Ergänzungsblätter Nr. 1 bis Nr. 15, Steyr 1848

Nro Ergänzungsblatt der zwanglosen Blätter. Steyr den 6. April 1848. Das provisorische Preßgesetz. Der Kaiser hat einstweilen bis zur Er¬ richtung eines bestimmt für alle Zukunft geltenden Preßgesetzes, das mit dieser Rechtswirkung durch¬ aus nicht vom Landesfürsten oder dem Ministe¬ rium allein, sondern nur auf konstitutionel¬ lem Wege von den versammelten Vertretern des Volkes zu Stande gebracht werden kann, ein provisorisches Preßgesetz genehmiget, welches an jedem Orte der Monarchie von dem Tage an zu gelten hat, an dem es dort von den zur Kund¬ machung der Gesetze berufenen politischen Behör¬ den, auf die vorgeschriebene Weise zur Kenntniß des Publikums gebracht worden ist. Dieses Preßgesetz ist somit provisorisch und einseitig von dem Monarchen durch die dazu von ihm berufenen Beamten zu Stande gebracht. Das Gesetz gesteht selbst, daß es nur ein einstweili¬ ges sei und auch seine einstweilige Gültigkeit nur wegen der Nothwendigkeit einer gesetzlichen Ord¬ nung im wichtigen Bereiche der Preße, keines¬ wegs aber wegen der Machtvollkommenheit derer die es gegeben haben, in Anspruch nimmt. Von der Aufrichtigkeit und hohen Ehrenhaftigkeit unse¬ res Monarchen konnten wir keinen andern Vor¬ gang erwarten, denn, wenn wir auch die Consti¬ tution selbst noch nicht besitzen, so ward er doch schon durch sein kaiserliches Wort verpflichtet, sich fortan in den allgemeinen Gränzen eines konstitu¬ tionellen Herrschers zu bewegen. Das provisorische Preßgesetz wird in der näch¬ sten Versammlung der Reichsstände aufs Genaueste geprüft werden und von der Entscheidung dieser Versammlung wird es abhängen, ob es so wie es ist zu einem definitiven Gesetze des österreichischen Staates erhoben werden soll, oder ob Abänderungen einzelner Punkte desselben Platz zu greifen haben, oder ob es einem anderen, auf anderen Grund¬ sätzen gebauten Gesetze weichen muß. Wir wollen der Entscheidung jener Versamm¬ lung, die, (wir wollen es wenigstens hoffen!) aus den erleuchtesten Männern des Adels, der Bauer= und Bürgerschaft, der Geistlichkeit und der gesammten Intelligenz*) bestehen wird, nicht im Mindesten vorgreifen. Wir befürchten aber weder, daß das provisorische Preßgesetz in seiner jetzigen Gestalt unverändert beibehal¬ ten, noch daß es ganz verworfen und an seiner Statt ein anderes auf neuen Grundsätzen aufgebaut werden wird. Beides wäre vom Uebel, denn das Gesetz ist dem Grundsatze und außer einigen Ausnahmen auch der Ausführung nach ein freisinniges. Sein Fortbestehen (nach Abänderung der erwähn¬ ten Ausnahmen!) ist recht wohl mit der Frei¬ heit eines konstitutionellen Staatsbürgers vereinbar. Die gedrängte Mittheilung einiger Verfügungen, besonders solcher die zunächst uns und unsern Lesekreis berühren, sollen, bevor wir zur Erwä¬ gung der vor Allem nothwendigen Abänderungen schreiten, unsere Behauptung rechtfertigen, daß die¬ ses provisorische Gesetz theilweise unsere Zufrie¬ denheit verdiene. Damit die „zwanglosen Blät¬ ter“ gesetzlich fortbestehen können, haben sie fol¬ gende Vorschriften zu erfüllen. 1. Es muß für dieselben (hier dem Kreisamte) ein verantwortlicher Redakteur angezeigt werden, *) Die Ordnung ist alfabetisch.

welcher österreichischer Staatsbürger, im In¬ lande wohnhaft und wenigstens 24 Jahre alt sein muß. 2. Dieser Redakteur hat beim Kreisamte eine Kau¬ tion von 1000 fl. C. M. entweder im baaren Gelde oder in Staatspapieren, oder durch eine Hypothek oder durch Bürgschaft zu leisten. Dieses sind die Hauptbedingungen, welche die zwanglosen Blätter vor ihrem weiteren Er¬ scheinen zu erfüllen haben. Die übrigen Vorschrif¬ ten, denen sie unterliegen, sind hier von geringe¬ rem Interesse, aber keineswegs drückend. Auch dort (wo das Preßgesetz zum Strafgesetze wird) sind die Begriffe mit der erforderlichen Schärfe und Deutlichkeit definirt, bis auf die etlichen Aus¬ nahmen, über die wir uns sogleich verbreiten wollen. Die Vorschriften über das Verfah¬ ren gegen Uebertretungen der Preßge, setze werden wohl von den Reichsständen bedeu¬ tende Abänderungen zu erfahren haben, besonders die Bestimmung, daß der Staatsanwalt und auch ein Privatkläger vor oder nach der Aus¬ gabe einer Druckschrift oder einer zum Drucke ab¬ gegebenen Handschrift ihre Beschlagnahme, Ersterer durch Darstellung dringender Verdachts¬ gründe eines durch die Schrift zu begehenden Ver¬ brechens, Letzterer durch die genügende Be¬ scheinigung, daß ihm durch die Schrift eine Rechtsverletzung zugeht, erwircken kann. Wer aber ist berechtigt eine solche Bescheinigung auszustellen und wie muß sie sonst beschaffen sein, um von der Behörde, die die Beschlagnahme verfügen soll, als genügend angesehen werden zu müssen? Ueberhaupt glauben wir, in einem Lande, in dem Preßfreiheit besteht, soll die Beschlagnahme einer Druckschrift vor ihrer Ausgabe nur dann Platz greifen wenn nach den bestehenden Pre߬ gesetzen gegen dieselbe der Verdacht rechtlich be¬ gründet erscheint, es werde durch sie ein Verbre¬ chen gegen die Gesammtheit des Staates oder ge¬ gen die geheiligte. Person des Monarchen began¬ gen. Jede andere gesetzliche Möglichkeit für den Staatsanwalt oder für einen Privatkläger vor der Ausgabe einer Schrift deren Beschlagnahme zu erwirken, könnte für die Freiheit der Presse nur höchst gefährlich werden. Am Ungenügendsten erscheinen uns jedoch die §§. 17, 13, 10. Wir lassen sie hier wörtlich folgen: §. 17. „Die vorsätzliche Beleidigung des Landes¬ „fürsten durch Lästerungen, Schmähungen „und verhönende Darstellungen in Druck¬ „schriften oder den Druckschriften gleichgestell¬ „ten Bilderwerken, ist als Verbrechen mit schwe¬ „ren Kerker von einem bis zu fünf Jahren „zu bestrafen.“ §. 18. „Wenn die Beleidigungen der angeführten „Art gegen ein Mitglied der Familie des „Landesfürsten gerichtet sind, so sollen die¬ „selben mit schweren Kerker von 6 Mona¬ #ten bis zu einem Jahre bestraft werden.“ §. 10. „Wer in einer Druckschrift oder einem den „Druckschriften gleichgestellten Bilderwerke „die Constitution des österreichischen Kaiser¬ „staates durch Schmähungen oder verhöh¬ „nende Darstellungen angreift, ist als schul¬ „dig einer schweren Polizei=Uebertretung mit „strengem Arreste von 3 Monaten bis zu #einem Jahre zu bestrafen.“ Wenn wir das Gesetz auch für ein proviso¬ risches erkennen, ohne welcher Eigenschaft es wohl sehr beunruhigend wäre, so können wir uns doch nicht enthalten, schon hier auszusprechen, daß wir uns mit der Aufstellung neuer Verbrechen und schwerer Polizeiübertretungen durch ein Preßge¬ setz überhaupt durchaus nicht einverstanden erklä¬ ren können. Alle durch die Presse begangenen Ver¬ brechen und schweren Polizeiübertretungen sollen in den betreffenden Strafgesetzen ihre Definition

und Strafbestimmung finden und bis zur vollende¬ ten Revision dieser Gesetze möge ihre nothwendige Ergänzung auf demselben Wege geschehen, den man in derselben Richtung bisher zu gehen ge¬ wohnt war. Jedenfalls scheint es leichter zu recht¬ fertigende Maßregeln höherer polizeilicher Natur pro¬ visorisch anzuordnen, als strafrechtliche Be¬ stimmungen in einem konstitutionellen Staate einst¬ weilen zu erlassen, durch deren Natur und Schärfe der einstweilen davon betroffene Bürger für alle Zukunft diffamirt erscheint. Denn die in den 89. 17, 18, 10 ausgesprochenen Strafen hätte der Verurtheilte bei dem gegenwärtigen Zustande un¬ serer Strafpflege mit Dieben u. d. gl. im Zucht¬ ober Poltzeibause abzubüßen; die nicht disfa¬ mirende Festungsstrafe fehlt uns noch gänzlich. Die in den §§. 17, 18, 10 erwähnten vorsätze lichen Beleidigungen des Landesfürsten, der Mit¬ glieder seiner Familie und (Driktens und Letz¬ tens) der Constitution werden durch Lästerun¬ gen, Schmähungen oder verhöhnende Darstellun¬ gen begangen. Wir meinen eine verhöhnende Dar¬ stellung ist immer auch eine Schmähung, und eine Lästerung ist gewiß auch eine Schmähung, es ist also nicht minder eine verhöhnende Darstellung zugleich eine Lästerung. Ein gegründeter wahr aber „rücksichtslos ausgesprochener Tadel erschein vielen, ja sogar den Meisten, worunter leicht die das Preßverbrechen beurtheilenden Richter sein können, als eine Schmähung. Welches ist also das entscheidende Merkmal der als Verbrechen oder als schwere Polizeiübertretung strafbaren Schmä¬ hung, Lästerung und verhöhnenden Darstellung? Ein Geschwornengericht würde diese Lücke des Gesetzes wohl auf die beru¬ higendste Weise ausfüllen. Wir müssen hier die in diesen Blättern wie¬ derholt in verschiedener Gestalt ausgesprochene Be¬ hauptung wiederhohlen: die Constitution ist das Grundgesetz des Staates, welches als solches für den Herrscher und für das Volk gleich verbindlich ist und somit über beiden steht. Wodurch will nun der provisorische Gesetz¬ geber rechtfertigen, daß er die allerdings unver¬ letzliche Person des Landesfürsten, ja sogar die Mitglieder der kaiserlichen Familie dadurch höher stellt als die Constitution, daß er Beleidigungen ihrer Person für sehr schwer zu bestrafende Verbrechen, auf glei¬ cher Linie mit Diebstahl, Betrug, schwerer Verwundung erklärt, während Schmähungen u. d. gl. gegen die Constitution nur eine viel leichtere Gattung von Vergehungen d. i. schwere Polizeiübertretungen, auf gleicher Li¬ nie mit Tabakrauchen an feuergefähr¬ lichen Orten, mit unerlaubten Handel mit Gift, mit schnellem Fahren u. dgl., bilden sollen!!?? Die letzte Bemerkung wollen wir uns über den §. 18. im Zusammenhalt mit dem §. 25 er¬ lauben. Während §. 18. Beleidigungen gegen Mit¬ glieder der Familie des Landesfürsten zum Verbre¬ chen stempelt, das mit schwerem Kerker bis zu ei¬ nem Jahre zu bestrafen ist, erklärt den §. 25 Eh¬ renbeleidigungen die gegen Privatpersonen durch Druckschriften ausgeübt werden für einfache Pre߬ vergehen gegen die eine Geldstrafe bis 100 Gul¬ den oder einfacher Arrest bis 3 Monate zu ver¬ hängen ist (Wo hat denn der Verurtheilte diesen einfachen Arrest für Preßvergehen auszustehen? Im Polizeihause neben Huren, kleinen Dieben, Gewohnheitsbettlern und dergleichen Faktoren der Intelligenz?) Der Landesfürst als unverletzliche Person, sei¬ ne Gemalin und der präsumtive Thronfolger als privilegirte Personen mögen ausgeschieden bleiben. Alle andern Mitglieder der kaiserl. Familie (d. h. alle Blutsverwandten und in gleichem Grade Ver¬

schwägerten) sind nur Privatpersonen, konstitutio¬ nelle Staatsbürger in der vollsten und edelsten Bedeutung des Wortes, Staatsbürger mit glei¬ cher Pflicht und gleichem Rechte wie jeder an¬ dere. Die äußeren Ehrenbezeugungen die ihnen der Staat zugesteht, können den Werth ihrer inne¬ ren Ehre unmöglich über den Werth der inneren Ehre eines jeden anderen unbescholtenen Staats¬ bürgers erheben. Wenn also die gleich werthe Ehre aller Staatsbürger durch den §. 25 voll¬ kommen gesichert erscheint, so ist nicht abzuse¬ hen, warum zum Schutze der Ehre der bezeichneten Mitglieder der kaiserlichen Familie ein verschärf¬ teres Gesetz zu bestehen habe; ist aber die Ehre aller Staatsbürger durch den §. 25. nicht voll¬ kommen gesichert, so verbessere man das Ge¬ setz zur Sicherheit der Ehre aller Staatsbürger. Ist dieses in entsprechendem Maaße geschehen, so wird ein besonderes Gesetz für die bezeichneten Mitglieder der kaiserl. Familie dadurch gänzlich überflüssig gemacht sein. Vielleicht besteht wegen der von einer Seite her gewunschenen Besetzung gewisser hoher Stellen durch gewisse Personen ein gewisser innerer Zu¬ sammenhang zwischen den §§. 18 und 20 die wir hier nur andeuten und den geneigten Leser auf den Inhalt beider Paragrafe verweisen wollen. Je¬ denfalls bleiben wir bei unserer Ansicht: die bezeichneten Mitglieder der kaiserlichen Familie sind, abgesehen von äußeren Ehrenbezeugungen die man ihnen zugesteht und den obrigkeitlichen Aem¬ tern womit man sie allenfalls bekleiden wird, Staatsbürger wie jeder von uns und wir sind überzeugt, daß diese Behauptung weder für eine Lästerung noch für eine Schmä¬ hung oder eine verhöhnende Darstel¬ lung genommen werden kann. Wir kommen vielleicht sväter auf eine um¬ fassendere Würdigung dieses provisorischen Pre߬ gesetzes zurück. 6 Aus Wien. So eben erhalten wir briefliche. Nachricht über die Aufname des provisorischen Preßgesetzes an der Wiener¬ Universität. In der Versammlung sprachen Giskra, Schuselka, Kuranda, und Hye, letzterer mit wenig Glück. Doch wurde er neben Kuranda, Schuselka, Giskra, Schneider, Fischhoff in eine Deputation gewählt, welche sich sogleich zum Minister des Inneren begab, um ihm die Stimmung der Studenten darzulegen, die dahin sich aus¬ sprach! Es müße dieses Gesetz zurückgezogen, und sogleich ein anderes auf ein Geschwornengericht gegründetes erlassen werden. In den Hauptbedenken, welche die Universität aus¬ sprach, sind auch zu unserer Freude alle jene mitbe¬ griffen, die wir im vorausgehenden Aufsatze auf unsere Weise auseinander setzten. Man würde der Universität einen ungerechten Vorwurf machen, wenn man behauptete, sie hätte sich vorerst mit dem im Grundsatze jedenfalls freisinnigen Gesetze einstweilen bis zum Erlaß eines definitiven Gesetzes begnügen sollen; denn die nächste Zeit ist die wichtigste, in ihr gilt es die Abklärung der Begriffe und die ernste und unbedingte Aus¬ sprache der öffentlichen Meinung. Wenn wir auch die Waffen des Armes niedergelegt haben, so kampfen wir doch noch einen gewaltigen Kampf mit feindlichen Geistern, die mit dem Geiste und mit der Wahrheit bekämpft werden müssen; ohne auf ein Recht unsere Waffen mißbrauchen zu dürsen Anspruch zu machen, können wir uns doch im freien Ge¬ brauche derselben gegen den Feind keine Schranken setzen laßen. 6 Mehreren Bürgern Gmundens. Mehrere Bürger Gmundens haben die Re¬ daktion mit einer Zuschrift erfreut, welcher sie ungesäumt mit der größten Bereitwilligkeit Folge geben wird, sobald nur zwei dieser Bürger dem verantwortlichen Redakteur ihre Namen und die genaue Angabe ihres Wohnortes werden mit¬ D. R. getheilt haben. Varnrerlicher Aebaelene Aler. Jul. Schindter, Mirsderenr de nchtreitichen Bheite F. 20. Neutng. Druck und Verlag von Sandböck und Haas in Steyr.

#ero 2. Ergänzungsblatt der zwanglosen Blätter. Steyr den 13. April 1848. Trost und Aufruf. An die Bewohner von Steyr. Wir lesen in den Zeitungen traurige Nachrichten aus Italien; — es scheint für Osterreich verloren. Man spricht von einem Stoß, welchen dadurch Osterreichs Handel und Industrie erhält, — nicht mit Unrecht, — und daß wir dabei auch für un¬ sere Eisenmanufakturen fürchten, ist ebenfalls nicht ohne Grund; — aber so ganz trostlos ist die Zeit doch nicht, namentlich nicht für uns; — es wird Stockung im Handel eintreten, gewiß, doch sicher nicht für zu lange Zeit. — Wir glauben es zwar nicht, daß die Anstrengungen der Regierung, wel¬ che die Wichtigkeit Italiens sehr wohl fühlt, im Stande sind, es zu erhalten oder wieder zu ge¬ winnen. — Italien wird sich die freie selbständige Entwicklung der Nationalität nicht mehr nehmen lassen, — aber die Lombardie wird einwilligen, im Falle eines auswärtigen Krieges an Osterreich ei¬ nen Truppenkontingent zu stellen, einen Theil der Staatsschulden zu übernehmen, und die Han¬ delsverbindung mit Osterreich ohne Zollschranken beizubehalten, — und das ist, was wir wünschen; es ist uns nützlicher als ein durch stete Kämpfe und geldkostende Opfer mühsam erhaltenes Land, welches denn doch nie ein deutsches Osterreich würde, — und das ist auch was wir zu hoffen und zu erwarten haben. Sehr thätig für einen solchen friedlichen Vergleich ver¬ wendet sich eine Versammlung der reichsten Ban¬ quirs, Rothschild, Sina, Stametz=Mayr an der Spitze, nun wir wissen was es zählt, wenn sich solche Herrn für etwas verwenden, — und wenn dann die Handelsverbindung zwischen der Lombardie und Osterreich ohne Zollschranken bei¬ behalten ist, dann sind es gewiß vor allen unsere in Qualität erprobten Stahl= und Eisenwaaren, welche dorthin wieder ergiebige Ausfuhr finden, — und daß unsere Arbeiter denn auch mit dem Zeit¬ geiste fortschreiten, um durch gute und auch zier¬ liche Arbeit sich mit den Eisenarbeitern in Eng¬ land, Frankreich und übrigen Deutschland ins Gleich¬ gewicht zu stellen, erwarten wir eben von dem ra¬ schen Fortschreiten der Zeit, — Steyr kann und darf nicht zurückbleiben. Aber auch für die nächste Zeit der unausbleib¬ lichen wenn auch noch so kurzen Störung des Han¬ dels, wo jedenfalls viele unserer Arbeiter erwerb¬ los werden, muß gesorgt werden. Es bildet sich so eben ein Comité für diesen Zweck, und bereits sind Beträge eingelaufen, wohin namentlich 500 fl. C. M. von Hrn. Magistratsrath Buberl, als Pa¬ cher'scher Testamentsexecutor, aus dessen Verlassen¬ schaft angewiesen, zu zählen sind; und mit diesem wird die Mildthätigkeit aller Bewohner von Steyr aufgerufen, dem Unternehmen, welches zum Zwecke hat die erwerblosen Arbeiter zu unterstützen, durch wenn auch noch so kleine Beiträge beizutreten. Es bringt gute Früchte. Es wird aber hierüber, wie auch über das Unternehmen, durch Uebernahme der Nationalgarde¬ Bewaffnung in Oberösterreich und wo sonst her Bestellungen kommen, einen Großtheil unserer Feuer¬ arbeiter in Beschäftigung und Erwerb zu bringen, in diesen Blättern von Zeit zu Zeit Bericht er¬ stattet werden. F. W. A.

Pfefferkörner. Es gibt verschiedene Idiosinkrasien d. h. im Nerven¬ systeme des Einzelnen begründete unwiderstehliche Abneigun¬ gen. Manche Person kann den Ton einer Harmonica nicht vertragen, eine andere kann keinen Sammt angreifen, eine dritte fällt in Convulsionen, wenn ihr eine Katze in die Nähe kommt. An einer ähnlichen Idiosinkrasie leidet die Linzer¬ zeitung: sie kann die Preßfreiheit nicht vertragen. Es ist erstaunlich wie oft uns dieses Blatt versichert, was sie trotz der Preßfreiheit nicht drucken will. Und auch durch die That beweist sie täglich, daß sie sich vollständig in den alten Gran¬ zen halten will. Nur dann und wann bespricht sie ein Thema, das sie unter der Censur nicht hatte besprechen können, aber jedesmal auf so abschreckende Weise, daß sie ihre geheime Absicht immer treffend damit erreicht. Freund Moschus hat sich die Mühe genommen im Folgenden einen ihrer Aufsätze flüchtig zu beleuchten. In Nr. 45 der Linzerzeitung bemüht sich Jemand, die Bedeutung der drei Worte Preßfreiheit, National¬ garde und Constitution auf die d—stmögliche Weise zu erklären. Wie sehr ihm dieß gelungen, mögen die nachstehen¬ den Citaten beweisen, da der Raum dieser Blätter uns nicht gestattet, alle Lächerlichkeiten und todtgebornen oder krüppelhaften Ideen anzuführen, aus welchen der Aufsatz besteht: „Biedere Männer von Oberösterreich!“ ruft der Hr. Verfasser aus, „der Kaiser hat uns das Recht ertheilt, „zu denken und zu sprechen, wie es uns um's Herz ist; „er hat uns das Recht gegeben, unsere Gedan¬ „ken niederzuschreiben!“ Also das Recht zu denken und unsere Gedanken niederzuschreiben ist uns am 15. v. M. verliehen worden!!! Da hat der Hr. Verfasser freilich etwas zu schenken bekommen, was er sich nicht erwartet hatte! Aber da hat man's; das sind die Folgen dieser übermässigen Gaben! Das läßt er sich nun nicht mehr nehmen — das Denken und Niederschreiben! er hat es ja schriftlich, schwarz auf weiß! „Das Preßgesetz“ (so lautet dessen Definition) „ist „ein Gesetz, welches diejenigen in Schranken halten soll, Einges Mit Entrüstung gewahrten wir in den Händen des Publikums die gemeinsten Karrikaturen, deren Zweck es ist den jüngst gestürzten Staatsmann Oesterreichs zu verhöhnen. Wahrlich! Urheber so eckler Produkte kann kein Deut¬ scher sein; denn dieser tritt dem Verwegenen, welcher seine frevelnde Hand nach heiligen unveräußerlichen Menschenrech¬ ten ausstreckt, mit eherner Brust entgegen, behandelt aber den zu Boden Geworfenen mit Großmuth. Die Aufgabe jedes Biederen ist es immer, und ganz „die es sonst versuchen könnten, Zwietracht, falsche Ge¬ prüchte, falschen Glauben u. s. w. zu verbreiten, und „im Trüben zu sischen!“ Das geht gegen Euch, all' ihr Klatschweiber, schmähsüch¬ tigen Nachbarinnen, Basen, Muhmen und Kaffehschwestern! Das Preßgesetz ist fortan euer Strafcodex! „Solche Menschen,“ heißt es weiter, „sind die gefal¬ „lenen Engel, die nur eine Freude an dem Bösen ha¬ „ben, weil sie verzweifeln! Hüten wir uns vor „den Wölfen in Schafskleidern, welche her¬ „umschleichen und hetzen, damit sie selbst einen Fang „machen können!“ Der lose Schelm! der Hr. Verfasser hat gut reden; er ist sich keiner Verkleidung bewußt! Bei ihm ist alles Natur, durch und durch! Aber das werden die Wölfe bleiben lassen, ihn zu fangen! So klug sind die Wölfe schon, daß sie an ihm keinen Fang machen können! Weiter macht uns der Hr. Verfasser das Kompli¬ ment, „daß uns der Kaiser für tüchtig genug „halte, uns gegen schlechtes Volk zu schützen, die durch „Raub und Plünderung sich Mühe und Arbeit ersparen „möchten! Der Kaiser hat die Nationalgarde bewilliget!“ Biedere Männer von Oberösterreich! Diese Anerken¬ nung wird und muß euch freuen! Die Nationalgarde darf sich etwas einbilden darauf, zu einer Gensd'armerie eben gut genug zu sein! Männer von Oberösterreich! wenn ihr wissen wollt, was Mißbrauch der Preße sei, leset die Anrede an Euch in Nr. 45 der Linzerzeitung! Leset dieses geistige Armuthszeugniß des Hrn. Versas¬ sers, und schenkt ihm — euer Mitleid! Du aber, Vater im Himmel, censurfrei fleischgewor¬ denes, göttliches Wort! — erlöse uns von allen Zeitungen, die den neuen Wein der Preßfreiheit im Aushängschilde führen, ihren Gasten aber noch immer das abgestandene Ge¬ krank aus den Metternich'schen Kellern vorsetzen, und gib, daß Niemand die Volkskanzel besteige, der nicht die natür¬ lichen Poken überstanden hat, oder daß sich nicht Jemand anmaße, als Verfechter des vaterländischen Wohles den Sä¬ bel zu ziehen, der statt der Klinge einen langen Zopf in der Moschus. Scheide stecken hat. ndetes. besonders jetzt, Gesinnung und Gefühl der Masse zu ver¬ edeln, nicht aber niedrige Rachsucht zu wecken und zu näh¬ ren. Gemein ist, wer gegen Wehrlose kämpft — doppelt ge¬ mein, wenn er seine Waffe aus der Pfütze hohlt und nicht bedenkt, daß er dadurch nothwendig sich selbst besudelt. Das ist Manier der Gassenjungen und Höckerweiber. Möge sich darum Niemand bei einer schlechten Sache be¬ theiligen, und um lumpigen Gewinnes willen die Würde des deutschen Namens opfern! Sch. Verantwortlicher Redacteur Alex. Jul. Schindler; Mitredacteur des nichtpolitischen Theiles F. W. Arming. Druck und Verlag von Sandböck und Haas in Steyr.

3. der wanglosen Blätter. Steyr den 20. April 1848. Pfefferkörner. In das Intelligenzblatt der Wienerzeitung vom 3. l. M. hat sich ein komischer Druckfehler eingeschlichen; am Schluße eines Zeugnisses über die Vortrefflichkeit einer Haar¬ wuchspomade heißt es unter andern Unterschriften auch: Andrä Denner mi/p. Gerichtsgeschorner —! Dieses aufrichtige Bekenntniß danken wir nur der freien Presse! Bei dieser Gelegenheit sei es erlaubt, auf eine üble Gewohnheit des Wiener=Intelligenzblattes (auch anderorti¬ ger Zeitungen), hinzudeuten, namlich auf die üble, nicht mehr zeitgemässe Gewohnheit des Vorsetzens besonderer Eh¬ renworte bei Angabe verstorbener Standespersonen: — Da heißt es bei höheren Beamten, adeligen Personen, Bri Aus Wien. 9. April 1848. Nachts. So eben komme ich von der dritten Katzenmusik des heutigen Abends; sie galten: den Mechitaristen, dem päpstl. Nuntius, und dem Minister Grafen Taaffe. Erstere mußten das Aushängschild ihrer Druckerei, der zweite das päpstl. Wappen, der dritte die deutsche Fahne vom Balkon herab¬ nehmen. — Seit die Studenten die erste derartige Demon¬ stration dem Erzbischose und den Liguorianern brachten, ist die Katzenmusik der beliebte Ausdruck des Volksunwillens geworden; ein Volkshause mit grellem Gepfeise und Gequi¬ cke tritt auf, gewöhnlich um die Mitternachtsstunde, vor den Wohnungen derer, die sich durch ihre Haltung des allgemei¬ nen Volksvertrauens verlustig gemacht; ein Redner spricht in den unzweideutigsten Ausdrücken den Grund dieser De¬ monstrationen aus, und jede Nacht hat die Nationalgarde zu sorgen, daß die Katzenmusiken keine ernstliche Wendung nehmen. Dieß blieb bisher um so weniger zu befürchten, da sich größtentheils Leute der besseren Stände damit be¬ fassen, und wenn sich die Studenten in neuester Zeit davon fern hielten, geschah es einerseits, da solche Ruhestörungen den Pflichten der Garde zuwider laufen, anderseits aber, weil die sogenannten Pflahlbürger, deren Anzahl hier eine beträcht¬ liche ist, in diesem Treiben eine gefährliche Willkührherrschaft erblicken und es im Interesse der Studenten liegen muß, sich gerade jetzt die Sympathien aller Klassen zu erhalten. — Die folgenreichste Katzenmusik war die den hochwürdigen (111. P. P. Liguorianern gebrachte; diese wurden gezwungen, die Stadt zu verlassen und zwar so eilig, daß sie kaum Zeit sanden, ihre wichtigsten bewegl. Güter zu retten und sich mit einem karg zugemessenen Reisegeld zufrieden stellen mußten. Alsbald prangte über der Pforte ihres Klosters ein großer Zettel, der dasselbe als „Nationaleigenthum“ bezeichnete; dasselbe war der Fall bei dem Kloster der Büßerinnen auf der Landstrasse, das man für ihr Absteigequartier hielt und Rathswittwen u. dgl.: die wohlgeborne, oder hoch¬ geborne Frau N. N., der hoch= und wohlgeborne Herr N. N. u. s. w., während manchem schlichten braven Kinde der Erde das Wort Herr und Frau versagt wird, weil es weder Amt, noch Geld, noch Haus, noch Gewerbe besaß. — Wozu diese zopfigen Unterschiede? und sind diese noth¬ wendig, warum werden sie nicht auch im Verzeichniße der Abgereisten gemacht? Wenn es noch hieße: wohl¬ gestorben oder hochgestorben! — Aber eben im Tode sind wir alle gleich! ist oft einer so wohlgeboren und den¬ noch so übel gestorben! Also fort mit dem Schlendrian! Moschus. fe. wo man gleichfalls die Nonnen verjagte. Man kann sich kaum einen Begriff machen, mit welcher Hast nun der Nach¬ laß dieser ehrwürd. Herren und Frauen durchstöbert wurde, und in der That lüsteten sich die Schleyer von manchen Ver¬ hältnissen, die den üblen Gerüchten mit denen man sich her¬ umtrug, in keiner Weise widersprechen. Es würde wohl manchen meiner lieben Landsleute interessant sein, Einsicht zu nehmen in die Briefe, die in diesem Augenblicke haufenweise auf meinem Schreibtische liegen. Correspondenzen aus Ame¬ rika, Frankreich, Siebenbürgen und allen Provinzen Öster¬ reichs, größtentheils von Ordensbrüdern und frommen Frauen, Klosterfrauen und bürgl. Frauen, hauptsächlich aber nur Cor¬ respondenzen über die Gasse, wieder nur mit Frauen geführt, deren Frömmigkeit aber hiernach sehr bezweifelt werden kann, bilden dieses herrliche Archiv aus dem wohl manche Belege zu einer Geschichte dieses Ordens geschöpst werden könnten. Gern würde ich hier Stellen daraus anführen, wenn ich nicht befürchten müßte jedes sittl. Gesühl zu empören — jeden¬ falls wird aber noch manches davon an die Offentlich keit treten. Namentlich interessant ist das Tagebuch eines sol¬ chen Mönches, worin er seine Empfindungen in den letzten ereignißvollen Tagen gegen eine Frau ausspricht; es reicht bis zu dem Momente seiner Flucht. — Haarlocken und Strumpf¬ bänder sanden sich in vertraulicher Kammeradschaft zusam¬ menwohnend mit Geißeln, Heiligenbildern und anderen .... Bildern; — was man bei den Büßerinnen gesunden haben soll, will ich nicht nacherzählen; ich habe es nicht selbst ge¬ sehen, und kann es kaum meinem besten Freunde glauben. — Die Speisekammern waren mit Vorrathen auf Jahre gefüllt, nickt minder die Keller mit den vorzüglichsten Wei¬ nen. —— Doch genug hievon; ich schaudere, wenn ich nur an den Frevel denke, der seit Jahren in diesem verfluchten Hause unter dem Deckmantel der Heiligkeit getrieben wurde, wenn ich denke, wie groß immerhin noch ihr Anhang war, und was für berühmte Namen bis zum letzten Augenblicke

sich zu dieser Clique bekannten. Das waren die Leute, die glaubt, daß die wahre Andacht nicht am Tage geht, sie ist jeden Augenblick ein: „Gelobt sei Jesus Christ!“ im Munde, scheu wie die wahre Liebe; im Dunkel des Waldes oder in führten, mit niedergeschlagenen Augen durch die Strassen, stiller Kammer mag sie gern ihre heißesten Gebete zum schlichen, und Tod und Verdammniß von den Kanzeln heul= Thron des Ewigen emporsenden. Und weg mit den „No¬ ten, die den Beichtstuhl zum Flüsterwinkel ihrer Begierden senkranzvereinen“ die ebenso verdächtig sind, wie das machten, und derweil sie Fasten und Almosengaben predig=, heimliche Treiben der Liguorianer. „Der Glaube ohne Werke ten, bei vollen Schüsseln schwelgten und Schätze häuften, ist todt“ heißt es in der Schrift, und der Zöllner der still auf unbillige Weise. an die reuige Brust klopfte war besser denn der Pharisäer. Ihr alle, die ihr dieses leset, hüthet euch vor denen, Ihn empfing die Musik der Sfären so gewiß, als unsere die gleich den Liguorianern, wenn auch nicht ihres Ordens, Liguorianer ihre Katzenmusik bekamen. Ich befehle Euch meine lieben Landsleute dem Schutze sich schon bei Lebzeiten den Stralenkranz der Heiligkeit ums Haupt zu werfen suchen. Hüthet Euch vor ihnen und Gottes. Silv. Pötzelberger. Eingesendetes. Noch eine öffentliche Antwort! Die in Nr. 5 dieser Blätter gestellte öffentliche Anfrage erhiekt zwar in Nr. 6 bereits eine Antwort. Ohne die Wahr¬ heit der darin enthaltenen Worte auf irgend eine Weise anfechten zu wollen, sehe ich mich dennoch veranlaßt, auch meinerseits einige Erörterungen abzugeben, um jener Anfrage, welche un¬ geachtet ihrer Kurze Grundlichkeit, nüchterne Auffassung der Verhältniße, und rege Menschenliebe beurkundet, soviel es vom ärztlichen Standpunkte aus möglich ist, zu entsprechen: „Mit dem Promotionseide gelobet der Arzt mit der nähm¬ lichen Sorgfalt und Freundlichkeit den Armen wie den Reichen beizuspringen“.“ Der Kreisarzt gelobet mit seinem Eide „den Armen so wie den Reichen ohne Unterschied mit gleichem Eifer und mit Menschenliebe zu behandeln, und die Heilung zu befördern**“). Die Verpflichtung zur Behandlung Armer ist eine all¬ gemeine, denn ein jeder Arzt geht diese in demselben Augen¬ blicke ein, in welchem seine arztliche Qualifikation ausgesprochen und er promovirt wird. Die Stellung, welche der Arzt bei oder nach seinem Ein¬ tritte in das öffentliche Leben einnimmt, übt auch ihren Einfluß auf den Umfang dieser Verpflichtung aus. Beschränkt sich der Arzt lediglich auf die Ansübung der Heilkunde, so erleidet diese Verpflichtung keine Abänderung. Tritt er dagegen in einen Diensi, so werden ihm durch die mit demselben verbundenen Obliegenheiten besondere Verpflichtungen auferlegt. Diese sind von der Art, daß sie entweder jene allgemeine steigern, und seine ganze Thätigkeit den Armen zuwenden, oder, daß sie an¬ dere Leistungen in den Vordergrund siellen, welchen alle ande¬ ren Rücksichten weichen mussen. Der in Nr. 6 dieser Blätter angezogene Amtsunterricht für die Kreisämter 2c. ist bereits im Jahre 1785 erlassen, und durch die mit hoher Hofkanzlei=Verordnung vom 14 Februar 1809, (kundgemacht von der k. k. ob deretsischen Regierung am 14. Dezember 1813, Zahl 2924,)***) herabgelangte Instruc¬ tion fur das Kreissanitäts=Personale ersetzt, und außer Wirk¬ samkeit gebracht worden. In diesem Letzteren ist der erwähnte § 24 nicht mehr ent¬ halten; vielmehr heißt es dort: 7§2. Das was der Protomedikus in Hinsicht einer ganzen Provinz ist, ist der Kreisphisikus in Bezug auf seinen Kreis. Er führt die Aufsicht a über den allgemeinen Gesundheitszustand; b über das Sanitäts=Personale; *) Uebersicht der Gesetze und Verordnungen in Bezug auf das Sanitatswesen von Dr. Streinz 2c. S. 61. **) Ebendaselbst S. 21. Verordnung der k. k. obderennsischen Regierung vom 29. Dezember 1814, Zahl 16599. **) Ebendaselbsi S. 18. c über die Spitäler, Gebärkindel=, Siechen=, Erziehungs=, Zuchthäuser, Gefängniße des Kreises u. s. w.; d besorgt bei Epidemien und Viehseuchen die zu ergreifenden Maßregeln im Kreise. Erwägt man, wie vor mehr als sechszig Jahren die Be¬ völkerung minder dicht, die Lebensweise einfacher, das Leben ruhiger, das Gemuth heiterer, der Erwerb leichter, das Ein¬ kommen gesicherter, das Verarmen seltener, und die Unterstut¬ zungen obschon nicht häufiger, so doch fruchtbarer waren: wie der Landmann bei vorkommenden Erkrankungen arztlichen Bei¬ stand höchst selten in Anspruch nahm, und sich mit Diät und den einfachsien Hausmitteln behalf, so wird man leicht begreifen, daß der Kreisphisikus solchen Obliegenheiten, welche sich sogar auf Kranke außerhalb seines Wohnortes ausdehnten,*) ohne Anstand nachkommen konnte, obwohl er oft der einzige Arzt im Kreise war. Die allmählige Reglung des Sanitätswesens, die Heran¬ bildung desselben zu einem besonderen Zweige der Amtswirksam¬ keit politischer Behörden, die Schreibseligkeit unseres Zeitalters mit allen ihren durch Formalitäten, Controllen, und großen Kleinigkeiten bediengten Schwerfälligkeiten veränderte die Stel¬ lung des Kreisphisikers, welcher als ärztliches Individuum be¬ trachtet sich im Schwarme der Heilkünstter im Kreise, ja selbst im Kreisorte verlor. Diese Beziehung wurde von den hohen Behörden erkannt, und dem gemäß die Norm festgesetzt, wor¬ nach seinem ärztlichen auf den ganzen Kreis Bezug habenden Verrichtungen die Priorität zuerkannt ward. Hätte der Kreisphisikus die unmittelbare Verpflichtung zur Armenbehandlung, so mußte er gehalten fein, dieserwegen die offiziosen Reisen zurückzulehnen, oder in einem solchen Falle auf seine Kosten und Gefahr einen Stellvertreter beizuschaffen, was wohl Niemand behaupten wird. Wenn der Kreisphisiker gelobet dem Armen mit gleichem Eifer wie dem Reichen beizusiehen, so macht er sich keineswegs anheuschig, alle Armen einer Stadt zu übernehmen, weil er diesen bei einer übergroßen Anzahl Kranker nicht die nöthige Sorgfalt widmen, und dann wieder wegen Vernachlässigung der bereits übernommenen Patienten zur Verantwortung gezogen werden könnte. Er hat daher durchaus keine größere Verpflich¬ tung zur Behandlung der Armen, als sie dem Arzte überhaupt auferlegt ist, woraus sich ergiebt, das hier Niemand ge¬ halten sei, sich der Armenbehandlung unabweisbar zu unterziehen. Da es mir aber nicht lediglich um eine Antwort auf die erschwebende Frage, sondern um eine des Gegenstandes würdige Erörterung in Bezug auf Steyr, und um Ertheilung einer den Menschenfreund unter den gegebenen Verhältnissen möglichst beruhigenden Auskunft zu thun ist, so sehe ich meine Aufgabe¬ als noch nicht gelösi an, und erlaube mir noch Folgendes vor¬ (Fortsetzung folgt.) zubringen. *) Amtsunterricht vom Jahre 1785, § 25. Verantwortlicher Redacteur Alex. Jul. Schindler; Mitredacteur des nichtpolitischen Theiles F. W. Arming. Druck und Verlag von Sandböck und Haas in Steyr.

Jero 4. er zwanglosen Blätter. Steyr den 7. Mai 1848. Mir hat es immer gefallen, wenn man auch in der Medizin den gesunden Menschen=Verstand zu Hulfe nimmt.“ v. Haller. Billige Wünsche eines praktischen Arztes. Mach bestehenden Vorschriften müssen Rekrutirungspflichtige dem Gesuche um zeitliche Befreiung vom Militärdienste auch ein ärztliches Zeugniß über die persönliche Erwerbs¬ Unfähigkeit ihrer Eltern beibringen. So waren mir von Seite des hiesigen Distrikts=Kom¬ missariates mehrere Bauersleute mit der Weisung zugeschickt, im Falle der erwiesenen Unfähigkeit ein derartiges Zeugniß auszustellen. Einige dieser Bittsteller wurden von Seite des Traun¬ kreisamtes mit dem Bemerken abweislich beschieden, daß hiezu ein legales d. i. ein vom Kreisarzte ausgestell¬ tes Zeugniß nöthig sei. Ich frage nun, warum ein von einem Privatarzte ausgestelltes Zeugniß nicht als legal betrachtet werde? Ist der von jedem prakt. Arzte zu leistende Eid über ge¬ wissenhafte Erfüllung feines Berufs minder werth, als der der öffentlich angestellten Aerzte? Wenn ja hie und da Falle vorkommen, wo Privat=Aerzte bei Ausstellung von Zeugnißen Mißbrauch machten, werden solche unsau¬ bere Ausnahmen nicht auch schon bey öffentlichen Aerzten Statt gefunden haben? Muß man darum einen ganzen Stand brandmarken, weil es vielleicht einzelne un¬ würdige Mitglieder gegeben hat, oder möglicher Weise noch gibt? Ich dächte, man sollte nur die böse That bestra¬ fen, dafür aber auch rücksichtslos, an welcher Person man sie entdeckt; also in diesem Falle gleichviel, ob an einem Offentlichen= oder Privat=Arzte? Sr. Majestät, Kaiser Franz, hat in seinem Testamente einen eigenen Artikel sol¬ genden Inhaltes gesetzt: „den (jenigen) Beamten, die mir treu gedient, meinen Dank.“ Ich selbst habe ämtliche Doku¬ mente in Handen, wie ein öffentlicher Arzt seine ämtliche Stellung zu Privat=Zwecken ausbeutete, und wie ihn eine öffentliche Behörde im „Begehren fremden Gutes,, so bereitwillig unterstützte! Eine Hand wascht die andere. Wie, wenn ich alle Beamten, folglich auch alle öffent¬ lichen Aerzte als untreue Staatsdiener erklären würde? Und doch wäre eine solche Schlußfolgerung um kein Haar mehr unlogisch und unchristlich, als jene leidlichen Verordnungen vor dem 13. März 1343, die alle Privat=Aerzte für gewissenlos, folglich deren Zeugniße als illegal erklären! Oder ist etwa ein, vom Freisarzte ausgestelltes Zeug¬ niß darum legal, weil der dessen bedürftige Bauersmann Tagreise weit hin und her laufen muß, folglich der Mühen und Auslagen — viele hat? Wie, wenn der¬ selbe zum Bettliegen krank ist? Darf der Kreisarzt dann nach bloßem Hörensagen das verlangte Zeugniß aus¬ stellen,? Kennt man diese mindere Empfehlung einem solchen Zeugniße im Gesichte an? Und ist dieses dann legal? Oder muß der arme Gebirgs=Bauer außer den hohen Stempeln für Gesuch und Beilagen dem Kreisarzte auch noch eine sette Fuhr bezahlen? Und so großer Zahlungen unfähig, gar auf die gesetzliche Wohlthat der zeitlichen Befreyung seines Sohnes verzichten? Derselbe kernhafte Zopf hängt auch noch ven andern Zweigen der sogenannten öffent¬ lichen Sanitäts=Pflege herab: So können zu gerichtlichen Zeugnißen und gerichtlichen Leichen = Sectionen, nach ausdrücklichen Verordnungen nur öffentliche Aerzte verwendet werden. Und doch müßen letztere zu jedem speziellen Falle von den betreffenden Kommissariaten eingeladen werden, unter deren besonderen Ober=Aufsicht und Leitung sie diesen zu vollführen haben! In welch anderer Eigenschaft können sie hier fungiren, als in der von sachverstan¬ digen Zeugen? Nun sind aber nach dem bürgerlichen Gesetzbuche zu gerichtlich gültigen Zeugenschaften zwei Zeu¬ gen nothwendig; als deren Einer in diesem Falle der Lokal¬ Wundarzt, als der Andere aber der öffentliche Arzt erscheint. Wenn nun der Eine dieser zwey Zeugen ein Privat¬ Arzt sein kann, warum nicht auch der Andere? So bedient man sich ja auch in anderen Künsten und Gewerben zu gerichtlichen Zeugenschaften bloß solider Privat=Menschen; und es genügt alle Male, wenn nur ihre Sachverständigkeit erwiesen ist! warum überläßt man die Wahl der Aerzte nicht auch den einzelnen Kommissa¬ riaten; denen, bei ihrer Aussicht über die öffentliche Si¬ cherheit, doch erst neulich die Bestreitung der dießfalligen Auslagen aufgebürdet wurde? Warum gerade in der Heilkunde die Sachverständigen, und dieses wieder nur zum Theile, aus der Ferne hohlen müssen, wenn man dergleichen in der Nähe mit sicherer Erreichung des Zweckes und verminderten Auslagen verwenden könnte? Bis zum Ohrenzwang erklärten sich die einfachen Gebirgs¬ Leute, die nun einmal das Glück voraushaben, nach ge¬ sundem Haus=Verstande und nicht nach Verordnungen denken und handeln zu dürfen, — daß ein Privatarzt doch nur ein halber Arzt sein müsse; weil es sonst ein Unsinn wäre, zu rein ärztlichen Verrichtungen öffentliche Aerzte aus der Ferne rufen zu müßen! Muß eine gesetz¬ liche Beschränkung der Kunst den Privat=Aerzten nicht das nöthige Ansehen und selbst den Privatverdienst schmälern? Noch unhaltbarer wird eine derartige Beschränkung, wenn man erwagt, wie sich die einzelnen Verordnungen in denselben Fällen selbst widersprechen und auf¬ heben: So ist während der Erledigung einer Kreis¬ oder Bezirksarztens=Stelle allemal der nächste praktische Arzt als einstweiliger Stell=Vertreter zu nehmen. In dieser periodischen Eigenschaft kann er alle Prarogative eines öffentlichen Arztes ausüben: Er kann legale Zeug¬

10 niße schreiben, gerichtsärztliche Funktionen vornehmen, aber von der Stunde der desinitiven Besetzung dieser Stelle hört für ihn dieser erweiterte Wirkungs¬ kreis auf, um vielleicht sein Lebelang in die frühere Zu¬ rücksetzung zu verfallen. Eben so umgekehrt: So lange der öffentliche Arzt Privatarzt war, durste er die gerichtliche Arzneykunst nicht ausüben; mit der Stunde der Anstellung aber gab ihm Gott mit dem Amte Verstand und Herz auf Lebe¬ lang! Ferners: Ist der öffentliche Arzt krank, verreiset, oder anderweitig verwendet; dann kann der nächste praktische Arzt wieder gerichtsärztliche Funktionen vorneh¬ men; ja er kann im Weigerungsfalle — nach einer aus¬ drücklichen speciellen Verordnung, — selbst bei unvermeid¬ licher Verwahrlosung seiner Privat=Praxis, zu deren Vor¬ nahme sogar gezwungen werden! Also, wenn der Privat=Arzt gerichtsärztliche Funk¬ tionen vornehmen will, dann darf er nicht; — und wenn er nicht will, dann muß er! Ein ähnlicher Zopf von gewaltiger Stärke herrscht auch bey der arztlichen Leitung der Epidemien und Vieh¬ seuchen und hängt seinen alten Spießgesellen würdig zur Seite. — Aber, hat denn der Privat=Arzt zur Ausübung der sogenannten öffentlichen Sanitätspflege die genügende Vorbildung, und kann er diese auch von Rechts¬ wegen ansprechen? Ja, so ist es! der Privat=Arzt hat hiezu die wis¬ senschaftliche Befähigung, und auch ein uraltes Recht darauf. In unseren Studien wurde die gerichtliche Arz¬ neikunst als obligates Fach vorgetragen, und machte zugleich einen Gegenstand der strengen Prüfungen aus. Ja noch mehr, die pathologische Anatomie, welche doch die Grundwissenschaft jedes Gerichts=Arztes bildet, ist der jüngste Zweig des ärztlichen Wissens; der¬ gestalt, daß er erst seit einigen Jahren als obligater Lehr¬ Gegenstand behandelt wird. Diese Grundwissenschaft jedes Gerichts = Arztes ist mithin das Eigenthum und der Vorzug der jüngeren praktischen Aerzte. Bei einem solchen Verbote scheinen wir Privat=Aerzte die gerichtsarztlichen Zweige der Heilkunst nur darum haben lernen zu müßen, um sie während unserer Praxis wieder vergessen zu dürfen. In unserem Doktor=Diplome steht über unsere Befähigung zur Ausübung jedes Zweiges der Heilkunst auch um keinen Buchstaben weniger, als in jenem der öffent¬ lichen Aerzte, die ja früher selbst Jahre lang nur Privat¬ Aerzte waren! — Noch weniger kann dem Privat=Arzte das Recht zur freien und unbeschränkten Ausübung der gerichtlichen Arzneikunst bestritten werden. In unserem Diplome heißt es wörtlich: „Wir (Rec¬ „tor und Universitat) gaben und geben ihm (dem praktischen „Arzte) die Macht, die ärztliche Praxis und Alles Uibrige „auszuüben, was die Med. Dru. auszuüben pflegen; wir „ertheilen ihm überdieß alle Privilegien und Vorrechte, „welch immer den wahrem Ded. Dr. durch Gesetze und „Gewohnheit zugetheilt zu werden pflegen.“ Nun, durch Jahrhunderte und Jahrhunderte pfleg¬ ten die praktischen Aerzte aller Zungen die gerichtliche Arz¬ neikunst frey und unbeschränkt auszuüben, und — was sich von selbst versteht, — legale ärztliche Zeugniße auszustellen. Nur dem Bureaukratischen Zopfwesen war es vorbe¬ halten, — dem klassischen Zeitalter der Zöpfe, die zwar vor Jahrzehenten schon in voller Blüthe standen, aber auch in den letzteren Jahren noch so zahlreich wie die Nach¬ trags=Verordnungen in hohen Geistern spuckten, — zwi¬ schen Arzt und Arzt unnatürliche Schranken zu zie¬ hen, und Einige wenige auf Kosten der Anderen zu bevor¬ zugen. Oesterreichs Völker sind großjährig gesprochen; sie haben eine zeitgemäße freysinnige Constitution. Wann wird denn die ärztliche Vormundschaft enden? Möge das Traunkreisamt die Sprache der Zeit hören, und seinen praktischen Aerzten das natürliche Recht zur vollen und ungehinderten Ausübung jedes Zweiges der Heilkunst in den einzelnen Kommissariats=Bezir¬ ken ehestens wieder zurückgeben. Monopole schaden überall, entweihen aber noch überdieß die Kunst und den Künstler. Losenstein im Mai 1843. Dr. Pruckmayr. 0 9 0 0 0 10 0 6 SGaeeaiSESEiE Verkaufs=Antrag. Auf den Moriz Dießnerschen Fa¬ briks=Realitäten Nro 20 und 21 bey der Steyr allhier, zu deren erecutiven Ver¬ steigerung auf den 22. Mai l. J. die 3. Feilbiethungs=Tagsatzung angeordnet ist, haften für die Frau Elisabeth Hartmann in Prag auf dem 2. Satze die beiden Forderungen pr. 8000 fl. und 2000 fl. C. M. Der gefertigte Vertreter der Frau Elisabeth Hartmann zeiget hiemit an daß dieselbe gesonnen ist, diese beiden Forderungen mit allen ihr darauf zuste¬ henden Rechten, und selbst unter nahm¬ haften Opfern in das Eigenthum eines Dritten abzutreten. Allenfallige Kaufsliebhaber belieben sich mit ihren Ablösungs=Anträgen an den Gefertigten zu wenden. Steyr am 5. Mai 1843. Dr. Schellmann. FSEAzaDasBRSSRSS Verantwortlicher Redacteur Alex. Jul. Schindler; Mitredacteur des nichtpolitischen Theiles F. W. Arming. Druck und Verlag von Sandböck und Haas in Steyr. 4 0 4 0

#ero Ergänzungsblatt zwanglosen Blätter. Steyr den 14. Mai 1848. Die neuen Minister und ein Wort an die Studenten in Wien. Nachdem der Kaiser abermals 2 neue Ministerien errichtet hat, ist das ministerielle Institut vollständig or¬ ganisirt. Wir zählen somit außer einem Ministerpräsiden¬ ten 8 Minister: 1. des Innern 2. der Justiz 3. der Fi¬ nanzen 4. des Außeren, 5. des Unterrichtes 6. des Han¬ dels, des Ackerbaus und der Industrie 7. der öffentlichen Arbeiten 8. des Krieges. Minister des Inneren ist Pil¬ lersdorff, der Justiz Somaruga, der Finanzen Krauß, des Außeren (und des Hauses, wie er genannt zu wer¬ den beliebt, ohne daß wir einsehen, für welches Haus ein constitutioneller Staat einen Minister zu erhalten braucht) unbesetzt, des Unterrichtes unbesetzt, des Handels 2c. Doblhoff, der öffentlichen Arbeiten Baumgartner, des Krieges Latour. Doblhoff und Baumgartner haben erst seit dem 10. d. M. ihre Portfeuilles. Doblhoff, durch seine Wirksamkeit in der niederöstr. ständischen Versammlung bekannt, wo er einen besonne¬ nen und sehr gemäßigten Fortschritt huldigte, ist uns als Minister nicht unerwartet. Was für Befähigungen er aber für Handel, Ackerbau und Industrie mitbringt, da¬ über gibt uns seine bisherige Wirksamkeit keinerlei als Ma߬ stab. Uibrigens arbeitete er klug und entschieden gegen die angemaßte Gewalt der Bureaukratie, was im Allge¬ meinen Vertrauen erregt und zu schönen Hoffnungen be¬ rechtiget. Ein unabhängiger Mann vom reinsten Rufe war er immer. Baumgartner war früher Professor der Fisik an der Wiener=Universität, man hat ihn nie unter die freisin¬ nigen Männer gezählt, nie stand er auf der Seite derer, die Fronte machten gegen den Absolutismus. Des Hofes Wort, oder besser das Wort der Bureaukratie war ihm Gottes Wort. Auf den Parketten der Hofburg ist er keine neue Erscheinung. Er las unserm guten Kaiser privatis¬ simma über Fisik, Mechanik und verwandte Wissenschaften. Später wurde er Direktor der Wiener=Porzellainfabrik, endlich Direktor sämmtlicher ärarischer Fabriken. Die Arbeiter die unter ihm standen, liebten ihn nie sehr. Die Verwaltung und Resultate der ärarischen Fabriken geben eben auch kein glänzendes Zeugniß für die Befähigung ihres Gesammt=Direktors. Das Publikum ge¬ wann nicht das Mindeste durch seine Direktion. Das Aerarial=Porzellain blieb so schön, aber so theuer, wie früher — und der Tabak blieb so schlecht — und so unchristlich theuer — wie früher. Hatten wir denn gar keinen andern Mann der zu dieser Ministerstelle berufen gewesen wäre? Hätte Metternich einen Minister der öf¬ fentlichen Arbeiten zu ernennen gehabt, er würde freilich auch den Hofrath Baumgartner gewählt haben. Dient aber das heute zur Empfehlung? Zum Minister des Unterrichtes soll Palaczky auser¬ sehen sein, derselbe slavische Historiograf in Prag, der als eines der einflußreichsten und thätigsten Häupter der czechischen Parthei, die Einladung zum Frankfurter=Volks¬ tage mit einem dem Deutschthum äußerst feindlichen Schrei¬ ben zurückwies und so den nächsten Anstoß zur neuerlichen Spaltung zwischen der slavischen und der deutschen und den andern nicht slavischen Nationalitäten im Kaiserstaate gab, die jetzt, genährt durch eine übelangewendete Nach¬ giebigkeit der Regierung, uns mit so unabsehbarem Unheil be¬ droht. Wäre Palaczky uns Deutschen nicht so feindlich ent¬ gegengetreten, wir könnten ihn als Unterrichtsminister nur willkommen heißen. Erstens sehen wir darin, daß in ei¬ nem Reiche, welches so viele Millionen Slaven in seinen Gränzen zählt, ein Slave Minister wird, weder etwas Unbilliges, noch etwas Kränkendes. Zweitens ist Palaczky ein Mann, der aus dem Volke geboren, nur durch sein Talent, seinen Fleiß, seine Gelehrsamkeit sich emporschwang. Wir müßten sogar, wenn wir von seinen obigen Schrit¬ ten absehen könnten, seine Ernennung zum Minister einen glücklichen, noch mehr: den glücklichsten Griff nennen, den die leider so oft irrende Regierung seit dem 15. März ge¬ macht hat. Warum macht aber die Regierung, die von Palaczkys feindlicher Gesinnung gegen die Deutschen abse¬ hen zu dürfen glaubt, zu Gunsten und zur Beruhigung der slavischen Nation so wohlüberlegte, glückliche Griffe und setzt aus uns Deutschen nur im alten Systeme er¬ graute Hofräthe, Präsidenten oder andern längst bevor¬ zugten Ständen anhehörige Personen auf die Stühle am grünen Tische des Ministerrathes. Wenn man die That sache damit zusammenhält, daß die Regierung den Be¬ strebungen der slavischen Nation, die sich in strengster Absonderung zu vereinigen trachtet, in diesem Vorgehen keinerlei Hinderniß entgegenstellt, während sie die Wirk¬ samkeit unserer Deputirten beim deutschen Parlamente zu Frankfurt, das einen Bund der deutschen Staaten errich ten soll, durch höchst vorgreifende Ministerial=Erlässe lähmt, dürfte man leicht zu der Meinung kommen: Die Regie¬ rung erkenne die Interessen der Slaven für die Haupt= und herrschenden Interessen im Kaiserthume! Ueberlassen wir aber die Entscheidung des Schicksals des Ministeriums, es mag aus was immer für Elementen zusammengesetzt sein, getrost den Kammern, über deren Wahl und Einberufung, während ich diese Zeilen in der

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