Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 26, Dezember 1965

zeichneten sich Not und Verelendung bei einem Großteile der Bevölkerung ab. Vor allem befand sich das Handwerk, das damals in der gewerblichen Produktion noch im Vordergrund stand, in einer trostlosen Lage.") Im September 1712 berichtete man im Rate, daß wegen der Notzeiten auch der „Kindermord immer mehr yber dis Hand nehme."") > Vielfach wurde die Notlage der Bevölkerung durch gewissenlose Preiswucherer ausgenützt. So sah sich die Landesanwaltschaft Linz genötigt am 12. Oktober 1712 anzuordnen, daß „zu möglichster Hemmung des mehrauß Vnchristlichen Wuechers" mit Getreide, jeder Landesbewohner den über den Eigenbedarf hinausgehenden Getreidevorrat binnen 14 Tagen bekanntzugeben hatte. Die Mehrmengen sollten auf die Wochenmärkte gebracht werden und dort zu „billichen Werth" angeboten werden. Auch das Branntweinbrennen aus Getreide sollte verhindert werden.") Dem „anscheinend aus bloßen Wucher herrührenden hohen Getreidepreis" zu steuern, wurde im Jahre 1713 Prälat Anselm von Garsten beauftragt. Er ließ, über Anordnung der Landeshauptmannschaft und mit Unterstützung des Magistrates, die in der Stadt befindlichen Getreidevorräte durch eine Kommission aufnehmen. Daraufhin mußte alles Getreide, das mehr als ein Jahresvorrat des Betreffenden war, aus den Wochenmärkten der Stadt zu Normalpreisen angeboten werden. Ehe der Bedarf der Stadtbewohner nicht notdürftig gedeckt war, durfte kein Ortsfremder oder „Salzbauer" einkaufen. Niemand, als der Prälat selbst, durste „Getreidezettel (Bezugscheine)" zuteilen lassen.") Um den Ärmsten in ihrer Bedrängnis zu Helsen, hatte Stadtrichter Johann Jacob Schoiber in den ersten Septembertagen 1713 in der Stadt durch Sammlungen 64 Gulden 7 Kreuzer Bargeld und 240 große und kleine Laibe Brot zusammengebracht. Da bei der Verteilung 500 Bedürftige, Erwachsene und junge Leute erschienen waren, konnte den Alten und Erwachsenen 12 Kreuzer und ein halber Laib Brot, den Kindern 2 Kreuzer und ebenfalls ein halber Laib Brot gegeben werden. Wie Schoiber den versammelten Stadtvätern am 12. September berichtete, waren viele Bürger aus Not gezwungen, wenigstens ihre Kinder um Almosen zu schicken, damit diese satt wurden. Schoiber meinte weiter, daß die Zahl der Armen immer größer werde. Also wäre zu trachten, daß zur Fortführung dieser „angefangen so nützlich alß nothwendigen Einrichtung", nämlich der Unterstüt- zung der Bedürftigsten, neuerlich an die Spender herangetreten werden müßte. Es- zeigo sich nämlich, daß viele sich nur zu geringen Beiträgen verpflichteten und andere, das, was sie beizutragen versprochen hatten, nicht einhielten. Der Rat dankte dem Stadtrichter für seine Bemühungen und sicherte ihm zu, daß er durch Stadtschreiber Dr. Merckhl die Saumseligen schriftlich zur Leistung weiterer Beiträge auffordern werde. Bei der nächsten Verteilung, die eine Woche später, am 12. September, vorgenommen wurde, waren schon 700 Bedürftige erschienen, an die 255 große und kleine Brote und ein Geldbetrag von 72 Gulden 31 Kreuzer verteilt wurde?") 1716 erließ die Landeshauptmannschaft eine Verfügung an die Geistlichkeit, niemanden zu trauen, dem nicht von seiner Obrigkeit bestätigt wurde, daß er Weib und Kind ernähren könne?') Schon im Sommer 1712 beabsichtigten die landesfürstlichen Städte Oberösterreichs, Abordnungen an den kaiserlichen Hof zu entsenden, um eine Darstel- ") RP 1718, 56. ") RP 1712, 184. '•) RP 1712, 205. ") RP 1713, 24, 39, 40, 111. 2°) RP 1713, 162. -') RP 1716, 212. 29

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