Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 26, Dezember 1965

Auf ihren oft ausgedehnten Reisen waren viele Steyrer Ratsherren und Kaufleute mit neuen Genußmitteln bekannt geworden. Es ist daher nicht verwunderlich, daß am 13. Feber 1708 im Rate das Ansuchen des Johann Caspar Tetens um Gewährung des Bürgerrechtes auf das Kaffee-, Tee- und Schokoladesieden vorlag. Die Verleihung des Bürgerrechtes und der Ausschank wurden an die üblichen Voraussetzungen geknüpft: baldiger Kauf eines Hauses, Anschaffung je einer Schuß- und Stichwaffe, Eintragung in die Musterrolle und das Erlegen des Bürgergeldes in der diesmal verringerten Höhe von zwei Reichstalern.") ") RP 1708, 20; RP 1709. 86. —• Am 22. 9. 1719 wird bereits ein zweiter Kaffeesieder (Georg Leonhard Baumgarttner) in der Stadt erwähnt. Georg Ulrich Schäffler (8. 2.1706—6. 6. 1707) Nach dem Rücktritte Johann Högers im Jahre 1706 betraute Landeshauptmann Graf Samberg, bis zur endgültigen Entscheidung durch Kaiser Joseph I.. der gleichzeitig Landesfürst war, den Eisenhändler Georg Ulrich Schäffler, Mitglied des Inneren Rates der Stadt, mit der Führung des Bürgermeisteramtes. Die diesbezügliche amtliche Verfügung wurde in der Ratssitzung vom 8. Feber 1706 verlesen und am 13. Feber 1706 einem Bürgerausschuß mit der Aufforderung „bis auf eine anderweitige landesfürstliche Resolution Herrn Schäffler als Bürgermeister zu reflektieren (anerkennen), zu venerieren (verehren) und ihm gebührend zu parieren (gehorchen)",') bekanntgemacht. Auch Schäffler war vor seiner Betrauung mit der Verwaltung des Bürgermeisteramtes in verschiedenen Funktionen des öffentlichen Lebens tätig gewesen?) Da 1706 die kaiserlichen Truppen ganz Bayern besetzt hatten, schien es den Stadtväteru an der Zeit, die bei Beginn des Krieges zum Schutze der Stadt errichteten Pallisaden wieder abreißen zu lassen. Sie wurden den bürgerlichen Feuerarbeitern, die daraus Holzkohlen brennen wollten, im November unter der Bedingung verkauft, daß hiefür beim Steueramt sofort 200 Gulden bezahlt würden und beim Kohlenbrennen für die Stadt und deren Häuser keine Feuergefahr entstünde. Das beim Pallisadenbau verwendete Eisen hatte das Stadtkammeramt bergen und in Verwahrung nehmen zu lassen, bis über dessen Wiederverwendung der Rat entschiede. ') RP 1706, 38. — Die Betrauung erfolgte „ad interim provisorio modo", also stellvertretend und vorläufig. Diese Stellung eines Stadtoberhauptes wird in den Ratsprotokollen als ..ordinavi angesetzter Bürgermeister" oder auch als „Bnraer- maister ambis vicariat" (RP 1707, 104) bzw. Bürgermeisteramts-Verweser (RP 1702, 146), bezeichnet. In moderner Terminoloaie wird man Schäffler als kommissarischen Verwalter bezeichnen können. — „Angesetzte Bürgermeister" hingegen waren jene Ratsmitglieder, die den Bürgermeister bei kürzerer Abwesenheit vertraten. Nach der Bürgermeisterordnung des Jahres 1673 sollte den ordnungsmäßig gewählten aus irgendwelchen Gründen kurzfristig abwesenden Bürgermeister immer das älteste Mitglied des Inneren Rates, der Ratssenior, vertreten. ■— über die Herkunft der Familie Schäffler kann heute nur mehr wenig gesagt werden, aller Wahrscheinlichkeit nach stammte sie aus Baumgartenberg in Oberöstcrreich. Besitzer des Hauses Stadtplatz 27 war im Fahre 1675 der Zeugsempfänger Georg Ulrich Schäffler, der Vater des Bürgermeisters. Um 'diese Zeit lebte in Steyr auch noch der bürgerliche Kammachjer Georg Adam Schäffler, ein Verwandter (RP 1694, 166). 2) Mitglied des Inneren Rates (1686—1706), des Äußeren Rates (1679—1685), Verwalter des Pfarrkirch«namies und der Traindtenstiftung, Stadthauptmann, Obet- schützenmeister und Oberviertelmeister (RP 1707, 104, 105, 129). 24

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