Ergänzungsblätter Nr. 1 bis Nr. 15, Steyr 1848

22 wird, werde er (Welden) sich (sic) durch seine (sic) Kanonen vernehmen lassen.“ Was kümmert unsere Armee irgend ein Fanatismus im päpstlichen Reiche, so lange er nicht gewaltsam unsere Grenzen überschreitet oder wenn er wieder in die Grenzen des Erarchates zurückgetrieben ist! Aber unsere Heerfüh¬ rer in Italien, so muthig sie immer fechten mögen, schei¬ nen noch immer keinen Begriff zu haben von der wieder¬ gewonnenen Freiheit und Würde eines Volkes. So schließt Radetzky einen seiner neuesten Siegesberichte mit dem ein¬ zigen Rufe: Es lebe der Kaiser! Und wir? das Volk? Ficht man in Italien nur für den Kaiser? Und wir das das Volk? Trägt unsere Armee die Waffen nicht für das Volk, durch das Volk? Steht die Armee auf einem ande¬ ren Standpunkte als unser Kaiser, der seine Krone nur trägt durch das Volk — für das Volk?? Das sind in¬ haltsschwere Fragen, geschrieben von einer kampfbereiter Hand. Ihr Heldenbrüder in Italien, gingen denn alle eure Briefe über Innsbruk? Saht ihr noch nie das Ban¬ ner der Freiheit wallen? Hört unseren wohlgegliederten Ruf: Für Freiheit — Vaterland — und unsern konstitu¬ tionellen Kaiser! Bedingt eine freie Verfassung Gewerbefreiheit?*) (Eingesendet.) Wie dem Bauer Roboth und Zehent, so liegt dem Ge¬ werbsmanne die Gewerbsfrage am Herzen. Sie dunkt ihm, wie jenem das Andere, obgleich er weiß, daß viel wichtigere Dinge in Verhandlung kommen, von den Beschlussen des Reichstages das Wichtigste. Und wer möchte es ihm auch verargen, für ihn ist es eine Lebensfrage. Nicht von Abtretung eines Ueberflusses an den Dürftigern handelt es sich (da wäre es ge¬ recht) um Theilung des Nothwendigen zur Lebensexistenz, um Sicherstellung der Erwerbsquellen im bescheidensten Maße. Durch die bisherige Gewerbsgesetzgebung einem maßlosen Drucke der Konkurrenz ausgesetzt, ist der bürgerliche Wohlstand im Allgemeinen bereits verschwunden, ja Viele dem wirklichen Mangel, der Armuth preisgegeben. Die Erhebung des Vol¬ kes an den glorreichen Märztagen erfüllte jedes Herz mit Freude und Jubel. Auch der Burger, im Bezug auf Gewerbe, be¬ grüßte darin das Ende der Willkuhr und des Schlendrians. Es war ja die Loosung zur Aufführung eines neuen Staats¬ baues gestützt auf gegenseitigen gerechten und bil¬ ligen Vertrag. — Kein Stand soll bevorzugt, kei¬ ner zu Gunsten des andern unterdruckt werden. In diesen Grundgesetzen sah der Bürger auch die Noth¬ wendigkeit einer Reform der Gewerbsgesetzgebung und dann die Verbesserung seiner drückenden Verhältnisse. Ob er sich aber nach dem gegenwärtigen Stand der Dinge nicht etwa getäuscht hat; ob nicht vielleicht der letzte Zustand der Dinge ärger als der erste wird? — Ein Blick nach den Ver¬ handlungen zu Frankfurt genugt, um mit Besorgniß und Ban¬ gigkeit in die Zukunft zu blicken. Gewerbefreiheit und mit ihr das Einreißen jeder Konkurrenz= Schranke ist in Aussicht ge¬ stellt. Sie wird — unbegreiflich! — als allein verein¬ bar mit einer freien Verfassung, als ein Hebel der Industrie und Volksgluckes angepriesen. Möchten sie doch eintreten — die Herren, die da tagen und des Landes Wohl berathen — in die Werkstube des Hand¬ werkers und der kleinern Gewerbe, möchten sie beachten, wie diese vom frühen Morgen bis späten Abend sich abmühen, und dabei kaum das Nothwendige verdienen, was sie zur Fristung ihres physischen Lebens benöthigen, geschweige denn, daß ihnen Muße bliebe eine geistige Erholung zu genießen. Und das ist noch der glücklichste Fall. Erst wenn die Arbeit stockt, wenn Krankheiten oder andere Unglücks=Fälle eintreten? Welch ein Elend! Und ist das nicht eine Folge der unge¬ zügelten Konkurrenz? Seht euch um in den bessern Gewerbshäu¬ sern. Einiger Wohlstand ist nur ausnahmsweise. Die große Mehrzahl der Bessern hat zu sorgen und zu ringen, um keinen Rückgang zu machen. Arbeit — denn ich will absehen von der gegenwärtigen, durch außerordentliche Verhältnisse herbei geführ¬ ten schlechten Zeit — Arbeit wäre wohl im Ganzen. Allein der Lohn ist durchgängig so herunter, und mit dem Preise der Lebensmittel in ein so arges Mißverhältniß gekommen, daß bei allem Fleiße und dem bescheidendsten Aufwande nicht vorwärts zu kommen ist, und daß, wer Schulden hat, ein ewiger Last¬ träger bleibt. Laßt euch nicht täuschen von dem Aufwande den Einige zu machen pflegen. Die Erfahrung gibt täglich Belege, wie wenig ein luxuröser Wandel des Gewerbestandes zeitgemäß ist. Nicht von einem Ueberfluße also, den der Bürger zu Gunsten Anderer ablassen könne, kann die Rede seyn — wenn sich es aber um das Nothwendige handelt, was der Mensch als Mensch zum Leben braucht, so hat er, vermög des Grundge¬ setzes, das keinen Stand zu Gunsten eines andern unterdruckt, das Recht, sich gegen alles zu verwahren, was seinen Ruin herbei führt. Mitbin ist der Wunsch des Gewerbsbesitzers nach Beschränkung der Gewerbsverleihungen kein Wunsch eines Mo¬ nopols, und Gewerbefreiheit durch eine gute Constitution nicht nur nicht bedingt, sondern derselben gera¬ dezu entgegen. St. *) Eine Stimme aus dem Bürgerstande, die wir seiner Ursprünglichkeit willen unverändert wiedergeben. Mögen jene Theoretiker diesen Praktiker nicht überhören. Pfefferkörner. Ehre dem Ehre gebührt. Unser Abgeordneter Herr Wagner hat in der Paulskirche für die Abschaffung des Adels in Deutschland gestimmt. Brav — ganze Maßre¬ geln thun unseren Tagen der Wiedergeburt noth. Leider blieb Hr. Wagner mit in der Minorität — wohl zur Freude seiner Wähler, wenigstens desjenigen, der am hei¬

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