Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 26, Dezember 1965

Heft 26 Dezember 1965 Veroffentlichungen des Kulturamtes der Sta t Steyr

Heft 26 Dezember 1965 Gründungsjahr 1948 Beröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr Schriftleitung: Dr. Johann Eder und Dr. Erlefried Kroba Dr. Erlefriod Krobath: Die Bürgermeister der Stadt Steyr und ihre Zeit (9. Fortsetzung) Dr. Josef Ofner: Kunstchronik der Stadt Steyr Architektur, Bildhauers und Malerei (2. Fortsetzung) Dr. Erlefried Krobath: Einiges über Valentin Preuenhueber und seine „Annales Styrenses"

Siegel auf dem Umschlag: Das älteste Siegel der „erben Burger von Steir" mit der Umschrift „SIGILLUM CIVIUM IN STIRA" hängt an einer im Jahre 1304 ausgestellten Schenkungsurkunde. Es zeigt einen zweitürmigen Torbau mit aufgeschlagenen Torflügeln und Satteldächern, darüber schwebend den österreichischen Bindenschild und beiderseits der Türme je ein Schildchen mit einem einwärts gewendeten Panther. (Herbert Erich Baumert, Die Wappen der Städte und Märkte Oberösterreichs in der Schriftenreihe des Institutes für Landeskunde von Oberösterreich. Herausgeber Dr. F. Pfeffer, Linz 1958.)

Dr. Erlefried Krobath Die Bürgermeister der Stadt Steyr llad ihre beit (9. Fortsetzung) Johann Adam Schwarzeigl (1691—1702); Johann Rcichard Höger (1703— 1705, 1707—1709); Georg Ulrich Schäffler (1706); Adam Wilhelm (1710— 1722); Johann Jacob Schoiber (1721) Johann Adam Schwarzeigl (1691—1702) Die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts zeigt Österreich in einen Zweifrontenkrieg verwickelt, im Osten gegen die Türken und im Westen gegen Frankreich. Durch den im Jahre 1699 abgeschlossenen Frieden von Karlowitz fielen Kroatien, Slawonien, Ungarn und Siebenbürgen, dieses mit Ausnahme des Banates, an Österreich. Seit diesem Zeitpunkte kann man von der Großmacht Österreich sprechen, obwohl eigentlich die historisch-politischen Grundlagen für diese Stellung schon nach dem Tode des letzten Jagellonenkönigs Ludwig II in der Schlacht bei Mohacs (1526) gegeben waren, und zwar durch die Vereinigung der böhmischen Länder unter der Wenzelkrone, der ungarischen Länder unter der Stephanskrone und der Habsburgischen Länder in den Alpen. Es liegt klar auf der Hand, daß mehr als vier Jahrzehnte kriegerischer Ereignisse nicht nur die wirtschaftliche Entwicklung des ganzen Staates beeinträchtigten, sondern auch jedem Gemeinwesen chren Stempel aufdrückten. Die nicht beneidenswerte Ausgabe der Bürgermeister und Ratsherren in den Städten bestand im wesentlichen darin, in dieser von Kriegslärm erfüllten Zeit, mit viel Geschick uni) Energie die Interessen der Bürger zu wahren und sie vor unnötigem Schaden zu schützen. Schon im Jahre 1688 wurde der Gastgeb') Johann Adam Schwarzeigl wegen seiner „gerühmten guten Vernunft und Geschicklichkeit" kaiserlicher Stadtrichter. So ist es nicht weiter verwunderlich, daß dieser Mann das wichtige Amt des Bürgermeisters für das Jahr 1691 übertragen erhielt und es beinahe zwölf Jahre lang ausübte. Auch seine „in Stadt- und Gerichtssachen erworbene Wissenschaft" wurde besonders gerühmt. Diese hatte er sich als Stadtrichter (1688—1690), als Mitglied des Äußeren und Inneren Rates, sowie als Bruderhausverwalter erworben?)* 2 ') Stb. 1964, 14. — Johann Adam Schwarzeigl betrieb das Gastgewerbe im später sogenannten „Gasthaus zum weißen Adler" (heute Stadtplatz 22). Er besaß auch einen Garten vor dem Gtlgentor (RP 1700, 85). 2) 1683 war er Mitglied des Äußeren, 1686 und 1687 Mitglied des Inneren Rates der Stadt (RP 1683, 111, 126; RP 1686, 5, 7. 143; RP 1687, 100, 112; RP 1688, 42, 118 162). — Schwarzeigl hatte auch das Stadtfähnrichamt bekleidet, das er 1689 zurücklegte (RP 1689, 118). — Über Verfügung Kaiser Leopolds konnten die Bürgermeister-, Richter- und Ratswahlen alle 2 Jahre abgehalten werden. 3

Obwohl die Bürgermeister», Richter- und Ratswählen schon im Oktober des Vorjahres stattgefunden hatten,3 4 5 * 7 8 ) langte die kaiserliche Wahlbestätigung über die Landeshauptmannschaft erst am 17. September 1691 beim Magistrat ein/) Vor einem Ausschuß der Bürger und dem versammelten Rate bedankte sich der scheidende Bürgermeister Schoiber für den ihm „geleisteten Gehorsam und Respekt" und überließ den Bürgermeisterstuhl dem neuen Stadtoberhaupte Schwarzeigl. Meser ersuchte die Anwesenden, ihm bei der Verwaltung des Gemeinwesens ebenfalls mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Nach der feierlichen Amtsübergabe wurden Bürgermeister und Stadtrichter mit den üblichen Formalitäten zu ihren Wohnungen geführt. Unter den Klängen der Turnermusik wurde vorerst der Bürgermeister heimgebracht, dann erst wurde Stadtrichter Michael Willensperger, dem ein Knabe Richtschwert und Bann- stab vorantrug, vom Äußeren Rate zu seinem Hause geleitet.5) Weitere Wahlen gab es in den Jahren 1693,1697 und 1700, bei denen Schwarz- eigl ebenfalls an der Spitze der Stadt verblieb.5) Im September 1696 hatte der Landeshauptmann die Stadt verständigt, daß in Kürze wieder Wahlen vorgenommen würden?) Dieser Ankündigung folgte ein zweites Schreiben, in dem künftige Abrechnungsmodalitäten in der Stadtverwaltung erörtert wurden. Es sollten alle Beamten (worunter in dieser Zeit die gewählten Vertreter der Bürgerschaft in der Gemeindeverwaltung zu verstehen waren), die nicht über ein entsprechendes Privatvermögen verfügten, bei Antritt des Amtes, in das sie gewählt wurden, eine angemessene Kaution („congruam cautionem") erlegen. Von den . Wohlbemittelten" unter den gewählten Gemeindevertretern sollte die Zusicherung verlangt werden, daß auch ihre Ehefrauen, „cum debita renunctotione ihrer weiblichen Sprüch vnd Freyheiten" (unter schuldiger Aufsagung ihrer Rechte und Freibeiten) mit ihrem in die Ehe eingebrachten Vermögen bei fehlerhaften Abrechnungen der von ihren Gatten geleiteten Stadtämter haftbar gemacht werden könnten. Der Rat beschloß auf dieses Verlangen des Landeshauptmannes vorerst soviel zu veranlassen, „als sich in fachen thun lassen würdt."5) 1697 forderte auch die Wahlkommission, daß die Beamten das eingebrachte Heiratsgut ihrer Gattinnen als Kaution leisten sollten. Die Ursache dieses Ansinnens laa darin, daß ordnungsgemäße Abrechnungen oft erst nach Jahren erbracht wurden?) Während die Stadtväter ursprünglich geneigt schienen einer Kautionsstellung zuzustimmen, hatten sie sich jedoch inzwischen ..die Angelegenheit genau überlegt" und waren der Ansicht, daß eine solche in der Öffentlichkeit „zu der statt vnd der Herren Beambten discredit" ausgelegt würde. So beschloß der Rat einstimmig, daß dieser 3) Als Landeshauptmann (Graf Bamberg in Begleitung des Vizcdoms und des Landschreibers am Morgen des 10. 9. 1690 zur Vornahme der Wahl eintraf, touröd er vor dem Rathaus zur Begrüßung „mit Posaunen und Zinggen (Zinken) angeblasen" (RP 1690, 151). 4) RP 1691, 125, 150. -) RP1691, 152. 5) Die Ende 1692 fällig gewesenen Wahlen wurden auf ein Jahr verschoben <RP 1692, 186) und am 7. und 8. Oktober 1693 durchgeführt (RP 1693, 191). Bei dieser Gelegenheit wurde auch eine „Examinierung des gemainen Statt vnnd wierthschafftswesens" vorgenommen. Die kaiserliche Wahlbestätigung erfolgte im Mai 1694 (RP 1694 87, 91). — Um sich Wahlkosten zu sparen, beschloß btt Magistrat im Mai 1695, um Erstreckung der Wahlsrist auf drei Jahve anzusuchen, was genehmigt wurde (RP 1695, 100, 149; RP 1698, 117). — Bei der Wahl am 22. 9. 1700 wurde ebenfalls eine Überprüfung der Verwaltung vorgenommen lRP 1699, 43, 69; RP 1700, 127, 149; RP 1701, 118). 7) RP 1696, 139. 8) RP 1696, 157, 158. ’) RP 1705, 11: Am 22. 10. 1705 bemängelte der Landeshauptmann, daß die Steueramtsabrechnungen schon vier Jahre lang nicht gelegt wurden. 4

Vorschlag „hinterstolllg verbleiben" sollte. Damit er überhaupt fallen gelassen werde, wolle man den Prälaten von Garsten ersuchen, beim Landeshauptmanne vorstellig zu werden.'") Tatsache ist jedoch, daß fürderhin Kautionen gestellt werden mußten.") Die um die Mitte des 17. Jahrhunderts hoffnungslos scheinende wirtschaftliche und finanzielle Situation Steyrs hatte sich bis zum Ende dieses Zeitabschnittes gebessert. Pritz schreibt,") daß die Stadt „sich wieder emporgerungen hatte und auflebte." Einen Einblick in die finanzielle Lage der Stadtverwaltung um die Jahrhundertwende gewährt ein dem Rate vorgelegter Steueramtsbericht des Jahres 1690, in dem 36.136 Gulden an Steuer- und Abgabenrückständen ausgewiesen wurden. Obwohl die lausenden monatlichen Einnahmen die Ausgaben um kleinere Summen überschritten, konnten doch die wesentlichen durch die Kriegsläufte und die in deren Gefolge auftretenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten früherer Zeiten entstandenen Schulden und deren Zinsen aus den geringfügigen Einnahmeüberschüssen nicht abgedeckt werden. Die Verzinsung von Hhpothekenkapital allein kostete dem Magistrat jährlich 8.921 Gulden, andere beim Magistrate angelegte Kapitalien (Mündelgelder, Leihkapital) erforderten 6.029 Gulden an Zinsen. Im Jahre 1690 erforderte der Zinsendienst allein 14.000 Gulden. Wie man in der Ratssitzung vom 30. Oktober 1696 feststellte, wurden von der Stadt auch namhafte Beträge für wohltäftge Zwecke und Stipendien ausgegeben „vnd damit die Einkünfte der Statt merckhlich absorbirt."'3) Rund 59.000 Gulden der von der Stadt bei der Gründung der Innerberger Hauptgewerkschaft im Jahre 1625 zur Verfügung gestellten Kapitalseinlage waren Stiftungsgelder verschiedener charitativer Einrichtungen (Bruderhaus, Bürgerspital, Siechenhaus). Seit dem Jahre 1684 erbrachte dieses Geld keinen Ertrag. Der stete Geldbedarf veranlaßte den Magistrat wiederholt und neuerlich im April 1698, an die Regierung in Wien das Ansuchen zu richten, daß von dieser Stelle aus verfügt werde, der Stadt gewisse Zinsen zu entrichten, die dringendst für die Unterstützung Bedürftiger und für andere wohltätige Zwecke gebraucht würden. Mit Schreiben vom 23. Juli 1698 wurde der Magistrat verständigt, daß Kaiser Leopold angeordnet hatte, der Stadt Kapitalzinsen im Betrage von jährlich 3575 Gulden in zwei Raten, nämlich zur Zeit des Oster- und des Bartholomäusmarktes in Linz, zu überweisen. In der Zuschrift wird erwähnt, daß „dise ad pias causas (für wohltätige Zwecke) gewidmete Interesse (Zinsen) eine absonderlich privilegierte post" wären „vnd dahero ein Gewissens fach, auch der gewerkhschasst ein großes Vnheill (Unheil) Zu besorgen währe (wäre), wenn Sye Bey gegenwerttigen gueten standt (bei der gegenwärtigen guten Geschäftslage)" die Zinsen nicht bezahlte. Als zu Ostern 1698 von der Stadt fällige Abgaben an das Einnehmeramt des Landes zu zahlen waren, fehlten in der Stadtkasse zur Abdeckung der Verbindlichkeit noch 5700 Gulden. „Damit der Stadt Kreditwürdigkeit noch länger erhalten werde", beschlossen die Stadtväter, daß jedes Mitglied des Inneren Rates 300 Gulden und jeder Angehörige des Äußeren Rates 200 Gulden gegen sünsprozentige Verzinsung zur Bestreitung dieser und anderer Ausgaben zur Verfügung zu stellen hätte.") ’°) RP 1697, 19, 22. ") Zum Beispiel sei erwähnt, daß das Mitglied des Inneren Rates, Johann Gottlieb Willensperger am 9. 9. 1707 als Pfarrkirchenamtsvcrwa'lter 1000 Gulden Kaution beim städtischen Steueramte erlegte. ") LV 1, 318. ’3) RP 1696, 159. ") RP 1684, 125; RP 1698, 45. — In dieser Zeit war der Stadt öfters Geld gegen vier- bis sünsprozentige Verzinsung angeboten worden (RP 1693, 238; RP 1696, 178; RP 1697, 124). 5

Neben den verschiedensten Steuern und Abgaben, die auf der Bevölkerung lasteten,") bedeutete eine weitere Erschwernis die laufenden Truppeneinquartierungen, die sich über verschieden lange Zeiträume erstreckten. Als im Juni 1694 Haiduken (eine ungarische Söldnertruppe) Quartier bezogen hatten, hielten, über Anordnung des Magistrates, während der ganzen Zeit der Anwesenheit dieser Truppe zur Verhütung von Ausschreitungen bewaffnete Bürgerftreifen während der Nachtstunden Wache. Der Rat bewilligte jedem Wächter als Entgelt je Nacht ein ÄchteringJöiet und um zwei Kreuzer Brot. Versuche die beschwerlichen Einquartierungen von Steyr fernzuhalten, scheiterten.") 1697 mußte die Stadt zur Errichtung von Verteidigungsanlagen „wider den Erbfeindt" sechs Zimmerleute und zwei Ziüenschopper nach Ungarn beistellen.") Da der Handel für die Stadt eine wichtige Einnahmequelle bedeutete, war man ängstlich bedacht, auftretender Konkurrenz zu begegnen. So teilte die Stadt Waidhofen an der Ibbs dem Steyrer Magistrate im Juli 1698 mit, daß in St. Peter in der Au ein Getreide- und Warenmarkt „aufgerichtet" werden solle. Der Warenhandel würde auch den Stahl- und Eisenhandel umfassen, was nach Ansicht der Waidhosener Stadtväter, beiden Städten zum Nachteil wäre. Der Steyrer Magistrat wurde ersucht, gemeinsam mit Waidhofen, bei den kompetenten Stellen an der „Hintertreibung" des Marktes zu arbeiten.") Zur Unterstützung Steyrs hatte die kaiserliche Wirtschafts-Untersuchungskommission der Jahre 1687—1689 bei der Regierung beantragt, der Stadt einen zweiten Jahrmarkt in der Dauer von 14 Tagen und einen Wochenmarkt an allen Montagen des Jahres zu genehmigen. Stadtrichter Höger konnte am 5. Juli 1700 seinen Ratsfreunden berichten, daß er das schon so lange erwartete „diploma des gesuchten doppelten Jahrß vnd wahren marckht", neben einem diesbezüglichen kaiserlichen Erlaß an die Landeshauptmannschaft aus Wien mitgebracht hatte.") Die Gewährung dieses kaiserlichen Privilegiums an die Stadt Steyr erregte den Neid der Linzer, was Stadtschreiber Dr. Georg Bernhardt Merckhl anläßlich einer Dienstreise dorthin erfahren hatte. Der Magistrat Linz weigerte sich, die neuen Steyrer Jahr- und Wochenmarktsfreiheiten zu publizieren. Als Dr. Merckhl daraufhin sich mit dem Landschreiber ins Einvernehmen setzte, versprach dieser, die Maritfreiheit Steyrs durch die „nächsten in die Landesviertel gehenden Boten dem ganzen Sattbe bekanntmachen zu lassen."2°) Bürgermeister Schwarzeigl war der Ansicht, das kaiserliche Patent nicht nur in Steyr zu publizieren, sondern überdies noch Abschriften desselben nach Graz, Waidhofen an der Mbs, St. Peter in der Au, St. Gallen, Altenmarkt und Straubing sowie an das Kloster Seitenstetten mit dem Ersuchen um Bekanntmachung zu über-* 20 ") Landsteuer, Rüstgeld, Vermögensteuer, Kopfsteuer/ „Extra"-Kopfsteuer, Flcischkreu- zer, Getränkeabgaben, Aufschlag aus Papiersorten seit 1693 (statt der früheren Stem- pöltaxe auf Eingäben und Dokumente), Stempel auf Spielkarten (seit 1692), Besteuerung der Lohnkutschen und der Kegelbahnen (seit 1692). Mit Patent vom 28. 9. 1693 wurde die unbeliebte Kopfsteuer in eine Kriegssteuer umgewandelt. 1692 hatte von jedem Haus ein halber Gülden für die „Landrekrutierung" aufgebracht zu werden (RP 1692, 36). ") RP 1692, 46; RP 1693, 58; RP 1694, 106; RP 1695, 198; RP 1699, 64; RP 1701, 51. ”) RP 1697, 82. ") RP 1698, 108. ") RP 1700, 106. 20) RP 1700, 137.-—■ Die Stadtverwaltung bat auch Landeshauptmann Graf Franz Joseph Lamberg beim Linzer Magistrate zu intervenieren, daß dieser das Jahr- und Wochenmarktspatent öffentlich kundmache. Der Magistrat in Linz wandte sich ebenfalls an bett Landeshauptmann und ersuchte die Publikatton nicht durchfuhren zu müssen (Jahrmarktsakten, K. IV, Nr. 2475, 2476). 6

senden. Mit der Durchführung dieses Vorschlages sollte ein lebhafter Zustrom von Käufern zu den neuen Märkten erzielt werden?') Bürgermeister Schwarzeigl gelang es auch im Juni 1692 für Steyrer Waren, dis Mauthausen passierten, eine Mautbefreiung gir erhalten. Die bezügliche kaiserliche Verfügung wurde den interessierten Kreisen, Handelsleuten, Wirten u. a., im Rathaufe mit der Einschränkung bekanntgegeben, daß noch solange dem städtischen Steueramte die alte Gebühr entrichtet werden müßte, bis alle Unkosten, die für die Erlangung der Mautbefreiung aufgewendet wurden, abgedeckt wären.") Durch den Magistrat konnten in diesem Zeitabschnitt nur die dringendsten Reparaturen an Obsekten, deren öffentliches Interesse gegeben war, veranlaßt werden. So wurde 1692 der baufällige Wasserturm instandgesetzt, 1701 der Brunnen beim Gewerkschaftskasten am Berg wiedererrichtet und ein Brunnen in Ennsdorf repariert.") Zur Ausbesserung der Straße aus den Wachtberg leistete der Magistrat einen bedeutenden Beitrag, da man wegen der Anlieferungen aus umliegendem Gebiet zum Wochenmarkt an der Erhaltung dieses Verbindungsweges sehr interessiert war.") Für das reparaturbedürftige Hochgericht wurde vorläufig nur das Holz angekauft.") Die durch die Kriegszeit bedingte Verknappung der Lebensmittel brachte es mit sich, daß der Magistrat sein besonderes Augenmerk auf die Versorgung der Stadtbewohner mit dem nötigen Getreide lenkte. Diese Aufgabe hatte der Bürgermeister auf sich genommen und erfolgreich durchgeführt. Das Mitglied des Inneren Rates, Tobias Hager, hob in der Sitzung vom 27. Juni 1697 hervor, daß es stadtbekannt wäre, mit welchem Eifer und Fleiß sich Bürgermeister Schwarzeigl bemüht hatte, „die verwichen theuren Johr" zu Nutzen aller Stadtbewohner aus anderen Orten Getreide heranzubringen. Wegen der geringfügigen in den Stadtkassen vorhandenen Barmittel stellte er, ohne Zinsenberechnung, aus eigenen Mitteln Geld zur Verfügung.") Bereits Ende des Jahres 1692 zeigten sich die ersten Versorgungsschwierig- keiten, so daß sich der Eisenobmann beim Magistrate beschweren mußte, daß am Wochenmarkt so wenig Getreide angeboten würde. Weiters bedauerte er, daß überdies dem „armen Burgermann Zu sondern schaden eine große Teuerung eingeführt worden."") Für den Ankauf mußten vorerst von der Regierung in Wien oder der Landschaft in Linz schriftliche Einkaufsbewilligungen („Pässe") besorgt werden.") Das Getreide wurde hauptsächlich in Niederösterreich und Bayern gekauft?') Über Intervention des Garstener Abtes, einem der beiden vom Lande bestimmten Deputierten für den Getreideeinkauf, erhielt die Stadt mehrmals Anteile des vom Lande angekauften Getreides zugewiesen. Auch die Fleischaufbringung begegnete Schwierigkeiten, weshalb vielfach ungarisches Vieh besorgt wurde, um den Bedarf zu decken?") Die schwierige Versorgungslage wurde öfters von Bäckern und Fleischern zum eigenen Vorteil ausgenützt. So wurde der Bäcker Schickhengruber eingesperrt, da er -') RP 1700, 142. ") RP 1692, 125; RP 1693, 62, 65. ") RP 1692, 211; RP 1700, 167; RP 1701, 256. ") RP 1692, 201. ") RP 1692, 218. ”) RP 1693,39; RP 1697, 101. ") RP 1692, 208. ") RP 1692, 111, 112; RP 1693, 193; RP 1695, 117; RP 1701, 4. ") RP 1692, 216; RP 1693, 42, 110, 197; RP 1694, 91; RP 1695, 178; RP 1699, 169. — Ein Muth Weizen (62 Liter) kostete im Jahre 1700 drei Gulden, 1 Muth Hafer 1 Gulden 6 Kreuzer (RP 1700, 1). 30) RP 1699, 146; RP 1693, 171. 7

untergewichtiges Brot verkaufte; anderen Bäckern wurde aus demselben Grunde ein Verweis erteilt und ihnen für künftige Vergehen eine öffentliche Leibstrafe angedroht?') Im Mai 1695 wurden alle Fleischer der Stadt wegen „continuirlicher renitenz" einen Tag in der Bürgerstube eingesperrt, da sie trotz widerholten Verbotes das Pfund Fleisch, statt um den genehmigten Preis von 16 Pfennig, um 18 Pfennig verkauft hatten?2) Die Anwerbung von Mannschaften für das Heer mußte über Auftrag der Stände und des Kaisers auch in den folgenden Jahren fortgesetzt werden. So sollte der Magistrat bis Ende Jänner 1692 in der Stadt 26 Mann aufbringen und jedem Geworbenen sechs Gulden als Handgeld ausfolgen. Bis Dezember desselben Jahres konnten in Steyr jedoch nur acht Mann gefunden werden, die sich bereit erklärten, als Soldaten zu dienen.") Wegen des Drängens, endlich die angeforderten Rekruten stellig zu machen, entschied der Rat, sich an die anderen landesfürstlichen Städte Oberösterreichs, um Überlassung „einiget Vbriger Mannschafft", gegen Ersatz der Werber- kosten, zu wenden.") Da in Steyrdorf und Ennsdorf Rekruten einquartiert waren, ersuchte deren vorgesetzter Hauptmann den Magistrat im Juli 1692, jene „vmb der mehrer stcherheit willen" in der Stadt selbst einzuquartieren, „weillen ihm seine Leüth zimblich durchgehn" (den Truppenteil verließen).") Auch in den folgenden Jahren hatte die Werbung in Steyr geringen Erfolg und man half sich wieder damit, daß man andere Städte im Lande ersuchte, Mannschaften gegen Ersatz der Anwerbungsspesen zu bekommen?4) Nach der Kriegserklärung Kaiser Leopolds im Jahre 1702 sollten auf dessen Befehl in den deutschen Erblanden 1500 Fußsoldaten angeworben werden, die landesfürstlichen Städte Oberösterreichs sollten 144, hievon Steyr 34 Mann, stellen.* 32 33 * * * 37 * * * 41 ) Zuweilen mußte der Magistrat den in der Stadt einquartierten Rekruten auch Gewehre leihen, der Rat entschied jedoch, nicht „die besten" aus dem Zeughaus zur Verfügung zu stellen.") Als im Jahre 1679 in der Umgebung Steyrs ansteckende Krankheiten wüteten,3') wurde von der Stadt vorsorglich ein geeignetes Haus für die Unterbringung Seuchenkranker erworben und zwar der nach seinem früheren Eigentümer Georg Plauz benannte „Plauzenhof" (jetzt Annaberg 4), der den Vorteil hatte, außerhalb der Stadtmauern auf der Straße nach Sierning gelegen zu sein. Da Ende 1691 in Wien Seuchen auftraten, schlug Bürgermeister Schwarzeigl vor, gewisse Vorsichtsmaßnahmen zum Schutze der Stadt zu treffen, mit denen, laut Ratsbeschluß, eine Kommission betraut wurde?") 1692 erreichte den Magistrat die Nachricht, daß auch in Ungarn ansteckende Krankheiten grassierten. Den Wächtern der Stadttore wurde aufgetragen, „guete obacht" zu geben und Fremde ohne vorherige Untersuchung nicht die Stadt betreten zu lassen. Die Kontrolle der Wächter hatten, um Nachlässigkeiten vorzubeugen, täglich zwei dazu bestimmte Ratsmitglieder vorzunehmen?') Nachdem auch die Ansicht der „Mediziner" der Stadt eingeholt worden war, beantragte die bestellte Ratskommission im Mai 1694, int leerstehenden Plau3’) RP 1692, 208; RP 1694, 89. 32) RP 1695, 93. —- Bis zum Jahresbeginn 1694 dursten die Fleischer für 1 Pfund Rindfleisch 4 Kreuzer, dann nur mehr 3 Kreuzer 2 Pfennig verlangen (1 Gulden — 8 Schilling — 60 Kreuzer = 240 Pfennig). 33) RP 1691, 189, 198. 33) RP 1692, 7. 3-) RP 1692, 125. 3‘) RP 1693, 35. 37) RP 1702, 34. 3=) RP 1694, 34. 3») RP 1679, 231, 257, 243, 254. 4») RP 1691, 193, 198. 41) RP 1692, 2, 4, 26. 8

Steyr am Beginn des 18. Jahrhnndcrtcs Blick mm der Friedhoflindc in südwestliche Richtung

Stcyr am Beginn des 18. Jahrhnndertes. Blick von der Friedhoflinde am Tabor in südwestliche Richtung. (Ölgemälde, 153X230 cm, in der Bürgermeisterkanzlei des Rathauses). Im Vordergrund ist am größtenteils verdeckten Schnallenberg links das Gleinkertor, im rechten Bildteil das heutige Haus Gleinker Gasse 31 (Abzweigung Wolfernstraße), die Wolsernstraße und die Kreuzwegkapelle mit ihrer Kreuzigungs- gruppe sichtbar. Vom Gleinkertor an erstreckt sich rechts die nicht mehr vorhandene Stadtmauer mit einem Mauerturm (heute neben der öffentlichen Waage am Wieserfeldplatz). Von hier setzt sich die Mauer nach links und zurück zu dem nicht mehr vorhandenen Turm des Frauentores fort. Bis zum Mittelgrund bauen sich in der linken Hälfte die Häuser des Steyrdorfes aus, über diesem sieht man in der rechten Bildhälfte (Mittelgrund) die damals noch fast unbebaute Steyr-Niederung. Das westliche Ende der Bebauung in der Sierninger Straße wird durch die Bruderhauskirche, die durch ihren Turm zu erkennen ist, gebildet. Außen rechts im Mittelgrund ist das vom Baume halbvcr- deckte Stadlmayrgut und, etwas höher, am Bildrand, ein Hof „am Gisibl" dargestellt. Am südlichen Steyrufer erhebt sich, am linken Bildrand, über deni Steilufer das Schloß, an das sich das Coelcstinerinnenkloster (Klosterkirche mit Turm, setzt Berggajse 10) anschließt. Als Rundbau ist die Nepomukkapelle in der Blumaucrgasse deutlicy erkennbar. Die Stadtmauer (im Bereiche der heutigen Promenade) mit dem davm- liegenden Stadtgraben trennt die heutigen Schloßparkgründe vom Schweizerhos (jetzt Promenade 4, Amtsgebäude der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land) und anderen nicht mehr erkennbaren Häusern. In der Bildmitte ist Josef Werndl's Sterbehaus zu sehen (Sepp-Stöger-Straße 13). Unmittelbar am Steyrufer ziehen sich, von der Gegend der „Gsang- infet" an bis zur Kupfcrhammerbrücke unter dem heutigen Lcitncrberg, Gewerbebetriebe und Werkstätten hin. Die am Bilde dargestellten Brücken decken sich lagemäßig mit den zur Zeit vorhandenen. Auf der ebenen Fläche, die links durch den Schweizerhos (Bezirkshauptmann- schaft) und rechts durch das Schloß Engelseck begrenzt wird, liegen heute ein Spielplatz und das Volkskino. Gegen den rechten Bildrand sind sodann Christkindl, Werkstätten in Unterhimmel und, in der Baumgabel, undeutlich das Herrenhaus in der äußeren Sierninger Straße erkennbar. Über den Dächern des Coclestinerinnenklosters (Bergschule und Gefangenenhaus) ragen die barocken Türme der Dominikanerkirche auf. Der Rathausturm war zur Zeit, als das Bild entstand, in seiner heutigen Form noch nicht erbaut. Am rechten westlichen Ende der Stadtmauer steht die Stadtpsarrkirchc, unweit die Traindtenkapelle und das Gilgentor (nunmehr Brucknerplatz). In der Mitte des Bildes, gegen den Gebirgshintergrund zu, liegt im Licht die Klosterkirche Garsten; zwischen ihr und dem Schloß Engelseck ist der Quenghos dargestellt. Die Berge des Hintergrundes sind idealisiert und überhöht, der Damberg ist im Bilde richtig, jedoch noch vollkommen bewaldet wiedergegeben. Das Bild wurde im Jahre 1954 um 8 2000- von der Gräfin Christine Lamberg, Schloß Trautenfels, Steiermark, erworben. Nach Ansicht von Experten des oö. Landesmuseums wurde es von Faistenberger gemalt. 10

zenhof, den man noch im Vorjahre als Unterstandshaus für arme Leute verwenden wollte, das Lazarett einzurichten. Gegen ein Jahresgehalt von 15 Gulden wurde der bürgerliche Bader Johann Leichnambschneider als Verwalter eingesetzt, dem aufgetragen wurde, vier taugliche Leute zur Pflege und Aufwartung der Kranken aufzunehmen. Da nun der Plauzenhof „determinirtes" Lazarett war, mußte die Stadtverwaltung auch für die Bereitstellung der Betriebskosten Sorge tragen. Man stellte aus dem im Magistrate erliegenden Kapital des Bürgerspitales 6000 Gulden zur Verfügung, deren jährlicher Zinsertrag verwendet werden konnte.") Reparaturen an Gebäuden und die Umzäunung wurden von der Stadt vorgenommen. Um auch dem Verwalter Leichnambschneider eine gewisse finanzielle Grundlage zu sichern, überließ ihm der Magistrat die Durchführung der sogenannten „Seelbäder", worunter kostenlose Warmbäder für Arme zu verstehen waren. Diese wurden aus den Zinserträgen eines für diesen Zweck gewidmeten Kapitales, das Bürger zum Heile ihrer Seele für Bedürftige gestiftet hatten, bezahlt.") Nach dem Ableben Leichnambschneiders wurde die Verwaltung des Lazarettes seiner Witwe Eva übertragen, die 16 Jahre und 3 Monate, bis 1711, zur Zufriedenheit des Magistrates ihren Aufgaben nachkam.") Die nur durch eine Stunde „Brodtzeit" unterbrochene Arbeitszeit der in der Stadt beschäftigten Handwerker währte von 4 Uhr morgens bis 7 Uhr abends. Im Mai 1694 brachte der Stadtkämmerer vor den Rat, daß die Zimmerleute zwar keine Brotzeit hielten, hingegen eine Stunde früher Feierabend machten, was er als „schädlichen Mißbrauch propria authoritate" bezeichnete. Die Ratsmitglieder beschlossen, die Zimmerleute zu verhalten, „nach altem Herkommen um 3 Uhr ihre Brotstunde zu machen" und nicht vor 7 Uhr abends die Arbeit zu beenden. Eine gleiche Verfügung erging an die Holzarbeiter, die ebenfalls versucht hatten, ohne Essenspause zu arbeiten, damit sie abends die Arbeit um eine Stunde früher beendigen könnten.") Alte Arbeitsunfähige erhielten, soserne sie nicht mehr in einem der Altersheime (Bruderhaus usw.) untergebracht werden konnten, kleine Unterstützungen, die jedoch der Genehmigung des Magistrates bedurften. So erhielt Urban Röckhner für sich und seine Frau im Juni 1693 als Unterstützung vom Bruderhaus wöchentlich vier Laibe Brot und 15 Kreuzer Bargeld. Um dieses Geld konnte man damals nicht ganz zwei Kilogramm Fleisch kaufen.") 1694 ließ der Magistrat an Bedürftige versuchsweise statt des Bargeldes Brot verabreichen.") Dem Wiener Beispiele folgend, wurde im Jahre 1698 eine „Dienstbotenordnung" erlassen, deren Hauptpunkte die Möglichkeit einer „vierwöchentlichen Dienstaufsage" und die Verpflichtung des Dienstgebers ein „Dienstzeugnis" auszustellen, waren. Auf Grund einer im Jahre 1660 erlassenen Verordnung hatte jeder in Steyr Wohnende an der Osterbeichte teilzunehmen, die Kommunion zu empfangen und dann anschließend den „Osterbeichtzettel" im Stadtpfarramt abzuliefern. Stadtpfarrer Robert König hatte Ursache, dem Stadtricher Wilhelm mitzuteilen, daß im Jahre 1700 kaum die Hälfte der Stadtbewohner dieser Anordnung Folge geleistet hatte. Er ersuchte daher, alle Bewohner Steyrs durch den Magistrat „beschreiben" zu lassen. «) RP 1693, 124; RP 1694, 110, 121, 123. ") RP 1694, 186. ") RP 1695, 162; RP 1699, 34; RP 1711, 55. ") RP 1694, 81, 136. "j RP 1693, 132. —- Im April 1693 wurde das Pfund Rindfleisch von den Fleischhackern am Ütberg um 4 Kreuzer verkauft. Der Magistrat verfugte, daß der Preis des Fleisches ab Jänner 1694 auf 3 Kreuzer 2 Pfennig herabzusetzen sei. Ein Pfund Seife ober Kerzen kostete 9 Kreuzer (RP 1693, 229; RP 1694, 21). ") RP 1694, 145. 11

um so jene erfassen zu können, die nicht dem behördlichen Gebot Folge geleistet hatten.") Im übrigen bemühte sich der Magistrat, die geistlichen Orden nach bestem Vermögen finanziell zu unterstützen und auch zu Prozessionen und anderen kirchlichen Veranstaltungen Beiträge zu leisten.") Zu Beginn des 18. Jahrhunderts war der politische Himmel Europas wieder umwöikt. In Spanien war am 1. November 1700 König Karl II., der letzte männliche Nachfahre der spanischen Linie des Hauses Habsburg gestorben. Kaiser Leopold I., das Haupt der österreichischen Linie des habsburgischen Hauses, erklärte das Testament des Verblichenen, worin Philipp von Anjou, ein Enkel König Ludwig XIV. von Frankreich, zum Erben der spanischen Monarchie eingesetzt wurde, als null und nichtig und machte die seinem Hause durch die Verträge zukommenden Erbrechte gegen Frankreichs Ansprüche durch Waffen geltend?") Am 7. Juli 1702 wurde im Rate die „Khriegsdeklaration Jhro Kahl. Mäh: des Römischen Kaysers vnd aßergiebigsten. Landtsfürsten, datiret 15. May 1702 wieder den König von Franckreich dessen Ennkhl der Herzog von Aniou vnd ihrer Helffer wegen der vnbefugt sich anmassenten Spännischen Monarchiae vnd was derselben anhengig", zur Verlesung gebracht und beschlossen, diese am Pfingstsonntag an den üblichen Plätzen in der Stadt, dem Steyr- und Ennsdorf durch „öffentlichen trumbl- schlag" (Trommelschlag) zu publizieren?') In der Ratssitzung vom 30. September 1702 berichtete Bürgermeister Schwarz- eigl, daß er von Kaiser Leopold I. zum Obervorgeher der Gewerkschaft in Steyr bestellt worden war. Wie den Ratskollegen bekannt wäre, fuhr er fort, hatte die „jüngst in der Stadt gewesene kaiserliche Wirtschaftsuntersuchungskommission" festgestellt, daß die Verwaltung des Bürgermeister- und des Obervorgeheramtes durch eine und dieselbe Person unvereinbar wäre. Das Obervorgeheramt hatte er bereits im Mai dieses Jahres in der Erwartung angetreten, in der Zwischenzeit würde eine „allergnädigste resolution" seitens der Regierung erfolgen, die die Neubesetzung des Bürgermeisteramtes regeln sollte) „Wider Besseres verhoffen" verzögerte sich diese "Verfügung der Regierung, weshalb er es für notwendig hielt, nochmals bei der Landeshauptmannschaft zu ersuchen, daß die Amtsübernahme durch einen anderen Ratsherren anbefohlen werde. Diesem Ansuchen wurde nun stattgegeben und der damalige kaiserliche Stadtrichter Johann Reichend Höger bis zur nächsten Wahl mit der vorläufigen Übernahme des Bürgermeisteramtes betraut?2) Schwarzeigl verblieb auch als Obervorgeher weiterhin Mitglied des Inneren Rates der Stadt und Bruderhausverwalter?2) Am 13. Jänner 1706 ereilte ihn im 53. Lebensjahre der Tod.") Seine Gattin Polixena, geborene Paumbgarttner, war ihm schon im Jahre 1704 den Weg in die Ewigkeit vorangegangen.") ") RP 1701, 46. ") RP 1692, 9, 91, 113, 179; RP 1693, 125, 195; RP 1697, 101. 50) Des Kaisers Verbündete in diesem Nachfolgestreit waren England; Holland, Braun- schweig-Lüneburg, Preußen und einige andere Reichsglieder. Auf Frankreichs Seile traten der Kurfürst von Köln, der Kurfürst Max Emanuel von Bayern, Braun- schweig-Wolfenbüttel, Savoyen und der Herzog von Mantua. 51) RP 1702, 98. — Beim spanischen Erbe handelte es sich um Spanien selbst, Neapel, Sizilien, Sardinien, Spanisch-Amerika, die Philippinen, die Lombardei, Belgien und um Besitzungen in Afrika. 52) RP 1702, 142, 143. ") RP 1703, 84. ") Matr. mort., Bd. III, Stadtpfarramt. “) Polixena Schwarzeiglin war um 15 Jahre älter als ihr Mann (Matr. mort., Bd. III. Stadtpfarramt; RP 1704, 174, 183, 212). —• Das Schwarzeiglische Haus in der Stadt wurde im April 1706 im Aufträge der einzigen Tochter des Ehepaares, durch 12

.' i /t A V» Eintragung im Sterbebuch 111 des Stadtpfarramtes Steyr vom 13. Jänner 1706: „den 13. H. Adam Schwarzeigl einer Jnnerperg(ischen) Stach! vnd Eigen Gewerckhschafs Vorgeher s(uae) a(etatis) 53. Jahr mit den großen gleich (mit großem Geläute)." deren Gatten, den Hoswirt in Sprinzenstein, Matthias Wegerpaur, dem städtischen Kanzttsten Adam Gstaümayr verkauft, der in diesem in der Folgezeit ebenfalls eine Gastwirtschaft betrieb. Den Schwarzöiglischcn Gatten vor dem Gilgentor cheute Bvucknerplatz) kaufte der Stadtttchter und spätere Bürgermeister Adam Wilhelm. Johann Reichard Höger (1703 —1705, 1707—1709) Über Anordnung der Landeshauptmannschaft hatte nach dem Ausscheiden Bürgermeister Schwarzeigls der damals amtierende kaiserliche Stadtrichter und Gastgeb Johann Reichard Höger das Bürgermeisteramt bis zur Abhaltung einer ordnungsgemäßen Wahl vorläufig („provisorio modo") übernommen. Bei der Amtseinführung am 30. September 1702 erklärte er den anwesenden Räten der Stadt, daß er „zwar wünschte dises wichtigen officy (Amtes) besuchet Zu bleiben," doch habe er den Befehlen und Verordnungen der landesfürstlichen Obrigkeit zu gehorchen und das Amt anzunehmen.') Wahrscheinlich waren die Kriegswirren Ursache, weswegen die neu ernannte Gemeindevertretung und mit ihr der Bürgermeister von der Regierung in Wien erst 1705 bestätigt und über Befehl, der Innere Rat um vier Mitglieder erweitert werden mußte?) Am 2. Oktober 1705 beschloß der Rat, den Bürgermeister und Stadtschreiber Dr. Merckhl nach Wien zu entsenden, um bei Hof wegen Abhaltung normaler Wahlen vorstellig zu werden, da schon seit fünf Jahren solche in der Stadt vorgenommen worden waren. 1706 wurde Höger zum Obervorgeher des Eisenverlages der Gewerkschaft in Steyr bestellt, was sein Ausscheiden aus dem Bürgermeisteramte zur Folge hatte?) Nach dem plötzlichen Ableben Bürgermeister Schäfflers am 7. Juni 1707 übernahm Johann Reichard Höger, bis auf weitere Entscheidung, wieder die Verwaltung des vakanten Bürgermeisteramtes, wovon der Landeshauptmannschaft Mitteilung gemacht wurde?) Diese provisorische Amtsübernahme genehmigte der Landeshauptmann^) und teilte dem Magistrate mit, daß Neuwahlen am 19. September in Aussicht genommen würden?) Da aber bis zu diesem Zeitpunkte die Abrechnung der ') RP 1702, 48, 142. 2) RP 1705, 48, 50, 53, 142, 143, 200. 3) RP 1706, 13, 25. 4) RP 1707, 104. 5) RP 1707, 114. 6) RP 1707, 148. 13

Stadtämter, deren Kontrolle gleichzeitig vorgenommen werden sollte, noch nicht beendet war, wurde der Landeshauptmann ersucht, die Wahlen „noch ainige Zeit in gnaden auszuhalten/") Der Wahltermin wurde nun bis 15. November erstreckt, doch unter der Bedingung, daß bis zu diesem Zeitpunkte alle Abrechnungen vorlägen?) Es blieb jedoch lediglich bei der Festsetzung eines neuen Wahltermines und erst knapp zwei Jahre später erreichte den Magistrat ein Befehl des Landeshauptmannes, wonach sich die 1705 ernannten Mitglieder des Inneren und Äußeren Rates, zusam- inen mit den 1707 „neu resolvierten Subjekten (neu ernannten Ratsmitgliedern)" am 23. August zur Ablegung des Amtsgelübdes beim Landgerichte in Linz einfinden sollten?) Bei der Amtsübergabe an seinen Nachfolger Adolf Wilhelm am 19. August 1709 bezeugte Bürgermeister Höger seine Freude darüber, daß „er des yber 7 Jahr administrirten beschwährlichen Burgermaister Ambts zu sainer sonderbaren Con- solation (besonderem Troste) endlichen... entledigt worden.'") Unterschrift des Bürgermeisters auf einem Stadtgcrichtsprotokolle Erstmalig erwähnt wird der Bürgermeister in den Ratsprotokollen der Stadt im Jahre 1675 als er um einen Steuernachlaß ansuchte.") Im gleichen Jahre legte er auch den Bürgereid ab.") 1681, im Alter von 32 Jahren, bekleidete er schon die Stelle eines Mitgliedes des Äußeren Rates.") In den folgenden Jahren war Höger Mitglied des Inneren Rates, Stadtrichter, Weinvisierer, Stadthauptmann, Täzamts- verwalter (Getränkesteueramtsverwalter), Obcrviertelmeister und Bürgermeister.") Fast 16 Jahre lang stand er der Verlagstelle Steyr der Eisenhande,lsgesellschaft als Obervorgeher vor. Außerdem war er Gastwirt im heutigen Hause Stadtplatz 16, zu dem auch das „obere Hausstöckl (heute Berggasse 31)" gehörte. Er war auch Eigentümer einiger Häuser und des Sippachmayrischen Brauhauses im Stadtteile Ort; letzteres verkaufte er im Jahre 1710.") Der Bürgermeister scheint ein temperamentvoller Mann gewesen zu sein, denn u. a. verzeichnen die Ratsprotokolle, daß im Jahre 1687 Rektor P. Gregor Dinhoffer gegen ihn beim Magistrate eine Beschwerde einbrachte, weil er den Studenten Alexander Obermayr mit „Schlägen traktiert" hatte. Rektor Dinhoffer war der7 * * * * * 7) RP 1707, 158. ") Stadtrtchteramts-, Salz-, Kammeramts-, Steyrmautamts-, Scheckenamts- und Spitalamtsrechnung, ferner Abrechnungen des Lazarett- und Bruderhauses, der Pfundwage, der Traindtenstiftung unb die „Täz- und Ungeltsrechnung". ’) RP 1705, 134; RP 1709, 133. '») RP 1709, 134. ") RP 1675, 43. ") RP 1675, 69. ") RP 1682, 41. ’4) Stadtvichter 1694—1701; Innerer Rat 1683—1688, 1693, 1709—1724; Äußerer Rat 1681—1682; Weinvtsterer 1691; StadtHauptmann 1688—1692; Oberviertelmerster 1686—1692; Täzamtsverwalter 1676—1702. ") RP 1710, 126. 14

Ansicht, daß Höger durch diese Handlung die Jurisdiktion des Gymnasiums „biolirt" (verletzt) hatte und ersuchte um Satisfaktion.") Des Bürgermeisters erste Gattin Elisabeth Dorothea starb im Juni 1717.17) Dieser Ehe entsprossen zwei Töchter, von denen die eine, Maria Josepha, mit dem Stadtschreiber Paul Carl Waysmayr in Waidhofen und die zweite, Maria Catha- rina, mit dem Steyrer Bürger und Postmeister Johann Adam Paumbgartten vermählt war.") Fünf Monate nach dem Tode seiner Frau, im Alter vom 68 Jahren, heiratete Höger nochmals. Bei dieser Hochzeit war als Vertreter der Stadt Bürgermeister Wilhelm anwesend, der ein Geschenk von sechs Species-Reichstalern überbrachte.") Noch 16 Jahre war Höger, nach seinem Rücktritt als Bürgermeister, als Ratsenior Mitglied des Inneren Rates verblieben. 1725 legte er alle öffentlichen Stellen zurück. Zwei Jahre später, am 4. August 1727, wurde er im Alter von 78' Jahren bei der Stadtpsarrkirche zu Grabe getragen.") I fi y /‘ ' ■ st ” Eintragung im Sterbcbuch III des Stadtpfarramtes Steyr vom 4. August 1727: „Augustus 4. Johann Reichhard Höger, in das 76. iahr, conf(essus), com(municatus) unct(us) große gleich." Oberösterreich war durch die Teilnahme des bayrischen Kurfürsten Max Ema- nuel am spanischen Erbsolgekriege auf Seiten der Gegner Kaiser Leopolds I. unmit- te.lbar bedroht. Da auf bayrischer Seite Schanzen gebaut und besetzt wurden, befahlen die oberösterreichischen Stände nach dem Willen des Kaisers, ebenfalls Verhaue und Schanzen an den Grenzen des Landes zu errichten und die Landesverteidigung, bis zum Eintreffen regulärer Truppen, einem Landesaufgebote zu übertragen. Im Dezember 1702 wurde der bezügliche Erlaß den versammelten Räten Steyrs unterbreitet. In diesem hieß es, daß Steyr, wie auch die anderen Städte, Klöster und Herrschaften des Landes „zu Beschützung der Schanzen" beitragen müßte. Die Stadt hätte 45 Mann mit Feuerwaffen („Röhren") und der entsprechenden Munition be reitzustcllen?') Am Ende beschloß der Rat, alles daranzusetzen, eine Verminderung der zu Stellenden zu erwirken. Zu diesem Zwecke pflegte man Rücksprache mit dem Prälaten von Garsten, der dieses Ersuchen vor den Ständen mit Erfolg vertrat. Es fanden sich auch sofort 15 Leute in der Stadt, die sich bereit erklärten, gegen eine tägliche Entlohnung von einem halben Gulden den Schützendienst zu versehen.") Über Wunsch der Bürgerschaft, die einen Handstreich auf die Stadt befürchtete, veranlaßte der Magistrat, daß auch während der Nachtstunden Wachen in den Gassen patroullierten, wozu jedes Haus abwechselnd je einen Mann zu stellen hatte.")* 20 ") RP 1687, 144. ”) Die erste Gemahlin war Witwe und brach,tc in die Ehe eine Tochter ein, die den Linzer Bürger und Handelsmann Zernoiter heiratete (RP 1710, 65; RP 1717, 154). ") RP 1707, 104; RP 1717, 135. ") RP 1717, 183. 20) Matr. mort. III, Stadtpfarramt Steyr: Höger starb „confessus, communicatus et unctus". -') RP 1702, 196, 200. ") RP 1703, 10. ") RP 1703, 52. 15

Es erging ein Landschastspatent mit dem Auftrag, den 5. Mann aufzubieten,") diesem folgte ein weiteres, den 10. Mann für den Ernstfall bereit zu halten.") In Anwesenheit der Herren des Magistrates wurde im März 1703 die Bürgerschaft auf ihre Tauglichkeit für militärische Dienste untersucht, in erster Linie betraf dies die Söhne der Handwerksmeister und die Gesellen. Wenige Tage nach dieser Musterung erreichte die Stadtverwaltung eine Verfügung des Landesverteidigungskommissärs Baron Engl zu Wagrain, nach der Steyr 70 Mann an die Grenzen stellen sollte, die dann in zwei Wochen wieder durch andere Kontingente abgelöst würden. Jedem Mann müßten täglich zwei Pfund Brot und vier Kreuzer bar ausgefolgt werden.") Da sich die Stadt der Gestellung von Mannschaften nicht mehr entziehen könne, meinten die am 4. April 1703 versammelten Räte, wären die Stadtbewohner zu versammeln und zu befragen, ob nicht jemand von ihnen „in der Gutte sich accomodiren" (in Güte sich zur Verfügung stellen) möchte. Auf jeden Fall aber hätte Sorge getragen zu werden, daß „ainige 30 Mann aufgebracht wurdten", von denen jedem 30 Kreuzer Tagessold vcrsvrochen werden sollte, überdies müßten jedem für diesen Dienst Ausersehenen sofort vier „Silberzehner" (silberne Zehnkreuzerstucke) ausgehändigt werden. Diesem Beschlusse entsprechend, wurden am 5. April 1703 36 Mann aus der Bürgerschaft und den „Jnleuthen" (in der Stadt anwesenden Nichtbürgern) für die Grenzbewachung ausgesucht und ihnen vorerst die vier Silberzehncr überreicht. 36 Mann schienen dem Rat noch immer zuviel, so daß schließlich im Mai nur 24 Mann in Begleitung des Mitgliedes des Äußeren Rates, Sturm, in Marsch gesetzt wurden. Sturm war vom Magistrate beauftragt, die Mannschaft bis zum Einsatzorte zu begleiten und sich dann namens der Stadt bei der zuständigen Stelle zu entschuldigen, daß man nur 24 Mann geschickt habe. Als Grund solle er angeben, daß die Stadtbewohner zum größten Teil arme Handwerker seien, deren Frauen und Kinder bei Abzug der Männer ..gleich des andern tags nichts Zuessen haben." Weiters solle Sturm anführen, daß man über Anordnung der Landeshauptmannschaft auch noch die Stadttore und ..andere Geoenden starckh Bewarben müesse." Man sei jedoch willens. die Mannschaft nicht 14 Tage, sondern drei Wochen zur Verfügung zu stellen, um so den Abgang an der geforderten Anzahl auszugleichen. Am selben Tage richtete der Magistrat auch ein Schreiben an die Verordneten der Stände, in dem man bat, daß man „yber die abgeschickhten 24 Mann hinaus Verschont werden" möchte.") In dreiwöchigem Turnus wurden nun die Steyrer Mannschaften, denen ein Tagessold von 30 Kreuzern gegeben wurde, an die Grenzen oeschickt und wieder abgelöst, bis Landesverteidiaunaskommissar Baron Engl dem Magistrate mitteilte, daß man in den Grenzorten für den Schützendienst geeignete Männer fcfiort, um 17 Kreuzer täglicher Entlohnung zur Verfügung hätte. Hierauf stellte der Rat am 3. August 1703 den ©tehrern frei, um diesen verringerten Taaessold den Grenzdienst zu machen. Würden sich aber nicht genüaend Steyrer zur Verfügung stellen, sollte Baron Engl ersucht werden, für den erwähnten Tagessold Leute aus den Grenzorten einzufüllen. Im Oktober brauchte nur mehr ein entsprechender Geldbetrag an das Lan- deseinnehmeramt abgeschickt zn werden, da cs die Steyrer vorzogen, zuhause zu bleiben.") Da alle Aufwendungen, wie Sold, Ankauf von Ausrüstunasgegenständen usw. viel Geld kosteten, wurde dem städtischen Stcueramte die „Geldbeschaffung allzu be- ") RN 1703. 110. —• Das Aufgebot des 5. Mannes ergab in Steyr 164 Personen. RN 1704, 1. ") RP 1703 63, 67, 70. ") RN 1703, 73. 75. 101. 103. ”) RP 1703, 118, 147, 171, 194, 223. 16

schwerlich."") Von den in der Stadt wohnenden Nichtbürgern, den Bürgern und Stadtämtern wurde daher eine „anticipato = Ersetzung" und überdies ein „Extra- ordinari — Aufschlag" von 30 Kreuzern je Person eingehoben. Schon im April hatte den Magistrat ein Befehl des Landeshauptmannes erreicht, demzufolge der Stadt aufgetragen wurde, „Blessierte und Kranke" der bei Passau stehenden kaiserlichen Armee aufzunehmen und zu verköstigen. Mitte Juni erreichten 142 Verletzte und Kranke die Stadt, die größtenteils im Plauzenhofe untergebracht wurden. Wiederholt versuchte der Magistrat eine Verlegung dieser Soldaten in einen Wappen des Johann Rcichard Höger Im Schild ist eine eingebogene Spitze, die oben mit einer Rose abschließt. Darunter steht auf einem Dreiberg ein Tannenbaum. Rechts und links von der Rose zwei steigende Lämmer. Stechhelm mit Wulst, dem ein Engel entwächst, der in der rechten Hand eine Rose und in der linken einen Stab hält. (Das Wappen war auf einem nicht mehr vorhandenen Grabstein an der Mauer des Friedhofes bei der Stadtpfarrkirche. Die Farben sind unbekannt.) ”) RP 1703, 108, 110; RP 1705, 108: Dem Oberstwachtmeister Piettner wurden für seine Bemühungen bei Herstellung der Verteidigungsanlagen und für die Ein- exerzierung der Bürgerschaft 50 Taler gegeben. Ihm war es auch zu danken, daß es gelang, von der Landschaft 1000 Gulden Zuschuß für den Verteidigungsaufwand zu erwirken. 17

anderen Ort zu erreichen, doch verblieben sic bis Dezember in der Stadt. Viele von ihnen starben, was den Stadtpfarrer veranlaßte, dem Magistrate bekanntzugeben, daß Platzmangel entstehen würde, wenn man sie weiter am Taborfriedhofe bestattete. Als letzte Ruhestätte für das Militär wurde daher eine Wiese nächst dem Plauzenhof vorgesehen. Im Jänner 1704 wurden dem Magistrat weitere 300 kranke Milizsoldaten angekündigt. Jedem von ihnen wären täglich 7/i Pfund Brot und vier Kreuzer Bargeld zu geben.30 31 * ) Als im Juli 1703 der Kupferschmiedgeselle Andre Pramberger als Grenzschütze aus bayrischer Gefangenschaft entfloh und den während dieser Zeit angefallenen Sold beanspruchte, lehnte der Rat ab, da ihn nach seiner Ansicht die Hauptleute „wohl schwehrlich yber die gräniz hinaus Zu gehen obligirt" haben würden. Er müsse sich also selbst über die Grenze gewagt haben, daher sei ihm das Mißgeschick der Gefangenschalt zugestoßen. Außerdem hätte der Magistrat, falls er dem Ersuchen nachkäme, „yble Konsequenz zu befürchten."3') Das Jahr 1703 hatte mit der Vertreibung der Bayern aus Tirol geendet, 1704 brachte neue Schwierigkeiten, da Oberungarn durch Rakoczys Scharen beseht worden war. In Wien wurden in größter Eile um die Vorstädte Schanzen gezogen, da man einen Handstreich fürchtete. Aus Bayern drohte ein Einfall in das Land ob der Enns. In Steyr ließ der Magistrat die Befestigungen instandsetzen, durch Pallisaden verstärken sowie die Stadttore reparieren. Größere Mengen an Pulver, Blei und Lunten wurden angekauft. Ein Landschaftspatent, das am 15. Jänner 1704 im Rate vorlag, forderte die Stadtverwaltung auf „zu Rettung des in Gefahr stehenden Vaterlandes", die Bürger in „ergäbiger Anzall, jedoch ohne die Stadt zu entvölkern", zu dem bei Eferding stehenden kaiserlichen Armeekorps als Verstärkung zu entsenden. Diesem Aufruf fühlten sich auch die Steyrer Stadtväter verpflichtet, nach vorhandener Möglichkeit Folge zu leisten und sie wollten 400 Mann aufbringen. Noch am gleichen Nachmittage versammelte man die in den Musterrollen Verzeichneten und „weillen khain anderer modus bequem scheinen wollte wehr (wer) . . . diesen Zug mit Bey zu wohnen" hätte, wurden die Teilnehmer ausgewürfelt. Um die Verpflegung des Aufgebotes bis zum Einsatzorte sicherzustellen, wollte der Rat das bei der Stadtkasse hinterliegende Geld der Schünnerischen Verlassenschaft verwenden, da keine anderen Mittel vorhanden waren.33) Als am folgenden Tage in Steyr bekannt wurde, daß die Bayern schon auf Wels anrückten, wurden die für den Einsah Bestimmten alarmiert. Ehe sie jedoch abmarschierten, verlangten sie zu wissen, von welchen Offizieren sie begleitet würden, welche Löhnung sie erhalten und ob man sie oder ihre Frauen und Kinder irgendwie versorgen werde, falls der eine oder andere verwundet würde. In Gegenwart des Bürgermeisters, des Stadtrichters sowie von 14 Räten wurden am Nachmittag auch zwei Hauptleute, vier Leutnants und weitere Dienstgrade aus den Reihen der Räte ..ausgelost". Zu Hauvtleutcn wurden die Mitglieder des Inneren Rates Georg Ulrich Schäffler und Wolfs Furthmüllner. Dieser hatte, als es an das Würfeln ging, erklärt, seine Hauptmannsstelle, die er bereits in der Stadtmiliz bekleidete, zurückzulegen. weil er viele Kinder besaß und sein Mautdienst eine Abwesenheit nicht zuließe. Es wurde ihm jedoch bedeutet, daß man seinen Verzicht nur annehmen könnte, wenn er gleichzeitig auf das Bürgerrecht, die Ausübung des Mautamtes und überhaupt auf alles, was er von der Stadt „geniiesset", verzichten würde.33) -°) RP 1703, 81, 115, 163, 197, 205, 210, 231; RP 1704, 13. 31) RP 1703, 140. ”) RP 1703, 58; RP 1704, 6, 15.. — Der bürgerliche Pulvermacher Matthias Danck- huber lieferte den Zentner Pulver zum Preise von 31 Gulden. Blei wurde um 15 Gulden je Zentner vom Handelsmann Johann Koller angeboten. 33) RP 1704, 16, 17. 18

Steyr am Beginn des 18. Jahrhundertcs. (Ölgemälde im Kulturamt. 150X 206 cm, wahrscheinlich von einem erhöhten Standpunkte südlich des Quenghofes gemalt) Der Bildvordergrund ist idealisiert dargestellt, das Bauernhaus vorne könnte der Stieglhof sein. Erwähnt sei, daß in dieser Zeit der Teufelsbach noch durch den Hundsgraben abfloß. Links im Vordergrund ist eine Brücke dargestellt, deren Lage auch der jetzigen Teufelsbachbrücke beim Schloß Engclseck entspricht. Links von diesem Schlosse sieht man die Steyr-Niederung, auf der sich heute Arbciterheim, Kindergartenncubau und Schwimmschulo befinden. Knapp neben dem Schlosse liegt die Flußgabel, über die jetzt die Fallen- 6rüde nächst der Schwimmschule führt. Am linken Rand des Bildmittelgrundes erblickt man rechts vom Weg (Christkindlweg) die heutige Liegenschaft Pelz (Hammerschmiedberg 11—16) und die erste Zeugstätte; darüber befindet sich das Herrenhaus (mit einem Türmchen) und rechts davon das Aichetschlößchen (Sierninger Straße 82). Zwischen den beiden liegen die Häuser am Hammerschmiedbcrg. Rechts vom Bildmittelgrund liegen die Häuser an der Sierninger Straße und am Hang zum Wehrgraben. Über dem rechten Begrenzungsturm von Engelseck erkennt man undeutlich das Bruderhaus. Am rechten Bildrand sind der Schnallenberg mit den Kreuzwegkapellen, das Schnallentor und der Friedhof zu sehen. Das Stadlmayrgut ist durch den Baum verdeckt. Den Bildhorizont, der links idealisiert wiedergegeben wird, bildet der Dachsberg. Auch dieses Bild stammt aus dem Besitze der Gräfin Christine Lambcrg, schloß Trautenfels, Steiermark, und wurde vom Magistrate im Jahre 1954 um S 2000.— angekauft. Es ist, nach Meinung von Experten des oö. Landesmuseums, ein Werk des Malers Faistenbcrger. 20

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