Ergänzungsblätter Nr. 1 bis Nr. 15, Steyr 1848

sentlich abgeändert werden, um ihr Gutachten zu ver¬ nehmen §. 5. Zum Mitgliede der Handelskammer oder zum Stellvertreter kann jede in den industriellen und commer ciellen Wissenschaften notorisch bewanderte Person, sobald sie großjährig ist, und in dem Bezirke der Handelskammer ihren Wohnsitz hat, gewählt werden. §. 6. Wer den Wohnort oder den Sitz seines Ge¬ schäftes aus dem Bezirke, wo er wählbar ist, verlegt, unter gerichtlicher Curatel steht, in Concurs verfallen ist und durch Beschluß gewerbs- und kaufmännischer Corpo¬ rationen von deren Mitgliedschaft ausgeschlossen ist, kann nicht Mitglied der Handelskammer seyn; ist derselbe bereits gewählt, so hat dessen Austritt zu erfolgen. §. 7. Jede Handelskammer hat mit Inbegriff des Vorsitzenden aus nicht weniger als 9 und nicht mehr als 21 Mitgliedern zu bestehen. §. 8. Von den Mitgliedern der Handelskammern müssen wenigstens zwei Drittheile noch ihr Gewerbs= oder Handelsgeschäft für eigene Rechnung betreiben. Die übri¬ gen Mitglieder, wenn sie dem Handels= und Gewerbs¬ stande nicht mehr angehören, und auch früher nicht ange¬ hört haben, müssen jedoch die im §. 5 und 6 vorgeschrie¬ benen Eigenschaften besitzen. §. 9. Die Berufung der Mitglieder in die Handels¬ kammern geschieht durch Wahl. §. 10. Die Mitglieder werden auf drei Jahre ge¬ wählt. Alljährig am 31. Dezember tritt ein Drittheil durch das Los aus. Von den bei der Errichtung der Handels¬ kammern gewählten Mitgliedern hat ausnahmsweise der erste Drittheil nach Ablauf des zweiten Jahres auszutreten. §. 11. Die austretenden Mitglieder sind nach einem Jahre wieder wählbar. Ohne Grund kann Niemand die auf ihn gefallene erste Wahl ablehnen. Ob die Gründe für die Ablehnung der Wahl eine Berücksichtigung verdienen, entscheidet die Handelskammer, welche immer mit ½ der Mitglieder als konstituirt ange¬ sehen wird. §. 12. Bei der Errichtung von Handelskammern sind alle bei dem Mercantil= und Wechselgerichte der Pro¬ vinz protokollirten Gewerbs= und Handelsleute berechtigt, aus ihrer Mitte Wahlmänner ohne Rücksicht auf den Ort oder Bezirk, wo sie selbst wohnen, zu wählen. §. 13. Die Municipal=Behörde ernennt den Com¬ missär zur Abhaltung der Wahl. Dieser hat die Wahl einzuleiten, die Umlaufschrei¬ ben an die Wahlberechtigten zur Versammlung an dem bestimmten Wahltage zu erlassen. Die Wahlberechtigten bringen mittelst Wahlzettel die Wahlmänner in Vorschlag. §. 14. Aus der Mitte der wahlberechtigten Mitglie¬ der sind fünf, und aus diesen ein Obmann zu wählen, welche unter Vorsitz des Commissärs die Namen der Wahl¬ männer aus den abgegebenen Stimmzetteln zu protokolliren, und das Serutinium vorzulegen haben. Diese haben das Wahlprotokoll zu unterzeichnen. §. 15. Kein Wähler ist berechtigt, Andere zur Stimm¬ gebung zu bevollmächtigen. §. 16. Die Anzahl der Wahlmänner beträgt das fünffache der zu wählenden Mitglieder einer Handels¬ kammer. Für die Wahlmänner entscheidet die relative, für die Mitglieder der Handelskammer aber die absolute Stimmen¬ mehrheit. Gibt die Wahl für die zu besetzenden Stellen nicht eine absolute Stimmenmehrheit, so werden für jedes noch fehlende Mitglied zwei Personen, und zwar diejenigen, welche zunächst die meisten Stimmen haben, zur neuen Wahl gebracht. Bei Stimmengleichheit entscheidet das Los. §. 17. Die Berufung neuer, an die Stelle der aus¬ tretenden Mitglieder geschieht gleichfalls durch die Wahl, nur hat die Commission hierfür zu bestehen; a) Aus Mitgliedern der Handelskammer; b) des Handelstribunals; c) der Fabriksgerichte, wo solche im Orte bestehen; d) des Municipalrathes der Stadt. Die Handelskammer und das Handelstribunal, wenn letzteres besteht, wählen, und zwar jedes dieser Institute die Hälfte der Wahlmänner, welchen nach §. 16 das Recht zusteht, die Ergänzungswahl für die ausgetretenen Abgeordneten in die Handelskammer vorzunehmen. (Schluß folgt.) Zur Geschichte des Tages. Der brave Abgeordnete Brestel hat in der Sitzung des Reichstages vom 7. d. M. das Ministerium auf das Prachtvollste interpellirt. Er fragte, wie es komme, daß trotz der Versicherung der Thronrede: „der Krieg in Ita¬ lien sei nicht gegen die Freiheitsbestrebungen der italieni¬ schen Völker gerichtet,“ doch der Brigadeur Lichtenstein mit einer Heeresmacht von Radetzky nach Modena geschickt worden sei, um den erbärmlichen, immer ftüchtigen Herzog dieses Landes wieder zur Schmach der Freiheit auf seinen hohen absoluten Throne zu setzen. Dobblhoff sagte hierauf, wie gewöhnlich, er wisse zwar Nichts von dem Allem, doch er wolle sich darum bekümmern; übrigens sei er ein deutscher Mann! Guter braver Brestel! es blühen dir noch mehrere Interpellationen. Am 29. Juli d. J. erließ F. M. L. Welden eine Proklamation an die Bewohner der päpstli¬ chen Staaten, in die er unter einem einrückt: „weil ein nichtswürdiger Fanatismus unruhige Partheien schuf nun aber sei es Zeit diesem Treiben einen Damm zu se¬ tzen und wo die Stimme der Vernunft nicht durchdringen

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