Oberösterreich, 32. Jahrgang, Heft 3, 1982

Literaturbeilage der Kulturzeitschrift Oberösterreich 3/1982 Rudolf Henz * Göpfritz an der Wild am 10. Mai 1897 Verkünden, Rühmen und Beschwören, darin sehe ich die dreifache Aufgabe des Dichters. Die Ordnung des Schöpfers zu verkünden, Gott und das Leben zu rühmen, den Menschen und das Menschliche zu beschwören, auch in einer, wie es scheint, chaotischen Zeit! Rudolf Henz Auswahl und Einführung: Aldemar Schiffkorn Wortkunst, von Rudolf Henz als dreifältige Aufgabe gesehen, ist — nach Karl Rahner - ,,von der Sache her verwandt mit der Theologie, die sich ja auch durch das Wort aussagt". Schließlich bestimmen drei Elemente priesterlichen Amtes den Dienst am Wort; Dichtung vtird zur Schwester der Theologie: im Verkünden und Rühmen, ja selbst im Beschwören. Am Anfang aber stand ,,die Neugier nach Welt". Als Neunjähriger hatte der Waldviertler Schulleiterssohn die bescheidene Göpfritzer Schülerbücherei bereits ,,ausgelesen". Aus dem Groß-Weikersdorfer Schulhaus - seit 1906 Vaters Wirkungsstätte - zieht Rudolf Henz im Herbst 1908 nach Oberhollabrunn ins Erzbischöfliche Knabensemi nar. Literarische Begabungen fördert man dort allerdings nicht. Der katholische Literaturstreit zwischen dem Wiener ,,Gral" und dem Münchner „Hochland" ist in vollem Gang. Mit ersten poetischen Versuchen war für Henz ein Verbleib im Seminar ,,fragwürdig" ge worden, berichtet er in,,Fügung und Widerstand" (1963, neu 1981), sei ner Autobiographie, die das bewegteste Jahrhundert österreichischer Geschichte am eigenen Erleben kritisch reflektiert. Sie ist zugleich die fesselnde kulturpolitische Analyse eines Zeugen dreier Schicksals wenden unseres Landes, in die er jeweils leidend und handelnd mit verwickelt war. In der siebenten Klasse - nun außerhalb des Sentinars -,,zählt" er die Tage bis zur Einberufung in die k. u. k. Armee; man schreibt das Jahr 1915. An Malaria tropica erkrankt, kehrt er als Ober leutnant 1918 von der Front heim und beginnt in Wien das Studium der Germanistik und Kunstgeschichte. Mit seiner heute noch als bahnbrechende Arbeit anerkannten Dissertation ,,Die Landschafts darstellung bei Jean Paul" promovierte er 1923 zum Dr. phil. 1925 wurde er als wissenschaftlicher Referent im Volksbund der Katholi ken Österreichs, eines sozial- und kulturpolitischen Kaders der christlich-sozialen Partei, tätig. Sein Auftrag: Entwicklung einer um fassenden christlichen Bildungsarbeit. Bereits 1929 Mitglied des Pro grammbeirates, wird Henz 1931 als Direktor in die wissenschaftliche Abteilung des Rundfunks (RAVAG) berufen. Im März 1938 fristlos entlassen, setzt er sich dann 1945 als Programmdirektor gegen vieler lei Widerstände erfolgreich für einen gemeinsamen österreichischen Rundfunk ein, dem er auch nach seinem Ausscheiden im Jahre 1957 als Vorsitzender des großen Programmbeirates bzw. als Aufsichts ratsmitglied bis 1971 verbunden bleibt. Die Pionierleistungen von Rudolf Henz sind in die Geschichte des österreichischen Rundfunks eingegangen. Es ist die Humanitas Christiana, die den Romancier wie den Dramati ker und L3rriker Rudolf Henz kennzeichnet. Auch wenn er seine Stimme wider den Ungeist der Zeit erhebt, bleibt der menschliche Gehalt seiner Bücher überzeugend. Sie sind von einer Gesirmung ge tragen, die er auch dann nicht verhehlt, wenn die Kurswerte an der Literaturbörse gegen sie sprechen. Das Obel beim Namen zu nennen, mag es ihm wo immer begegnen, scheute er weder als Gründungs präsident der Katholischen Aktion Österreichs, noch als Mitbegrün der des österreichischen P.E.N. und des österreichischen Schriftstel lerverbandes nach 1945 oder als Präsident des österreichischen Kunstsenats. Die Schaffensperiode von Rudolf Henz umfaßt bereits über sechs Jahrzehnte. Seit dem Erscheinen seiner,,Lieder eines Heimkehrers" un ter dem Pseudonym R. Miles im Jahr 1919 bis zur eben vollendeten Architekturkomödie ,,Die Einbahn" entstanden zwölf weitere Ge dichtbände. Von seinen elf Romanen und zwei Erzählungen wurden sechs Bücher mehrfach aufgelegt. Neben zehn Dramen und der deut schen Nachdichtung von Madächs ,,Die Tragödie des Menschen" finden sich im Werkverzeichnis noch drei Fernsehspiele und zwei Laienspiele, die mehrfach aufgelegt wurden; von ihnen erfuhr ,,Das Wächterspiel" eine flämische und eine ungarische Übersetzung. Eine Reihe von Kirchenspielen, ein Auswahlband und das ÖsterreichBuch in der Reihe ,,Geistige Länderkunde - Kultur der Nationen" (1958 und 1964) zeugen von einem erfüllten schöpferischen Leben. Als Herausgeber der Reihe,,Dichtung der Gegenwart" und der öster reichischen Literaturzeitschriften,, Wort in der Zeit" sowie,,Literatur und Kritik" hat sich Rudolf Henz um die österreichische Dichtung große Verdienste erworben. Im Gedicht sieht Rudolf Henz jene Kunstgattung, die ihm freie Aus sage und Gestaltung ermöglicht:,, Aber ich habe mich nie auf das Ge dicht beschränkt, schon deshalb nicht, weil so viele Dinge, die dem Dichter dieser Zeit auf den Nägeln brennen, besser und wirksamer im Roman oder im Drama, von der Bühne her gesagt werden können." Der Gedichtband,, Unter Brüdern und Bäumen", dessen Mitte der Zy klus ,,Elegie der Gemeinschaft" bildet, ist 1929 in der gleichen ,,öfficina Vindobonensis" erschienen, wie Heinrich Suso Waldecks ,,Ant litzgedichte". Der literarischen Runde um Waldeck, der ,,Leo-Stu be", gehörte Henz als ,,Ursasse" an. Die,,Döblinger Hymnen" folgen 1935. ,,Wort in der Zeit", 1945 und 1947 erschienen, enthält in der 85

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2