Ergänzungsblätter Nr. 1 bis Nr. 15, Steyr 1848

#ero Ergänzungsblatt zwanglosen Blätter. Steyr den 14. Mai 1848. Die neuen Minister und ein Wort an die Studenten in Wien. Nachdem der Kaiser abermals 2 neue Ministerien errichtet hat, ist das ministerielle Institut vollständig or¬ ganisirt. Wir zählen somit außer einem Ministerpräsiden¬ ten 8 Minister: 1. des Innern 2. der Justiz 3. der Fi¬ nanzen 4. des Außeren, 5. des Unterrichtes 6. des Han¬ dels, des Ackerbaus und der Industrie 7. der öffentlichen Arbeiten 8. des Krieges. Minister des Inneren ist Pil¬ lersdorff, der Justiz Somaruga, der Finanzen Krauß, des Außeren (und des Hauses, wie er genannt zu wer¬ den beliebt, ohne daß wir einsehen, für welches Haus ein constitutioneller Staat einen Minister zu erhalten braucht) unbesetzt, des Unterrichtes unbesetzt, des Handels 2c. Doblhoff, der öffentlichen Arbeiten Baumgartner, des Krieges Latour. Doblhoff und Baumgartner haben erst seit dem 10. d. M. ihre Portfeuilles. Doblhoff, durch seine Wirksamkeit in der niederöstr. ständischen Versammlung bekannt, wo er einen besonne¬ nen und sehr gemäßigten Fortschritt huldigte, ist uns als Minister nicht unerwartet. Was für Befähigungen er aber für Handel, Ackerbau und Industrie mitbringt, da¬ über gibt uns seine bisherige Wirksamkeit keinerlei als Ma߬ stab. Uibrigens arbeitete er klug und entschieden gegen die angemaßte Gewalt der Bureaukratie, was im Allge¬ meinen Vertrauen erregt und zu schönen Hoffnungen be¬ rechtiget. Ein unabhängiger Mann vom reinsten Rufe war er immer. Baumgartner war früher Professor der Fisik an der Wiener=Universität, man hat ihn nie unter die freisin¬ nigen Männer gezählt, nie stand er auf der Seite derer, die Fronte machten gegen den Absolutismus. Des Hofes Wort, oder besser das Wort der Bureaukratie war ihm Gottes Wort. Auf den Parketten der Hofburg ist er keine neue Erscheinung. Er las unserm guten Kaiser privatis¬ simma über Fisik, Mechanik und verwandte Wissenschaften. Später wurde er Direktor der Wiener=Porzellainfabrik, endlich Direktor sämmtlicher ärarischer Fabriken. Die Arbeiter die unter ihm standen, liebten ihn nie sehr. Die Verwaltung und Resultate der ärarischen Fabriken geben eben auch kein glänzendes Zeugniß für die Befähigung ihres Gesammt=Direktors. Das Publikum ge¬ wann nicht das Mindeste durch seine Direktion. Das Aerarial=Porzellain blieb so schön, aber so theuer, wie früher — und der Tabak blieb so schlecht — und so unchristlich theuer — wie früher. Hatten wir denn gar keinen andern Mann der zu dieser Ministerstelle berufen gewesen wäre? Hätte Metternich einen Minister der öf¬ fentlichen Arbeiten zu ernennen gehabt, er würde freilich auch den Hofrath Baumgartner gewählt haben. Dient aber das heute zur Empfehlung? Zum Minister des Unterrichtes soll Palaczky auser¬ sehen sein, derselbe slavische Historiograf in Prag, der als eines der einflußreichsten und thätigsten Häupter der czechischen Parthei, die Einladung zum Frankfurter=Volks¬ tage mit einem dem Deutschthum äußerst feindlichen Schrei¬ ben zurückwies und so den nächsten Anstoß zur neuerlichen Spaltung zwischen der slavischen und der deutschen und den andern nicht slavischen Nationalitäten im Kaiserstaate gab, die jetzt, genährt durch eine übelangewendete Nach¬ giebigkeit der Regierung, uns mit so unabsehbarem Unheil be¬ droht. Wäre Palaczky uns Deutschen nicht so feindlich ent¬ gegengetreten, wir könnten ihn als Unterrichtsminister nur willkommen heißen. Erstens sehen wir darin, daß in ei¬ nem Reiche, welches so viele Millionen Slaven in seinen Gränzen zählt, ein Slave Minister wird, weder etwas Unbilliges, noch etwas Kränkendes. Zweitens ist Palaczky ein Mann, der aus dem Volke geboren, nur durch sein Talent, seinen Fleiß, seine Gelehrsamkeit sich emporschwang. Wir müßten sogar, wenn wir von seinen obigen Schrit¬ ten absehen könnten, seine Ernennung zum Minister einen glücklichen, noch mehr: den glücklichsten Griff nennen, den die leider so oft irrende Regierung seit dem 15. März ge¬ macht hat. Warum macht aber die Regierung, die von Palaczkys feindlicher Gesinnung gegen die Deutschen abse¬ hen zu dürfen glaubt, zu Gunsten und zur Beruhigung der slavischen Nation so wohlüberlegte, glückliche Griffe und setzt aus uns Deutschen nur im alten Systeme er¬ graute Hofräthe, Präsidenten oder andern längst bevor¬ zugten Ständen anhehörige Personen auf die Stühle am grünen Tische des Ministerrathes. Wenn man die That sache damit zusammenhält, daß die Regierung den Be¬ strebungen der slavischen Nation, die sich in strengster Absonderung zu vereinigen trachtet, in diesem Vorgehen keinerlei Hinderniß entgegenstellt, während sie die Wirk¬ samkeit unserer Deputirten beim deutschen Parlamente zu Frankfurt, das einen Bund der deutschen Staaten errich ten soll, durch höchst vorgreifende Ministerial=Erlässe lähmt, dürfte man leicht zu der Meinung kommen: Die Regie¬ rung erkenne die Interessen der Slaven für die Haupt= und herrschenden Interessen im Kaiserthume! Ueberlassen wir aber die Entscheidung des Schicksals des Ministeriums, es mag aus was immer für Elementen zusammengesetzt sein, getrost den Kammern, über deren Wahl und Einberufung, während ich diese Zeilen in der

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