Ergänzungsblätter Nr. 1 bis Nr. 15, Steyr 1848

35 vinzen Oesterreichs für sich allein zum deutschen Reiche kommen sollte. Alle deutsch=österreichischen Provinzen ver¬ einigt sind aber wohl kein Duodezstaat? Im sechsten Absatze sprechen die Wahlmänner ihre besondere Freude darüber aus, daß unter den Vierzigen doch auch einige waren, die keine Staatsbeamten sind, „mithin wirklich die Ansicht des treuen, besten Volkes in Oesterreich ausgesprochen haben.“ Hieraus wäre also zu folgern, „daß Staatsbeamte in der Regel wirklich nicht die Ansicht des treuen, besten Volkes von Oesterreich aus sprechen.“ Es ist recht aufrichtig vom Verfasser und Ver treter obiger Ansprache, daß er dieses selbst gesteht und es ist in der That ganz überflüssig, einen Herrn Kreis¬ hauptmann Fritsch u. dgl. für ihre antideutschen Gesin¬ nungen und ihre Bestrebung zur Unterdrückung der deutschen Nationalität im Kaiserstaate Oesterreich und zur Ver¬ hinderung eines starken einigen Deutschlands insbesondere zu beloben. Es ist mir noch nie eingefallen meinem Bur¬ schen außer seinem Monatlohne noch ein Dankschreiben zu überreichen, daß er mir täglich Kleider und Stiefel putzt. Ich habe ihn ja dazu gedungen. Im siebenten Absatze wird den 29 Abgeordneten ganz frei der Vorwurf der Untreue gemacht. Möge sie darüber die herzliche Achtung deutscher Männer trösten die treu am deutschen Vaterlande halten, die Hunger leiden, ehe sie nur eine Hufe dieses heiligen Landes den Feinden Deutschlands verkaufen, und jedenfalls vom Kaiserstaate unabhängiger sind, als der Verfasser der besprochenen Ansprache. Der letzte Absatz gibt ein sehr belebtes Bild. Zuerst kriecht zischend eine bekannte Schlange heran, dann wird ein Stein auf die blutenden Wiener geschleudert, und zu¬ letzt werden der Herr Bondi und seine Nachrichten der Würdigung des deutschen Parlamentes empfohlen, jener Herr Bondi, über dessen Wahrhaftigkeit und Unbefangen¬ heit doch — aus Gerechtigkeit auch der andere Theil wird vernommen werden müssen, dem jetzt ein eiserner Zwang zu schweigen gebietet. In welchem Zusammehange aber dieser letzte Absatz mit seinen Vorgängern steht, das ist schwer abzusehen. Soll er vielleicht nur dastehen, um mit dem Schlagworte Wien den Vierzigen in's Gedächtniß zu rufen daß sie auch fortan recht wacker antideutsch stimmen sollen, die¬ weil man ihre Gesinnung mit großer Gewalt zu unterstützen vermag? Ich weiß es nicht. Das aber weiß ich daß nach dem Winter immer der Frühling kommt. Er kommt auch dießmal unausbleiblich und mit ihm die Märzenveilchen und die Lerchen — tirili! tirili!! 6 Zur Geschichte des Tages. Die Frankfurter Linke hat über die Hinrichtung Blums nachstehende Ansprache, gedruckt in F. a. M. bei Stritt, erlassen. Auch die Rechte erkannte diese Hinrichtung für gesetzwidrig. (Sitzung vom 16. November.) An das deutsche Volk! Robert Blum ist gefallen, ein Opfer feigen Mordes! Deutsches Volk! Bis in die entferntesten Gauen deines Landes ist der Name des Mannes gedrungen, der aus dem Arbeiterstande durch die Kraft seines Geistes sich empor¬ geschwungen hatte zu einem der vordersten Kämpfer für die heilige Sache der Freiheit. Der beredte Mund, dessen Worte tief ergriffen, weil sie aus dem Herzen kamen, hat sich geschlossen; geschlos¬ sen durch eine Gewaltthat, einen Mord, begangen mit kaltem Blute, mit Beobachtung sogenannter gesetzlicher Formen. Du weißt, deutsches Volk was dieser gemeuchelte Held deiner jungen Freiheit für diese Freiheit gethan. Klar in Gedanken! entschieden im Wollen, entschlossen im Handeln, trug er das Banner voran in dem Kampfe, in welchem er glorreich gefallen ist. Was er gethan während des Zeitraumes eines lan¬ gen Druckes was er gewirkt seit der Märzrevolution in dem Vorparlamente, in dem Fünfziger=Ausschusse in der Nationalversammlung, mit unauslöschlicher Schrift ist es in Aller Herzen eingetragen. Die Begeisterung für die Sache der deutschen Frei¬ heit und der Auftrag seiner politischen Freunde führten ihn nach Wien. Er focht an der Spitze des Elite=Corps, des¬ sen Führung ihm von dem Oberbefehlshaber anvertraut wurde. Als die Kapitulation Wiens abgeschlossen war, legte er die Waffen, die er mit Heldenmuth geführt hatte, nieder. Vier Tage nach Beendigung des letzten Verzweif¬ lungskampfes, an welchem er, dem gegebenen Worte treu, keinen Antheil mehr nahm, wurde er verhaftet. Man übertrat mit frechem Hohne das Gesetz, welches die Vertreter der deutschen Nation vor jeder von der Natio¬ nalversammlung nicht genehmigten Verhaftung schützen sollte; und achtete der Berufung nicht, welche er, gestützt auf dieses Gesetz, gegen seine Verhaftung einlegte. Deutsches Volk! Deine Ehre, dein Recht trat man mit Füßen, als man deinen Vertreter gegen das Gesetz verhaftet! Deiner Freiheit hat man tödtliche Wunden ge¬ schlagen, als man einen deiner würdigsten Söhne mordete. Am vierten Tage seiner Verhaftung, acht Tage nach der völligen Einnahme Wiens, am 9. November wurde Robert Blum standrechtlich in der Brigittenau er¬ schossen! Nicht in der Aufwallung tobender Leidenschaft, nicht in dem Getümmel des Kampfes wurde der Mord verübt; nein! er wurde verübt von Denjenigen, welche sich Werk¬ zeuge des Gesetzes, Hersteller der Ordnung, Begründer ge¬ setzlicher Freiheit nennen! Deutsches Volk! Trauern wirst du über den unersetz¬ lichen Verlust, den du erlitten! Vergiß des Todten nicht und erinnere dich, wie er starb, für welche Sache ser starb und durch wen er gemordet wurde! Frankfurt a. M., den 16. November 1848. Die Abgeordneten zur deutschen Nationalversammlung: Archer aus Rein. Bauernschmid a. Wien. Berger aus Wien. Blumröder a. Kirchlamitz Boczek aus Mähren. Bogen aus Michelstadt Brentano aus Bruchsal. Caspers aus Coblenz. Christmann a. Dürkheim. Claussen aus Kiel Damm a. Tauberbischofs¬ heim. Demel aus Teschen. Dewes aus Losheim. Dham aus Schmalenberg. v. Dieskau a. Plauen. Dietsch aus Annaberg Drechsler aus Rostock. Eisenmann a. Nürnberg Eisenstuck aus Chemnitz. Engl aus Pinneburg. Esterle aus Cavalese. Fallmerayera. München. Fehrenbach a. Säckingen. Fetzer aus Stuttgart. Förster aus Hünfeld. Freese aus Stargard Frisch aus Stuttgart. Geigel aus München. Grubert aus Breslau. Günther aus Leipzig. Gulden aus Zweibrücken. Hagen, K., a. Heidelberg. Haggenmüller a. Kempten. Hartmann aus Leitmeris. Hedrich aus Prag. Hehner aus Wiesbaden.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2