Oberösterreich, 32. Jahrgang, Heft 3, 1982

Stein gibt Brot Hertha Schober „Viel Steine gab's und wenig Brot", ist ein ge flügeltes Wort - und trotzdem kam Brot für viele In gewissen Landschaften Oberöster reichs, Im Mühlvlertei etwa, im Salzkammer gut auch, und dort und da, eben aus der Arbelt mit dem Stein. Wenn man in Hinblick auf Steinbrüche in Oberösterreich spricht, denkt fast jeder auto matisch an Granit und damit wieder ebenso selbstverständlich an das Mühiviertei; diese beiden Begriffe sind Synonyme füreinander. Es ist eigenartig, daß der Aipenanteil Ober österreichs kaum in Verbindung gebracht wird mit der Gewinnung brauchbaren Gesteins, und doch liefert auch er wertvolle, vor allem Grundmaterialien. Oberösterreich besteht aus drei großen geo logischen Einheiten, und zwar der Böhmi schen Masse mit ihren Graniten, den Alpen mit Kalk, Sandstein- und Fiyschzonen und dazwi schen den Beckenfüilungen mit Schottern und Lehmen der Eiszeit; jede dieser Zonen hat ihre Besonderheiten, individuell in ihrem füh renden Gestein, auch in ihrem bestimmenden Grundaufbau. Zuweilen gestattet die Natur einen Blick in ihre Geheimnisse, überrascht mit Kapriolen. Einen tiefen Einblick gleichsam gibt der Dr.-Gruber-Stein, dicht neben der Bundesstraße Linz-Steyregg, rund 1 km außerhalb von Plesching. Der mächtige Block, der dem Laien zunächst wenig zu sagen vermag, begeistert die Geologen, gibt er durch seine Struktur doch Aufschluß über die erdgeschichtlichen Vorgänge vor ungefähr 300 Millionen Jahren, 30 bis 40 km unter der Erdoberfläche. In der hellen Granitmasse ist gestriemter Schiefer eingelagert und dann wieder durchziehen feine Aplitadern den Stein. Ein derartiger Ge steinsaufbau ist zwar im Mühiviertei öfter an zutreffen, nirgends aber wird er so gut sichtbar wie an diesem durch eine Sprengung losge lösten Monument. Den Namen erhielt der un ter Naturschutz stehende Stein nach dem Lin zer Geologen Dr. Franz Gruber, der die Geo logie der Linzer Umgebung erforscht hat. Ein anderes Denkmai der erdgeschichtiichen Entwicklung Oberösterreichs ist das Buch denkmai im hinteren Pechgraben in der Ge meinde Großraming. Ein Stück Mühlviertel ist da mitten ins Kalk- und Sandsteingebiet ver setzt. An die zwanzig verschieden große Gra nitblöcke liegen hier herum. Der 1774 in der Uckermark geborene Geologe Leopold von Buch hat im Zuge seiner Studienreisen diese „Seitensprünge" der Natur entdeckt. Magister Franz Karl Ehrlich, von 1842 bis 1880 Mu seumskustos in Linz, gab den Anstoß, daß der größte Stein, ein 5V2 m hoher Block 1887 mit einer Gedenktafel an Buch versehen wurde; durchgeführt wurde diese Ehrung mit Geld spenden von 821 Personen und mit Beihilfe mierme eriiJerzleinrnm Freunde de,r ' I Das Denkmal für Leopold von Buch im Pechgraben, Gemeinde Großraming, nach einer Zeichnung von G. Reitter in der 1894 erschienenen ,,Heimatkunde von Steyr" von Anton Rolleder vieler Freunde der Naturwissenschaften in Deutschland, Italien, Belgien, Frankreich, England u. a. m. Heute noch wird der Stein von vielen Interessierten aufgesucht, nam hafte Geologen beschäftigten sich mit dem Phänomen und kamen zu dem Schluß, daß es sich bei diesem Granitvorkommen um Reste kristallinen Untergrundes handelt, die dann im Zuge der Faltungen und Überschiebungen der Sedimentgesteine hochgestüipt wurden. Die ser Untergrund aber liegt wahrscheinlich weit über 1000 m unter der heutigen Oberfläche, wie moderne Messungen vermuten lassen. Brauchten diese beiden Stätten vom Men schen nur gefunden werden, ist man in Reichersberg, Vorchdorf und Windischgarsten daran gegangen, gleichsam ein minera logisches Lehrmittelkabinett im Freien zu schaffen. 48 gut beschriftete Objekte wurden in Windischgarsten aus verschiedenen Gebie ten zum geologischen Lehrpfad zusammen getragen und vertreten die einzelnen erdge schichtlichen Zeitalter, beginnend mit der Zeit vor ungefähr 230 Millionen Jahren. Ein ähnliches Erlebnis erwartet den Besucher im oberösterreichischen Steingarten in Vorchdorf. Mit wirklich großem Engagement wurden hier 50 mächtige Steinbiöcke aus ganz Oberösterreich zusammengetragen, darunter wirkliche Besonderheiten, wie etwa ein Gipsbiock mit Kristallen aus der Bad Ischier Gegend, ein Quarzitkongiomerat aus dem Räume Münzkirchen, ein Schnecken stein vom Paß Gschütt usw. Die Steine sind hier in drei Abteilungen entsprechend dem Aufbau unseres Landes gegliedert, nämlich dem Granitmassiv mit Granit und Gneisen, dem alpinen Vorland und den Alpen. Soweit hat nun auch der Laie die Gesteinsar ten keinenlernen können, der Fachmann aber unterscheidet genauer, denn ein und dasselbe Gestein ist nicht von jedem Fundplatz gleich gut verwendbar, nicht für den gleichen Zweck zu gebrauchen. Andererseits kommt es auch vor, daß mancher sehr gute Granit etwa ver kehrstechnisch so ungünstig liegt, daß das gewonnene Produkt schließlich zu kostspielig würde; man verwendet es zuweilen für be sonders wertvolle Einzelstücke. Die gut verwertbaren Granite sind auf gewisse Stöcke beschränkt, die sich, bedingt durch ihr Alter, auch im Aussehen unterscheiden; der älteste Ist der Weinsberger Granit, durch die großen eingelagerten Feldspate ein sehr schönes und auch buntes Gestein, das wegen dieser Einschlüsse gerne ,,Speckwurstgranit" genannt wird. Doch wie so oft muß auch hier der Schönheit ein gewisser Tribut gezollt wer den; die Feldspate sind sehr gut spaltbar, das kann angenehm sein, schränkt aber auch die Verwendbarkeit stark ein. Dieser Stein wird vorwiegend im Naarntal gewonnen. In Linz findet man ihn z. B. an der Arbeiterkammer und am Ärztehaus verarbeitet. Noch effektvol ler wird dieser Stein, wenn sich, wie z. B. in den Brüchen von Landshag, rötlicher Feldspat und schwarze Hornblende einmischt; er wurde für die Linzer Donaubrücke, aber auch für den Sarkophag von Bundespräsident Dr. Renner verwendet. Am bekanntesten dürften allgemein wohl die Granitwerke A. Poschacher in Mauthausen sein. Wie überall lag der Anfang auch hier sicher lich im Handwerk einzelner Steinmetze, bis sich allmählich ein größeres Unternehmen herauskristallisierte; 1839 allerdings besaß es bereits die Kraft, auch in Neuhaus Brüche zu erwerben, wodurch es über die beiden gefrag testen Granitarten verfügte, über den blauen, wie ihn die Steinmetze nennen, der das typi sche Steingrau des Granits besitzt, und den hellen, rauh bearbeitet, fast weißen. Gerade der blaue Granit war im Vormärz gleichsam zu einem Modestein geworden, viele der großen Denkmäler speziell in der Kaiserstadt, aber auch in anderen Metropolen wurden aus ihm gearbeitet. Es blieb aber nicht nur bei der mo numentalen Verarbeitung, sondern diese Sorte entwickelte sich ebenso zum beliebten Pflasterstein. Wieder war die Stadt Wien eine wichtige Abnehmerin - die Eingemeindung vieler Vororte ließ den Bedarf gegen Ende des vorigen Jahrhunderts stark ansteigen. Ein Drittel aller Pflasterungen in Wien wurde mit Mauthausener Granit ausgeführt. Bereits 1904 arbeiteten im Mauthausener Heinrichs bruch die ersten Kleinstein-Maschinen Euro13

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