Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 26, Dezember 1965

an den Magistrat um Unterstützung. Man konnte lediglich versprechen, aus den Mitteln der für Notleidende veranstalteten Sammlung „so vill als möglich" zu geben. Es wurde den Bittstellern versichert, man habe für ihren Notstand Verständnis und wünsche, „daß die Mitl vorhanden sein mechten ihnen helffen Zukhönnen, nachdem sie selbsten wohl sehen, daß dermahls die Einkhunfften (Einkünfte) allerseits gesperrt, also daß khaumb Mitl ybrig bleiben die Lazareth- hauß Vnkhosten bestreitten Zukhönnen". In großer Notlage befanden sich auch die Schulmeister, da alle Schulen gespertt worden waren und sie daher ohne Einkünfte blieben. Sie wandten sich daher an den Magistrat um eine Beihilfe. Dieses Ersuchen wurde mit der Begründung, daß die Stadt in dieser Zeit zu große Ausgaben habe, abgelehnt. Man empfahl den Schulmeistern, sich „andrcwcg aine aushülfs zu! schaffen". Häuser, deren Bewohner an der Pest starben oder sich im Lazarett befanden, wurden desinfiziert. Lazaretthausinspektor Raab erhielt den Aufttag vor allem darauf zu sehen, daß die „erforderlichen außrauchungs Mitl" angewendet und auch die Kleider der von der Seuche Befallenen „vertilgt" würden. Über Veranlassung Dr. Hagenleuthners wurden auch die Möbel in seuchenverdächttgen Häusern verbrannt. Es zeigte sich, daß Personen, die gesund aus der Kontumaz entlassen wurden, „aus Scheu" niemand beherbergen wollte. Über Vorschlag des Inspektors über die Krankheitsanstalten und Oberviertelmeisters Mannhart wurde vom Magistrat das Haus des Schneidermeisters Scheffer angekauft, um diese Leute unterbringen zu können. Am vorletzten Tage des Jahres 1713 wird in den Ratsprotokollen vermerkt, daß die Seuche sowohl in Wien als auch im Lande ober der Enns fast zur Gänze aufgehött hatte. Nach den Aufzeichnungen des Stadtpfarramtes Steyr forderte die Pest im Lazarette 104 Todesopfer. Die Toten wurden in der Wiese bei der Annakapelle im Aichet oder auf der Anhöhe im Gebiet der Leopold-Werndl- und Krakowizerstraße beerdigt. In der Seelsorge für die Pestkranken teilten sich Geistliche der Stadtpfarre, Jesuiten, Dominikaner und Kapuziner. Der im Lazarett tätige Rettor der Jesuiten. Franziskus Prosekher, wurde am 16. Oktober ein Opfer der Seuche, das gleiche Schicksal erlitt Subprior Wilhelm Aigner. Am 18. Jänner 1714 konnte das Landesgericht in Linz dem Magistrate mitteilen, daß alle Verkehrssperren bufgehoben wurden. Trotzdem 'beließ der Magistrat an der Grenze gegen Niederösterreich bis Ende April die Wachen?') Zwei barocke Denkmäler, das sogenannte ..Messererkreuz" am Wieserfeldplatz und die Dreifaltigkeitssäule in der Garsten« Allee, die ursprünglich andere Standplätze hatten, halten noch heute die Erinnerung an die traurige Zeit wach?") Alle Maßnahmen zur Bekämpfung der Pest erforderten vom Magisttate große Beträge, die nur sehr schwer aufgebracht werden konnten. Eine Refundierung war von den Ständen kaum und wenn, so erst viele Jahre später zu erhalten. So waren z, B. für die von den Ständen angeordnete Seuchenbekämpfung im Jahre 1679 und für die Errichtung von Verteidigungsanlagen im Fahre 1683 von der Stadt 9000 Gulden ausgelegt worden. Bei einer Ständesitzung im Dezember 1720, also 42, bzw. 37 Jahre später, wurde dem anwesenden Vertreter3 * ”) LV 6. 3S) Das Messeverkreuz befand sich am Schnallenberg, die Dreifaltigkeitssäule vor dem Ghlgentor. 36

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