Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 26, Dezember 1965

lung ihrer mißlichen Wirtschaftslage geben zu können. In der Ratssitzung vom 22. August 1712 wurden dem Vertreter Steyrs die Vorschläge bekanntgegeben, die er zu unterbreiten hatte sie hatten folgenden Inhalt. Kaiser Karl VI. möge zugunsten Steyrs eine Resolution erlassen, wonach der Magistrat bei Zahlungsrückständen irgendwelcher Art nicht exekutiert werden dürfe, gleichgültig, ob die Exekution von den Landständen oder anderen Gläubigern be- lrieben würde. Kontributionen (für Rüstungen oder andere Zwecke) mögen für Steyr in geringerer Höhe als bisher verlangt werden. Bei Einquartierungen von Truppen wären nicht nur Steyr und die anderen Städte, sondern das ganze Land und vor allem die ohnehin von der Leistung der Vermögenssteuer befreiten Bauern heranzuziehen. Um der Stadt neue Einkünfte zu sichern und damit ihren Notstand zu mindern, sollte der Kaiser auch verfügen, daß alle in einem Umkreise von zwei bis drei Meilen erzeugten Sensen und Sicheln in der Stadt „niedergelegt" und von je 100 Sicheln 15 Kreuzer und von je 100 Sensen 30 Kreuzer Abgabe an die Stadtkasse Entrichtet werden sollten. Da man der Meinung war, daß der Kirchtag im nahen Sierning auch eine Einbuße für Steyrs Handel bilde, solle er abgeschafft werden. Der unbefugte Weinhandel der Klöster müsse unterbunden werden. Allen „Savoyern" (aus Savoyen stammenden Hausierern) und anderen Krämern, die nicht Landesbürgcr waren, sei das Feilbieten von Waren zu untersagen. Kaiser Leopold 1 hatte der Innerberger Hauptgewerkschaft 1698 befohlen, für ein von der Stadt zur Verfügung gestelltes, für charitative Zwecke gestiftetes Kapital, Zinsen zu bezahlen, obwohl für andere Einlagen dieses Unternehmens keine Ertragszinsen geleistet wurden. Auch hier solle der Steyrer Vertreter bei Hof erwirken, daß diese Zinsen „ad pias causas" weiterbezahlt würden. Schließlich wollte man die Stadtprivilegien endlich vom Kaiser bestätigt erhalten. Würden die anderen Städte die Entsendung ihrer Vertreter auf eine spätere Zeit verschieben, so müßte Steyr aus Gründen der Dringlichkeit früher eine eigene Delegation nach Wien schicken. Dies beschloß der Rat am Ende der erwähnten Sitzung.22) Der große Geldbedarf der Regierung veranlaßte sie, auch vom geistlichen Besitztum eine lOprozentige Abgabe zu fordern. 1716 erhielten die Provinzialverwaltungen den geheimen Auftrag, den Vermögensstand der Geistlichkeit zu ermitteln. Im folgenden Jahre wurde eine Verordnung erlassen, das Kirchenvermögen genau aufzunehmen; gleichzeitig wurde auch die Bewilligung erteilt, nötigenfalls obrigkeitliche Zwangsmittel zur Eintreibung der geistlichen Zehentgebühr anzuwenden. Abt Alexander von Kremsmünster benachrichtigte den Magistrat am 29. Jänner 1717, daß für die Einschätzung des zu versteuernden Kirchenvermögens in Steyr ein eigener Kommissar ernannt worden war. Der Abt ersuchte den Magistrat, mit dem Prälaten von Garsten das Einvernehmen zu pflegen, wenn vom erwähnten Kommissar die Abgabenhöhe für das Besitztum der Stadtpfarrkirche bestimmt rtmrbe.23) Eine Erhöhung des Eisensatzes um drei Kreuzer je Zentner für alles aus der Innerberger Eisenwurzen aufgebrachte Roheisen verfügte ein kaiserlicher Befehl vom 11. Juni 1717. Dieser Zuschlag hatte zugunsten des innerösterreichischen „Besoldungsaugmentations-Fundus (Fonds für Gehaltserhöhungen)" zu erfolgen.24) In Steyr wurde die Einhebung der Steuern und Gefälle wegen der fortschreitenden Verarmung der Handwerker immer schwieriger. Bürgermeister Wilhelm und 22) RP 1712, 170, 198. —• Am 8. August wurde die Stadt durch ein kaiserliches Patent aufgefordert, Urkunden über die Privilegien der Stadt innerhalb von drei Monaten Zuzureichen, damit diese bestätigt werden könnten (RP 1712, 183). 23) RP 1717, 15. — Auch 1718 wurde diese Steuer eingehoben (RP 1718, 37). 2t) RP 1717, 194. 30

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