Ergänzungsblätter Nr. 1 bis Nr. 15, Steyr 1848

„ero. 11. Ergänzungsblatt zwanglosen Blätter. Steyr den 12. August 1848. Gesetes=Entwurf über die Errichtung von Handels=Kammern. #ie von den Vorständen des Handelstandes gestell¬ ten und von dem prov. nied. öst. ständischen Ausschusse unterstützten Anträge um baldige Errichtung von Han¬ beiskammern, waren Veranlassung, daß der Herr Mi¬ nster des Handels, Freiherr von Doblhoff, ein eigenel Comite aus Mitgliedern des Großhandlungs= und bür¬ gertschen Handlungs=Gremiums, des nied. öst. Gewerbe¬ Vereines und aus Regierungs=Organen berief, um diese Anträge einer Berathung zu unterziehen. Die Versammlung sprach sich einhellig für die schon seit Jahren und im gegenwärtigen Augenblicke dringlicher denn je gebotene Einführung der Handelskammern aus, und stellte die Aufgabe derselben in allgemeinen Umrissen fest, wodurch der Herr Minister zu der Frage veranlaßt wurde, ob lediglich die Errichtung von Handelskammern in Berathung genommen, oder ob gleich die Durchführung eines vollständigen Systemes, nämlich die Gründung von Prud’hommes — Gerichten (Fabrik=Schieds= Gerichten), Handelkammern, Handels=Tribunalen, Manufactur=Rä¬ then und eines Conseil=General in Antrag gebracht wer¬ den sollte, besonders da letzteres bei der Berathung der commerciellen und industriellen Beschlüsse und Fragen des. Ackerbaues von höchster Wichtigkeit sei, bevor dieselben zur Verhandlung am Reichstage gelangen. Die Anwesenden erkannten einstimmig die dringliche Nothwendigkeit dieser Institute, mit dem Wunsche, daß sie baldigst in's Leben treten möchten, daß vor Allem aber zur Ausarbeitung eines Gesetzes, bezüglich der ungesäum ten Errichtung und Organisirung der Handelskammern ge¬ schritten werde. Zu diesem Behufe wurde die Bildung ei¬ nes eigenen Ausschusses von fünf Mitgliedern aus der Versammlung beantragt, und vom Herrn Handelsminister mit der Bestimmung genehmigt, das der von dem Aus¬ schusse ausgearbeitete Gesetz=Entwurf in Druck gelegt, den Provinzen zugeschickt werde damit dieselben ihn berathen, und Abgeordnete zu den Schlußberathungen nach Wien entsenden könnten. Der fertige Entwurf sollte aber auch der Presse über¬ geben werden, damit er zur öffentlichen Discussion Anlaß gebe, und die Ansichten, welche etwa hiedurch hervorge¬ rufen werden, nach Möglichkeit benützt werden könnten. Zu diesem Ende ist derselbe der Redaktion von Seite des betreffenden Ministeriums zugekommen, und indem wir ihn hier mittheilen bieten wir die Spalten unserer Blätter zur Aufnahme jeder mit Sachkenntniß geschriebenen Be¬ merkung darüber an. Entwurf. §. 1. Handelskammern in ihrer unmittelbaren Unterordnung unter dem Ministerium für Ackerbau, Gewerbe und Handel sind in allen Orten der Monarchie, wo sie durch eine ausgedehnte Ge¬ werbs= und Handelsthätigkeit bedingt werden, zu errichten. §. 2. Die Handelskammern, als berathende Institute, haben im Allgemeinen die Bestimmung: Wünsche und Vorschläge über alle Gewerbs= und Handelszustände in Verhandlung zu nehmen, und über erhaltene Aufforderungen, oder auch ohne dieselbe, ihre Ansichten und Gutachten für die Erhaltung und Förde¬ rung des Gewerbsfleißes und des Verkehres, zur Kennt¬ niß der Behörden zu bringen. §. 3. Zu ihrem Wirkungskreise gehören insbe¬ sondere: a) Vorschläge zur Verbesserung der Handels= und Ge¬ werbsgesetzgebung. b) Anträge über die Mittel zur Beförderung und Be¬ lebung der Gewerbe und des Handels, und zur Be¬ seitigung der Ursachen, welche die Fortschritte in den¬ selben hemmen. c) Die Erstattung von Auskünften und Berichten an die Behörden über auf Handel und Industrie Bezug habende Angelegenheiten. d) Die Verfassung von Nachweisungen über den Stand der Gesammtindustrie, und der dabei beschäftigten Personen. e) Die Mitwirkung bei der Regelung des Zolltarifs. () Vorschläge über Ernennungen von Handels=Agenten und Sensalen, so wie auch zur Errichtung von Bör¬ sen und öffentlichen auf Handel und Gewerbe Be¬ zug habenden Anstalten. g) Die Erstattung von Gutachten, über Sensarien und andere Auslagen für öffentliche im Interesse der In¬ dustrie und des Handels aufgestellte Personen. h) Die Berechtigung, mittelst Correspondenz sich mit den Behörden und andern Handelskammern über Verbesserungen in Gewerbs= und Handels=Angele genheiten in Verbindung zu setzen. i) Die Verpflichtung, im Monate März jeden Jahres einen ansführlichen Bericht über den Zustand und den Gang der Industrie und des Haudels, an das Handel=Ministerium zu erstatten. §. 4. Die Handelskammern sind über neue Gesetze und Verordnungen in Gewerbs= und Handelsangelegen¬ heiten, bevor. dieselben erlassen, oder die bestehenden we¬

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