Ergänzungsblätter Nr. 1 bis Nr. 15, Steyr 1848

24 Dem Cillier Wochenblatte wird aus Vordernberg geschrieben, daß der Erzherzog Johann auf seiner Reise nach Wien sich dort sehr bitter über die reaktionären Umtriebe geäußert und seinen Entschluß ausgesprochen habe ganz mit dem Volke und für das Volk zu wirken. Pfeffe Der Pabst hat an unsern Kaiser einen Gesandten geschickt mit dem apostolischen Segen und der Bitte „Se. Majestät möge dem schönen Italien den Frieden schen¬ ken, und alle Provinzen Italiens, so weit die italienische Zunge reicht, (also auch Südtirol) durch seine Truppen räumen lassen und freigeben. „Sonst hat der heilige Vater keine Schmerzen“, scherzt die Wiener Zeitung, die uns diese Nachricht bringt. Ich kenne noch viele so friedliebende Leute wie Pius IX. Ein Bauer, der um einen Weg über seines Nachbars Feld stritt, machte auch einst den Vergleichsvorschlag: wenn ihm der Nachbar das ganze Feld ins Eigenthum überließe, wollte er auch um jenen Weg nicht länger streiten. Es gibt nichts Neues unter der Sonne. Wiener Ta Wien am 6. Juni 1848. Gestern machte ich Ihnen die Anzeige, daß man die Deputation aus Frankfurt erwarte, über ihr Eintreffen und den ihnen bereitete Empfang in Nußdorf berichtet die heutige Wiener=Zeitung umständlich. Tausende von Menschen strömten heute in die Stadt, um dem Einzuge dieser Herren in die kaiserl. Burg, dem gegenwärtigem Wohnsitze des Erzherzogs Johann, bei¬ zuwohnen. An beiden Enden des Grabens waren uniformir¬ te Musikbanden der Bürgerregimenter aufgestellt, welche bei Herannahen des Zuges, die Melodie: „Was ist des Deutschen Vaterland“ und die Volkshymne aufspielten, und sich demselben sodann anschlossen. Berittene Nationalgarden und ein Kompagnie Na¬ ionalgarde eröffnet den Zug, der magistratische Ausschuß, so wie jener der Bürger, Nationalgarden und Studen¬ Verantwortlicher Redacteur Alex. Jul. Sch Druck und Verlag von Sandbök Dank dem edlen Prinzen für diese Gesinnung — wie steht aber mit dieser Vordernberger Aeußerung die bekannte gegen die Wiener Nationalgarde, Offiziere in Einklang: Meine Herren, es gibt keine Reaktion, denn sie ist unmöglich?? körner. Ein drolliger Kauz korrespondirt aus Oberösterreich in der Allgemeinen Zeitung No. 180: es wäre am Be¬ sten, wenn wir Oberösterreicher als Deputirten zum konsti¬ tuirenden Reichstag in Wien, wieder dieselben Männer wählten, die wir ins deutsche Parlament nach Frankfurt gewählt haben. Na — da kämen wir schön an. Der drollige Kauz meint „jene Männer hätten jetzt schon den parlamentarischen Takt gelernt.“ Wenn der parlamenta¬ rische Takt im Stillschweigen bei allen Verhandlungen be¬ steht, dann hätte der Kauz Recht, daß aber einer unse¬ rer oberösterreichischen Deputirten in der Paulskirche ge¬ sprochen hätte, ist uns noch nicht gemeldet worden. Es werden ohnehin genug Deputirte zum Wiener Reichstag kommen, die nichts zu sprechen vermögen — vermehren wir doch nicht muthwillig ihre unliebsame Zahl. 8 gsberichte. ten folgten darauf, in vier Hofgallawägen fuhren die Deputirten mit dem Diplome für den Erzherzog und den Wägen schloßen sich ein langer Zug von Nationalgarden und Bürgern in ihren verschiedenen Uniformen an, und den Schluß machte eine Kompagnie Bürgergrenadire und berittene Bürger. Alle beim Zuge, welche keine Uniformen trugen, so wie die Deputirten selbst, waren schwarz gekleidet, und alle ohne Ausnahme hatten das deutsche Band quer über die Brust gebunden. Der Erzherzog erschien selbst auf dem Balkone der Reichskanzlei und sprach einige Worte an die versammel¬ te Menge, welche mit ungeheuren Jubel und Vivat auf¬ genommen wurden, 101 Kanonenschüsse verkündeten, daß Deutschland in unserm Johann ein Reichsoberhaupt habe. Abends ist Fackelzug und Beleuchtung der Stadt. Mit einem Anzeiger Nr. 21. indler; Mitredakteur F. W. Arming. und Haas in Steyr.

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