das äiteste in Qberösterreich. Das Gmundner Werk von Hatschek wurde 1907/08 vorwie gend zur Bedarfsdeckung für die eigene Eter niterzeugung gegründet. Heute allerdings ge hen rund 70 Prozent in den Bauhandei, der Rest wird weiterhin der Eterniterzeugung zu geführt. Kalk benötigen auch die 1883 gegründeten Soivay-Werke In Ebensee; sie verwenden vorwiegend den besonders reinen Piassen kalk. Schließlich darf beim oberösterreichischen Gesteinsvorkommen der Quarzsandstein nicht vergessen werden; er ist ein guter Bau stein, wurde aber auch von alters her für Schleifsteine verwendet, wobei vor allem die Schleifstelnbrüche in Gösau bekannt sind. Sie befinden sich auf der Gosauer Seite des Plassenstockes am Löckermoosberg in fast 1400 m Höhe. Der Stein liegt, von Moränenschutt bedeckt, in horizontalen Schichten. Der bei läufige Umriß der gewünschten Form wird mit dem Zirkel angerissen und dann der Stein herausgearbeitet, früher mit eigenen, ver schieden großen Steinhämmern, heute mit ei ner Motorsäge. Die Bringung ins Tal geschah früher während des Sommers mit Schütten, nun besteht eine Straßenverbindung. Trotz al ler Modernisierung ist dieser Herstellungs zweig jedoch zum Aussterben verurteilt. I Spalten eines Quaders in der Steinmetzwerkstatt Gemeinde St. Florian am Inn In der Halle der Spaltmaschinen in St. Florian am Inn zur Herstellung von Kleinstöckelpflaster ,.Zersetzen" der großen Blöcke nach der Spren gung, damit sie für den Steinmetz verwendbar sind, ebenfalls in St. Florian am Inn. Die Redaktion dankt Prof. Franz Engl herzlich für seine Unterstützung 15

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