Ergänzungsblätter Nr. 1 bis Nr. 15, Steyr 1848

Wir Franz Joseph der Erste, von Gottes Gna¬ den Kaiser von Oesterreich; König von Hungarn und Böhmen, König der Lombardei und Venedigs von Dalmatien, Croatien, Slavonien Galizien, Lodome¬ rien und Illyrien; König von Jerusalem 2c.; Erz¬ herzog von Oesterreich, Großherzog von Toscana; à Herzog von Lothringen, von Salzburg, Steyer, Kärn¬ then, Krain, Großfürst von Siebenbürgen; Mark¬ graf von Mähren; Herzog von Ober= und Nieder¬ Schlesien, von Modena, Parma, Piacenza und Gua¬ #n stalla, von Auschwitz und Zator, von Teschen, Fri¬ aul, Ragusa und Zara; gefürsteter Graf von Habs¬ burg, von Tirol, von Kyburg, Görz und Gradisko; Fürst von Trient und Briren; Markgraf von Ober¬ und Nieder=Lausitz und in Istrien; Graf von Hohen¬ embs, Feldkirch, Bregenz, Sonnenberg 2c.; Herr von Triest, von Cattara und auf der Windischen Mark. Durch die Thronentsagung Unseres erhabenen Oheims, Kaisers und Königs Ferdinand des Ersten, in Un¬ garn und Böhmen dieses Namens des Fünften, und die Verzichtleistung Unseres durchlauchtigsten Herrn Vaters, Erzherzogs Franz Karl auf die Thronfolge kraft der pragmatischen Sanktion berufen, die Kronen Unseres Rei¬ ches auf Unser Haupt zu setzen: verkündigen Wir hiermit feierlichst allen Völ¬ kern der Monarchie Unsere Thronbesteigung unter dem Namen Franz Joseph des Ersten. Das Bedürfniß und den hohen Werth freier und zeit¬ gemäßer Institutionen aus eigener Ueberzeugung erken¬ nend, betreten wir mit Zuversicht die Bahn, welche Uns zu einer heilbringenden Umgestaltung und Verjüngung der Gesammt=Monarchie führen soll. Auf den Grundlagen der wahren Freiheit, auf den Grundlagen von Gleichberechtigung aller Völker des Rei¬ ches und der Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Ge¬ setze, so wie der Theilnahme der Volksvertreter an der Gesetzgebung, wird das Vaterland neu erstehen, in alter Größe aber mit verjüngter Kraft, ein unerschütterlicher Bau in den Stürmen der Zeit, ein geräumiges Wohn¬ haus für die Stämme Verschiedener Zunge, welche unter dem Scepter Unserer Väter ein brüderliches Band seit Jahrhunderten umfangen hält. Fest entschlossen, den Glanz der Krone ungetrübt, und die Gesammt=Monarchie ungeschmälert zu erhalten, aber bereit Unsere Rechte mit den Vertretern unserer Völker zu theilen, rechnen Wir darauf, daß es mit Gottes Bei¬ stand und im Einverständnisse mit den Völkern gelingen werde, alle Lande und Stämme der Monarchie zu einem großen Staatskörper zu vereinigen. Schwere Prüfungen sind über Uns verhängt, Ruhe und Ordnung in mehreren Gegenden des Reiches gestört worden. In einem Theile der Monarchie entbrennt noch heute der Bürgerkrieg. Alle Vorkehrungen sind getroffen, um die Achtung vor dem Gesetze allenthalben wieder her¬ zustellen. Die Bezwingung des Aufstandes und die Rück¬ kehr des inneren Friedens sind die ersten Bedingungen, für ein glückliches Gedeihen des großen Verfassungswerkes. Wir zählen hierbei mit Zuversicht auf die verständige und aufrichtige Mitwirkung aller Völker durch ihre Vertreter. Mir zählen auf den gesunden Sinn der stets getreuen Landbewohner welche durch die neuesten gesetzlichen Be¬ stimmungen über die Lösung des Unterthansverbandes und Entlastung des Bodens in den Vollgenuß der staatsbür¬ gerlichen Rechte getreten sind. Wir zählen auf Unsere getreuen Staatsdiener. Von Unserer glorreichen Armee versehen Wir Uns der altbewährten Tapferkeit, Treue und Ausdauer. Sie wird Uns wie Unseren Vorfahren ein Pfeiler des Thro¬ nes, dem Vaterlande und den freien Institutionen ein un¬ erschütterliches Bollwerk sein. Jede Gelegenheit, das Verdienst, welches keinen Un¬ terschied des Standes kennt, zu belohnen, wird Uns will¬ kommen sein. Völker Oesterreichs! Wir nehmen Besitz von dem Throne Unserer Väter in einer ernsten Zeit. Groß sind die Pflichten, groß die Verantwortlichkeit, welche die Vor¬ sehung Uns auferlegt. Gottes Schutz wird Uns begleiten. So gegeben in Unserer königlichen Hauptstadt Olmütz, den 2. Dezember im Jahre des Heils Eintausend Acht¬ hundert und Acht und Vierzieg. Franz Josef. Schwarzenberg. (L. S.) Ueberdieß hat Se. Majestät unser Kaiser Franz Josef I. dem Reichstag mit Reskript von seiner Thronbesteigung Kunden gegeben, das Ministerium Bach=Stadion bestätiget und endlich als ersten Regierungsschritt den Baron Kulmer zum Minister ohne Portfeuille mit Sitz und Stimme im Ministerrath ernannt. Wir haben von diesem Baron Kulmer nie früher gehört, als bei Gelegenheit der berühmten aufgefangenen Briefe Jellachichs, durch welche der unglückliche Kriegsminister Latour der Kammer gegen¬ über in nicht geringe Verlegenheit kam. Die öffentlichen Blätter brachten damals auch einen aufgefangenen Brief Jellachichs an seinen Freund Baron Kulmer. An die Ernennung eines Ministers ohne Portfeuille knüpfen sich, namentlich in einem so jungen Staate wie der unfrige und in diesem Augenblicke Betrachtungen von Wichtigkeit. In Erecutivmaßregeln innerhalb der Schranken der Gesetze ist der Ministerrath gewiß entschieden, und wie wenig die Verantwortlichkeit post festum nützt, sehen wir heute. Der konstituirende Reichstag bedenke daher wohl ob dies Recht der Krone Minister zu ernennen auch auf Minister ohne Portfeuille auszudehnen sei, denn wem Allen könnte dann eine, dem Volke ungünstige Zukunft an den Ministertisch bringen. Wie leicht wäre durch eine so gebildete Majorität die Wir¬ kung eines volksthümlichen Ministeriums paralisirt. Eines verletzt den konstitutionellen Staatsmann im Ent¬ sagungs=Protokolle. Dort werden, in dem offenbar nach dem Range verfaßten Verzeichniß der Anwesenden Windischgrätz und Jellachich und eine Hofcharge Graf Grün vor den Mini¬ stern angeführt. Das ist jedenfalls ein Verstoß, denn die Minister und Nie¬ mand Anderer sind die ersten Beamten und Würdenträger der Krone. In Nr. 210 der Unzer Zelung hist es: „Der Ober¬ Kommandant der oberösterreichischen Nationalgarden, Herr Baron Grammont, ist nebst den Nationalgardekommanden der Provinzen Mähren, Böhmen und Steyermark, deren Wahl vom Kaiser gleichfalls bestätigt wurde, nach Kremsier einberufen worden 2c. 2c. Es könnte durch diese ungerechtfertigte Tertirung sich die irrige Meinung verbreiten, als sei Herr Grammont von den Nationalgarden Oberösterreichs zum Ober¬ kommandanten gewählt worden. Diesem muß bestimmt widersprochen werden. Die Nationalgarde von Linz hat Herrn Grammont zu ihrem Kommandanten gewählt die Nationalgarden der übrigen oberöster¬ reichischen Städte und Märkte sind aber zur Wahl eines Oberkommandanten nie aufgefordert worden. Herr Gram¬ mont wurde zu seinem jetzigen Amte ernannt, und wir werden zur gelegenen Zeit diese Ernennung beleuchten. Die Redaktion. Steyr am 6. Dez. 1848. Verantworticher Redatteur Alex. Jul. Schindlerz Mitredatteur F. W. Arming. Druck und Verlag von Haas in Steyr.

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