Ergänzungsblätter Nr. 1 bis Nr. 15, Steyr 1848

10 niße schreiben, gerichtsärztliche Funktionen vornehmen, aber von der Stunde der desinitiven Besetzung dieser Stelle hört für ihn dieser erweiterte Wirkungs¬ kreis auf, um vielleicht sein Lebelang in die frühere Zu¬ rücksetzung zu verfallen. Eben so umgekehrt: So lange der öffentliche Arzt Privatarzt war, durste er die gerichtliche Arzneykunst nicht ausüben; mit der Stunde der Anstellung aber gab ihm Gott mit dem Amte Verstand und Herz auf Lebe¬ lang! Ferners: Ist der öffentliche Arzt krank, verreiset, oder anderweitig verwendet; dann kann der nächste praktische Arzt wieder gerichtsärztliche Funktionen vorneh¬ men; ja er kann im Weigerungsfalle — nach einer aus¬ drücklichen speciellen Verordnung, — selbst bei unvermeid¬ licher Verwahrlosung seiner Privat=Praxis, zu deren Vor¬ nahme sogar gezwungen werden! Also, wenn der Privat=Arzt gerichtsärztliche Funk¬ tionen vornehmen will, dann darf er nicht; — und wenn er nicht will, dann muß er! Ein ähnlicher Zopf von gewaltiger Stärke herrscht auch bey der arztlichen Leitung der Epidemien und Vieh¬ seuchen und hängt seinen alten Spießgesellen würdig zur Seite. — Aber, hat denn der Privat=Arzt zur Ausübung der sogenannten öffentlichen Sanitätspflege die genügende Vorbildung, und kann er diese auch von Rechts¬ wegen ansprechen? Ja, so ist es! der Privat=Arzt hat hiezu die wis¬ senschaftliche Befähigung, und auch ein uraltes Recht darauf. In unseren Studien wurde die gerichtliche Arz¬ neikunst als obligates Fach vorgetragen, und machte zugleich einen Gegenstand der strengen Prüfungen aus. Ja noch mehr, die pathologische Anatomie, welche doch die Grundwissenschaft jedes Gerichts=Arztes bildet, ist der jüngste Zweig des ärztlichen Wissens; der¬ gestalt, daß er erst seit einigen Jahren als obligater Lehr¬ Gegenstand behandelt wird. Diese Grundwissenschaft jedes Gerichts = Arztes ist mithin das Eigenthum und der Vorzug der jüngeren praktischen Aerzte. Bei einem solchen Verbote scheinen wir Privat=Aerzte die gerichtsarztlichen Zweige der Heilkunst nur darum haben lernen zu müßen, um sie während unserer Praxis wieder vergessen zu dürfen. In unserem Doktor=Diplome steht über unsere Befähigung zur Ausübung jedes Zweiges der Heilkunst auch um keinen Buchstaben weniger, als in jenem der öffent¬ lichen Aerzte, die ja früher selbst Jahre lang nur Privat¬ Aerzte waren! — Noch weniger kann dem Privat=Arzte das Recht zur freien und unbeschränkten Ausübung der gerichtlichen Arzneikunst bestritten werden. In unserem Diplome heißt es wörtlich: „Wir (Rec¬ „tor und Universitat) gaben und geben ihm (dem praktischen „Arzte) die Macht, die ärztliche Praxis und Alles Uibrige „auszuüben, was die Med. Dru. auszuüben pflegen; wir „ertheilen ihm überdieß alle Privilegien und Vorrechte, „welch immer den wahrem Ded. Dr. durch Gesetze und „Gewohnheit zugetheilt zu werden pflegen.“ Nun, durch Jahrhunderte und Jahrhunderte pfleg¬ ten die praktischen Aerzte aller Zungen die gerichtliche Arz¬ neikunst frey und unbeschränkt auszuüben, und — was sich von selbst versteht, — legale ärztliche Zeugniße auszustellen. Nur dem Bureaukratischen Zopfwesen war es vorbe¬ halten, — dem klassischen Zeitalter der Zöpfe, die zwar vor Jahrzehenten schon in voller Blüthe standen, aber auch in den letzteren Jahren noch so zahlreich wie die Nach¬ trags=Verordnungen in hohen Geistern spuckten, — zwi¬ schen Arzt und Arzt unnatürliche Schranken zu zie¬ hen, und Einige wenige auf Kosten der Anderen zu bevor¬ zugen. Oesterreichs Völker sind großjährig gesprochen; sie haben eine zeitgemäße freysinnige Constitution. Wann wird denn die ärztliche Vormundschaft enden? Möge das Traunkreisamt die Sprache der Zeit hören, und seinen praktischen Aerzten das natürliche Recht zur vollen und ungehinderten Ausübung jedes Zweiges der Heilkunst in den einzelnen Kommissariats=Bezir¬ ken ehestens wieder zurückgeben. Monopole schaden überall, entweihen aber noch überdieß die Kunst und den Künstler. Losenstein im Mai 1843. Dr. Pruckmayr. 0 9 0 0 0 10 0 6 SGaeeaiSESEiE Verkaufs=Antrag. Auf den Moriz Dießnerschen Fa¬ briks=Realitäten Nro 20 und 21 bey der Steyr allhier, zu deren erecutiven Ver¬ steigerung auf den 22. Mai l. J. die 3. Feilbiethungs=Tagsatzung angeordnet ist, haften für die Frau Elisabeth Hartmann in Prag auf dem 2. Satze die beiden Forderungen pr. 8000 fl. und 2000 fl. C. M. Der gefertigte Vertreter der Frau Elisabeth Hartmann zeiget hiemit an daß dieselbe gesonnen ist, diese beiden Forderungen mit allen ihr darauf zuste¬ henden Rechten, und selbst unter nahm¬ haften Opfern in das Eigenthum eines Dritten abzutreten. Allenfallige Kaufsliebhaber belieben sich mit ihren Ablösungs=Anträgen an den Gefertigten zu wenden. Steyr am 5. Mai 1843. Dr. Schellmann. FSEAzaDasBRSSRSS Verantwortlicher Redacteur Alex. Jul. Schindler; Mitredacteur des nichtpolitischen Theiles F. W. Arming. Druck und Verlag von Sandböck und Haas in Steyr. 4 0 4 0

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